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StartseiteThemenBetriebsführungChefaufgabe: Aktuelle Monatszahlen auswerten (Teil 2)
25. April 2024
Teil 2: „Rohertrag“ als zentrale Steuerungsgröße und die Aussagen dazu in der BWA
Controlling ist die Steuerung (englisch: to control) des Unternehmenserfolgs im laufenden Geschäftsjahr mit Blick auf die gesetzten Ziele. Ein geeignetes Instrument dafür ist die monatliche Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA). Welche Zahlen besonders aussagekräftig sind, und wie sie ausgewertet werden, beschreibt unsere dreiteilige Serie an einem Beispielbetrieb (s. Kasten) – mit Checkliste für die eigene Umsetzung.
Ziele sind unerlässlich für die Fortentwicklung des Unternehmens. Die Frage ist, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, um im laufenden Geschäftsjahr jeden Monat am „vorläufigen Ergebnis“ in der BWA zu sehen, ob sich der Betrieb im Zielkorridor befindet und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen zu können.
Der Rohertrag als zentrale Steuerungsgröße
Das „vorläufige Ergebnis“ der BWA kann ein guter Maßstab für die Zielerreichung werden. Insbesondere der Rohertrag ist eine geeignete zentrale Steuerungsgröße. Anders als der „Umsatz“ allein, gibt der „Rohertrag“ auch Auskunft über die Profitabilität. Denn ein Umsatz ist für den Betrieb umso ertragreicher, je weniger Materialaufwand mit einem Auftrag verbunden ist. So lassen sich Umsätze bewerten. Bei gleicher Auftragshöhe z.B. steigt bei geringerem Materialaufwand die Marge (Rohertrag in % des Umsatzes). Umsatz ist also nicht gleich Umsatz!
Der Beispielbetrieb ermittelt den Rohertrag in seiner BWA wie folgt:
Bezeichnung in der BWA | Zahlen aus Betriebsvergleich LGH 2021 in Euro |
---|---|
Umsatzerlöse | 623531 |
+ / – Bestandsveränderg. FE/UE (Bestandsveränderungen Fertige und Unfertige / Halbfertige Arbeiten) | + 10290 |
+ Aktivierte Eigenleistungen | 0 |
Gesamtleistung | 633821 |
– Material- und Wareneinkauf | 296035 (davon: Fremdleistungen 25768) |
= Rohertrag | 337786 |
+ So. betr. Erlöse (Sonstige betriebliche Erlöse) | 0 |
= Betrieblicher Rohertrag | 337786 |
Als Steuerungsgröße ist der Rohertrag so entscheidend, weil aus diesem Betrag – und eben nicht aus der Summe der Umsätze – alle Kosten bezahlt werden müssen und dann ein Gewinn „übrigbleiben“ soll. Für den Beispielbetrieb geht es um eine deutliche Steigerung. Nach einem Vorjahresgewinn von 79230 Euro liegt sein Gewinnziel bei 100000 Euro. Er muss also zusätzliche Umsätze erwirtschaften – die am besten möglichst margenstark sind.
Im Zusammenhang mit der Berechnung des eigenen betrieblichen Rohertrags stellen sich jedem Betrieb drei Arbeitsthemen, die zu prüfen sind:
Umsatzerlöse nach Geschäftsarten aufteilen
Der Buchhaltung liegt ein Kontenplan zugrunde. Dieser ist nach steuerlichen Gesichtspunkten zusammengestellt. Daher gibt es auch nur ein Umsatzkonto „Umsatzerlöse 19% Umsatzsteuer“. Auf diesem werden alle inländischen Umsätze mit Privatpersonen und Unternehmen eines Betriebes verbucht.
Für die Unternehmenssteuerung ist aber sinnvoll, zu wissen, wie sich die Gesamtsumme der Umsätze auf verschiedene Geschäftssparten verteilt. Denn diese haben durchaus Margen in unterschiedlicher Höhe – sind also unterschiedlich profitabel.
Der Beispielbetrieb erwirtschaftet seine Gesamtleistung wie folgt:
Diese anteiligen Umsätze spiegeln auch die Geschäftsstruktur wider. Daher sollte der Betrieb in seiner qualifizierten BWA diese fünf Umsatzkonten mit jeweils 19% Umsatzsteuer führen. Dabei werden die Umsätze aus den laufenden Geschäftsfällen schon entsprechend auf das jeweilige Konto gebucht. Der Betrieb kann sehr viel konkreter seine aktuelle Lage ermitteln und Maßnahmen zum Erreichen des Gewinnziels festlegen.
