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StartseiteWissenDossiersTemperaturhaltung beachten, Wasseraustausch sicherstellen
Hygienerelevante Anforderungen an Trinkwasser-Installationen haben stets Priorität vor wirtschaftlichen Interessen
Der Erhalt der Trinkwasserhygiene ist eine elementare Grundanforderung. In größeren Trinkwasseranlagen sorgen die Komplexität der Installation als auch verschärfte Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden zunehmend für Zielkonflikte. Ein regelmäßiger, hinreichender Wasseraustausch und die hygienegerechte Temperaturhaltung in Warm- und Kaltwasser-Installationen gehören dennoch auch weiterhin zu den nicht verhandelbaren Anforderungen an jede Auslegung, um gesundheitsgefährdendes Legionellenwachstum zu verhindern..
Die Eckpfeiler einer einwandfreien Trinkwasserqualität sind die
korrekte Temperaturhaltung, eine ausreichende Durchströmung des gesamten
Rohrleitungsnetzes und der regelmäßige sowie vollständige
Wasseraustausch in allen Teilstrecken der Trinkwasser-Installation.
Zusammengefasst werden diese Anforderungen in dem sogenannten
Wirkdreieck [1]. Sie sind umso leichter einzuhalten, je einfacher eine
Trinkwasserverteilung konzipiert und damit hydraulisch zu beherrschen
ist. Komplizierte und vermaschte Netze hingegen erhöhen das Fehlerrisiko
bei Planung, Ausführung und Betrieb. Für den Betreiber erwachsen daraus
kostenträchtige hygienische Risiken in der Nutzungsphase [2].
Typisch
für solche komplizierten Trinkwassernetze sind dabei erhöhte Baukosten
(infolge des Einsatzes spezialisierter Bauteile und Baugruppen) sowie
sich langfristig auswirkende Wärmeverluste (aufgrund von zusätzlichen
Leitungslängen und abstrahlenden Bauteilen).
Hygieneorientiert
ausgelegte, hydraulisch gut zu beherrschende Trinkwasser-Installationen
zeichnen sich hingegen unter anderem durch die bedarfsgerechte
„schlanke“ Rohrleitungsdimensionierung auf der Grundlage eines
Raumbuchs, die abgesicherte Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen
Betriebs sowie eine standardisierte Wartung aller hygienerelevanten
Installationskomponenten aus [3].
Wasser muss ausgetauscht werden
Für die
einwandfreie Trinkwasserqualität spielt der hygienisch sichere Betrieb
zur Vermeidung von Stagnation und Betriebsunterbrechungen – definiert
nach allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) als
„bestimmungsgemäßer Betrieb“ – der Trinkwasser-Installation eine
entscheidende Rolle. Darunter versteht man gemäß DIN 1988-200 Abschnitt B
1 und VDI/DVGW 6023 Blatt 1 den „Betrieb der Trinkwasser-Installation
über alle Entnahmestellen mit regelmäßiger Kontrolle auf Funktion sowie
die Durchführung der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen für den
betriebssicheren Zustand unter Einhaltung der zur Planung und Errichtung
zugrunde gelegten Betriebsbedingungen, gegebenenfalls durch simulierte
Entnahme (manuelles oder automatisiertes Spülen)“ [4, 5]. Aus
hygienischer Sicht ist dabei die manuelle und automatisierte Entnahme
von Trinkwasser an den Entnahmestellen gleichwertig.
Der
bestimmungsgemäße Betrieb, also der abgesicherte regelmäßige
Wasseraustausch, ist für den Erhalt der Trinkwassergüte dabei aus einem
ganz einfachen Grund entscheidend: Er beeinflusst unmittelbar die in
einer Trinkwasser-Installation herrschenden Temperaturen von Trinkwasser
kalt (PWC) und Trinkwasser warm (PWH). Denn durch fehlenden
hydraulischen Abgleich in Zirkulationssystemen bzw. Stagnation in
Rohrleitungen für Trinkwasser kalt kann sich warmes Wasser unzulässig
abkühlen und kaltes Wasser in einen hygienekritischen Bereich erwärmen.
