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StartseiteWissenDossiersProbenahmen vertraglich fixieren
Mikrobielle oder chemische Grenzwertüberschreitungen kommen selbst in fachlich korrekt ausgelegten und handwerklich sauber erstellten Trinkwasser-Installationen vor. Oft liegt es an den Betriebsbedingungen, die unmittelbar nach der Übergabe vorgelegen haben. Stagnation fördert bekanntlich Bakterienwachstum und die Migration von Metallionen ins Trinkwasser. Mitunter liegt die Ursache der Überschreitungen aber auch in mikrobiologisch kontaminierten Bauteilen. Den Nachweis zu führen ist nicht einfach. Besser ist es, vorzubeugen – auch im Sinne des Auftraggebers.
Wasser muss fließen, und zwar an jeder Entnahmestelle. Dieser Grundsatz gilt generell ab dem Zeitpunkt, wo die Installation mit Trinkwasser befüllt wird. Also beispielsweise auch schon nach einer „nassen“ Druckprobe oder bei einer trockenen Dichtheits- und Belastungsprobe nach dem ersten Befüllen. Das Wasser wieder abzulassen ist keine Lösung. Die in der Trinkwasser-Installation verbleibenden Restwässer führen in Verbindung mit dem eindringenden Luftsauerstoff zu verschiedensten Korrosionsformen am Rohr oder an den Verbindern – selbst bei Edelstahl. Und auch Bakterien vermehren sich in diesen „Feuchtigkeitsnestern“. Es ist daher dem Fachhandwerker anzuraten, so spät wie möglich die Installation mit Trinkwasser zu befüllen, denn es können erhebliche Aufwendungen entstehen, wenn seine Mitarbeiter regelmäßig alle Entnahmestellen eines Gebäudes bis zur Übergabe spülen müssen. Das ist in der Tat erforderlich, denn erst nach der Übergabe ist der Betreiber (und später der Nutzer) für den bestimmungsgemäßen Betrieb verantwortlich.
Was heißt das für die Praxis?
Die VDI-Richtlinie 6023 sieht einen bestimmungsgemäßen, hygienischen Betrieb als gegeben an, wenn alle 72 Stunden ein vollständiger Wasserwechsel in der Trinkwasser-Installation über alle Entnahmestellen – vom Ausgussbecken bis hin zum WC – erfolgt. Also alle drei Tage. Dabei müssen grundsätzlich alle Leitungsabschnitte vom Keller bis zur Dachzentrale erfasst und der Wasserinhalt vollständig und mit ausreichend hoher Fließgeschwindigkeit ausgetauscht werden. Nur wenn nachweislich einwandfreie mikrobiologische Bedingungen vorliegen, kann dieser Wasseraustausch auch erst nach 7 Tagen erfolgen. So wird die Brücke zur DIN EN 806-5 geschlagen, die weniger strenge Vorgaben macht. Gefordert ist dort ein Wasserwechsel alle 7 Tage. Bei hygienisch sensiblen Anlagen hat sich der vorsorgliche Einbau von Spülstationen etabliert, die unabhängig von der tatsächlichen Nutzung einen regelmäßigen Wasserwechsel gewährleisten sollen. Doch am Ende einer Versorgungsleitung angebracht, reicht das in der Regel eben nicht aus, um den Erhalt der Wassergüte im Gebäude zu gewährleisten. Armaturen mit Spülautomatik bieten sich an, doch sie müssen dann auch bereits betriebsbereit sein, wenn die Roh-Installation mit Wasser befüllt wird. Beim manuellen Spülen stellt sich die Frage, ob wirklich alle Zapfstellen ausreichend lange und intensiv gespült werden? Diese Frage wird wohl in den meisten Fällen mit einem „Nein“ beantwortet werden.Unabhängig von der sanitärtechnischen Ausstattung gilt die Forderung: Wenn eine neu erstellte Immobilie nicht komplett genutzt wird, ist ein Wasserwechsel in den unbewohnten Wohn- oder Nutzungseinheiten notfalls manuell herbeizuführen. Die Praxis sieht indes leider anders aus. Das ist bekannt. Bekannt ist aber auch, dass es ohne Wasserwechsel keine Deckschichtbildung gibt und sich Keime und Bakterien dauerhaft im Rohrsystem ansiedeln können.
