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Sicherheit bei Starkregenereignissen



Sicherheit bei StarkregenereignissenBild: Jung-Pumpen GmbH
Bild: Jung-Pumpen GmbH 
 
 
 
 
Bild: Wavin 
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Bild: Otto Graf GmbH 
Bild: Otto Graf GmbH 

23. Januar 2023

Überflutungsnachweise und Regenrückhaltung nach DIN 1986-100 – Erläuterungen und Berechnungsbeispiele
Die Forderung nach einem Überflutungsnachweis gibt es bereits seit der Einführung der DIN 1986-100 im März 2002. Bedingt durch zunehmende Starkregenereignisse in den letzten Jahrzehnten und der fortschreitenden Versiegelung von Landschaften durch Bebauung sind die öffentlichen Kanalsysteme vielerorts überlastet. Der kostenintensive Neubau oder die Erweiterung der öffentlichen Kanäle wäre die Folge, kann aber von den Kommunen und Gebietskörperschaften oftmals nicht geleistet werden. Eine Möglichkeit zur Lösung des Problems ist die kontrollierte schadlose Überflutung des Grundstücks während schwerer Regenereignisse.
Nach DIN 1986-100 ist bei der Regenentwässerung von kleinen Grundstücken kein Überflutungsnachweis erforderlich. Das sind Grundstücke mit einer abflusswirksamen Fläche bis 800 m2, für die ein Kanalanschluss von DN 150 ausreichend ist. Sollte die Entwässerungsbehörde vor Ort jedoch andere Vorgaben machen, sind diese zu erfüllen. Die jeweiligen Regelungen sind gleichfalls auf Versickerungsanlagen übertragbar, die gemäß Arbeitsblatt DWA-A 138 „Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“ mit einer Jährlichkeit von T = 5 Jahren und einem Berechnungsregen nach KOSTRA-DWD-2010R bemessen werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass bei Überstau der Versickerungsanlage kein Wasser in das eigene Gebäude oder in Nachbargebäude eindringen kann.

Anforderungen zum Überflutungsnachweis
Die Anforderungen zum Überflutungsnachweis und der Regenrückhaltung werden im Abschnitt 14.9.2 der DIN 1986-100 beschrieben. Der Überflutungsnachweis bzw. die Kontrolle der schadlosen Überflutung auf dem Grundstück erfolgt in Anlehnung an DIN EN 752 „Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden – Kanalmanagement“ und ist unabhängig von der Einleitung in den öffentlichen Kanal oder ein Gewässer zu führen.
Für Grundstücke mit einer Gesamtfläche bis 200 ha ist ein Überflutungsnachweis gemäß DIN 1986-100 erforderlich. Bei Grundstücken über 200 ha sollten der Überflutungsnachweis sowie die Bemessung der Grundleitungen mit Abflusssimulationsmodellen entsprechend DWA-Arbeitsblatt A 118 „Hydraulische Bemessung und Nachweis von Entwässerungssystemen“ durchgeführt werden.
Grundleitungen von Grundstücken mit einer Gesamtfläche bis 200 ha, die größere schadlos überflutbare Außenflächen entwässern, können nach Tabelle 4 des DWA-Arbeitsblatts A 118, Ausgabe März 2006 bemessen werden. Hierbei darf eine Jährlichkeit des Berechnungsregens von einmal in 2 Jahren nicht unterschritten werden.
Je nach den örtlichen Verhältnissen – zum Beispiel Größe, Topographie oder Lage der Entspannungspunkte – ist es erforderlich, das Grundstück in mehrere, entwässerungstechnische Teilgebiete aufzuteilen. Erfahrungsgemäß ist dies bei Grundstücken mit mehreren Kanalanschlüssen grundsätzlich erforderlich.
Der Luftraum der auf Teilfüllung bemessenen Grundleitungen darf nicht auf das Rückhaltevolumen angerechnet werden.

Bemessung gemäß DWA-Arbeitsblatt A 118
Werden die Grundleitungen von Grundstücken mit einer Gesamtfläche bis 200 ha gemäß DWA-Arbeitsblatt A 118, Ausgabe März 2006, bemessen, gilt die entsprechende Regendauer des Berechnungsregens nach Tabelle 4 des Arbeitsblatts. Eine Jährlichkeit von T = 2 des Berechnungsregens darf hierbei nicht unterschritten werden.
Die maßgebende Regendauer (5, 10 oder 15 Minuten) ergibt sich aus der mittleren Geländeneigung und dem Befestigungsgrad (Verhältnis der befestigten Fläche zur Gesamtfläche) des Grundstücks (siehe Anwendungsbeispiel).