Kritische Aufkeimungen
Dabei genügt bereits ein
einzelner, kurzer Abschnitt in der gesamten Trinkwasseranlage, um eine
möglicherweise gesundheitsgefährdende Verkeimung auszulösen: Kritische
Aufkeimungen von Mikroorganismen entstehen schon auf kleinstem Raum. Es
reicht also bereits der sehr geringe Wasserinhalt einer Entnahmearmatur
oder eines Brauseschlauchs aus, damit sich Mikroorganismen im
gesundheitlich relevanten Maß vermehren können. Daher ist es notwendig,
die in das Trinkwasser hineinsuspendierenden Mikroorganismen in
regelmäßigen Abständen auszuspülen, bevor sie eine kritische
Vermehrungsrate erreichen.
Möglich ist die Vermehrung von Legionellen
oder anderen wärmeliebenden Mikroorganismen dabei schon bei normalen
Raumtemperaturen von kleiner 25 °C. Bei einer üblichen Raumtemperatur in
Wohngebäuden von 20 °C geht die Fachwelt aber davon aus, dass ein
vollständiger Wasserwechsel des gesamten Trinkwassers durch Entnahme an
allen Stellen der Trinkwasser-Installation spätestens alle 72 Stunden
zur Sicherstellung der einwandfreien Hygiene im Trinkwasser ausreichend
ist. Nach DIN 1988-200 ist dieser bestimmungsgemäße Wasseraustausch
sicherzustellen, damit die Temperatur des Trinkwassers kalt (PWC) in
Technikzentralen sowie Installationsschächten und -kanälen mit
Wärmequellen möglichst nicht auf eine Temperatur von über 25 °C erwärmt
wird [5].
Solche kritischen Temperaturen im PWC-Netz entstehen aber
nicht nur durch Stagnation. Ein weiterer Risikofaktor für die
Temperaturhaltung in einer Trinkwasser-Installation ist die
Fremderwärmung des Trinkwassers kalt (PWC). Hier spielen die Parameter
Hauseingangstemperatur, Umgebungstemperatur, Dämmung und
Rohrleitungsführung auf dem gesamten Fließweg der
Trinkwasser-Installation die entscheidende Rolle.
Temperatur bestimmt Wachstumsdynamik
Die
Temperaturhaltung in der Trinkwasser-Installation ist für den
Hygieneerhalt entscheidend, da sie unmittelbar die Wachstumsprozesse der
Mikrobiologie im Trinkwasser beeinflusst: In einem Temperaturbereich
zwischen 25 und 55 °C (also Warmwasser) verlaufen die Wachstumsprozesse
exponentiell mit extrem hohen Vermehrungsraten. Innerhalb kürzester Zeit
können dann komplette Trinkwassernetze kontaminiert werden. Ziel muss
es daher sein, diesen für zahlreiche pathogene Mikroorganismen besonders
günstigen Temperaturbereich in der gesamten Trinkwasser-Installation
zu vermeiden.
In einer nach den a. a. R. d. T. ausgeführten und
betriebenen Trinkwasser-Installation sollte die Temperatur des
Trinkwassers warm (PWH) im gesamten zirkulierenden System über 55 °C
liegen, um das Risiko der Legionellenkontamination deutlich zu
reduzieren. Auf der Kaltwasserseite darf wiederum eine Temperatur von
25 °C von der Einspeisung bis zur Entnahmestelle nicht überschritten
werden. Zudem sollte PWC immer so kalt wie möglich sein [4]. Denn
Legionellen werden zwar automatisch über die Hauseinspeisung im kalten
Wasser eingetragen, vermehren sich aber bei Temperaturen unter 20 °C
nicht nennenswert [7]. Das ist auch in der Praxis entsprechend
nachgewiesen [8]. Leider haben Erfahrungen in
Trinkwasser-Versorgungssystemen bis zum Hausanschluss gezeigt, dass
Temperaturen von über 25 °C bereits in den Wasserrohrnetzen auftreten
und eine hygienisch einwandfreie Trinkwasser-Versorgung gefährden können
[9].
