Lieber Gast, um alle Inhalte sehen zu können, müssen Sie angemeldet sein! Jetzt registrieren oder einloggen.
StartseiteWissenNewsWasseraufbereitung wie in der Natur – nur umgekehrt
8. März 2024
Bei einer Umkehrosmose wird Wasser einem physikalischen Reinigungsprozess ohne Säuren und Laugen unterzogen. Das Ergebnis ist Reinstwasser
Für die Entsalzung von Wasser gemäß Trinkwasserverordnung bieten Umkehrosmoseanlagen im Vergleich zu Ionenaustauschern einige Vorteile. Da sie im Betrieb keine Säuren und Laugen benötigen, fällt kein zu behandelndes Abwasser an und die Betriebskosten sinken. Zudem entfernt die Technologie neben gelösten Salzen auch Bakterien, Keime, Partikel und gelöste organische Substanzen. Ein Überblick.
Die Umkehrosmose ist eine der wichtigsten und umweltfreundlichsten Technologien in der Wasseraufbereitung.
Anwendungsgebiete sind beispielsweise:
Die Umkehrosmose ist, wie der Name erahnen lässt, die Umkehrung der aus der Natur bekannten Osmose: Bei der Wasseraufbereitung mittels Umkehrosmose wird das Rohwasser mit hohem Druck durch eine halbdurchlässige Membran gepresst. Sie lässt fast nur Wassermoleküle passieren. Nach dem Durchströmen der Membran wird das Wasser als Permeat (voll-entsalztes Wasser, VE-Wasser) bezeichnet und ist nahezu frei von Kalk, Schwermetallen, Bakterien, Keimen, Partikeln sowie
gelösten organischen Substanzen und sonstigen Verunreinigungen. Die Trenngrenzen unterschiedlicher Membranverfahren stellt Bild 1 dar, einen Vergleich der Wasserqualitäten von Trinkwasser, enthärtetem und VE-Wasser zeigt die Tabelle.
Im Permeat findet sich lediglich ein Restsalzgehalt von 1 bis 5 %. Auf der anderen Seite der Membran bleibt das Konzentrat zurück. Um den Salzgehalt weiter zu senken, lässt sich eine zweite Stufe einbauen. Das Permeat durchfließt also eine zweite Umkehrosmose. Als Voraufbereitung wird eine Enthärtungsanlage vorgeschaltet. Alternativ kommt eine Dosierung mit einem Antiscalant infrage (ein Antiscalant verhindert das Kristallisationswachstum). Die Standard-Konstellation einer einstufigen Umkehrosmoseanlage mit vorgeschalteter Enthärtung ist in Bild 2 zu sehen, die anwenderfreundliche Kombination der Module auf einem Rahmensystem in Bild 3.
Reinstwasser für grünen Wasserstoff
Diese Vorteile nutzen bereits zahlreiche Branchen für verschiedenste Anwendungen. Eines der jüngsten Beispiele ist die Erzeugung von grünem Wasserstoff per Elektrolyse. Dafür ist reinstes Wasser erforderlich. In einem von Grünbeck realisierten System fungiert die Umkehrosmoseanlage „Geno-Osmo-X“ als erste Entsalzungsstufe. Dem von ihr erzeugten Permeat entzieht dann die Elektrodeionisationsanlage „Geno-Edi-X“ nahezu alle verbliebenen Anionen und Kationen. Die Elektrodeionisation (EDI) kombiniert die Membrantechnik mit dem Ionenaustausch. Spezielle Membranen halten Ionen entsprechend ihrer Ladung zurück. Die anderen Ionen lagern sich am Harz an, das durch Strom kontinuierlich regeneriert wird. Das Gesamtsystem liefert Reinstwasser mit Leitfähigkeiten von weniger als 0,2 µS/cm. Derartige Lösungen lassen sich an verschiedenste Anforderungen bezüglich der Permeatqualität und der Mengen anpassen. Die Umkehrosmoseanlage „Geno-Osmo-X“ in sieben Leistungsstufen zwischen 200 und 3000 Litern Permeat pro Stunde verfügbar. Die Anlagen vom Typ „osmoliQ“ erweitern mit Kapazitäten von 4000 bis 30.000 l/h das Spektrum hin zu höheren Durchsätzen (Bild 4).