Durchführung des Überflutungsnachweises
Beim Überflutungsnachweis muss gemäß Abschnitt 14.9.3 der DIN 1986-100 die Differenz zwischen der auf dem Grundstück anfallenden Regenwassermenge VRück in m3 beim mindestens 30-jährigen Regen­ereignis und der über die Entwässerungsanlage abzuleitenden Regenwassermenge beim 2-jährigen Berechnungsregen ermittelt werden. Ist ein außergewöhnliches Maß an Sicherheit erforderlich, ist eine größere Jährlichkeit als 30 Jahre zu wählen. Je nach den örtlichen Verhältnissen auf dem Grundstück ist der Überflutungsnachweis gegebenenfalls auch für Teile der Entwässerungsanlage – zum Beispiel für einzelne Entspannungspunkte – zu führen.
Die Ermittlung der zurückzuhaltenden Regenwassermenge VRück in m3 erfolgt gemäß Gleichung 20 der DIN 1986-100:

VRück = (r(D,30) · Ages – (r(D,2) · ADach · CS,Dach + r(D,2) · AFaG · CS,FaG)) · D · 60 · 10-7

Dabei ist:
VRück die zurückzuhaltende Regenwassermenge in m3;
D die maßgebende Regendauer in Minuten nach Tabelle 4 des DWA-Arbeitsblatts 118, sonst 5 Minuten;
CS der Spitzenabflussbeiwert (Tabelle 9 der DIN 1986-100);
Ages die gesamte befestigte Fläche des Grundstücks in m2;
ADach die gesamte Gebäudedachfläche in m2;
AFaG die gesamte befestige Fläche außerhalb der Gebäude in m2.

Wurde die Bemessung der Grundleitungen nach dem Arbeitsblatt DWA-A 118, Ausgabe März 2006, (Tabelle 4) vorgenommen, kann statt des Bemessungsregens der maximale Abfluss bei Vollfüllung QVoll in Ansatz gebracht werden (in der Regel der maximale Abfluss des Anschlusskanals bei Vollfüllung in Liter pro Sekunde). Hierzu wird die folgende Gleichung 21 der DIN 1986-100 angewendet:

VRück = (r(D,30) · Ages · 10-4 – QVoll ) · D · 60 · 10-3

Die zurückzuhaltende Regenwassermenge VRück in m3 ist für Fließzeiten von 5, 10 und 15 Minuten zu berechnen. Der größte der drei Werte für VRück ist maßgebend.
Wenn die Regeneinzugsflächen des Grundstücks zu mehr als 70 % aus Dachflächen bestehen, muss der Überflutungsnachweis in Verbindung mit der Notentwässerung für den Jahrhundertregen r(5,100) durchgeführt werden.
Hinweis: Der Abflussbeiwert für die jeweilige Regeneinzugsfläche ist ausschließlich zur Ermittlung der Regenwassermenge mit dem zwei- und fünfjährigen Regenereignis zulässig. Bei größeren Jährlichkeiten ist der Abflussbeiwert = 1,0.

Berechnungsbeispiel 1 Überflutungsnachweis (Objekt in Bonn)
Gegeben:
Dachflächen 1025 m2 mit CS = 1,0 entspricht ADach · CS,Dach = 1025 m2;
Befestigte Außenflächen 1050 m2 mit CS = 1,0 + 625 m2 mit CS = 0,7 entspricht AFaG · CS,FaG = 1487,50 m2;
Gesamte befestigte Fläche Ages = 2700 m2;
Regendauer D = 10 Minuten
(Tabelle 4 des DWA-Arbeitsblatts 118);
Berechnungsregenspende r(10,2) = 159,0 l / (s · ha) für Bonn nach KOSTRA-DWD-2010R;
Überflutungsregenspenden r(5,30) = 422,5 l/(s · ha) / r(10,30) = 305,4 l/(s · ha) / r(15,30) = 248,4 l/(s · ha) für Bonn nach KOSTRA-DWD-2010R;
Maximaler Abfluss bei Vollfüllung
QVoll = 51,3 l/s (Anschlusskanal DN 250 bei Gefälle 1% nach Tabelle A.5 der DIN 1986-100).
Ergebnisse: Aus Gleichung 20 ergibt sich eine maßgebende zurückzuhaltende Regenwassermenge VRück von 25,51 m3; nach Gleichung 21 beträgt die maßgebende zurückzuhaltende Regenwassermenge VRück = 18,83 m3.