Diese Temperaturanforderung gilt prinzipiell bis zur
Zapfstelle, denn es konnte nachgewiesen werden, dass eine Kontamination
unabhängig von Leitungsvolumina entstehen kann, also auch in
endständigen Abschnitten, die nach der 3-Liter-Regel errichtet werden.
Fremderwärmung vermeiden
Um die Temperaturhaltung
in PWH-Installationen abzusichern, etablierte sich in den letzten
Jahren bei Planern und Betreibern von klinischen Einrichtungen und
Pflegeheimen die Überzeugung, dass die Zirkulation für Trinkwasser warm
(PWH-C)
an jede Entnahmestelle herangeführt werden sollte. Die
Begründung: Dadurch sind zum einen die geforderten Ausstoßzeiten sicher
gewährleistet, und zum anderen werden die Anforderungen der Richtlinie
des Robert Koch-Instituts (RKI) für Krankenhaushygiene und
Infektionsprävention [10] für Risikobereiche eingehalten. Infolgedessen
wurden Durchschleifinstallationen ausgeführt, die nicht nur zu enormen
Mehrkosten für Betreiber geführt haben, sondern auch zu einer
Verlagerung der Legionellenproblematik von Trinkwarmwasser auf die
Kaltwasserseite: Die Praxis hat gezeigt, dass es besonders an
Übertisch-Wandarmaturen und Unter- sowie Aufputzarmaturen an Duschen
über metallene Grundkörper zu einer permanenten Erwärmung von
Kaltwasserleitungen (PWC) kommt [11, 12, 13].
Bei der Planung und auch bei der späteren Ausführung haben dabei vor allem zwei Punkte zu Problemen in der Umsetzung geführt:
Bei dem zuerst genannten Punkt wurde augenscheinlich die Bezeichnung „möglichst kurz“ gedanklich mit „direkt“ gleichgesetzt, sodass es zu den oben beschriebenen Problemen des Wärmeübergangs von der Zirkulation auf die PWC-Installation kam. Ganz anders stellt sich die Formulierung „möglichst kurz“ aber dar, wenn man analog zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik den zulässigen Wasserinhalt von bis zu 3 Litern in der Warmwassereinzelzuleitung mit in die Planung einfließen lässt. Wird also die Anforderung des RKI mit diesen allgemein anerkannten Regeln der Technik kombiniert, kommen Planer zu dem Ergebnis, dass eine möglichst kurze Verbindung eben nur so kurz sein sollte, dass in einem naheliegenden Bereich kein Schaden auftritt.
Der zweite, mitentscheidende Punkt aus der RKI-Richtlinie, der häufig wenig Beachtung findet, ist der Satz: „Kaltwasserleitungen sind in ausreichendem Abstand zu Wärmequellen (z. B. Rohrleitungen, Schornsteine, Heizungsanlagen) so zu planen, herzustellen und zu dämmen, dass die Wasserqualität nicht durch Erwärmung (temperaturbedingte Vermehrung von Mikroorganismen) beeinträchtigt wird (s. auch DIN 1988 Teil 2, Nr. 10.2)“ [10]. Wie diesem Satz aus der RKI-Richtlinie zu entnehmen ist, ist zum Schutz des Trinkwassers kalt (PWC) vor Erwärmung auch die Lage von Rohrleitungen in die Betrachtung einzubeziehen. In der aktuellen DIN EN 806-2 unter Punkt 14.2 steht dazu: „Kaltwasserleitungen sind gegen äußere Wärmeeinwirkung entweder durch genügenden Abstand von Wärmequellen oder durch Dämmung zu schützen [14].“
Wählt der Nutzer beispielsweise nach VDI 6003 [15] die Komfortstufe III bei einer Dusche mit einer Ausstoßzeit von 7 s für Trinkwasser warm (PWH), kann bei Duschen eine nicht zirkulierende Reihen-/Einzelzuleitung von bis zu 10 m Mehrschichtverbundrohr in der Dimension 16 mm geplant werden, ohne dass es zu einer Überschreitung der Ausstoßzeit kommen würde. Diese einfache Installationsart genügt allen Ansprüchen und macht somit eine durchgeschliffene Zirkulation für Trinkwasser warm (PWH-C) in der Vorwand vollkommen überflüssig.
