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Warme Wohnung oder barrierefreies Bad: „Kein entweder/oder.“



Warme Wohnung oder barrierefreies Bad: „Kein entweder/oder.“Bild: Quelle Martin Synowzik Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft, VDS
Bild: Quelle Martin Synowzik Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft, VDS 

21. September 2022

Jens J. Wischmann von der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) sieht derzeit eine Zurückhaltung bei Badrenovierungen. Der demografische Wandel verlangt aber etwas Anderes

Nicht erst wegen der aktuellen Krisen werden energiesparende Maßnahmen rund um ein Gebäude finanziell vom Staat gefördert. Die Barrierefreiheit im Badezimmer hingegen fristet ein Schattendasein. „Bei dem allgemeinen Run auf den Heizungsmarkt könnten Wachstumspotenziale bei der Badsanierung an der Branche vorbei realisiert werden“, warnt Jens J. Wischmann von der VDS.

Nach vielem Hin und Her war der Fördertopf für den barrierefreien Badumbau in diesem Jahr lange Zeit geschlossen, dann zunächst wieder gefüllt – und nach kurzer Zeit schon wieder leer. Für den Geschäftsführer der VDS ist klar, „dass die zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel zur Förderung von Maßnahmen im Wohnungsbau begrenzt sind und angesichts der aktuellen Probleme fokussiert werden müssen“. Die Regierung sei gezwungen, Prioritäten zu setzen mit der Folge, dass der Schwerpunkt auf das Thema Energie gelegt werde.

Bleibt das Thema „Barrierefreiheit im Bad“ also auf der Strecke? „Es sieht fast danach aus. Die von uns [VDS] geforderte Aufstockung der Mittel ist derzeit jedenfalls nicht in Sicht. Aber wir kämpfen dafür, dass das nur eine vorübergehende Entwicklung ist“, so der Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft. Aktionismus, wie man ihn derzeit erlebe, ist für ihn keine gute Zukunftsstrategie. Seiner Einschätzung nach ist der Sanierungsbedarf in deutschen Bädern groß. Er spricht gar von einem Sanierungsstau.

Klar ist, dass der Bedarf an barrierefrei ausgestatteten Bädern mit der älter werdenden Bevölkerung stetig zunimmt, „und das Badezimmer ist nun mal ein Schlüssel zur Selbständigkeit bis ins hohe Alter“, so Wischmann. Und er weiß auch, je länger man im Bad bei der alltäglichen Reinigungsroutine mit wenig oder im besten Fall sogar ohne Unterstützung klarkommt, umso länger kann man in den eigenen vier Wänden bleiben. Das sei der klar formulierte Wunsch einer ganzen Gesellschaft und angesichts des Pflegenotstands auch ein sehr vernünftiger. Und er ergänzt: „Zynisch könnte man sagen, dass wir in Deutschland mit mehr modernen Heizungen zwar mollig warme Badezimmer haben werden, aber dafür weniger Bäder mit der notwendigen Ausstattung für eine Nutzung im Alter.“ Er bringt es mit diesen Worten auf den Punkt: „Warme Wohnung oder barrierefreies Bad dürfen langfristig kein Entweder-Oder sein.

Jens Wischmann macht eine Rechnung auf: Der Anteil der über 80- Jährigen in Deutschland lag im Jahr 2021 bei 6,11 Mio.1) Menschen. Bis 2040 können es 8 Mio. werden. Vor diesem Hintergrund müsse die Entscheidung fallen, entweder den Bau von weiteren Betreuungseinrichtungen für ältere Menschen voranzutreiben oder dafür zu sorgen, dass man möglichst lange in den eigenen Wohnungen leben kann. Aus volkswirtschaftlicher Sicht, so seine Überzeugung, sei der Verbleib im eigenen Heim eindeutig die bezahlbare Lösung.

Doch eine gemeinsame Verantwortung für die ältere Bevölkerung lässt sich kritisch hinterfragen. Hat die junge Generation nicht schon genug Probleme, z.B. die Klima- oder Energiekrise, zu bewältigen? „Dem ist zu entgegnen, dass auch die Demografie eine Aufgabe ist, die uns alle betrifft“, so Wischmann und stellt die Frage: „Übernehmen Bauherren und Bauherrinnen, die sich jetzt um eine barrierefreie Badausstattung kümmern, nicht vielmehr selbst Verantwortung, statt es ihren Kindern zu überlassen?“

