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Guter Rat muss nicht teuer sein



Guter Rat muss nicht teuer seinG. Lorbeer
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11. April 2023

Abweichungen von Anwendbarkeitsnachweisen bei Brandschutzmaßnahmen im Gebäudebestand

Die Beurteilung von Abschottungsmaßnahmen ist für Praktiker eine echte Herausforderung. Im Bestand verschärft sich die Situation zudem, weil Materialzuordnungen fehlen und bestehende Anlagenteile mit Neuanlagen kombiniert werden müssen. Zusätzlich gibt es Interpretationsunterschiede von „Zulassungen“, weil der Praktiker in der Regel sich nicht von formalen Bedingungen leiten lässt, sondern mehr den handwerklichen, logischen Beweggründen folgt. Festzuhalten ist: Anwendbarkeitsnachweise sind keine Montageanleitung, sondern entsprechen dem Prüfungsaufbau.

Sachverständige verlangen oft die strikte Einhaltung der Bauausführung, wie sie im Anwendbarkeitsnachweis dargestellt ist. Dies führt immer wieder zu „Diskussionen“ auf der Baustelle und bei der Abnahme und zeigt, wie komplex und teilweise unverständlich die Nachweise sind, wenn diese auf den Praxisbezug treffen. Es wird oft die „nicht wesentlich Abweichung“ gesucht, die der Hersteller der Abschottung bereits mit der Übereinstimmungserklärung – als Teil der Dokumentation – dem Bauherrn gegenüber bestätigt. Folgende Beispiele aus der Praxis sollen verdeutlichen, dass hier auch zu viel des Guten getan werden kann.

Grundsätzlich ist bei Abweichungen anzumerken: Da Baustellenlösungen immer Unikate sind und eine Prüfung aller möglichen vorkommenden Bausituationen nicht möglich ist, wurden die Abweichungen im nationalen Baurecht geschaffen. Damit ist aber nicht die fehlerhafte Ausführung oder ein Montagefehler gemeint. Auch eine fehlerhafte Planung kann eine Abweichung begründen. Aber: Ein Montagefehler kann behoben werden. Das ist kein Argument für eine Abweichung. Die Abweichung besteht auch nicht aus der montagetechnischen Sichtweise, sondern bezieht sich auf die Einhaltung des Feuerwiderstandes. Gibt es Anzeichen, dass eine Abschottung den geforderten Feuerwiderstand nicht erreichen kann, ist das zu bewerten.

Für den Baustellenalltag und besonders bei Arbeiten im Bestand stellt sich immer wieder Frage: „Was muss ich wie tun“ oder „Ist das so ausreichend“?

Abweichungen

Grundvoraussetzung für eine Diskussion über eine Abweichung ist ein bestehender Nachweis. Grundlage aller Arbeiten sind die Nachweise für die Bauprodukte (Verwendbarkeitsnachweise) und den Nachweis für die Ausführung (Anwendbarkeitsnachweis). Diskussionen ergeben sich meist aus den Anwendbarkeitsnachweisen für Bauarten:

  • allgemeine Bauartgenehmigung (aBG),
  • allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ, mit Produkt- und Ausführungsbeschreibung),
  • allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für die Bauart (abP).

Montagefehler

Ein für den Bestand typischer Montagefehler zeigt Bild 1. Die Decke wies an der Deckenseite einen Absatz auf. Die Deckendicke war mit 200 mm ausreichend bemessen. Das Rohr musste innerhalb des Höhenversatzes der Decke durchgeführt werden (A). Bei der Montage wurde die Brandschutzmanschette zwar angebracht, aber so wie in B gezeigt „zurechtgebogen“ und untergeschraubt. Bei der Abnahme kam es zu einer Diskussion, weil der Hersteller der Abschottung (der Handwerker) die Ausführung vollumfänglich als „nachweisgerecht“ ansah. Der Gutachter kam zu einer gegensätzlichen Ansicht. Verlangt wurde vom Inhaber des Anwendbarkeitsnachweises eine Bestätigung für eine nicht wesentliche Abweichung.