30 Sekunden rechtfertigen Temperaturüberschreitung?
Vorhandene
Temperaturüberschreitungen im Trinkwasser kalt (PWC) werden häufig mit
einem Satz aus der DIN 1988-200 gerechtfertigt, der besagt, dass die
Temperatur für kaltes Trinkwasser 30 Sekunden nach dem vollen Öffnen
einer Armatur die Temperatur von 25 °C nicht übersteigen darf [5]. Die
Interpretation geht dahin, dass sich das kalte Trinkwasser durchaus auf
über 25 °C erwärmen dürfe, es muss nur spätestens nach 30 Sekunden
unter 25 °C liegen.
Die Fehlinterpretation steht jedoch offenkundig
gegen Anforderungen der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Es ist
seit Jahrzehnten wissenschaftlich und praktisch belegt, dass sich die
ubiquitär vorkommenden Legionellen, wie schon zuvor erwähnt, bei
Temperaturen oberhalb von 25 °C stark vermehren. Die Folge ist
unweigerlich die Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes der
Trinkwasserverordnung, weil nach dieser Auslegung der Fachregeln das
erwärmte Kaltwasser (PWC) bis zu 72 Std. oberhalb von 25 °C toleriert
würde.
Einfache Lösungen möglich
Der Zielkonflikt einer
komfortablen Trink(warm)wasserversorgung bei gleichzeitig denkbaren
Risiken der Fremderwärmung von PWC lässt sich aber vergleichsweise
einfach auflösen: Die Abbildung der Nutzungseinheit zeigt eine sinnvolle
Verteilstruktur des Trinkwassers kalt (PWC) und warm (PWH), bei der
bereits bei der Schachtbelegung auf eine Reduzierung des Wärmeeintrags
auf die Leitung für Trinkwasser kalt (PWC) geachtet wurde.
Grundsätzlich
sind aber auch dann alle Rohrleitungen, mit Ausnahme der Stockwerks-
und Einzelzuleitungen in der Vorwandinstallation einer Nutzungseinheit,
zu dämmen. Rohrleitungen für Trinkwasser warm (PWH) und für die
Zirkulation von Trinkwasser warm (PWH-C) erhalten eine
100-Prozent-Dämmung gemäß Energie-Einsparverordnung (EnEV), um
Wärmeverluste und eine Erwärmung des Schachtes zu verhindern. Die
Trinkwasserleitung kalt erhält eine 100-Prozent-Dämmung, um eine
Fremderwärmung durch umgebende Warmwasserleitungen zu minimieren.
Eine
noch bessere Möglichkeit, die Schachttemperatur im warmen Bereich des
gemeinsamen Schachtes zu reduzieren, ist die Verwendung einer innen
liegenden Zirkulation für Trinkwasser warm (PWH-C). Eine Ausbildung der
Leitungen der Zirkulation des Trinkwassers warm (PWH-C) als Inliner (mit
DVGW-Zertifizierung) ist dabei im Steigstrang in den Dimensionen DN 25
und DN 32 zugleich sinnvoll, um die Schachtdimension zu reduzieren und
geringere Wärmeverluste über die Oberfläche von nur einer Leitung zu
haben. Dabei erhöht sich gleichzeitig der Anteil der nutzbaren Energie.
Zum
Schutz des Trinkwassers kalt vor Erwärmung wird die Verlegung von
Steigleitungen der kalt- und warmgehenden Leitungen in separaten
Schächten dargestellt. Für Trinkwasser kalt ist beispielsweise eine
Installation im Schacht entlang der Abwasserfallleitung denkbar. Für das
Trinkwasser warm wird der Schacht mit den Heizungsleitungen genutzt
(siehe Grafik).
