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Heißes Eisen



Heißes Eisen
 
 
 
 
 
 
 
 

6. September 2019

Die Bundesregierung zieht eine Abgabe auf Kohlendioxid in Erwägung. Doch welche Effekte hätte eine CO2-Steuer? Einschätzungen von Branchenverbänden

Der Klimawandel ist im Gange und der Heizungsmarkt steckt im Stau. Experten raten zur Einführung einer Steuer auf Kohlendioxid – die Politik zögert. Die Branche meint: Käme sie, müsste sie flankiert werden.

Im Fokus der Steuerüberlegungen stehen die Sektoren Wärme und Verkehr. Diese hinken bei den CO2-Einsparungen hinterher. Im Gespräch ist deshalb die Einführung einer CO2-Steuer, die fossile Brennstoffe verteuern würde, also z. B. Heizöl oder Benzin. Im Gegenzug sind Kompensations- bzw. Ausgleichsmaßnahmen in der Überlegung, um die Steuer „belastungsneutral“ zu gestalten. Angedacht sind z. B. eine niedrigere Stromsteuer und EEG-Umlage sowie die Auszahlung einer Pro-Kopf-Klimaprämie. Die Überlegungen basieren auf drei Gutachten verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute, die Umweltministerin Svenja Schulze in Auftrag gegeben hatte und Anfang Juli präsentierte.

Konkret in Zahlen
Konkret in Zahlen ausgedrückt erörtern die Studien die Einführung einer Steuer im nächsten Jahr in Höhe von 35 Euro pro t CO2. Dabei handelt es sich um einen Einstiegswert, der jährlich steigt auf bis 180 Euro/t in 2030. Wie sich das konkret in Steueranhebungen auswirkt, zeigt beispielsweise die Studie des Forum Ökologische-Soziale Marktwirtschaft, das eins der drei von Schulze mit den Gutachten beauftragten Instituten ist. Bei einem CO2-Aufschlag von 35 Euro/t käme es zu einem erhöhten Steuersatz von 1,25 ct/kWh bei Erdgas, 1,55 ct/kWh bei Heizöl, 5,71 ct/kWh bei Diesel und 8,40 ct/kWh bei Benzin. Bei einem CO2-Auschlag von 80 Euro/t steigen die Steuersätze auf 2,16 ct/kWh bei Erdgas, 2,74 ct/kWh bei Heizöl, 6,91 ct/kWh bei Diesel und 9,59 ct/kWh bei Benzin.
Der Einstiegswert, gepaart mit einer jährlichen Steigerung verfolgt einen Plan: Wenn Heizungs- oder Autobesitzer schon heute wissen, was in 10 Jahren auf sie zukommt, dann werden sie sich bei Langzeitinvestitionen wie z. B. einer Heizung heute mit Blick auf morgen für ein anderes System entscheiden.

Wie sehen es die Verbände?
Werden sich die Marktverhältnisse durch die Einführung einer CO2-Steuer verschieben und welche Auswirkungen für das Handwerk hätte das? Könnte eine solche Steuer den vielzitierten Modernisierungsstau auf dem Heizungsmarkt auflösen? Befragt haben wir Zukunft Erdgas, das Institut für wirtschaftliche Ölheizung (IWO), den ZVSHK, den BDH, den Bundesverband Wärmepumpe (BWP) und den Bundesverband Solarwirtschaft (BSW).

Die Sicht des BDH
Der Heizungsindustrieverband BDH hat vor zwei Jahren eine Studie an der TU Darmstadt in Auftrag gegeben, die u. a. untersuchen sollte, ob eine Preiserhöhung um 5, 10 oder 15 % auf fossile Ener­gieträger Endverbraucher zu Investitionen in Heizungstechnik gemäß Labelklasse A oder höher führt. „Das Gutachten zeigt im Ergebnis, dass solche Preiserhöhungen keinen besonderen Hebel aufweisen“, berichtet Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer beim BDH. „Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass nicht die Ener­giepreiserhöhungen Investitionen in höhere Effizienz oder Erneuerbare-Ener­gien-Technologien auslösen, sondern Zuschüsse oder steuerliche Anreize, die sich aus einem Energie-Effizienz-Fonds speisen könnten, der wiederum staatliche Mehraufkommen durch die CO2-Steuer verwaltet.“ Der BDH ist nicht gegen eine CO2-Steuer, aber gegen eine, die nicht konkret umgemünzt wird. „In dem Gutachten gehen wir bei 5 bis 10 % Steigerung und einem Volumen für den Effizienzfonds von 2 Mrd. bzw. 4 Mrd. Euro aus. Nur die zweckgebundene Verwendung bietet einen nennenswerten Hebel für Investitionen in höhere Energieeffizienz“, sagt Lücke.