Tatsächlich ist dies keine Abweichung, sondern ein Montagefehler mit der Konsequenz einer nicht sicher funktionierenden Abschottung. Wie aus Bild 1B zu ersehen ist, kann die im Brandfall entstehende Wärme zwischen Manschette und Decke an das Rohr gelangen. Ob das funktionseinschränkend ist, kann nicht beurteilt werden, zumindest sind Bedenken angemeldet. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass bei Manschetten die Verschlüsse, also die Verbindung des aufklappbaren Metallteiles, sehr unterschiedlich ausfallen kann (eingehakt, verschraubt, gespannt usw.). Bei einigen Manschetten sind dadurch die beiden Befestigungen am Verschluss konstruktiv notwendig, damit die Manschette im Brandfall über die gesamte Feuerwiderstandsdauer zusammenhält. Technisch betrachtet ist die Ausführung in Bild 1B nicht abnahmefähig.

Unabhängig von diesen Bedenken kann eine bauseitige Anpassung, wie in Bild 1C dargestellt, einfach ausgeführt werden. Eine untergesetzte zementgebundene Platte als Ausgleich zu dem Versatz im Bereich der Abschottung erspart aufwändige Diskussionen.

Zulässig oder nicht. Ist alt gleich neu?

Im Bestand können aber auch Nachweise zur Anwendung kommen, die beim Einbau zulässig waren. Werden Arbeiten an bestehenden Anlagen vorgenommen, sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.

Bild 2 zeigt typische Anlagen aus den 1990er-Jahren: Kunststoffrohrsystem mit Abschottungen als untergesetzte Brandschutzmanschette und Gussrohrsystem mit Anschluss von Kunststoffrohren; Abschottungen bestehend aus Ummantelungen innerhalb der Decke mit einem abP als Nachweis.

A. Ummantelung mit einer Platte als aufschäumenden Baustoff (Beispiel abP UBA Tec),

B. Ummantelung mit einer Mineralwollschale (Beispiel: abP Rockwool Conlitschale),

C. Brandschutz bei Kunststoffrohr mit Brandschutzmanschetten (Nachweis als abZ mit Produkt und Ausführung).

Was in den damaligen Gussrohr-abP-Lösungen nicht enthalten ist, sind Materialwechsel innerhalb des Stranges. Werden jetzt Arbeiten an der Anlage notwendig, ist zu entscheiden, ob die damaligen zulässigen Abschottungen beeinträchtigt werden und ob von der Veränderung eine Gefahr ausgeht.

Wird z. B. nur innerhalb einer Etage am Abzweig ein neues Rohr anschlossen, wird die Abschottungssituation nicht verändert und weitere Maßnahmen sind nicht notwendig. Gleiches gilt natürlich auch dann, wenn innerhalb einer Etage ein Rohr im Strang ausgetauscht wird, das aus dem gleichen Rohrmaterial besteht. Auch wenn heute andere Maßnahmen verlangt werden und ein heute gültiger Nachweis für die verwendeten Brandschutzprodukte nicht mehr vorhanden ist, bleiben die Abschottungen mit dem Einbau nach abP zulässig.

Wird allerdings ein Rohr innerhalb der Deckendurchführung ausgetauscht, ist eine Neubewertung notwendig. Was wenig Beachtung findet, sind die Rohrverbinder. Nach heutigem Verständnis sind bei Gussrohren die CV-Verbinder aus brandschutztechnischer Sicht nicht mehr zulässig. Bei derartigen Konstellationen ist der Einbau von Brandschutzverbindern (z. B. von PAM Global, UBA TEC, Düker, BTI) im Strang zu empfehlen (Bild 3). Wenn eine Öffnung im Rohrsystem in der Etage entsteht, verhindert der Brandschutzverbinder die Weiterleitung der Rauchgase (Kamineffekt) in die darüberlegende Etage.