Regenrückhalteräume bei Einleitungsbeschränkungen
Bei Einleitungsbeschränkungen durch den Kanalnetzbetreiber muss zusätzlich zum Überflutungsnachweis die Berechnung des erforderlichen Regenrückhaltevolumens VRRR erfolgen. Die Berechnung muss im „Einfachen Verfahren“ gemäß DWA-Arbeitsblatt A 117 „Bemessung von Regenrückhalteräumen“, Ausgabe Dezember 2013, durchgeführt werden. Die Jährlichkeit entspricht in der Regel der Bemessung des öffentlichen Kanals, und sollte im Vorfeld beim Kanalnetzbetreiber erfragt werden (erfahrungsgemäß in den häufigsten Fällen eine Jährlichkeit von T = 2). Die abflusswirksame Fläche Au muss hierbei gemäß DWA-A 117 mit dem jeweiligen mittleren Abflussbeiwert Cm ermittelt werden. Das erforderliche Speichervolumen VRRR ergibt sich aus der maximalen Differenz der in einem Zeitraum anfallenden Niederschlagswassermenge abzüglich der in diesem Zeitraum über die Drossel abfließenden Regenwassermenge.
Der erforderliche Regenrückhalteraum VRRR wird mit folgender Gleichung 22 der DIN 1986-100 berechnet:

VRRR = Au · r(D,T) · 10-4 · D · fZ · 0,06 – D · fZ · QDr · 0,06

mit
VRRR das Volumen des Regenrückhalteraumes in m3;
Au die abflusswirksame Grundstücksfläche im m2;
r(D,T) die Regenspende in l/(s · ha);
D die maßgebende Regendauer in Minuten;
fZ das mittlere Risikomaß mit dem Zuschlagsfaktor fZ = 1,15 (einfaches Verfahren nach DWA-A 117);
QDr der Drosselabfluss in l/s.

Bei den Berechnungen nach Gleichung 22 muss der erforderliche Regenrückhalteraum VRRR iterativ für verschiedene Wertepaare der Dauerstufe D (beginnend bei 5 min bis maximal 4320 min) und der jeweils zugehörigen Regenspende r(D,T) bestimmt werden. Das größte ermittelte Ergebnis für VRRR in m3 ist maßgebend.

Wenn durch den Kanalnetzbetreiber eine Drosselabflussspende in l/(s · ha) vorgegeben wird, muss der Drosselabfluss QDr in l/s über folgende Gleichung ermittelt werden:
QDr = Au · Drosselabflussspende · 10-4

Das größte Rückhaltevolumen, das sich aus den Berechnungen für den Überflutungsnachweis (Gleichung 20 oder 21) und für die Einleitungsbeschränkung (Gleichung 22) ergibt, ist maßgebend.

Berechnungsbeispiel 2 für Regenrückhalteraum
(gleiches Objekt wie bei Berechnungsbeispiel 1)

Gegeben:
Dachflächen 1025 m2 mit Cm = 0,9 entspricht ADach · Cm,Dach = 922,5 m2;
Befestigte Außenflächen 1050 m2 mit Cm = 0,9 + 625 m2 mit Cm = 0,6 entspricht AFaG · Cm,FaG = 1320,00 m2;
Abflusswirksame Grundstücksfläche Au = 2242,50 m2;
Jährlichkeit T = 2 (nach Vorgabe des Kanalnetzbetreibers);
Drosselabfluss QDr = 12,0 l/s (nach Vorgabe des Kanalnetzbetreibers);
Regenspenden für Bonn nach KOSTRA-DWD-2010R:
r(5,2) = 204,4 l/(s · ha); r(10,2) = 159,0 l/(s · ha);
r(15,2) = 132,5 l/(s · ha); r(20,2) = 114,2 l/(s · ha);
r(30,2) = 90,2 l/(s · ha);
Zuschlagsfaktor fZ = 1,15.
Ergebnis: Bei Gleichung 22 ergibt sich ein größtes Rückhaltevolumen (VRRR) von 18,78 m3.
Das maßgebende größte Rückhaltevolumen, das sich aus den Berechnungsbeispielen für den Überflutungsnachweis nach Gleichung 20 und für die Einleitungsbeschränkung nach Gleichung 22 ergibt, beträgt folglich 25,51 m3 (aus Gleichung 20).
Bei Anwendung der Gleichung 21 und 22 beträgt das maßgebende größte Rückhaltevolumen gleich 18,83 m3 (aus Gleichung 21).

