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StartseiteThemenBrandschutzBrandschutz im Holzbau
16. August 2023
Neue Möglichkeiten für Moderne Gebäude
Bauen mit Holz ist ein Megatrend – immer mehr Gebäude und sogar Hochhäuser werden aus Holz errichtet. Die Vorteile beim Bauen mit dem klimafreundlichen Material liegen auf der Hand: Die gute und transparente Ökobilanz der Werkstoffe, ein schneller Baufortschritt sowie ein gesundes Raumklima in Verbindung mit einer ästhetischen Optik. Der vorbeugende Brandschutz stellt jedoch immer wieder eine Herausforderung für die Planung der Technischen Gebäudeausrüstung dar. Insbesondere bei Holzbauteilen gilt es, die richtigen konstruktiven Maßnahmen für notwendige Abschottungsmaßnahmen frühzeitig im Planungsprozess zu berücksichtigen.
Holz ist ein brennbarer Baustoff. Deshalb stellt sich die Frage, ob Abschottungssysteme mit Anwendbarkeitsnachweisen in Massivbauteilen oder leichten Trennwänden hier konform zu den baurechtlichen Anforderungen eingebaut werden können. Im Folgenden wird beschrieben und anhand von Praxisbeispielen dargestellt, wie mögliche Lösungen für die Abschottung von Leitungsanlagen bei Bauteilen in Holzbauweise ausgeführt werden können. Darüber hinaus werden die Möglichkeiten zum Erfüllen der baurechtlichen Anforderungen in Bezug auf die geforderten Anwendbarkeitsnachweise für Abschottungssysteme aufgezeigt.
Baurechtliche Anforderungen
Durch die Novellierung der Landesbauordnung (LBO) ist es bereits heute möglich, Gebäude mit Anforderungen an den Raumabschluss bis „Feuerbeständig“ (F90) in einigen Bundesländern materiell legal zu errichten. Der aktuelle Entwurf der Musterbauordnung 2002 vom 27.09.2019 sieht eine entscheidende Änderung für den Einzug des Holzbaus in die Gebäudeklassen 4 und 5 vor. Die Ergänzungen von § 26 und § 28 zielen auf die bauordnungsrechtliche Erweiterung des Baustoffes Holz in feuerbeständige oder hochfeuerhemmende Bauteile. Zitat: „Abweichend von Abs. 2 Satz 3 sind andere Bauteile, die feuerbeständig oder hochfeuerhemmend sein müssen, aus brennbaren Baustoffen zulässig, sofern sie den Technischen Baubestimmungen nach § 85a entsprechen.“
Derzeit gibt es für den Untergrund Holz nur wenige Anwendbarkeitsnachweise, daher sind in besonderen Bauvorhaben spezifische Schritte notwendig, um die brandschutztechnische Planung der technischen Gebäudeausrüstung auf Basis baurechtlich geregelter Anwendbarkeitsnachweise durchzuführen. Eine Übersicht der Gebäudeklassen mit den baurechtlichen Anforderungen an die raumbegrenzenden Bauteile kann Bild 2 entnommen werden.
Besondere Herausforderungen in der Planung
In der Planungsphase stellen die nicht vorhandenen Anwendbarkeitsnachweise bei Installationsöffnungen in Decken und Wänden mit Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer die beteiligten Planer vor Herausforderungen. Im Berliner Holzbauprojekt Projekt „Walden 48“ wurde dies frühzeitig erkannt. Nach einigen Vorabgesprächen mit dem Brandschutz Sachverständigen, dem TGA Planer und einem Hersteller von Brandschutzprodukten, wurden die speziellen Problemstellen identifiziert.
Im Verlauf der Planung ist dann folgendes zu berücksichtigen:
Praxisbeispiel
Im betrachteten Projekt wurden nach den ersten Abstimmungsgesprächen durch den beauftragten TGA-Planer entsprechende detaillierte Plandetails erstellt. Eine beispielhafte Durchführung durch eine Holzmassivwand kann der nachfolgenden Abbildung entnommen werden.
Im Weiteren wurde eine brandschutztechnische Umsetzbarkeit der geplanten Ausführung mit den Herstellern der geplanten Abschottungssysteme besprochen. Ein Schwerpunkt lag hier auf den durch die Planung geforderten Prüfnachweisen. Inwieweit sich die Ergebnisse auf die geplante konkrete Ausführung übertragen lassen, wurde diskutiert. Für die finale Planung wurden entsprechende Randbedingungen zur Ausführung festgelegt.
Umsetzung
Auf dem noch relativ jungen Gebiet der Abschottungen in Holzbauteilen wird aktuell weiter entwickelt und geprüft. So wurden auch während der Rohbauphase weitere Normbrandprüfungen in Massivholzwänden und -decken durchgeführt. Ziel dieser weiterführenden Prüfungen ist die Verwendung von Abschottungen in Massivholz, ohne die sonst übliche Laibung aus nichtbrennbaren Bauplatten im Normbrandversuch zu testen. Die Ergebnisse haben hier gezeigt, dass flexible Brandschutzsysteme, die ihr Volumen im Brandfall stark vergrößern, über eine Prüfdauer von z. T. über 90 Minuten (F90) klassifiziert werden können.