Wird in einer bestehenden Anlage ein Rohraustausch notwendig, so ist es vorteilhaft, das Rohr in gleicher Materialbeschaffenheit zu wählen, um die ursprüngliche Situation nicht zu verschlechtern (Bild 3A). Ob eine zusätzliche Abschottung zur Anpassung nach heutigem Stand einzubauen ist, ist abzuwägen. Meist ist dazu kein besonders hoher Aufwand notwendig. Sind CV-Verbinder als Rohrverbinder im bestehenden Rohrnetz eingebaut, kann es sinnvoll sein, eine Anpassung vorzunehmen. CV-Rohrverbinder können sich, gegenüber heutigen geschlossenen Rohrverbindern, im Brandfall lösen, was zu einer Rohröffnung führen kann. Entsprechend kann, wie in Bild 3B dargestellt, ein Brandschutzverbinder im Strang eingebaut werden, der dann die Decke abschottet.

Dachausbau

Bei einem Dachausbau im Bestandsbau (Bild 4) kommt es meist dann zu Schwierigkeiten, wenn das Geschoss unterhalb der Ausbauebenen Etage 4 nicht als Montageort für eine Brandschutzlösung zur Verfügung steht. Bei einer Vielzahl von Bestandsbauten ist in der obersten Decke keine Brandschutzmaßnahmen eingebaut worden (Bilder 4A und 4B). Die Decke (Bild 4C) ist jedoch abzuschotten. Ohne Zugang zur Etage 4 ist das nicht möglich. Bei einer Kunststoffrohrabschottung ist eine Brandschutzmanschette zu montieren.

Gleiches gilt für die Gussrohrvariante: Hier ist es ein Brandschutzverbinder, der in der Etage 4 anzuordnen ist. Muss die Decke im Bild 4D abgeschottet werden, sind entsprechend Maßnahmen in der Etage 5 vorzunehmen.

Die Brandschutzanforderungen und die Ausführungen in den Anwendbarkeitsnachweisen müssen hier zusammengeführt werden. Hinzu kommen meist noch Materialwechsel innerhalb des Stranges.

Wie in Bild 5A dargestellt, muss die Decke C bei einem Ausbau der Etage 5 abgeschottet werden. Hierzu wurde ein Brandschutzverbinder in die Ausbauebene eingeplant (Bild 5B). Doch kann er an dieser Einbaustelle nicht für die Abschottung der Decke C funktionieren. Im Brandfall müssen die Brandschutzmaßnahmen (Bild 6) bei Kunststoffrohr entweder das wegschmelzende Rohr verschließen oder beim Gussrohr den Rohrquerschnitt verschließen, um hier die durch den Kunststoffrohrabzweig entstehende Öffnung abzuschotten. Die Anordnung eines Brandschutzverbinders ist wie in Bild 5C anzuordnen, damit im Brandfall die für den Verschluss notwendige Reaktionstemperatur erreicht wird.

Fazit

Der Klassiker der Abweichung im Bestandsbau ist die geringere Deckendicke als die im Anwendbarkeitsnachweis vorgegeben ist. Damit wird teilweise nachlässig umgegangen. Dabei Decke hat einen wesentlichen Einfluss auf das Temperaturverhalten und muss berücksichtigt werden. Selbst Abschätzungen aus Erfahrung sind da nicht besonders hilfreich. Bei einigen Abschottungsarten kann das berechnet werden. Ob der Aufwand sich lohnt oder ob eine Aufdopplung (Verdickung der Decke im Bereich der Manschette oder Rohr) einfacher ist, um dem Nachweis für die notwendige Deckendicke gerecht zu werden, ist meist eine bei der Abnahme gelernte Erfahrung.

Im Bestand wird oft mit Abweichungen gearbeitet. Sinnvoll – und meist die preisgünstigere Alternative – ist die Vermeidung von Abweichungen durch die bauliche Anpassung an den Anwendbarkeitsnachweis.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Montagefehler sind keine Grundlage für eine Abweichung.
  • Abschottungsmaßnahmen aus früheren Zeiten, besonders, wenn diese eine zum damaligen Zeitpunkt gültige „Zulassung“ aufweisen, müssen nicht zwangsläufig ausgetauscht werden.
  • Bei vorhandenen Abschottungsmaßnahmen ist abzuwägen, ob eine Gefahr davon ausgehen kann.
  • Die funktionale Nachvollziehbarkeit der Abschottung hilft bei der Entscheidungsfindung. 

Autor: Gerhard Lorbeer, Freier Sachverständiger für Brandschutz





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