Im Übrigen sei der Bedarf nach Barrierefreiheit nicht zwingend mit dem Alter eines Menschen assoziiert – auch Jugendliche könnten nach einem Beinbruch Schwierigkeiten haben, in eine als Dusche genutzte Badewanne zu steigen. Zudem gebe es viele Menschen, die nach einem Unfall oder aus gesundheitlichen Gründen mit einem vorübergehenden oder dauerhaften Handicap umgehen müssen. Mit Blick auf die Barrierefreiheit ist Wischmann der Meinung, dass ein Bad nicht immer sofort einer DIN-Norm zu entsprechen hat. Er argumentiert: „Nur wenige Menschen brauchen ein DIN-konformes Bad, aber sehr viele werden irgendwann in ihrem Leben ein Bad mit mehr Bewegungsfreiheit und Komfort, aber mit weniger Hindernissen benötigen.“ Nicht jedes barrierefreie Bad sei zwingend mit dem Einbau eines mit Rollstuhl unterfahrbaren Waschtisches verknüpft. Viel sinnvoller seien modulare Badplanungen, die mit zunehmendem Alter eine Anpassung des Bades an die unterschiedlichen Lebensphasen ermöglichen. Personen ab 65 Jahren werde bei der Gestaltung seines vielleicht letzten Badezimmers bewusst auf besonderen Komfort achten. Hinsichtlich attraktiver Lifestyle-Elemente meint Jens Wischmann: „Eine intelligente Planung hält genügend Optionen offen, um ein Bad nach den Bedürfnissen der Bewohner zu verändern. Ziel sollte immer die möglichst lange Selbständigkeit im Badezimmer sein. Das gilt für alle Bäder – für neue wie für solche im Bestand.“

Derzeit scheint die Badrenovierung beim Handwerk und Endkunden nicht hoch im Kurs zu stehen. Vielmehr setzt die Energiekrise einen Fokus auf Heizungssanierungen und die Abkehr von fossilen Brennstoffen. Wischmann hat Respekt vor dem Fachwissen, das zu einer Heizungssanierung gehört. Und eine Info-Veranstaltung für 20 an Wärmepumpentechnik interessierte potenzielle Kunden sei effizienter als eine Kundenberatung für eine individuelle Badplanung. Für ihn ist deutlich zu erkennen, dass die ohnehin begrenzten Personalressourcen in der SHK-Branche momentan zugunsten von Heizungssanierungen verlagert werden. „Diese Schieflage wird uns aber in vielen Bereichen irgendwann einholen“, warnt Wischmann. „Der Sanierungsstau bei den Badezimmern wird sich weiter vergrößern – und wir sprechen von einem Wachstumsmarkt.“ Denn nur 1,5 % der Wohnungen in Deutschland seien altersgerecht.

Der VDS-Geschäftsführer zitiert eine von der KfW (Förderbank des Bundes) in Auftrag gegebene und von dem Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) durchgeführte Studie, nach der bis 2035 rund 2 Mio.  altersgerechte Wohnungen fehlen. „Ich sehe beim SHK-Handwerk definitiv die Kernkompetenz, diesen Umsatz zu realisieren – und nicht bei anderen Anbietern.“ Es sei Kontinuität gefragt, „schon aus Gründen der Nachwuchsförderung“. „Sonst schlägt die Goldgräberstimmung schnell in ein Goldfieber um, das manche nicht überleben.“

Bei den Lieferzeiten für Badprodukte schätzt Wischmann durch die derzeitigen Krisen nur wenig Einschränkungen. Die Situation sei mit den Lieferengpässen im Heizungsbereich nicht zu vergleichen. Nochmals Wischmann: „In den acht Monaten, die Bauleute auf eine Wärmepumpe warten müssen, können die SHK-Betriebe viele Bäder planen und realisieren.“

Gleichwohl kann sich die Sanitärbranche nicht von allgemeinen Kostenentwicklungen abkoppeln. Oder nutzt sie die derzeitige Situation aus, um Gewinne zu realisieren? „Nein“, widerspricht Wischmann. „Alle Marktpartner sind auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen. Ich glaube, dass sich in Krisensituationen die dreistufige Organisation der Fachbranche bewährt.“ Komplexe Prozesse zu planen und verlässliche Lieferstrukturen zu gewährleisten sei eine ihrer wichtigsten Kernkompetenzen. Das Handwerk sorge dafür, dass alle Gewerke reibungslos ineinandergreifen und die Baumaßnahmen zügig abgeschlossen werden könnten. Kundenzufriedenheit und Sanitärbranche seien nicht zu trennen. „Wer will schon wochenlang ohne Badezimmer leben?“, fragt Wischmann. „Der heiße Sommer hat doch nun wirklich deutlich gemacht, welcher Luxus, aber auch, welches Grundbedürfnis ein wohltemperiertes Badezimmer und eine erfrischende Dusche sind!“

Quellen:
1) Statista, 2021





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