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StartseiteWissenNewsTempomacher für die Umstellung
10. März 2023
Neues Gesetz zum Smart-Meter-Rollout soll im Frühjahr kommen
Das Bundeskabinett hat im Januar dieses Jahres den Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) vorgelegt. Mit dem GNDEW soll der Smart-Meter-Rollout nun besser in die Gänge kommen. Tatsächlich könnte das gelingen.
Worum geht es im Kern? Der Ausbau der Erneuerbaren Energien führt dazu, dass die Stromproduktion weniger planbar wird, weil Wind- und Solarstrom fluktuieren, je nach Wetterlage. Zusätzlich kommen neue Lasten hinzu, die es bisher so in diesem Umfang nicht gab: E-Mobilität und Wärmepumpen. Zentraler Bestandteil, um das Energiesystem flexibel und intelligent zu machen sowie es an die neuen Lasten anzupassen, sind Smart Meter.
Unterschied zwischen mME und iMSys
Das alte Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) sieht den schrittweisen Ersatz analoger Stromzähler durch digitale Zähler bis zum Jahr 2032 vor. Zum Einsatz kommen moderne Messeinrichtungen (mME) oder intelligente Messsysteme (iMSys). mME’s sind im Grunde genommen nur Messgeräte, die ein elektronisches Zählwerk besitzen und die den Stromverbrauch dann digital anzeigen. Zu einem iMSys wird ein mME erst über eine Erweiterung, dem Smart Meter Gateway. Erst dadurch können die erfassten Daten fernausgelesen werden. „Praktisch kann ein iMSys Messwerte über eine Telekommunikationsverbindung kommunizieren oder eine Verbindung zur lokalen Messstelle für eventuelle Schalthandlungen herstellen. Darüber hinaus gibt es theoretisch eine Vielzahl anMöglichkeiten. Denkbar ist die Einbindung von Messeinrichtungen anderer Sparten, z. B. Gas, Wasser, Wärme sowie im Submetering, z. B. die digitale Heizkostenabrechnung“, skizziert André Seifert, Fachgebietsleiter Produktentwicklung bei der Thüringer Mess- und Zählerwesen GmbH (TMZ), das Potenzial der Smart Meter. Außerdem würden variable Stromtarife ermöglicht, die mehr Flexibilität bedeuteten.
Holprig in der Vergangenheit
Die Einbaupflicht eines iMSys gilt für Verbraucher mit mehr als 6000 kWh Jahresverbrauch an Strom, außerdem für Erzeuger von Strom mit Anlagengrößen von mehr als 7 kW Nennleistung (z. B. Photovoltaik). Für alle Fälle, die unter diesen Werten liegen, sind grundsätzlich mME vorgesehen, Smart Meter aber optional. Der Einbau der Smart Meter sollte bereits seit 2017 schrittweise anlaufen, begann dann tatsächlich aber erst Anfang 2020 und wurde bereits ein Jahr später gerichtlich gestoppt.
Nun geschieht also über den Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) ein neuer Anlauf, den Rollout zu beschleunigen und dieses Mal könnte das tatsächlich gelingen. Das Gesetz, das im Januar vom Bundeskabinett beschlossen wurde, soll bereits im Frühjahr das parlamentarische Verfahren durchlaufen haben und dann in Kraft treten. Dass man beschleunigungsoptimistisch sein kann liegt darin begründet, dass verschiedene Bremsen gelöst werden. So wird eine Rollout-Bremse technischer Natur abgeschafft: Die „Drei-Hersteller-Regel“ soll entfallen. Das Messstellenbetriebsgesetz sah bislang für jede Entwicklungsstufe die Zertifizierung von drei Smart-Meter-Modellen voneinander unabhängiger Hersteller durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor. Da inzwischen ein ausreichendes Angebot an Smart-Meter-Gateways vorhanden sei, könne diese Regelung entfallen, so das BMWK. Das Tempo werde künftig vom innovativsten Hersteller bestimmt – ein Warten auf den technischen Gleichstand von mindestens drei Herstellern somit entfallen.
