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StartseiteWissenNewsWärmepumpen im Mehrfamilienhaus-Bestand
9. März 2023
Forschungsprojekt analysiert und demonstriert Lösungsansätze
Der Absatz von Wärmepumpen für Bestandsgebäude übersteigt mittlerweile den für Neubauten. Da die Geräte einen wichtigen
Beitrag zum Klimaschutz leisten, fördert das Bundeswirtschaftsministerium ein Projekt, das deren weitere Verbreitung im Mehrfamilienhaus-Bestand unterstützt.
Rund die Hälfte der Wohnungen in Deutschland befindet sich in Mehrfamilienhäusern. Diese wurden in großer Zahl vor der ersten Wärmeschutzverordnung (1979) errichtet, vor allem in den 1960er und 1970er Jahren. Gebäude, die vor der ersten Wärmeschutzverordnung (1979) errichtet wurden, verursachen in Deutschland heute insgesamt rund zwei Drittel des Energiebedarfs im Gebäudesektor. Für den Erfolg der Energiewende gilt es, die Wärmeversorgung dieser Bestandsgebäude durch nachhaltige Technologien zu sichern. Besondere Herausforderungen in Mehrfamilienhäusern sind hier die Nutzbarmachung von Umweltwärme (Wärmequelle), die Weiternutzung von Übergabesystemen für die Raumwärme und die Bereitstellung von Trinkwarmwasser (Wärmesenke).
Im Forschungsprojekt „LowEx Bestand – LowEx-Konzepte für die Wärmeversorgung von Mehrfamilien-Bestandsgebäuden“ haben das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Lösungsansätze für den Einsatz von Wärmepumpen im Mehrfamilienhaus-Bestand analysiert und demonstriert.
Mögliche Wärmequellen im deutschen Mehrfamilienhaus-Bestand
Luft/Wasser-Wärmepumpen waren auch 2021 Spitzenreiter beim Absatz: Über 120 000 von insgesamt 177 500 verkauften Anlagen gehörten zu dieser Kategorie. Trotzdem sind Luft/Wasser-Wärmepumpen nicht für jedes Mehrfamilienhaus im Bestand die optimale Lösung. Zwar zeigten Untersuchungen der Forschenden, dass in Reihenhaussiedlungen die Bivalenzpunkte (Maß für den Anteil des durch die Wärmepumpe gedeckten Gesamtbedarfs im bivalenten System) der Anlage (- 5 °C oder + 2 °C) und auch der Sanierungsstandard (Sanierung nach EnEV 2016 oder anspruchsvollere Sanierung) für die Beurteilung der Auskömmlichkeit der Freifläche als Quelle einer Wärmepumpe weitgehend irrelevant sind. Von Bedeutung sind diese Faktoren jedoch bei geringer Flächenverfügbarkeit bei Blockrand-Bebauung oder bei Hochhäusern in City-Bebauung.
Zusammenfassend kann man die Quellen-Verfügbarkeit im deutschen Mehrfamilienhaus-Bestand so qualifizieren:
Absenkung von Systemtemperaturen anstreben
Wärmepumpen werden effizienter, wenn die Systemtemperaturen auf der Senkenseite der Wärmepumpe, sprich bei der Wärmeübergabe, gesenkt werden. Bestands-Mehrfamilienhäuser werden zu über 90 % mit Heizkörpern beheizt. Meist kommt hier ein relativ altes Wärmeverteilungssystem zum Einsatz. Wird ein Gebäude saniert, reduzieren sich nicht nur der Wärmebedarf und somit die Heizkosten. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass die Temperaturen im Heizsystem abgesenkt werden können. Dies ist bereits bei Gasbrennwertgeräten vorteilhaft, bei Wärmepumpensystemen jedoch noch ausgeprägter.
Beim Einsatz von Wärmepumpensystemen im Bestand sollte die Weiternutzung von vorhandenen Heizungsverteil- und -übergabesystemen geprüft werden. Eine niedrig-investive Maßnahme, um Systemtemperaturen abzusenken, ist der selektive Austausch von Heizkörpern in den Räumen, für die nach Absenkung von Systemtemperaturen eine Unterversorgung erwartet wird. Dies setzten die Expertinnen und Experten in LowEx-Bestand-Demonstrationsgebäuden im Smarten Quartier Karlsruhe-Durlach um. In den Gebäuden (30 Wohneinheiten, Baujahr 1963, Teilsanierung 1995) wurde beispielsweise durch Austausch von 7 bis 9 % der Heizkörper eine Absenkung der Systemtemperaturen auf 55/45 °C unter Normbedingungen ermöglicht. Dabei steigt die erwartete Jahresarbeitszahl des Außenluft-Wärmepumpensystems um 0,13 mit jedem Grad Absenkung der energetisch gewichteten mittleren Heizkreistemperatur.