Verringerung des Infektionsrisikos
Die Aufbereitung von Kühlwasser für Verdunstungskühlanlagen stellt ebenfalls ein wichtiges Anwendungsfeld dar. Zur Minderung des Infektionsrisikos – etwa durch Legionellen – schreibt die VDI-Richtlinie 2047-2 Regeln für einen hygienischen Betrieb vor, wobei die Wasserbehandlung für das Kühlwasser zu den wichtigsten Forderungen zählt. Die größtmögliche Sicherheit wird erreicht, wenn Ablagerungen durch Kalk, Salz, Schmutz oder Korrosionen vermieden werden. Dies ist nach den in der VDI 2047-2 empfohlenen Aufbereitungsverfahren für das Zusatzwasser durch Enthärtung und Umkehrosmose gegeben. Besonderen Komfort bieten Absalzautomatiken für das Kreislaufwasser, die mit einer kontinuierlichen Leitfähigkeitsmessung, einer pH-Wert-Überwachung, Vorabsalzung und Absalzsperrung bei der Bioziddosierung sowie einer Ansteuerung der Kühlwasserumwälzpumpe ausgestattet ist.
Einsatz in der Getränke- und Lebensmittelindustrie
Große Verbreitung hat die Umkehrosmose auch in der Getränke- und Lebensmittelindustrie gefunden. Brauereien, Fruchtsaft- und andere Getränkehersteller nutzen das Verfahren, um beispielsweise permanent aufbereitetes Wasser für das jeweilige Produkt, für Reinigungsprozesse und Spülvorgänge in Maschinen und Abfüllanlagen und Tanks zur Verfügung zu haben. Die Brauerei Oettinger setzt Umkehrosmoseanlagen ein, um Brauwasser mit exakt vorgegebenen Eigenschaften zu erhalten. Dafür wird das Permeat mit filtriertem Rohwasser verschnitten.
Besonders hohe Anforderungen in der Zentralsterilisation
Ein anderes großes Einsatzfeld, das viele Anforderungen vereint und teilweise auf die Spitze treibt, sind Kliniken. Zu nennen sind hier etwa die Bereiche Kesselspeisewasser, Kältekreislauf, Verdunstungskühlanlage, Raum- und Klimatechnik, Labor/Apotheke und Aufbereitungseinheit Medizinprodukte (AEMP). Bild 5 zeigt hierzu einen Überblick zu den wichtigsten Feldern für die Wasseraufbereitung in Krankenhäusern und die jeweiligen Normen und Regeln.
Eine der höchsten Anforderungen stellt die Zentralsterilisation dar. Um die Sterilgutversorgung in der AEMP stets zu gewährleisten, benötigt die Versorgungstechnik von Krankenhausbauten zwingend eine Wasseraufbereitung mittels Umkehrosmose und in den meisten Fällen auch eine Elektrodeionisation (EDI). Eine wirksame Dampfsterilisation ist essenziell, um Infektionen durch Mikroorganismen und Viren zu vermeiden. Bei der Dampfsterilisation zählt die Wasserqualität zu den entscheidenden Kriterien. Die DIN EN 285 (Sterilisation) gibt dem Betreiber von Dampfsterilisatoren klare Vorgaben. Das Speisewasser muss eine Leitfähigkeit von < 5 µS/cm, weniger als 1 mg/l Silikat und einen pH-Wert von 5 bis 7,5 aufweisen. Werden die Grenzwerte nicht eingehalten, können auf dem Sterilgut nach der Sterilisation Flecken, Salzniederschläge und Schlieren entstehen.
Elektrodeionisation oder zweite Umkehrosmose
In einigen Anwendungen empfiehlt sich (als zweite Aufbereitungsstufe) statt der Elektrodeionisation eine zweite Umkehrosmose, um dem Permeat noch weitere Ionen zu entziehen. Was die bessere Lösung ist, hängt von der zur Verfügung stehenden Trinkwasserqualität ab. In der Praxis trifft man zwar auch die Reihenschaltung von zwei Mischbett-Ionentauschern häufig an. Dies verursacht aber hohe Betriebskosten und erfordert – wie bereits erwähnt – die permanente Beschaffung und das Handling von Säuren und Laugen. Je nach Betriebsbedingungen kann sich hier die EDI-Technologie (Elektrodeionisation) schnell amortisieren.
