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Modulfläche schlägt (weiterhin) Stromspeicher



Modulfläche schlägt (weiterhin) Stromspeicher
 
 

19. August 2021

PV-Anlagen rentabel auslegen – ein Interview mit Joseph Bergner, Mitglied der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme bei der HTW Berlin

Im Jahr 2019 hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) im Auftrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Kurzstudie „Sinnvolle Dimensionierung von Photovoltaikanlagen für Prosumer“ durchgeführt [1]. Ein zentrales Ergebnis war, dass ein Stromspeicher die Rentabilität einer Photovoltaikanlage mindert und es deshalb besser ist, in mehr Modulfläche als in einen Stromspeicher zu investieren. Zumindest für die typischen Leistungsgröße bis 10 kWpeak bei häuslichen PV-Anlagen. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Die Stromspeicherpreise sind gesunken, die Effizienz der Speicher gestiegen. Kann die Empfehlung „mehr Modulfläche statt eines Stromspeichers“ heute überhaupt noch aufrechterhalten werden? Wir sprachen darüber mit Joseph Bergner, einer der Studienautoren und Mitglied der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme bei der HTW Berlin.

IKZ-FACHPLANER: Ein zentrales Ergebnis der Kurzstudie „Sinnvolle Dimensionierung von Photovoltaikanlagen für Prosumer“ war, dass ein Stromspeicher die Rentabilität einer Photovoltaikanlage mindert und es deshalb besser ist, in mehr Modulfläche als in einen Stromspeicher zu investieren. Zumindest für die typischen Leistungsgröße bis 10 kWpeak bei häuslichen PV-Anlagen. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Die Stromspeicherpreise sind gesunken, die Effizienz der Speicher gestiegen. Kann die Empfehlung „mehr Modulfläche statt eines Stromspeichers“ heute überhaupt noch aufrechterhalten werden?

Joseph Bergner: Ja, durchaus. Hier hat sich der Gesetzesrahmen geändert, dort sind die Kosten gefallen. Das hat durchaus positive Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit. Grundsätzlich kann man aber davon ausgehen, dass die Aussagen von damals auch heute noch gültig sind. Untersucht haben wir das aktuell jedoch nicht.

IKZ-FACHPLANER: Wie haben sich die Preise für Photovoltaikanlagen beziehungsweise deren Komponenten in den letzten beiden Jahren entwickelt?

Joseph Bergner: Schon seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass die Systemkosten stetig sinken und die anteiligen Kosten für das Personal bei den Systemkosten die Oberhand bekommen [2, 3]. Dies bedeutet, dass Kostenreduktionen bei den Komponenten den Endkundenpreis nicht mehr in dem Maße beeinflussen wie noch vor fünf oder zehn Jahren. Für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen haben wir sogar eine leichte Trendwende bei kleinen PV-Anlagen ermittelt, diese waren zuletzt 2019 teuer als noch im Vorjahr [4].

IKZ-FACHPLANER: Die Einspeisevergütung beträgt nunmehr nicht einmal acht Cent pro eingespeister Kilowattstunde Strom bei Dachanlagen bis 10 kWpeak Leis tung. Gibt es einen Schwellenwert für den sinnvollen Einsatz eines Stromspeichers?

Joseph Bergner: Ja, klar. Zuallererst müssen die Speicher jedoch günstiger werden, damit sie wirtschaftlich betrieben werden können. Erstehe ich beispielsweise einen Speicher für 1000 Euro/kWh und erreiche 200 Zyklen pro Jahr über 12 Jahre Betriebszeit bis zur Ersatzinvestition, dann habe ich Kosten von (1000 Euro/kWh / (200/a x 12 a) ) rund 42 ct/kWh. Selbst mit geschenktem Strom wäre das noch zu hoch, um mit dem Netzstrom zu konkurrieren. Hält der Speicher dagegen länger, sieht das natürlich anders aus. Beispielsweise bei 15 Jahren Betriebsdauer und 800 Euro/kWh Investitionsvolumen sind es überschlägig nur noch rund 26 ct/ kWh. Da wird es dann spannend.

IKZ-FACHPLANER: Aktuell gilt die thermische Speicherung als eine sinnvolle Alternative. Überschussstrom – so heißt es allgemein – könne zum Beispiel über eine Wärmepumpe ins Gebäude eingebracht und dort zwischengespeichert bzw. direkt genutzt werden. Alternativ biete sich auch der Einsatz eines Elektroheizstabs zur Beheizung des Warmwasserspeichers. Das sei zwar weniger effizient, aber eine durchaus flexible Option der Stromnutzung. Sehen Sie das auch so? Wie lauten Ihre Empfehlungen für eine sinnvolle Nutzung von PV-Überschüssen?

Joseph Bergner: Das kommt ganz auf das Systemkonzept an. Natürlich erscheint es sinnvoller, die eigenen Anlagen und Geräte mit PV statt Netzstrom zu betreiben. Und sollte man sich für die thermische Nutzung des selbstproduzierten Stroms entscheiden, dann ist die Wärmepumpe eine gute Lösung. Jedoch nur, wenn die Wärme tatsächlich genutzt wird und nicht nur in Abwärme umgewandelt wird. Eigenverbrauch ist eben kein Selbstzweck und der Solarstrom könnte dann meist schon beim Nachbarn deutlich besser genutzt werden.