Es konnte den geprüften Abschottungssystemen ein unter entsprechenden konstruktiven Randbedingungen nahezu äquivalentes Verhalten zu den im Anwendbarkeitsnachweis geregelten Bauteilen attestiert werden. Nach Auswertung der Ergebnisse wurden diese noch in das laufende Bauvorhaben übertragen. So konnte die anfangs als zusätzliche Sicherheit geplante, 100 mm breite umlaufende Laibung auf der Wandfläche entfallen. Dies trägt zu einer erheblichen Reduzierung der Kosten sowie des Platzbedarfes bei. Die geplante umlaufende Laibung innerhalb der Öffnung wurde dennoch installiert, da zum Zeitpunkt der Ausführung noch keine Referenzierung der Massivholzteile vorlag. Dies bedeutet, dass es für Tragkonstruktionen aus Holz nach EN 1366, keine allgemeine Regel für den direkten Anwendungsbereich der Prüfergebnisse gibt. Eine Übertragung der Prüfergebnisse aus dem speziell geprüften Bauteil auf andere, sich produktionsbedingt leicht unterscheidende Bauteile, war zum damaligen Zeitpunkt nicht sicher möglich. Nach aktuellem Stand der Technik ist dies mittlerweile durch Hersteller von Abschottungssystemen sowie der Unterstützung von Prüfinstituten mit entsprechender Prüferfahrung möglich. Was im Massiv- oder Trockenbau schon als allgemein anerkannte Regel der Technik gilt, kann in absehbarer Zeit auch für Tragkonstruktionen aus Holz gelten. Somit wäre ein wesentlicher weiterer Schritt für den Brandschutz im Holzbau gegangen.
Der Hersteller Hilti hat mittlerweile in einer Vielzahl von offiziellen Tests in Brettsperrholz-Untergründen die Funktionalität von Brandschutz-Abschottungen ohne umlaufende Laibung im Durchführungsbereich nachgewiesen.
Insbesondere die Möglichkeit einzelne Leitungen in engen Abständen durch Brettsperrholz Elemente zu führen, ist gerade im Hinblick auf den reduzierten Platzbedarf von entscheidendem Vorteil. Die Auswahl innovativer Abschottungssysteme erleichtert zudem die Ausführung auf der Baustelle oder in der Vorfertigung.
Praktisches Beispiel
Im Planungsprozess wurde sich bewusst gegen die bis dato häufig angewandte Lösung von Ausbetonieren der Installationsöffnungen in den Massivholzteilen entschieden. Maßgeblich dafür sind die Vorteile, die sich aus dem Zulassungsumfang sowie dem wesentlich einfacheren und schnelleren Einbau von modernen Brandschutzsystemen ergeben (siehe Bilder 6 und 7).
Die Umsetzung konnte im laufenden Bauvorhaben abschnittsweise erfolgen. Durch den einfachen und schnellen Trockeneinbau konnte so auch der Brandschutz während der Bauphase wesentlich effizienter realisiert werden. Die Montage der Abschottungen wurde durch eine auf diesem Gebiet erfahrene Firma mit entsprechend geschultem Personal ausgeführt. Dies ist nicht nur im Holzbau zu empfehlen, da diese Dienstleister in der Regel über sehr gute Kenntnisse im Bereich der Anwendbarkeitsnachweise sowie der Montage von Brandabschottungen verfügen. Aufgrund des hohen Erfahrungsstandes sind diese Dienstleister in der Lage evtl. auftretende Probleme direkt mit dem Anwendbarkeitsinhaber zu besprechen und zu klären.
Die Ausführung nach aktuellem Stand der Prüfnachweise in einem Projekt sieht dann beispielhaft wie folgt aus.
Baurechtliche Einordnung
Anwendbarkeitsnachweise (aBG) im Sinne der Bauordnung sind nach § 16a der MBO derzeit noch sehr wenig verfügbar. Wie zuvor beschrieben, wurden mit der aktuell angestrebten Novellierung der Musterbauordnung (MBO) neue Möglichkeiten geschaffen. Im betrachteten Projekt wurde gezielt und frühzeitig die Planung unter Berücksichtigung der konstruktiven Randbedingungen für den Holzbau erstellt. Gegründet wurde diese auf aktuellen Ergebnissen aus Normbrandversuchen, wodurch entsprechende Prüf- und Klassifizierungsberichte vorlagen. Unter dem Motto „was geprüft wurde kann auch geprüft werden“, wurde die finale Planung mit einem auf diesem Gebiet erfahrenen Brandschutz- Sachverständigen abgestimmt. Dieser hat dann die beabsichtigte Ausführung mit den entsprechenden Prüf- und Genehmigungsinstanzen besprochen. Da es sich hier um Planungen nach aktuellem Stand der Technik handelt, ist die bauaufsichtliche Akzeptanz in der Regel größer als bei Planungen auf Gutachtenbasis. Die verschiedenen Stufen der Entwicklung von neuen Brandschutzlösungen bis zur „allgemein anerkannten Regel der Technik“ veranschaulicht Bild 11.
Wichtig für alle Beteiligten ist eine Planung und Ausführung nach „Stand der Technik“, sofern dies bereits bei relativ neuen Bauweisen möglich ist.
Nach erfolgter Ausführung konnte der Errichter eine nicht wesentliche Abweichung nach § 16a der MBO erklären. Diese erfolgte auf Basis der aktuell gültigen Anwendbarkeitsnachweise der eingesetzten Brandschutzprodukte. Die vorgenannten konstruktiven Randbedingungen wurden eingehalten, so dass hier die baurechtlichen Anforderungen erfüllt werden konnten.
Der reibungslose und schnelle Ablauf von der Planung bis zur Abnahme konnte so realisiert werden.
Als Fazit können folgende wichtige Eckpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung angeführt werden:
Autor: N. Eichentopf (M.Eng.), Hilti Deutschland AG
www.hilti.de/brandschutz
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