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StartseiteWissenNewsEinsatz verzinkter Rohrleitungen in Sprinkleranlagen
21. Januar 2022
Gefahr durch Wasserstoffbildung
Die Verwendung verzinkter Rohrleitungen in Sprinkler-Nassanlagen wird in vielen Staaten verboten oder eingestellt – etwa in den USA, in Schweden und Norwegen. Auch der amerikanische Industriesachversicherer FM Global hat sich 2017 dagegen ausgesprochen. Was sind die Gründe, und was folgt daraus für die Praxis?
Im Frühjahr 2014 wurde erstmals über starke Druckerhöhungen in Sprinkleranlagen berichtet. Bei einem Vorfall in Dänemark kam es zu einer Verpuffung, aus dem Rohrnetz trat eine Stichflamme aus. In den Folgejahren wurden weitere Vorfälle bekannt, unter anderem 2020 in Helsinki und Kristiansand. Eine Untersuchung durch die Forschungsorganisation Sintef ergab, dass sich unter bestimmten Bedingungen bei Nassanlagen mit verzinkten Rohrleitungen Wasserstoff bildet.
Korrosion von Zink in Wasser
Zink schützt Stahl vor Korrosion durch zwei Mechanismen: Das reaktionsfreudige Zink fungiert als Opferanode und verhindert eine Reaktion zwischen Wasser und Stahl. Bei der Anwesenheit von Feuchtigkeit reagiert Zink mit Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid. Beim Trocknen wird die Zinkoberfläche durch die Bildung von Zinkcarbonat zusätzlich passiviert.
Sind verzinkte Oberflächen allerdings ständig in Kontakt mit Wasser, wirken diese Mechanismen anders. Sofern sich im mit Wasser gefüllten Rohrnetz Sauerstoff befindet, reagieren vornehmlich Zink und Sauerstoff: Das Zink wird oxidiert und gibt bereitwillig Elektronen ab. Bei der Oxidationsreaktion wird der im Wasser gelöste Sauerstoff verbraucht, und es bilden sich Hydroxidionen. Diese reagieren weiter mit den im Wasser gelösten Zinkionen, es bildet sich Zinkhydroxid. Die Oxidation von Zink läuft weiter, der Anteil an Sauerstoff nimmt immer mehr ab. Die freien Elektronen im Wasser reagieren verstärkt mit den Wassermolekülen. Es bilden sich Wasserstoff und weiterhin Zinkhydroxid. Diese Reaktion wird auch als Wasserstoffkorrosion bezeichnet.
Wasserstoffbildung ist grundsätzlich auch in Rohrleitungen aus schwarzem Stahlrohr möglich. Korrodiert dieser, wird das Eisen oxidiert. Dieser Umstand wird aber erst bei niedrigen pH-Werten stärker gefördert. Unter normalen Bedingungen verläuft die Reaktion deutlich langsamer als bei verzinkten Rohren.
Die wichtigsten Einflussfaktoren
Praktische Relevanz
Die Korrosionsbeständigkeit von Zink in Wasser hängt von der anfänglichen Ausbildung der Schutzschicht (Patina) unter atmosphärischen Bedingungen ab. Die Zeit von der Installation bis zur Inbetriebnahme ist in der Regel zu kurz. Bestimmte Verunreinigungen des Wassers, wie z. B. ein hoher CO2-Gehalt und ein damit einhergehender niedrigerer pH-Wert, greifen eine zuvor ausgebildete Patina an. Bereits schwach saure Lösungen beschleunigen die Korrosion auf einen Wert, der den Nutzen einer Verzinkung erheblich beinträchtigen kann.
Die Installation von Wartungsschiebern über den Alarmventilstationen wird seit der 2014er-Ausgabe der VdS CEA 4001 vorgeschrieben. Auch in älteren Anlagen wurden solche Absperrarmaturen nachträglich installiert. Konsequenz: Die regelmäßige Entleerung von Nassgruppen aufgrund jährlicher Wartungen und Inspektionen entfällt. Zur Entleerung der Gruppe kommt es nur noch bei Änderungsarbeiten oder Reparaturen an der Anlage. So kann das Wasser über eine lange Zeit sauerstoffarm im Rohrnetz verbleiben, was in verzinkten Rohrleitungen die Bildung von Wasserstoff begünstigen kann.
Mit der Bildung von Wasserstoff steigt der Systemdruck. In Ausnahmefällen wurde von Drücken deutlich über den zulässigen 12 bar in Sprinkleranlagen berichtet. Damit sind auch die zulässigen Drücke für verbaute Komponenten überstiegen. Rohrleitungen und Pressverbindungen könnten versagen. Aufgrund dieser Umstände wäre es möglich entsprechend VdS CEA 4001, Abschnitt 13.8 Überdruckventile installiert werden. Sofern die Druckerhöhung auf die Bildung von Wasserstoff zurückzuführen ist und nicht allein auf z. B. Temperaturerhöhungen des Rohrnetzes, wird der Ursache mit dieser Maßnahme jedoch nicht entgegengewirkt.