In den zwei mit Wärmepumpen versorgten Mehrfamiliengebäuden in Karlsruhe-Durlach setzten die Forschenden darüber hinaus neuartige Quellensysteme um. In einem Gebäude werden die Wärmequellen Außenluft und Erdreich mit dem Ziel kombiniert, durch ein kleiner dimensioniertes Erdsondenfeld auch in dichter Siedlungsstruktur Erdwärme zu nutzen. Die Regelung dieses Mehrquellen-Wärmepumpensystems befindet sich derzeit in der erweiterten Inbetriebnahme. In einem zweiten Gebäude sammelt ein PVT-Kollektorfeld Wärme ein, die auf der Quellenseite der Wärmepumpe genutzt wird.
Sanierung und Gebäudetechnik ganzheitlich denken
Nicht immer tritt die Sanierung der Gebäudehülle zeitgleich mit einem Austausch der Heizungstechnik auf. Hybridsysteme, die eine Wärmepumpe mit einem Gasbrennwertgerät kombinieren, bieten die Möglichkeit bereits vor Hüllsanierung schon signifikante Anteile des Wärmebedarfs über die Wärmepumpe zu decken. Diesen Zusammenhang wiesen die Expertinnen und Experten im LowEx-Bestand-Demonstrator der Wohnungsgesellschaft Adorf/Vogtland nach.
Ein Hybrid-Wärmepumpensystem mit einer neu entwickelten Regelungsstrategie und einer relativ klein dimensionierten Außenluft-Wärmepumpe wurde hier vor der Gebäudesanierung installiert. Die Wärmepumpe stellte im unsanierten Gebäude in der Heizsaison (Januar bis März 2021) zwischen 50 und 83 % der Raumwärme zur Verfügung und war damit bereits der dominierende Wärmeerzeuger. Nach der Sanierung (Heizsaison 2021/2022) wurde eine nahezu vollständige Deckung der Raumwärmeerzeugung über die Wärmepumpe erzielt. Im Falle einer zeitlichen Entkopplung von Hüllsanierung und Erneuerung des Heizsystems kann der Einsatz eines Hybridsystems im Mehrfamilienhausbestand bedenkenswert sein.
Wärmepumpen: Effizient mit vorhandenen Heizsystemen kombinierbar
Das Fraunhofer ISE und die Universität Freiburg (INATECH) haben die Betriebsmodi und Wirtschaftlichkeit von Hybridsystemen und monoenergetischen Wärmepumpensystemen für die im Projekt definierten Gebäudetypen untersucht. Unter den (vor der gegenwärtigen Energiekrise) getroffenen Annahmen zur Entwicklung von Strom- und Gaspreisen erzielten monoenergetische Systeme und Hybridsysteme im sanierten Altbau über die Lebensdauer und unter Berücksichtigung der Förderung eine vergleichbare Wirtschaftlichkeit. Dabei können über die Lebensdauer in allen betrachteten Systemkombinationen kumulierte CO2,äqu-Einsparungen von über 50 % im Vergleich zu einem Brennwertkessel erzielt werden.
Mit Reduktion des Verhältnisses der Energiebezugskosten von Strom und Gas (von 3,7 vor der Energiekrise auf etwa 1,6 bei aktuellem Abschluss eines Energieliefervertrags, Stand September 2022) wird die Luft/Wasser-Wärmepumpe im hybriden System auch bei bezugskostenoptimiertem Betrieb über den gesamten Betriebsbereich zum bevorzugten Wärmeerzeuger. Die Wärmepumpe im Hybridsystem sollte daher so dimensioniert sein, dass sie nach Sanierung in der Lage ist, den Heizwärmebedarf annähernd vollständig decken zu können.
Das vorgestellte Projekt LowEx Bestand wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Informationen zur BMWK-geförderten angewandten Energieforschung im Schwerpunkt Gebäude, Quartiere und Wärmeversorgung: www.energiewendebauen.de
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