Neues Element „agiler Rollout“
Das geplante, neue Gesetz führt außerdem das Element eines „agilen Rollouts“ ein. Der Rollout kann dadurch sofort mit den bereits zertifizierten Geräten in den meisten Einbaufällen starten (verbrauchsseitig bis zum Jahresstromverbrauch von 100 000 kWh (< 6000 kWh optional), erzeugungsseitig bis 25 kW installierter Leistung (für 1 bis 7 kW optional)). Das heißt, die zertifizierten Geräte können für die genannten Gruppen sofort eingebaut werden, selbst wenn noch nicht alle Funktionen freigeschaltet werden können. Weitere Funktionen – z. B. Steuern und Schalten – können über Anwendungsupdates später bereitgestellt werden.
Das GNDEW sieht auch eine gerechtere Kostenverteilung vor: Die direkten Kosten (Messentgelte) für Verbraucher und Kleinanlagenbetreiber werden durch eine Deckelung der Kosten für ein intelligentes Messsystem auf 20 Euro pro Jahr gesenkt, was der heutigen Preisobergrenze für moderne Messeinrichtungen entspricht. Die Netzbetreiber werden zugleich stärker an den Kosten beteiligt. Das BMWK argumentiert damit, dass die Netzbetreiber in besonderer Weise vom Smart-Meter-Rollout profitieren werden: Im künftigen Energiesystem hängt die Systemstabilität maßgeblich von einer flächendeckenden Beobachtbarkeit und Steuerbarkeit der fluktuierenden Erzeuger und Verbraucher in den Verteilernetzen ab. So sollen beispielsweise an Messstellen von Zählpunkten mit einem Jahresstromverbrauch über 6000 bis einschließlich 10 000 kWh für den Messstellenbetrieb insgesamt brutto jährlich nicht mehr als 100 Euro pro Zählerpunkt in Rechnung gestellt werden dürfen, wovon auf den Anschlussnetzbetreiber maximal 80 Euro entfallen und auf den Anschlussnutzer maximal 20 Euro brutto. Dieselben Konditionen gelten für Messstellen bei Anlagenbetreibern mit installierten Leistungen über 7 kW bis einschließlich 15 kW für jeden Zählpunkt. Wird ein Smart Meter optional installiert, liegt das Verhältnis bei max. 40 /20 Euro.
Zentralisierung möglich
Als weitere Neuerung wird die Möglichkeit gestärkt, das Smart-Meter-Gateway als Infrastruktur im Grundsatz am Netzanschlusspunkt einzubauen. Über geeignete Schnittstellen können mehrere Verbraucher/Ladeeinrichtungen über das Smart-Meter-Gateway gebündelt werden und selbständig am Markt agieren. Gleichzeitig wird die Nachhaltigkeit gestärkt, weil weniger Geräte verbaut werden müssen (sogenanntes 1:n-Metering).
Aktuell müssen nur Lieferanten mit mehr als 100 000 Letztverbrauchern-Kunden, die mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet sind, einen dynamischen Stromtarif anbieten. Diese Schwelle soll nun fallen. Mit dem Gesetz werden alle Lieferanten ab 2025 verpflichtet, Endverbrauchern mit intelligenten Messsystemen dynamische Stromtarife anzubieten. Dynamische Stromtarife zeichnen sich eben dadurch aus, dass der Preis für eine kWh Strom nicht starr ist, sondern mal höher und mal niedriger für den Kunden sein kann, z. B. weil die Preise an die Börsenstrompreise gekoppelt sind. Über den Preis lässt sich das Verbrauchsverhalten steuern. Der Strom etwa dann zu nutzen, wenn z. B. viel Windstrom produziert wird und dieser abgenommen werden muss Umgekehrt, bei Flaute, den Verbrauch zu drosseln oder auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
Der zunehmenden Fluktuation der Stromerzeugung müssen angepasst flexibler werdende Stromnachfragen entgegengestellt werden. Ein zentrales Element auf Verbraucherseite ist das Smart Meter. Bislang lief die Umstellung alles andere als zufriedenstellend. Nun besteht berechtigte Hoffnung, dass sich das ändern wird. „Unser zukünftiges Energiesystem wird wesentlich flexibler und damit auch komplexer werden und dafür brauchen wir Smart Meter und eine Digitalisierung der Energiewende“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck bei der Vorstellung des neuen Gesetzentwurfs. Tatsächlich könnte das nun gelingen.
Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz
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