Kriechströme, die sich in den Rohrleitungen aufgrund fehlender Potentialausgleiche ausbilden, beeinflussen ebenfalls die Reaktionsgeschwindigkeit. Letztendlich kann man das mit Wasser gefüllte Rohr als kurzgeschlossenes galvanisches Element betrachten: Durch das Anlegen einer äußeren Spannung wird die Beweglichkeit der Elektronen erhöht. Zwar würde ein Potentialausgleich die Korrosion von Zink nicht gänzlich verhindern, könnte die Korrosion aber zumindest hemmen. Kriechströme können zudem bei Arbeiten am Rohrnetz zur Zündquelle in einer durch Wasserstoffbildung erzeugten explosiven Atmosphäre werden, wenn sie sich elektrisch entladen.
Laufende Untersuchungen und Ausblick
In Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Technischer Brandschutz e.V. (bvfa) wurden in diesem Jahr Messungen mit Gasdetektoren an bestehenden Sprinkleranlagen durchgeführt. Gasanalysen wiesen den Wasserstoff in den Rohrleitungen nach. Bislang wurden etwa 80 Anlagen (ca. 40 Nass- und 40 Trockengruppen) untersucht, weitere sollen folgen. Das zeigen die bis jetzt vorliegenden Daten:
– Gaskonzentrationen ≥ UEG bei ca. 66 % der Nassanlagen gemessen. Dieser Wert wurde nur von 5 % der Trockengruppen erreicht.
– Gaskonzentrationen ≥ 50 % der UEG bei ca. 75 % der Nassanlagen gemessen. Dieser Wert wurde nur von 10 % der Trockengruppen erreicht.
Mit der Überarbeitung der neuen VdS CEA-Richtlinien für Sprinkleranlagen – Planung und Einbau: VdS CEA 4001: 2021-01 (07) wird von der Verwendung innenverzinkter Rohrleitungen hinter Nassalarmventilstationen explizit abgeraten.
Um Korrosion in den Rohrinnenseiten bei Trockenanlagen weitestgehend zu eliminieren, kann lediglich die Verwendung eines Stickstoffgenerators Erfolg bringen, da es nie gelingen kann, das Rohrnetz komplett „trocken“ zu bekommen. Durch Druckproben, Füllzeitmessungen oder sonstige Durchschläge sowie Mängel bei der Installation, wie z. B. fehlende Entleerungsmöglichkeiten oder unzureichendes Gefälle, wird sich das Rohrnetz nie komplett entleeren lassen können. Stickstoff bringt einen weiteren Vorteil mit sich: Durch den geringen Taupunkt wird kein Wasserkondensat in die Rohrleitungen eingebracht.
Der Entwurf der EN 12845-1 – „Fixed firefighting systems — Automatic sprinkler systems — Design, installation and maintenance“ sieht die Füllung des Rohrnetzes mit Stickstoff explizit als mögliche Maßnahme gegen Korrosion vor.
VdS Schadenverhütung sind keine Schadensfälle während des normalen Betriebs von Sprinkleranlagen bekannt. Alle bekannten Vorfälle ereigneten sich im Rahmen von Wartungen und Umbauarbeiten. Für diese Fälle gibt es organisatorische Maßnahmen, die zum Personenschutz getroffen werden können. Anhand der bekannten Fälle ist auch abzuleiten, dass es sich um kein Massenphänomen handelt. Aufgrund des hohen Maßes an Personengefährdung darf dieses Phänomen jedoch nicht unterschätzt werden. Die praxisnahen Untersuchungen werden weitergeführt, sodass das Ausmaß dieses Phänomens weiter beleuchtet werden kann.
Mögliche Abhilfen und Maßnahmen zum Personenschutz
In bestehenden Anlagen können u.a. folgende Maßnahmen zur Gefährdungserkennung und -minimierung getroffen werden:
Weitere Informationen
Ausführlich dargestellt und diskutiert wird das Thema „Verzinkte Rohrleitungen in Sprinkleranlagen – Explosionsgefahr durch Wasserstoffbildung“ auf der 2-tägigen VdS-Fachtagung „Feuerlöschanlagen international“ – im Rahmen der diesjährigen VdS-BrandSchutztage am 8./9. Dezember 2021 in der Koelnmesse (siehe Kasten VdS-BrandSchutzTage).
Das Merkblatt „VdS 3891 – Verzinkte Rohrleitungen in Sprinkleranlagen“ beschreibt Betreibern, Planern und Errichtern die Problematik und zeigt mögliche Optionen auf. Eine ausführliche Literaturliste verweist auf weiterführende Informationen. Das Merkblatt kann über den VdS-WebShop bezogen werden (bit.ly/3jKCIOo), ein Download ist kostenlos.
Autor: Dipl.-Ing. Jan Nikola, Sachverständiger für ortsfeste Brandschutzanlagen in der Niederlassung Empfingen der VdS Schadenverhütung GmbH
Bilder: VdS
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