Die Sicht des ZVSHK
ZVSHK-Präsident Michael Hilpert klingt angesichts der Pläne zynisch: „Wir als Heizungsbauer freuen uns mächtig auf den Moment, wenn wir unseren Kunden erklären müssen, dass sie für die neu installierte, effiziente Gas- oder Ölheizung demnächst auch eine CO2-Steuer entrichten müssen.“ Im Koalitionsvertrag sei eine steuerliche Abschreibung auf energetische Sanierungen versprochen worden. Stattdessen würde man nun mit der CO2-Steuer um die Ecke kommen – „das ist schon dreist“, sagt Hilpert.
Es dürfe außerdem keine Umverteilung von Steuerlasten aus dem Strom- in den Gebäudesektor geben. Die Steuer müsse wenn schon eine zweckgebundene Abgabe sein als steuermindernde Sonderausgabe. Der Verband fordert dann außerdem die Einführung von CO2 als neue Richtgröße neben der Primärenergie. „Wir müssen den Verbraucher darüber aufklären, welche Effizienzmaßnahmen in Gebäuden zu welchen konkreten CO2-Einsparungen führen. Alles andere führt zu einer weiteren Verunsicherung und damit Stillstand im Modernisierungsmarkt“, mahnt Hilpert.

Die Sicht von Zukunft Erdgas
„Grundsätzlich sind wir gegen eine zusätzliche Steuer. Die Erfahrung lehrt uns, dass Preiserhöhungen nur geringe Reaktionen auslösen – das gilt gerade für den Wärmemarkt“, sagt Timm Kehler, Geschäftsführer bei Zukunft Erdgas. „Unser Vorschlag umfasst daher keine neue CO2-Steuer, sondern in erster Linie eine Reform des Ordnungsrechts, die die CO2-Einsparung endlich als Leitgröße anerkennt. Ein Beispiel dafür ist die Energieeinsparverordnung (EnEV): Hier sollte der Blick weg von den Primärenergieverbräuchen hin zum CO2-Ausstoß gerichtet werden.“
Zusätzlich müssten bestehende Förderprogramme auf maximalen Klimaschutz ausgerichtet werden – auch hier könnten Bund und Länder ihre Mittel deutlich wirksamer einsetzen. Die bereits bestehende Energiesteuer im Wärmemarkt sollte gemäß dem CO2-Gehalt der jeweiligen Energiequelle angepasst werden. „Eine aufkommensneutrale Anpassung würde einem CO2-Preis von circa 50 Euro/t entsprechen. Dadurch würde Strom etwas günstiger, Erdgas und Heizöl hingegen etwas teurer. Die dadurch entstehenden Mehrkosten ließen sich durch Heizungsmodernisierungen, die den Ener­gieverbrauch um bis zu 30 % senken, ausgleichen“, sagt Kehler. Auch deshalb müsste die steuerliche Abschreibung von Heizungsmodernisierungen fester Bestandteil einer solchen Energiesteuer-Reform sein.

Die Sicht des IWO
„Zielführender als eine CO2-Steuer oder gar ordnungsrechtliche Maßnahmen sind attraktive, einfache und technologieoffene Anreize für energetische Modernisierungen und insbesondere Heizungserneuerungen. Die seit Langem diskutierte steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung wäre hier ein wichtiger erster Schritt“, sagt Adrian Willig, Geschäftsführer des Instituts für Wärme und Öltechnik (IWO).
Das IWO weist noch auf ein ganz anderes Problem bzgl. der Lenkungswirkung einer CO2-Steuer hin: Mehr als die Hälfte der Deutschen sind Mieter. „Eine Motivation, energetisch zu modernisieren, haben, wenn überhaupt, Eigentümer, die ihr Haus selbst bewohnen. Die müssen aber auch in der finanziellen Lage dazu sein und eine Neuinvestition muss ohnehin anstehen“, so Willig.
Das IWO drängt neben einer Effizienz-Versachlichung auch darauf, die Entwicklung treibhausgasärmerer Brennstoffe voranzutreiben, namentlich Power-to-X-Technologien. „Hier sollte die Politik auf den Ausbau von Reallaboren, geeignete Markteinführungsprogramme und darüber hinaus dauerhaft verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren setzen. Dazu zählt auch die Anerkennung regenerativer Brenn- und Kraftstoffe in entsprechenden Regelungen und Gesetzen wie dem Gebäudeenergiegesetz“, sagt Willig.