Was tun, wenn?
Kommt es zu Grenzwertüberschreitungen, ob mikrobiell oder chemisch, so stellt sich die Frage nach den Ursachen – und wer sie zu verantworten hat. Der Nutzer, weil er die Installation nicht bestimmungsgemäß genutzt oder zumindest vollumfänglich gespült hat? Oder der Planer, weil er falsch dimensioniert oder ungeeignete Werkstoffe ausgeschrieben hat? Oder gar der Fachhandwerker, weil er abweichend von den allgemein anerkannten Regeln der Technik installiert hat? Möglicherweise trägt aber auch die Industrie Schuld, weil mikrobiologisch kontaminierte Bauteile wie Wasserzähler, Druckerhöhungsanlagen oder Armaturen ausgeliefert wurden. Im Nachgang stellt sich die Ursachenforschung als teures und langwieriges Unterfangen dar. Nicht zu vergessen die Kollateralschäden durch Nutzungsausfall oder Mietminderungen. Das gilt es zu vermeiden.
Hygienestandards vertraglich fixieren
Experten empfehlen deshalb, zum einen bereits in den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis oder im Angebot die vom Auftraggeber gewünschten Hygienestandards in Sachen Installation und Inbetriebnahme aufzunehmen. Dazu gehört auch die Aufklärung über den geforderten bestimmungsgemäßen Betrieb. Zum anderen sollten sämtliche Leistungen in diesem Zusammenhang, also beispielsweise eine trockene Dichtheits- und Belastungsprüfung oder die mikrobiologischen Untersuchungen bei der Übergabe der Trinkwasser-Installation, gesondert ausgeschrieben und mit einem festen Zeitfenster versehen werden. Nur so wird dem SHK-Fachbetrieb als Auftragnehmer eine seriöse Kalkulation dieser je nach Anlagenumfang und Gebäudegröße mitunter sehr aufwendigen Leistungen ermöglicht. Auch der Abschluss eines Wartungsvertrags sollte bereits von Beginn an mit aufgenommen werden. Der Auftraggeber hat dadurch von Anfang an volle Kostentransparenz und die Sicherheit, dass die Trinkwasser-Installation optimal betreut wird.
Schlussbemerkung
Die erweiterten Probenahmen gemäß Trinkwasserverordnung vom 9. Januar 2018 werden verstärkt technische oder betriebliche Schwachstellen in Installationen aufdecken. Seit Jahresbeginn sind beispielsweise Untersuchungen auf Legionellen frühestens nach 3 Monaten und spätestens 12 Monaten nach der Inbetriebnahme eines Gebäudes Pflicht, wenn es Großanlagen zur Trinkwassererwärmung aufweist und dort Trinkwasser vernebelt wird, wie z. B. in Duschen. So steht es im § 14b. Diese Untersuchungen werden mikrobiologische Risiken verstärkt aufdecken, aber auch zeigen, dass fachgerecht geplante, erstellte und betriebene Installationen zu jedem Zeitpunkt einwandfreies Trinkwasser an jeder Entnahmestelle zur Verfügung stellen können. Und das unabhängig davon, ob sie mit T-Stück, Ring- oder Reihenleitungen angeschlossen sind. Denn Wasser muss fließen – das „Wie“ ist aus Sicht der Hygiene von untergeordneter Bedeutung.
Nachgefragt Dr. Peter Arens leitet das Produktmanagement beim Armaturenhersteller Schell in Olpe. Im Interview mit der IKZ äußert sich der Trinkwasserexperte zu den Empfehlungen der VDI 6023 und gibt eine Einschätzung zu der vom TÜV Süd geäußerten Kritik zur trockenen Dichtheitsprüfung.