Betriebskosten von Umkehrosmoseanlagen
Ein wesentlicher Faktor bei den Betriebskosten von Umkehrosmoseanlagen ist die Ausbeute. Ist sie niedrig, sind die Betriebskosten hoch und umgekehrt. Von Vorteil sind frequenzgeregelte Hochdruckpumpen, die modulierend arbeiten.
Zur Energieeinsparung trägt ein temperaturgesteuerter Betrieb bei, weil mit sinkender Wassertemperatur die Durchlässigkeit der Umkehrosmosemembranen abnimmt. So erzielt beispielsweise die Umkehrosmoseanlage „Geno-Osmo-X“ eine Nennleistung von 800 l/h bei einer Auslegungstemperatur von 15 °C. Bei 13 °C Wassertemperatur produziert sie noch 752 l/h, weil die Anlage bei Temperaturänderungen die Ausbeute automatisch an die geänderte Permeatleistung anpasst und so den Energieverbrauch reduziert.
Weitere Energiekosteneinsparungen lassen sich durch die Einbindung der Anlagen in Gebäudeautomationssysteme erzielen, indem Betriebstechnik-Verantwortliche beispielsweise den Anlagenbetrieb durch Smart Metering vorrangig in Tageszeiten mit günstigen Stromtarifen legen. Fernsteuerung per Web-Zugriff und E-Mail-Versand für Störungs- oder Statusmeldungen helfen bei der Anlagenüberwachung.
Keine Schadstoffe – keine Abwasserbehandlung
Grundsätzlich müssen den Anlagen vorgeschaltet sein: ein Trinkwasserfilter, ein Druckminderer (bei mehr als 5 bar Speisewasserdruck), ein Systemtrenner mind. BA, eventuell ein Aktivkohlefilter (je nach Speisewasserqualität) sowie stets eine Enthärtungsanlage oder Antiscalant-Dosierung. In der bauseitigen Speisewasserzuleitung und Permeatableitung muss zudem eine Möglichkeit zum Trennen der Leitung vorhanden sein. Umkehrosmoseanlagen benötigen einen Stromanschluss mit einer Spannung von 400 V.
Der bereits erwähnte Verzicht auf Säuren und Laugen verschafft Umkehrosmoseanlagen einen weiteren Vorteil auf der Abwasserseite: Da im Prozess keine Chemikalien zum Einsatz kommen, fällt auch kein behandlungspflichtiges Abwasser an. Das Konzentrat darf in den meisten Fällen ohne Aufbereitung direkt in das Entwässerungssystem fließen.
Fazit
Egal, ob für die Wasserstofferzeugung, für das Kesselspeisewasser oder Kühlwasser, für die Brau- und Getränkeindustrie sowie zur Dampfsterilisation: Für all diese Bereiche hält die Industrie passende Verfahren und Anlagen bereit. Individuelle Kundenwünsche können durch spezielle Aufbereitungsanlagen erfüllt werden. Umkehrosmoseanlagen sind umweltfreundlich, da hier weder Säuren noch Laugen zum Einsatz kommen.
Autor: Norbert Körber, Vertrieb Systeme bei Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH
Aufstellbedingungen
Bauseitig stellen Umkehrosmoseanlagen meist keine hohen Anforderungen: Der Installationsort muss frostsicher sein, den Schutz des Systems vor Chemikalien, Farbstoffen, Lösungsmitteln und deren Dämpfen gewährleisten und chemikalienbeständig sein. Zur Ableitung des Konzentrats ist ein zur Anlagengröße dimensionierte Bodenablauf mit Kanalanschluss erforderlich. Bauseitige Rohrleitungen für Permeat und Konzentrat müssen korrosionsbeständig sein. Ausreichend tragfähige Fundamente sind unverzichtbar.
Verwandte Artikel
#60 Irrtümer beim Einsatz von Batteriespeichern +++ Öffentliche Sanitärräume planen 22. September 2023
Modulares Bauen mit vorgefertigten Sanitärwänden und -schächten 23. Mai 2023
#52 Sanitär-Armaturen aufbereiten: aus alt mach neu 5. April 2023
Sanitärbranche im Wandel 17. Januar 2023
Sanitäranlagen in öffentlichen Gebäuden 22. Dezember 2022
Zukunft der Sanitärtechnik 23. November 2022
Platzbedarf von Sanitärzentralen 22. Juli 2022
„Wir können eher auf eine Kundenanfrage als auf unsere Mitarbeiter verzichten“ 10. April 2024
Ausgewählte Inhalte
Leistungsgarantie
Datensicherheit