Überflutungsnachweis bei Versickerungsanlagen
Bezüglich der Durchführung des Überflutungsnachweises bei Versickerungsanlagen verweist die DIN 1986-100 auf das Arbeitsblatt DWA-A 138. Eine Gleichung zum Überflutungsnachweis bei Versickerungsanlagen wurde durch die DWA-Arbeitsgruppe ES-3.1 im Jahr 2011 veröffentlicht, und im Kommentar zur DIN 1986-100, 6.überarbeitete und erweiterte Auflage 2016, als Gleichung 14-23 übernommen. Es handelt sich hierbei um eine Modifizierung der Gleichung 21 der DIN 1986-100.
Im November 2020 wurde der Entwurf zum Arbeitsblatt DWA-A 138-1 „Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser: Planung, Bau, Betrieb“ veröffentlicht. Im Abschnitt 5.3.4 des Entwurfs wird die genaue Vorgehensweise zum Überflutungsnachweis bei Versickerungsanlagen beschrieben. Hierbei muss der Nachweis erbracht werden, dass die zurückzuhaltende Regenwassermenge VRück in m3 vollständig und schadlos auf dem Grundstück verbleiben kann, zum Beispiel durch zusätzlichen Speicherraum oder das Einstauen von Außenflächen.
Gemäß folgender Gleichung 10 des Entwurfs zum DWA-A 138-1 ist die zurückzuhaltende Regenwassermenge VRück in m3 zu ermitteln:
VRück = [r(D,30) · (AE,k,b + AVA) · 10-4 – (QS + QDr)] · D · 60 · 10-3 – VVA

Dabei ist:
VRück die zurückzuhaltende Regenwassermenge in m3;
D die Dauerstufe des Bemessungsregens in Minuten;
r(D,30) die Regenspende für die Dauerstufe D und Jährlichkeit T=30;
AE,k,b die angeschlossene befestigte Fläche in m2;
AVA die überregnete Fläche einer oberirdischen Versickerungs anlage in m2;
QS die Leistung der Versickerungsanlage in l/s;
QDr der mittlere Drosselabfluss in l/s;
VVA das Speichervolumen in m3.

Die Berechnung der zurückzuhaltenden Regenwassermenge VRück in m3 muss iterativ für verschiedene Wertepaare der Dauerstufe D (beginnend bei 5 Minuten bis maximal 4320 Minuten) und der jeweils zugehörigen Überflutungsregenspende (in der Regel die 30-jährige Regenspende T=30) erfolgen.

Praktische Regenwasserrückhaltung
Zur schadlosen Überflutung heißt es in der DIN 1986-100, Abschnitt 14.9.3, wie folgt: „Die unschädliche Überflutung kann auf der Fläche des eigenen Grundstückes, zum Beispiel durch Hochborde oder Mulden – wenn keine Menschen, Tiere oder Sachgüter gefährdet sind – oder über andere Rückhalteräume, wie Rückhaltebecken, erfolgen, soweit die Regenwasserableitung nicht auf andere Weise sichergestellt ist“.
Die preiswerteste Lösung bei der Regenwasserrückhaltung auf Grundstücken ist erfahrungemäß die kontrollierte schadlose Überflutung von Außenflächen. Grundvoraussetzung ist herbei, dass ausreichend geeignete Außenflächen zur Verfügung stehen.

Bei ebenen Flächen wird die Überflutungshöhe hü wie folgt ermittelt:
hü = VRück / AFaG · 100
mit
hü Überflutungshöhe in cm;
VRück zurückzuhaltende Regenwassermenge in m3;
AFaG gesamte befestige Fläche außerhalb der Gebäude in m2.