IKZ-HAUSTECHNIK: Experten empfehlen, bereits in den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis oder im Angebot die vom Auftraggeber gewünschten Hygienestandards in Sachen Installation und Inbetriebnahme aufzunehmen. Welche Punkte gehören dort mindestens hinein?
Dr. Peter Arens: Die VDI fordert ja bereits seit 2013 den Nachweis einer einwandfreien Wasserbeschaffenheit nach dem Befüllen. In der zugehörigen Tabelle 1 sind auch die notwendigen Parameter aufgelistet. Allerdings sind in dieser Tabelle die Legionellen nicht benannt. Es macht jedoch vor dem Hintergrund der neuen TrinkwV Sinn, diese ebenfalls mit untersuchen zu lassen. Daher sollten sie im Leistungsverzeichnis oder im Angebot benannt werden. Nur so ist man abgesichert, wenn bei der jetzt verpflichtenden Untersuchung auf Legionellen frühestens 3 Monate und spätestens 12 Monate nach der Inbetriebnahme der Technische Maßnahmenwert überschritten wäre – z. B. durch einen Leerstand des Objektes. Weiterhin sollten die Anzahl der „repräsentativen endständigen Stellen“ für die notwendigen Untersuchungen benannt werden. Denn deren Anzahl beeinflusst maßgeblich die Kosten der Untersuchungen. Auch die trockene Dichtheits- und Belastungsprüfung sollte im Leistungsverzeichnis oder im Angebot aufgeführt sein, sofern diese aus hygienischen Gründen gewünscht wird.
IKZ-HAUSTECHNIK: Für welche Gebäudearten sollten mikrobiologische Untersuchungen im Anschluss an die Übergabe vertraglich fixiert werden?
Dr. Peter Arens: Die VDI 6023 lässt uns da leider kaum Spielraum. Denn diese Richtlinie gilt für alle Trinkwasser-Installationen auf Grundstücken, in Gebäuden und auf Schiffen. Lediglich der Umfang ist leicht erhöht bei medizinischen Einrichtungen – es kommt Pseudomonas aeruginosa hinzu. Es stellt sich daher weniger die Frage nach der Sinnhaftigkeit solcher Untersuchungen in kleineren Objekten als vielmehr, wie man die Notwendigkeit dieser Kosten dem Investor vermittelt. Da hilft es, die VDI 6023 und die neuen Anforderungen der TrinkwV zu zitieren. Ergänzend zu diesen rationalen Argumenten kann man gut mit Legionellenfällen aus der Tages- oder Fachpresse inkl. deren Folgen für den Investor argumentieren. Danach sollte er hoffentlich verstehen, dass man ihn und das Image seines Objektes mit diesen Untersuchungen schützt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Abschließend eine Frage zur Dichtheitsprüfung: Der TÜV Süd hat mit seiner in einigen Fachmedien geäußerten Kritik zur trockenen Dichtheits- und Belastungsprobe für Irritationen und Diskussionen in der Branche gesorgt. Sie sind in vielen Ausschüssen rund um das Thema Trinkwasser aktiv. Wie bewerten Sie derartige Aussagen?
Dr. Peter Arens: Die Aussagen des TÜV Süd haben die Fachwelt überrascht. Die trockene Dichtheitsprüfung ist beschrieben unter anderen in ZVSHK- und BTGA-Unterlagen. Veröffentlichungen hierzu sind mehr als 10 Jahre alt. Ein Anbieter von Rohrleitungssystemen verzichtet nach diesen Prüfungen sogar auf die nasse Druckprüfung! Man muss daher feststellen, dass sich die trockene Dichtheits- und Belastungsprüfung in der Praxis bewährt hat und somit seit Langem zu den a. a. R. d. T. gehört. Gerade in Gebäuden mit medizinischen Einrichtungen wird sie aus hygienischen Gründen bevorzugt eingesetzt. Und es gibt noch einen anderen ganz trivialen Grund dafür, dass sie fachgerecht und sicher ist: Jede Gasinstallation wird trocken geprüft – warum soll also diese Methode grundsätzlich nicht auch bei Trinkwasser-Installationen funktionieren?
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