IKZ-FACHPLANER: Die Fremdabgabe an Dritte – bekannt als Mieterstrom – scheitert im privaten Bereich allerdings oftmals an den hohen bürokratischen und steuerlichen Hürden.

Joseph Bergner: Ja, der Gesetzgeber verfolgt hier eine relativ bürokratische Lösung. Einen guten Einblick über die vielen Stöcker zwischen den Beinen bietet ein Gutachten der Kanzlei vBVH [5]. Vieles ist, wenn überhaupt, nur für den „großen“ Mieterstrom sinnvoll. Eine Gleichstellung mit der Eigenversorgung oder zumindest eine Bagatelllösung im Sinne der EU EERichtlinie wäre zielführend, ist aber derzeit nicht in Sicht. Abhilfe bietet daher a) ein spezialisierter Dienstleister, der einem die Bürokratie abnimmt, b) die physikalische Teilung der PV-Anlage oder c) die Begrenzung auf den Eigenverbrauch für den Allgemeinstrom (Heizung, Treppenlicht, Fahrstuhl…) bzw. eines einzelnen Dritten. Die „Lösungen“ b) und c) zielen darauf ab, mit PV-Mietverträgen [6] eine priviligierte Eigenversorgung anstelle des Mieterstroms zu konstruieren.

IKZ-FACHPLANER: Können Cloud-Lösungen eine Lösung sein, um Speicher wirtschaftlich einsetzen zu können? Und wie bewerten Sie die Angebote der Anbieter?

Joseph Bergner: Sie meinen den Stromliefervertrag mit Speicherabo? Mir sind hier nicht alle Produktexoten bekannt aber ich halte nicht viel von diesen Angeboten. Für den Verbraucher verbirgt sich dahinter meist ganz viel intransparentes Marketing. Es kann dennoch Gründe geben sich dafür zu entscheiden, beispielsweise, wenn die Speichercloud in den Regelleistungsmärkten genutzt wird oder zum Ausgleich von Bilanzkreisen dient. Das sind dann technisch wichtige Bausteine der Energiewende. Als Kunde sollte man sich jedoch darüber im Klaren sein, was man da kauft: einen Stromvertrag mit hohen Grundgebühren, bestenfalls geringem Arbeitspreis und mit einer Priese Energiewende [7].

IKZ-FACHPLANER: Von Ausnahmen abgesehen sind wir also wieder bei der thermischen Nutzung von Überschüssen oder beim Thema E-Mobilität. Denn wenn die Rahmenbedingungen stimmen, das Fahrzeug also tagsüber beladen werden kann, lässt sich der erzeugte Strom auch hier exzellent nutzen.

Joseph Bergner: Ja und Nein. Denkt man an die Kombination mit der E-Mobilität, kann der Stromspeicher auch heute durchaus charmant sein. Wer tagsüber unterwegs ist, könnte somit seinen Solarstrom in den „Tank“ retten. Das hat dann mit ökonomische Erwägungen so viel zu tun, wie die Entscheidung für ein Auto in höherer Preisklasse. Hier spielen andere Motive eine Rolle. Der dezentrale Stromspeicher ist aber definitiv eine wichtige Technologie in der Energiewende eben um energetisch wertvollen Strom nicht in Abwärme umzuwandeln. Technisch gesehen ist das Pionierarbeit für das Energiesystem von morgen.

Aktuell sehe ich jedoch noch nicht, dass reihenweise Solaranlagen abgeregelt werden müssten. Das Wort „Überschussstrom“ ist hier also irreführend und suggeriert, dass wir zu viel PV-Strom hätten. Das Gegenteil ist der Fall.

http://pvspeicher.htw-berlin.de

Literatur:

[1] bit.ly/3gUSmEE

[2] bit.ly/3jb6aO2 (Seite 48)

[3] bit.ly/3gNVxz8 (Seite 52)

[4] bit.ly/3xSYhRB

[5] bit.ly/3zW0wFB

[6] bit.ly/3xNEi6z

[7] bit.ly/3zMJIR8

Marktübersicht Batteriespeicher 2021

Das bayerische Energieberatungszentrum C.A.R.M.E.N. erstellt seit 2014 jährlich eine Marktübersicht zu Batteriespeichern. In der aktuellen, 46-seitigen Ausgabe sind 29 Hersteller mit 410 Batteriespeichersystemen vertreten. Aufgelistet werden Daten zu Effizienz, Nutzkapazität nach 15 Jahren, der zulässigen Umgebungstemperatur oder der Art des Batteriezellen-Balancings.

Die PDF der Marktübersicht Batteriespeicher 2021 kann auf www.carmen-ev.de kostenlos heruntergeladen werden, eine Online-Datenbank bietet bietet zudem umfangreiche Filterfunktionen.





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