Die einzelnen Umsatzkonten können jede Spartenaufteilung abbilden, die einen Betrieb ausmachen, wie z.B.: Privatkunden Heizung und Wärmepumpen / Privatkunden Badsanierung / Wartungsverträge Wohnungsbaugesellschaften / Photovoltaik und Solar / Sonstiges.
Sind diese Zahlen in einem anderen EDV-System des Betriebes vorhanden, kann überlegt werden, auf die Anpassung des Umsatzkontos in der Finanzbuchhaltung (und damit der BWA) zu verzichten und diese Zahlen für die Ziel-Ist-Kontrolle zu nutzen.
Halbfertige Arbeiten einbuchen (Eigenbeleg)
Viele Betriebe verzichten darauf, die Halbfertigen Arbeiten (also begonnene oder fertiggestellte Aufträge, für die noch keine Rechnung gestellt wurde) jeden Monat zu erfassen und zu buchen (in der BWA die Zeile „Bestandsveränderg. FE/UE“). Sie erfassen diese nur einmal im Jahr beim Aufstellen des Jahresabschlusses auf den Stichtag 31.12. Dies sollte nur dann so gehandhabt werden, wenn es sich wirklich um vernachlässigbare Beträge handelt oder um Einzelfälle, die im jeweiligen Monat handschriftlich als Anmerkung in der BWA notiert werden.
Für die Ziel-Steuerung ist es wichtig, diese Beträge monatlich in der BWA zu erfassen. Gebucht wird über Eigenbelege. Einer enthält eine Aufstellung der im Buchungsmonat erbrachten Halbfertigen Arbeiten. Mit einem weiteren werden diejenigen Halbfertigen Arbeiten aus den Vormonaten, für die im Buchungsmonat eine (Schluss-) Rechnung erstellt wurde, wieder ausgebucht. Das führt dazu, dass sich die Zahlen in dieser BWA-Zeile nicht kontinuierlich aufsummieren, sondern auch mal nach unten abweichen.
Oft nehmen Betriebe diese Modifizierung in der BWA nicht vor, weil der Arbeitsaufwand zu hoch sei. Allerdings wird deren Rohertrag dann deutlich weniger realistisch abgebildet.
Arbeitet ein Betrieb bereits mit einem System der auftragsbegleitenden Kalkulation, ist die Summe der Zu- und Abgänge der Halbfertigen Arbeiten direkt verfügbar und kann genutzt werden. Ohne ein solches System können die Buchungen auf folgende Weise vorgenommen werden:
Monatlichen Wareneinsatz ausweisen
In der BWA wird der Materialeinkauf des jeweiligen Monats gebucht – die Zeile heißt „Material-/Wareneinkauf“. Entscheidend für den Monatsgewinn ist aber nicht der Einkauf, sondern das Material, das in diesem Monat für die laufenden Aufträge gebraucht und ggf. im Handel verkauft wurde. Dies ist der monatliche „Wareneinsatz“. Er wird beim Jahresabschluss in der Gewinn- und Verlustrechnung gezeigt; Basis dafür ist die jährliche Inventur.
Damit ist auch an dieser Stelle eine Modifizierung erforderlich – außer, es werden in jedem Monat tatsächlich (fast) nur die Materialien eingekauft, die auch in diesem Monat verbraucht oder verkauft werden. In allen anderen Betrieben sollte anstelle des Material-/Wareneinkaufs in der qualifizierten BWA der monatliche Wareneinsatz ausgewiesen werden – zumindest annähernd. Folgende Vorgehensweisen sind möglich:
Monatliches Verbuchen des Inventurabgleichs
Besteht ein elektronisches Warenwirtschaftssystem, wird der monatliche Wareneinsatz wie bei der Jahresinventur gemäß folgender Formel ermittelt – hier als Beispiel zu Ende September:
Warenbestand am 31.8.20xy
+ Einkäufe vom 1.9. bis zum 30.9.20xy
./. Warenbestand am 30.9.20xy
= Warenverbrauch/Wareneinsatz September: Diese Zahl wird eingebucht.
Wenn kein elektronisches Warenwirtschaftssystem vorhanden ist, mag bei überschaubarem Lager auch eine monatliche Inventur eine Möglichkeit darstellen. Für die meisten Unternehmen wird das aber zu aufwändig sein. Daher gibt es zwei Hilfskonstruktionen.