Um ungewollten Wärmeübergang in der Etagenverteilung
zu verhindern, werden PWH-Installationen grundsätzlich oberhalb von
PWC-Rohrleitungen geführt. Ein Hauptverbraucher mit automatischer
Spüleinrichtung am Ende der Verteilleitung unterstützt durch
Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs zusätzlich die
hygienegerechte Temperaturhaltung.
Stockwerks- und Einzelzuleitungen
sind in der Vorwandinstallation der Nutzungseinheit ungedämmt zu
verlegen. Hierdurch wird eine möglichst rasche Abkühlung stehenden
Trinkwassers warm auf Raumtemperatur (ca. 20 °C) durch den
hygienekritischen Temperaturbereich zwischen 50 °C und 25 °C ermöglicht.
Geringere PWH-Temperaturen möglich?
Das Thema
„hygienegerechte Temperaturhaltung in Trinkwasser-Installationen“
(speziell PWH/PWH-C) wird aktuell über die reine Hygieneproblematik
hinaus noch von einer weiteren Diskussion befeuert: der Forderung nach
einer höheren Energieeffizienz der technischen Gebäudeausrüstung
generell. In einem Forschungsverbund-Projekt unter dem Titel
„Energieeffizienz und Hygiene in der Trinkwasser-Installation“ wurden
dafür unter Beteiligung von fünf Instituten und Universitäten von April
2014 bis Oktober 2017 die Möglichkeiten zur Temperaturreduktion in
zirkulierenden Trinkwarmwassernetzen untersucht. Der Hintergrund: In gut
gedämmten Wohngebäuden macht der Energiebedarf für die
Warmwasserbereitung mittlerweile oft schon weit mehr als 30 % des
Gesamtenergiebedarfs aus. Aus Sicht der führenden Hygieneinstitute ist
in zirkulierenden Leitungsnetzen das festgeschriebene Temperaturniveau
von 60/55 °C aus hygienischen Gründen aber weiterhin notwendig. Eine
Temperaturreduktion in Trinkwarmwassernetzen sei, zumindest ohne den
Einsatz alternativer Verfahren zur Reduzierung der hygienischen Risiken,
nicht zu verantworten [6].
Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung
scheint daher die dezentrale Trinkwassererwärmung im Durchflussprinzip
ein Lösungsansatz zu sein, da zum Beispiel bei elektrischen
Durchlauferhitzern oder heizungsseitig angeschlossenen
Wohnungsstationen, der (rechnerische) Energieaufwand für die Bevorratung
von PWH und die Bereitstellung durch ein PWH-C-Netz entfällt. Zudem
gehe man so dem Risiko der Legionellenvermehrung aus dem Weg. Auch
unterlägen – angeblich – dezentrale Trinkwarmwasserbereiter in der
Kombination mit der 3-Liter-Regel auch nicht der Probenahmepflicht.
Praktische
Erfahrungen zeigen jedoch, dass Trinkwassernetze mit derartigen
Geräten, insbesondere solche mit einer nicht ausreichenden
Wassererwärmung, keineswegs vor einer Legionellenvermehrung geschützt
sind. Ganz im Gegenteil: Dezentrale elektrisch betriebene
Durchlauferhitzer und damit auch heizungsseitig betriebene
Wohnungsstationen sind mittlerweile sogar in den Fokus der Hygieniker
geraten. Erste Untersuchungen bei Durchlauferhitzern belegen, dass es
auch für diese Art der Warmwasserbereitung keine hygienische Sicherheit
gibt, da das Wasser in diesen Geräten bei mikrobiologisch
wachstumsfördernden Temperaturen stagniert [16].