Beispiel: Für eine zurückzuhaltende
Regenwassermenge von 25,51 m3 ist bei einer Außenfläche von 1675 m2 die Überflutungshöhe zu berechnen.
hü = 25,51 / 1.675 · 100

Die Überflutungshöhe beträgt 1,5 cm.

Hinweis: Bei Computer-Berechnungsprogrammen zum Überflutungsnachweis erfolgt anhand dieser Formel eine „Abschätzung der Einstauhöhe auf ebener Fläche“. Für symmetrisch geneigte Flächen wird zur Berechnung der Überflutungshöhe im Kommentar zur DIN 1986-100 die folgende Gleichung 14-25 angegeben:
hü = (VRück / LRück · J · 100)0,5

Dabei ist:
hü Überflutungshöhe in cm;
VRück zurückzuhaltende Regenwassermenge in m3;
LRück Länge der symmetrische geneigten Fläche in m;
J Neigung in % oder cm/m.

Sofern genügend Platz vorhanden ist, sind Muldenanlagen eine kostengünstige und effektive Lösung zur schadlosen Regenrückhaltung.
Eine Möglichkeit, die in jüngster Zeit immer mehr Anwendung findet, ist die schadlose Regenrückhaltung auf Flachdächern. Diese Form der gezielten Regenrückhaltung (Retention) wird vorzugsweise bei begrünten Flachdächern praktiziert. Grundvoraussetzung für den schadlosen Betrieb ist hierbei, dass die entwässerungstechnischen und statischen Belange besondere Beachtung finden.
Bei entsprechend langen außenliegenden Grundleitungen auf dem Grundstück kann ein Stauraumkanal die Lösung sein. Hierbei wird durch die Vergrößerung der Grundleitungsdimension Stauraum geschaffen. Beim Stauraumkanal ist für eine ausreichende Be- und Entlüftung zu sorgen. Ferner ist auf eine regelmäßige Inspektion zu achten, wobei gegebenenfalls – Spülungen zur Beseitigung von Ablagerungen durch geringe Fließgeschwindigkeiten – erforderlich sind.
Die erforderliche Länge des Stauraumkanals LStau kann mittels Gleichung 14-26 des Kommentars zur DIN 1986-100 wie folgt berechnet werden:

LStau = VRück / AKanal
mit
LStau erforderliche Länge des Stauraumkanals in m;
VRück zurückzuhaltende Regenwassermenge in m3;
AKanal innere Querschnittfläche des Stauraumkanals in m2.

Weitere Möglichkeiten der unterirdischen Regenwasserrückhaltung sind zum Beispiel Boxen-Rigolen oder Rückhaltebecken. Unterirdische Speicherbecken müssen grundsätzlich einen leis­tungsfähigen Notüberlauf erhalten.

Drosselabfluss
Bei Einleitungsbeschränkungen durch den Kanalnetzbetreiber muss zusätzlich zum Überflutungsnachweis die Berechnung des erforderlichen Regenrückhaltevolumens VRRR erfolgen. Hierzu muss der Kanalnetzbetreiber den zulässigen Drosselabfluss bzw. die Drosselabflussspende verbindlich angeben. Der Drosselabfluss kann zum Beispiel über passive Drosselstrecken, Drosselschächte oder dynamische Drosseln eingestellt bzw. reguliert werden.

