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Verbrennt Holz CO2-neutral?



Verbrennt Holz CO2-neutral?
 
Bild: FNR 
Bild: Jana Slavik 

13. Dezember 2023

Die Wärmewende ist momentan ein zentrales Thema in der Politik und in der SHK-Branche. Die Suche nach klimaneutralen Gebäudeheizungen läuft seit längerem – und hat in Sachen Holzverbrennung Diskussionen ausgelöst

Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Das betrifft den Verkehr und die Energiewirtschaft ebenso wie die Industrie, die Landwirtschaft und den Gebäudebereich. Mit dem Gebäudeenergiegesetz macht Deutschland einen Schritt in Richtung Klimaneutralität: Es verbietet auf lange Sicht gesehen die Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Dazu zählen Heizöl, Flüssiggas und Erdgas. Sie alle emittieren bei der Verbrennung Kohlendioxid (CO2), einem der bedeutendsten Stoffe für den Klimawandel.
Bei der Transformation hin zu einer klimaneutralen Beheizung der Gebäude fällt bekanntlich der Wärmepumpe eine Schlüsselrolle zu. Sie kann zu dem Heizsystem der Zukunft avancieren. Bei älteren, unsanierten Gebäuden allerdings stößt die Wärmepumpe mitunter an ihre Grenze, sprich Energieeffizienz.
Hier bringen sich Holzheizungen ins Spiel: Die Pellet-, Hackschnitzel- und Scheitholzkessel können diese oft energetisch schwierigen Gebäude beheizen. Doch stellt sich eine fundamentale Frage: Verbrennt dieses Holz CO2-neutral?

PRO: Dr.-Ing. Andreas Schütte, Geschäftsführer Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)

Bei der Verbrennung von Holz, aber auch bei der natürlichen mikrobiologischen Zersetzung dieses wichtigen Rohstoffes, entsteht immer auch Kohlendioxid. Trotzdem kann die energetische Nutzung von Holz als CO2-neutral betrachtet werden, wenn freiwerdendes CO2 durch zeitgleich nachwachsendes Holz in gleicher Menge wieder gebunden wird. Die Kohlenstoffbilanz bleibt dank der Fähigkeit der Pflanzen, über die Photosynthese CO2 aus der Luft aufzunehmen, ausgeglichen.
Es stimmt zwar, dass bei der Verbrennung von Erdgas und Heizöl weniger Kohlendioxid je bereitgestellter Energiemenge freigesetzt wird als bei der Verbrennung von Holz. Nur stammt dieses CO2 aus Jahrmillionen alten Speichern in der Erdkruste und wäre ohne menschliche Nutzung nicht bzw. nur in erdgeschichtlichen Zeiträumen in die Atmosphäre gelangt. Die Nutzung fossiler Rohstoffe ist deshalb die Hauptursache für den seit der Industrialisierung zu beobachtenden, ­atmosphärischen CO2-Anstieg.
Eine dauerhafte Wiederfestlegung des CO2 aus der Atmosphäre zurück in die ­Lithosphäre findet nicht statt, zumindest solange CCS-Technologien nicht in gro­ßem Stile umgesetzt werden. Eine Festlegung in der Biosphäre durch geringere Brennholznutzung wäre zwar möglich, aber nicht von Dauer: Alte Wälder erreichen über kurz oder lang Gleichgewichtszustände, bei denen sich die Aufnahme von Kohlenstoff und Abgabe durch Verrottungsprozesse die Waage halten.
Dank nachhaltiger Waldbewirtschaftung – und darauf muss unser Hauptaugenmerk angesichts der klimatischen Veränderung auch künftig gerichtet sein – wuchs in den zurückliegenden Jahrzehnten in Deutschland mehr Holz nach, als stofflich und energetisch zum Einsatz kam. In diesem Zuge stiegen die Holzvorräte in unseren Wäldern weiter an. Unter dieser Voraussetzung zählt die Holzverbrennung als CO2-neutral bzw. sogar als CO2-negativ, der Wald ist eine Kohlenstoffsenke. Als Bezugsrahmen für die Kohlenstoffbilanz dient dabei nicht der einzelne Baum, sondern der Holzvorrat der Wälder insgesamt, wobei Lagerbestände und Außenhandelsbilanzen natürlich einfließen.
Holzvorräte stehen natürlich nicht unbegrenzt zur Verfügung. Es gilt deshalb, den Rohstoff mit Augenmaß, effizient und zunächst so lange wie möglich stofflich – etwa im Holzbau – einzusetzen. Die ­energetische Nutzung stellt den sinnvollen Abschluss dieser sogenannten Kaskadennutzung dar; sie substituiert fossile Rohstoffe und erhöht die Ressourceneffizienz nochmals. In Deutschland ist sie bereits Realität und wird weiter ausgebaut: Fast die Hälfte des hierzulande verwendeten Holz-Gesamtaufkommens stammt aktuell aus Sekundärquellen.
Holz stärker im Rahmen von Nah- und Fernwärmelösungen statt wie bislang überwiegend in einzelnen Feuerstätten zu nutzen, kann die Effizienz ebenfalls weiter steigern. Zudem lassen sich Maßnahmen zur Emissionsminderung in Holzheizwerken städtischer Quartiere oder Dörfer einfacher umsetzen. Die im neuen Heizungsgesetz vorgesehene Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung dürfte hier positive Impulse geben.