Die Problematik
beschäftigt seit September 2017 die Trinkwasserkommission, die mit
konkreten Fällen konfrontiert wurde [17]. Wenn sich die bisherigen
Erfahrungen durch wissenschaftliche Untersuchungen erhärten, ist ein
weiterer Rückschlag für den Einsatz regenerativer Wärmeversorger wie
Wärmepumpen und solarthermische Anlagen zu befürchten. Denn in den
letzten Jahren wurde immer häufiger auf dezentrale Warmwasserversorgung
zurückgegriffen, um Niedrigenergiesysteme mit
Trinkwarmwassertemperaturen von unter 50 °C in Gebäuden und Quartieren
aufbauen zu können.
Wie heikel die Rechtslage für Anwender der
hygienisch nicht gesicherten Geräte werden kann, ist der Presse zu
entnehmen. So wird von Wärmepumpen berichtet, deren Temperaturbereich
von 45 bis 55 °C nicht ausreicht, um Legionellen ausreichend abzutöten
[18]. Besonders schwierig kann es für Gebäudeeigentümer werden, deren
Heizungssysteme gar nicht auf hohe Temperaturen ausgelegt sind, die zur
Dekontamination von Legionellenverkeimungen erforderlich werden.
Nachträglich zu installierende Zusatzeinrichtungen, wie elektrische
Heizstäbe oder Heizthermen, unterminieren aber jegliches
Energieeffizienzkonzept, gefährden dadurch finanzielle Förderungen oder
lösen sogar Ansprüche wegen zu hoher Energieverbräuche aufseiten von
Erwerbern aus.
Aus rein energetischer Sicht wäre es aber
selbstverständlich notwendig, Warmwasser nur auf die Temperatur der
Nutzung, also 35 bis 45 °C, aufzuheizen. Aus diesem Grunde hat das
Umweltbundesamt im September 2011 auch einen Weg beschrieben, um dieses
Ziel zu erreichen. Auch die allgemein anerkannten Regeln der Technik
weisen Öffnungsklauseln auf, die zur Entwicklung hygienisch sicherer
Anlagen genutzt werden könnten und müssten. Allerdings gilt, dass sich
Alternativen, die zu einer Einsparung von Energie führen können, einer
kritischen Prüfung durch Experten stellen müssen, damit die gewünschte
Effizienzsteigerung durch Reduzierung der Warmwassertemperatur nicht auf
Kosten eines erhöhten Risikos für Legionelleninfektionen über warmes
Leitungswasser geht [19]. Bisher kann die hygienische Unbedenklichkeit
für die dezentralen Trinkwassererwärmer jedoch nicht belegt werden, da
der entsprechende Nachweis fehlt [6].
Juristen würden an dieser
Stelle auch die sogenannte Vermutungswirkung heranziehen: In einer
Studie wurde nachgewiesen, dass dezentrale Trinkwassererwärmungssysteme
hygienisch problematisch sind [16]. Daher darf aus Sicht der Juristen
vermutet werden, dass die Maßgabe „keine Anforderungen beim Einbau“ [5]
erst dann gerechtfertigt ist, wenn der erforderliche hygienische
Nachweis geführt wurde.
Fazit
Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik bei Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasser-Installationen, die zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben notwendig sind, erfordern ein beherrschbares Trinkwassersystem ohne unübersichtliche technische „Sonderlösungen“, die in der Praxis nur noch wenige Experten verstehen. Das bedeutet: Je geringer die Komplexität einer Trinkwasser-Installation ist, desto geringer ist für Planer, Installateur und Betreiber der Trinkwasser-Installation auch der Aufwand zur Erreichung des Schutzziels, dem Schutz der Gesundheit entsprechend der Trinkwasserverordnung.
Darüber hinaus gilt für ein Temperaturregime nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik: In PWC-Installationen ist generell ein Temperaturniveau von weniger als 25 °C abzusichern, empfohlen ist ein Wert nicht über 20 °C. Rohrleitungen für Trinkwasser warm (PWH) dürfen den Temperaturgrenzwert von 55 °C nicht unterschreiten, da speziell Legionellen ansonsten unabhängig vom Volumen der Trinkwasseranlage ein optimaler Wachstumsbereich geboten würde.