Die Sicht des BSW
Für die Solarbranche geht es im Rahmen der Steuer-Diskussion auch um die Frage, inwiefern eine solche dem schleppenden Markt der Solarthermie neuen Schub geben könnte. „Wir empfehlen einen Einstiegspreis von 60 Euro/t CO2. Bis die Klimaziele erreicht werden, sollte der Preis alle vier Jahre um 25 Euro steigen“, sagt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Allerdings ist sich der BSW mit den anderen Verbänden auch darin einig, dass eine CO2-Steuer alleine nicht ausreiche. Die Regierung müsse darüber hinaus zum Beispiel ihre Zusage aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, die klimafreundliche Gebäude- und Heizungsmodernisierung steuerlich zu fördern. „Doch auch Anreize dürften nicht reichen, um Erneuerbare Ener­gien schnell genug zum Heizungsstandard zu machen. Ganz ohne Ordnungsrecht wird es vermutlich nicht gehen“, sagt Körnig. Wie sich eine CO2-Bepreisung auf den Solarthermie-Markt auswirken werde, sei allerdings schwer vorherzusehen. „Wichtig ist, dass die Vielzahl möglicher Wärmelösungen insgesamt schnell deutlich grüner wird.“

Die Sicht des BWP
Aus Sicht des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) würde eine CO2-Steuer dazu beitragen, eine Belastungs-Schieflage zu korrigieren. Derzeit betrage die Belastung des Strompreises mit Steuern und Abgaben 185 Euro/t CO2. „Kein Wunder also, dass die Wärmewende nicht in Gang kommt und die notwendige Sektorenkopplung weitgehend ausbleibt“, sagt Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP. „In der BWP-Branchenstudie 2018 gehen wir davon aus, dass sich das Wachstum der Wärmepumpen verdoppeln könnte, wenn die Bundesregierung weitere Maßnahmen wie z. B. die CO2-Bepreisung ergreift“, sagt Sabel. Dennoch müssten zusätzliche geeignete Maßnahmen ergriffen werden, wie die Aufstockung von Förderprogrammen zum Heizungstausch oder die steuerliche Abschreibung von Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung.

Ein Fazit
Einig sind sich alle Verbände darin, dass eine CO2-Steuer alleine nicht ausreicht, um den Wärmemarkt anzuschieben oder gar umzubauen. Die Steuer würde außerdem jene benachteiligen, die ganz aktuell ein altes fossiles Heizsystem gegen ein neues tauschten. Insofern muss sich die Politik ankreiden lassen, dass sie erst vor vier Jahren mit dem Nationalen Aktionsplan (NAPE) große Erwartungen hinsichtlich des Themas Energieeffizienz weckte, in dem ein Baustein im NAPE die steuerliche Förderung von Sanierungsmaßnahmen im Gebäudesegment vorsah – auch Teilsanierungen. Eine Kesselmodernisierung gehört auch dazu.
Stattdessen ist eine Kompensation über eine mehr oder weniger hohe Vergünstigung von Strom im Gespräch. Es könnte darüber Verschiebungen bzgl. des Marktanteils in Richtung solcher Systeme geben, die mit Strom betrieben werden. Das wäre dann aber wieder im Sinne der Bundesregierung, die die Sektorenkopplung vorantreiben will, jedoch entspräche das nicht der von ihr propagierten Technologieoffenheit. Jenseits der CO2-Debatte sind im Handwerk andere Fragen mindestens genauso relevant: Die Auftragsbücher sind voll und wer sollte angesichts des Nachwuchsmangels Heizungen installieren. Darüber hinaus muss betrachtet werden, dass eine Steuer bzw. zweckgebundene Umverteilung immer Verwaltungsaufwand nach sich zieht. Eine Menge Geld, die dann beim Bürger gar nicht erst ankommt.

Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien





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