Hilfskonstruktion 1: Über Warenbestandskonto buchen
Wenn der Wareneinkauf über eine überschaubare Zahl von Materialien/Gütern läuft, wird bei Wareneingang nicht wie üblich gebucht „Wareneinkauf an Lieferantenverbindlichkeit“, sondern es wird gebucht „Warenbestand an Lieferantenverbindlichkeit“. Wer Material verbraucht, entnimmt dieses aus dem Lager auf Basis eines Entnahmescheins. Gebucht wird: Wareneinsatz an Warenbestand. Damit ist der korrekte Wareneinsatz im jeweiligen Monat direkt in der BWA ersichtlich. Am Ende des Jahres wird Inventur gemacht. Hier könnten sich durch Inventurdifferenzen (Fehlbuchungen, Diebstahl) noch kleine Abweichungen zum kumulierten Wareneinsatz in der BWA ergeben.
Hilfskonstruktion 2: Die durchschnittliche Wareneinsatzquote nutzen
War in den Vorjahren die durchschnittliche Wareneinsatzquote (Wareneinsatz in % des Umsatzes bzw. der Gesamtleistung) eines Betriebes relativ stabil, bietet es sich an, eine geschätzte Wareneinsatzquote im Buchhaltungssystem zu verankern. Für diese Hilfskonstruktion werden der Umsatz oder die Gesamtleistung mit der geschätzten Wareneinsatzquote multipliziert. Der errechnete Betrag wird monatlich in der BWA bei „Material-/Wareneinkauf“ ausgewiesen.
Es ist auch möglich, die ausgedruckte BWA per Hand entsprechend zu korrigieren:
Fällt es schwer, „eine“ Wareneinsatzquote für das Jahr abzuschätzen (z.B. in Zeiten hoher Preissteigerungen im Einkauf), ist bei der manuellen Variante auch das Arbeiten mit einer Bandbreite möglich: Der geschilderte Rechenweg wird mit den beiden Bandbreiten-Eckwerten vollzogen. Ergebnis ist ein verändertes vorläufiges Ergebnis zwischen „X“ und „Y“.
Für beide Hilfskonstruktionen gilt: Wenn auch das Ergebnis weiterhin „vorläufig“ ist – es wird auf jeden Fall näher an der Wirklichkeit liegen als das bisherige, durch die Zufallswirkungen der Einkäufe gesteuerte Ergebnis.
Rohertrag nach Sparten ausweisen
Wenn der Umsatz nach Sparten ausgewiesen wird, wäre es ideal, dies könnte auch für den Rohertrag erfolgen. Dazu müssen auch die Wareneinkaufskonten aufgegliedert werden in der gleichen Systematik wie die Umsatzkonten. Aus Sicht der Buchhaltung wäre dies einfach, wenn für jede Sparte sehr unterschiedliche Materialien eingekauft werden – möglichst auch noch bei verschiedenen Lieferanten, sodass automatisch pro Warenart verschiedene Rechnungen vorliegen und zu buchen sind. Ist dies nicht der Fall, wird der Aufwand größer. Z.B. müsste Material, das gemeinsam für verschiedene Sparten eingekauft wird, anteilig verbucht werden. Ob dies vertretbar ist, muss ein Betrieb im Einzelfall entscheiden. Auch diese Modifizierung entfällt natürlich, wenn diese Zahlen aus anderen EDV-Systemen ohnehin vorliegen.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise: In der BWA werden die Rohertragszahlen für die einzelnen Sparten ausgewiesen. So wird Monat für Monat ersichtlich, in welchen Sparten welche Margen verdient werden, und welche Ertragspotenziale vorhanden sind. Für den Beispielbetrieb würde durch diese Maßnahmen sofort deutlich, welche Sparten er am Markt forcieren sollte, um das Gewinnziel zu erreichen: diejenigen mit den höchsten Margen.
Autor: Dipl.-Kaufm. Carl-Dietrich Sander, UnternehmerBerater
Die BWA als Instrument der Unternehmenssteuerung
Unsere dreiteilige Serie zur BWA zeigt, wie die Finanzbuchhaltung angepasst werden kann, damit das monatliche „vorläufige Ergebnis“ das aktuelle Betriebsergebnis möglichst realistisch abbildet und sich als Grundlage für unternehmerische Entscheidungen eignet. Die Zahlen des „Beispielbetriebs“ stammen aus dem „Betriebsvergleich Sanitär – Heizung – Klima“ (bit.ly/Bvg_SHK) von 2021 der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks (LGH), erste Vergleichsgruppe (unter 10 Beschäftigte). Diese Betriebe erwirtschafteten 2021 im Durchschnitt eine Gesamtleistung von 633821 Euro und ein Betriebsergebnis von 79230 Euro. Der Beispielbetrieb will sein Betriebsergebnis auf 100000 Euro steigern.
Mit Checkliste (Punkte 1-17) zur Anpassung des eigenen Betriebs bit.ly/BWA-Checkliste.
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