Literatur:
[1] T. Kistemann, W. Schulte, K. Rudat, W. Hentschel, D. Häußermann, Gebäudetechnik für Trinkwasser, Springer Berlin, 2012.
[2] H. Köhler, Nicht nur nach Schema F – Standard-Beprobung führt nicht zu belastbaren Ergebnissen“, SBZ, 08/2017, S. 48-51.
[3] C. Schauer, Ein unterschätztes Phänomen – Bestimmungsgemäßer Betrieb einer Trinkwasseranlage, SBZ, 06/2018, S. 70-75.
[4] VDI/DVGW 6023 Blatt 1, Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderung an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung, Beuth, Berlin, 04/2013.
[5] DIN 1988-200, Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe, Beuth, Berlin, 05/2012.
[6] K. Rühling, C. Schreiber, C. Lück, G. Schaule, A. Kallert, EnEff: Wärme-Verbundvorhaben, Energieeffizienz und Hygiene in der Trink-wasser-Installation, Schlussbericht, 2018.
[7] Robert Koch-Institut, RKI-Ratgeber für Ärzte, Legionellose, 2013.
[8] DVGW-Information Wasser Nr. 74, Hinweise zur Durchführung von Probennahmen aus der Trinkwasser-Installation für die Untersuchung auf Legionellen, DVGW, Bonn, 01/2012.
[9] E. Osmancevic, M. Engelfried, R. Friedmann, Erhöhte Temperaturen in Trinkwasser-Versorgungssystemen, Energie Wasser Praxis, 09/2018, S. 58-63.
[10] Robert Koch-Institut, Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, Elsevier Urban & Fischer, München 2004.
[11] C. Schauer: Moderne Sanierungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität – Teil 1, KTM Krankenhaus Technik Management, 7-8/2014, S. 43-46.
[12] H. Köhler, Schleifen sind nicht immer „chic“, SBZ, S. 40-43, 13/2014.
[13] W. Schulte: Moderne Bautechnik – Risiken für die Trinkwassergüte, IKZ Sonderheft Trinkwasserhygiene 2017, S. 14-21.
[14] DIN EN 806-2, Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 2: Planung, Beuth, Berlin, 06/2005.
[15] VDI 6003, Trinkwassererwärmungsanlagen – Komfortkriterien und Anforderungsstufen für Planung, Bewertung und Einsatz, Beuth, Berlin, 08/2018.
[16] M. Hippelein, B. Christiansen, Hygienische Bewertung dezentraler Trinkwassererwärmer großer Apartmentanlagen hinsichtlich mikrobiologischer Verunreinigungen und einer Legionellenkontamination, Zentrale Einrichtung Medizinaluntersuchungsamt und Hygiene, UKSH Kiel, Projektbericht Dezember 2016.
[17] Trinkwasserkommission (TWK) des Bundesministeriums für Gesundheit beim Umweltbundesamt, Ergebnisprotokoll,
15. Sitzung, 09.09.2017. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/374/dokumente/twk_ergebnisprotokoll_15._sitzung.pdf
[18] Experten warnen – Legionellen in Wärmepumpen, Süddeutsche Zeitung, 4. Januar 2018 http://www.sueddeutsche.de/geld/experten-warnen-legionellen-in-waermepumpen-1.3811734
[19] Stellungnahme des Umweltbundesamt (UBA), Energiesparen bei der Warmwasserbereitung –
Vereinbarkeit von Energieeinsparung und Hygieneanforderungen an Trinkwasser, September 2011.
Autoren:
Harald Köhler, Leiter der Inspektionsstelle ATHIS, Technische Inspektionsstelle für Trinkwasserhygiene Typ A; akkreditiert nach DIN EN ISO/IEC 17020.
Dr. Christian Schauer, Leiter des Kompetenzbereichs Trinkwasser, Corporate Technology bei Viega Technology GmbH & Co. KG, Attendorn.
Bilder: Viega
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