Fazit
Die zunehmenden Starkregenereignisse in den letzten Jahrzehnten sowie die fortschreitende Versiegelung von Land-schaften durch Bebauung führen vielerorts zur Überlastung des öffentlichen Kanalsystems und folglich zu Überflutungen. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Situation ist die kontrollierte schadlose Rückhaltung von Regenwasser bei Starkregenereignissen auf Grundstücken. Dies führte mit Einführung der DIN 1986-100 im März 2002 zur Forderung nach einem Überflutungsnachweis auf Grundstücken. In den Normenausgaben vom Mai 2008 und Dezember 2016 wurden die Anforderungen und Berechnungen weiter modifiziert. Viele Stadtentwässerungsbetriebe verlangen mittlerweile im Zuge des Entwässerungsantrags einen Überflutungsnachweis gemäß Gleichung 20 oder 21 der DIN 1986-100, bei Einleitungsbeschränkungen zusätzlich die Ermittlung des Rückhalteraumes nach Gleichung 22. Alle erforderlichen Berechnungen setzen allerdings einen entsprechend leistungsfähigen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz voraus. Dies sollte mit den Stadtentwässerungsbetrieben im Vorfeld abgeklärt werden.
Für den Überflutungsnachweis in Verbindung mit Versickerungsanlagen veröffentlichte die DWA-Arbeitsgruppe ES-3.1 im Jahr 2011 eine entsprechende Gleichung, die in den Kommentar zur DIN 1986-100, Ausgabe 2016, als Gleichung 14-23 übernommen wurde. Seit November 2020 ist sie als Gleichung 10 im Entwurf zum Arbeitsblatt DWA-A 138-1 „Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser: Planung, Bau, Betrieb“ enthalten.
Zur schadlosen Rückhaltung der ermittelten Regenwassermengen auf Grundstücken stehen zahlreiche technische Lösungen – wie zum Beispiel die kurzfris­tige Überflutung von Parkplätzen ohne Schadensverursachung, Muldenanlagen, Stauraumkanäle, Regenrückhaltebecken oder Boxen-Rigolen – zur Verfügung.

Literatur:
DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“, Ausgabe Dezember 2016
Kommentar zur DIN 1986-100 und DIN EN 12056-4, 6.überarbeitete und erweiterte Auflage 2016
DIN EN 752 “Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden – Kanalmanagement“, Ausgabe Juli 2017
DWA-Arbeitsblatt A 117 „Bemessung von Regenrückhalteräumen“, Ausgabe Dezember 2013
DWA-Arbeitsblatt A 118 „Hydraulische Bemessung und Nachweis von Entwässerungssystemen“, Ausgabe März 2006

Entwurf zum DWA-Arbeitsblatt A 118 „Planung und hydraulische Überprüfung von öffentlichen Entwässerungssystemen“, Ausgabe August 2022
DWA-Arbeitsblatt A 138 „Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“, Ausgabe April 2005
Entwurf zum DWA-Arbeitsblatt A 138-1 „Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser – Teil 1: Planung, Bau, Betrieb“, Ausgabe November 2020
Erkenntnisse und Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitsblatts DWA-A 138 – Teil 2: Quantitative Hinweise. Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-3.1 „Versickerung von Niederschlagswasser“. Korrespondenz Abwasser, Abfall, 2011 (58), Nr.5.

Autor: Bernd Ishorst, Berater, Fachautor und Referent für Entwässerungstechnik, langjähriges Mitglied im DIN-Normenausschuss NA 119-05-02 AA „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke“


Begriffe
Abflussbeiwert

Verhältniswert, der den Anteil des abfließenden Volumens am Niederschlagsvolumen angibt. Man unterscheidet zwischen dem Spitzenabflussbeiwert CS (Regenentwässerungsanlage und Überflutungsnachweis) und dem mittleren Abflussbeiwert Cm (Regenrückhalteräume gemäß DWA-Arbeitsblatt A 117 „Bemessung von Regenrückhalteräumen“).

Abflusswirksame Fläche
Summe aller angeschlossenen Teilflächen eines Grundstücks, multipliziert mit dem jeweils zugehörigen Abflussbeiwert.

Drosselabfluss
Durch Einrichtung zur Begrenzung oder Verminderung des Abflusses (zum Beispiel durch Drosselstrecke oder Drosselschieber) reduzierter Spitzenabfluss aus einer vorübergehenden Speicherung (Rückhaltung) auf dem Grundstück.

Entspannungspunkt
Teil einer Entwässerungsanlage – zum Beispiel Hofablauf – an dem Abwasser auf die Geländeoberfläche austreten kann.

Notentwässerung
Zusätzliche Regenentwässerung über Notab- oder Notüberläufe mit freiem Auslauf auf schadlos überflutbare Grundstücksflächen.

Kontrollierte schadlose Überflutung
Kontrollierte Überflutung, die aufgrund baulicher Vorkehrungen keine Schäden erwarten lässt.

Überstau
Überlastungszustand der Entwässerungsanlage, bei dem Abwasser ein festgelegtes Bezugsniveau vertikal überschreitet.





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