CONTRA: Jan Seven, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Erneuerbare Energien der Abteilung Klimaschutz und Energie des Umweltbundesamtes (UBA).

Eine Verbrennung von Kohlenwasserstoffen verläuft nicht CO2-frei. Holzverbrennung setzt den im Holz gebundenen Kohlenstoff in Form von CO2 frei. Pro Einheit nützlicher Energie wird am Schornstein in der Regel sogar mehr klimawirksames CO2 freigesetzt als bei der Nutzung von fossilen Brennstoffen. Eine „CO2-Neutralität“ der Verbrennung ist damit eine allein bilanziell hergeleitete und vertraut auf Wiedereinbindung von atmosphärischem CO2 durch Waldwachstum.
Dabei bleibt weitgehend offen, wo und wann diese Wiedereinbindung geschieht. Gängige Herleitungen beantworten die Frage nach dem Wo einer Wiedereinbindung in der Regel mit dem Verweis auf die vorhandene Waldsenken1) in Deutschland, zu der jährlich aktualisierte Inventardaten2) vorliegen. Letztlich ist die Frage aber global zu beantworten, denn wo die Einbindung stattfindet ist für die Klimawirkung nicht relevant. Die Frage nach dem Wann einer Wiedereinbindung des freigesetzten Kohlenstoffes ist weit schwieriger zu beantworten, insbesondere, weil sie verlässliche Aussagen zur zukünftigen Waldentwicklung und -bewirtschaftung treffen können müsste. Ein geläufiger Zeitrahmen für solche Abwägungen sind 100 Jahre.
Dieser Zeitraum mag aus waldbaulicher Sicht angemessen erscheinen. Aus Sicht der Klimaschutzziele ist er aber unangemessen und wirft insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung der Waldsenke zahlreiche Fragen auf. So ist in Deutschland wie auch der EU feststellbar, dass die Kohlenstoff-Senkenleistung der Wälder seit Jahren abnimmt2). In manchen Mitgliedstaaten ist der Bereich der Landnutzung oder gar der Wald selbst bereits zu einer Quelle von Emissionen geworden.
Holz verbrennt also nicht CO2-neutral, weder chemisch noch ist dies bilanziell in angemessener Weise abbildbar. Daher werden auch in der internationalen Berichterstattung die Emissionen aus der Holzverbrennung berechnet und nachrichtlich berichtet. Bilanziert werden sie aber über die Verringerung der Senkenleistung des Waldes. Die Darstellung einer CO2-Neutralität der Holzverbrennung beruht somit vielmehr auf Annahmen zu einer zukünftig positiven Waldentwicklung. Wobei sich die Voraussetzungen in den Rahmenbedingungen für diese Annahmen nachweislich verschlechtert haben.
Statt Holz zu verbrennen und den darin gespeicherten Kohlenstoff freizusetzen, kann es nach der Ernte jedoch auch stofflich genutzt werden. Ist diese stoffliche Nutzung langfristig und werden dabei, wie z.B. beim Ersatz von Stahl, energieaufwendige und emissionsintensive Prozesse vermieden, erhöht sich die Sicherheit, mit der Holznutzung signifikanten Klimaschutz zu bewirken.


1) Wälder fungieren als Kohlenstoffsenke, wenn die Aufnahme oder Entfernung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre die Menge an freigesetztem Kohlenstoff übersteigt.
2) UBA 2023: Nationaler Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar, Kap. 6.4 (u.a.); Nationaler Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar 1990 – 2021 (www.umweltbundesamt.de)





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