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StartseiteWissenNewsEinhaltung durch Beachtung der Vorgaben
21. Dezember 2022
Hygieneanforderungen in der Trinkwasser-Installation
Trinkwasser gilt als das am besten kontrollierte Lebensmittel – zumindest im Netz des Versorgers. Was aber geschieht mit unserem Lebensmittel Nr. 1 in der Trinkwasser-Installation? Wie stellt man sicher, dass es nicht zu hygienischen Beeinträchtigungen kommt? Die neue EU-Trinkwasserrichtlinie erweitert den Umfang der Risikobewertungen für Trinkwasser-Installationen ganz erheblich. Dabei ist in Deutschland das Zusammenspiel von Trinkwasserverordnung, UBA-Bewertungsgrundlagen und technischem Regelwerk grundsätzlich darauf ausgelegt, Risiken von vornherein zu vermeiden, indem ausschließlich Werkstoffe und Produkte verwendet werden, die über ihre gesamte Betriebszeit unbedenklich sind und die Installationen nach den technischen Regeln geplant, gebaut und betrieben werden. Auch die zu erwartenden Veränderungen durch die „Europäisierung“ der Vorgaben wird an diesen Prinzipien nicht rütteln, sodass das bekannte und bewährte System weiter Bestand haben wird.
Bei den Werkstoffen haben wir in Deutschland über den § 17 TrinkwV (demnächst §§ 14 – 16) klare Regeln, die über den 4-MS-Prozess auch die Grundlage für eine europäische Regelung bildeten. Die Bewertungsgrundlagen des Umweltbundesamts gelten verbindlich für die hygienische Bewertung der Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser, was hier nicht gelistet ist, kann zunächst nicht eingesetzt werden. In dem Zusammenhang ist bedeutsam, dass die Inhalte der DIN 50930-6 inzwischen in die Metall-Bewertungsgrundlage überführt wurden und die Norm daher zurückgezogen wurde. Welche Wasserparameter der Versorger als Information für den Planer zur Bewertung des Verhaltens metallener Werkstoffe vorzuhalten hat, ist als Liste leider nicht übernommen worden, sie findet sich aber z. B. in DVGW Wasser-Info 112. Die dort genannten Parameter werden von Planern zur Werkstoffauswahl weiterhin benötigt. Für die Metalle bedeutet dies, dass sich jetzt alle hygienischen Vorgaben in der Metall-Bewertungsgrundlage finden. In welcher Form diese Positivlisten dann auf europäischer Ebene implementiert werden, ist aber noch nicht endgültig absehbar. Gleiches gilt für die anderen Werkstoffgruppen.
Ein bedeutender, bisher nicht restlos geklärter Punkt ist die Auswirkung der Halbierung des Parameterwerts für Blei von 10 auf 5 µg/l. Nach der bisherigen Durchführung der Bewertung wären zahlreiche Kupferlegierungen, die derzeit als hygienisch unbedenklich gelistet sind, nicht mehr verwendbar. Wie das aber tatsächlich umgesetzt wird, ist bisher nicht bekannt, eine Verringerung der Anzahl der geeigneten Werkstoffe ist aber sicher anzunehmen.
Korrosion und Steinbildung beachten
Bei den metallenen Werkstoffen muss neben der hygienischen Bewertung der Schwermetallabgabe auch die allgemeine Betrachtung der Korrosion berücksichtigt werden. Neben den Normen der DIN EN 12502-Reihe ist gerade die DVGW Wasser-Information 112: „Vermeidung von Schäden durch Korrosion oder Steinbildung in der Trinkwasser-Installation“ erschienen, die einen sehr umfangreichen Überblick über alle Fragen der Korrosion und zusätzlich der Steinbildung darstellt und eine deutlich verbesserte Nachfolge der zurückgezogenen DIN 1988-7 darstellt. Für Planer und Installateure sicher eine lohnenswerte Lektüre und ein dauerhaft nützliches Nachschlagewerk.
Entsprechen die Werkstoffe in der Trinkwasser-Installation den Vorgaben der Bewertungsgrundlagen, so ist hier eine Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität nicht zu besorgen. Für das Gesamtsystem stellt das aber nur einen Teilaspekt dar. Die Planung und der Bau der Installation kann ebenfalls Ursache für Beeinträchtigungen sein. Hier existiert ebenfalls seit langen Jahren ein umfangreiches Regelwerk, das früher unter DIN 1988 in den Regalen von Planern und Installateuren stand. Inzwischen gibt es die europäische Version, die DIN EN 806-Reihe mit den Restnormen der DIN 1988-Reihe sowie die DIN EN 1717 zu beachten. Die deutlich unterschiedlich ausgeprägte Normungstiefe in den europäischen Ländern hat hier zu einem nicht unerheblichen Restnormungsbedarf in Deutschland geführt, um das hohe technische Niveau der Trinkwasser-Installation zu bewahren. Seit einiger Zeit befindet sich die 806-Reihe in der Überarbeitung. Ziel ist es, möglichst viele Inhalte der Restnormen in die EN 806 zu überführen, um die Anwendung einfacher zu gestalten. Insgesamt ist dies oft umständlicher als zuvor, für eine dauerhaft hygienisch betreibbare Trinkwasser-Installation ist das Regelwerk aber unerlässlich.
Anforderungen an Bauteile
Neben diesen „Funktionalbeschreibungen“ des Systems „Trinkwasser-Installation“ existiert eine Vielzahl von Produktnormen, die die Anforderungen an die einzelnen Bauteile der Trinkwasser-Installation beschreiben. Die Trinkwasserverordnung weist aber einen einfachen, für Planer und Installateure risikolosen Weg der Qualifizierung der Vielzahl der Produkte in § 17 (5) (demnächst § 16): Es wird vermutet, dass Produkte und Verfahren die Anforderungen nach den Absätzen 1 bis 3 erfüllen, wenn dies von einem für den Trinkwasserbereich akkreditierten Zertifizierer durch ein Zertifikat bestätigt wurde. Tatsächlich dienen diese Zertifikate, z.B. vom DVGW, als Anscheinsbeweis für die Eignung eines Produkts zum Einsatz in der Trinkwasser-Installation. Die in der Branche oft falsch als „DVGW-Zulassung“ bezeichnete Zertifizierung ist regelmäßig der einzige gangbare Weg für den Planer oder Installateur, um geeignete Produkte zu identifizieren.
Auch wenn bei Werkstoffauswahl, Planung und Erstellung der Trinkwasser-Installation alle Vorgaben genau beachtet wurden, können dennoch im Betrieb Probleme verursacht werden. Umfangreiche Hinweise geben neben der DIN EN 806-5 die Papiere der DVGW-W-551-Reihe: „Hygiene in der Trinkwasser-Installation“. Diese Neustrukturierung zahlreicher DVGW-Arbeits- und Merkblätter fasst die hygienerelevanten Regeln unter einem „Markenzeichen“ zusammen, was die Auffindbarkeit und die Anwendung deutlich erleichtert. Von herausgehobener Bedeutung sind hier der regelmäßige Wasseraustausch, korrekte Temperaturen (PWC < 25 °C, PWH > 55 °C) sowie die regelmäßige Wartung der Trinkwasser-Installation. Hierzu gibt DIN EN 806-5 umfangreiche Hinweise. Die Nutzer erkennen regelmäßig keinen Wartungsbedarf, was zu Vernachlässigung von Wasserfiltern, Absperrarmaturen… führt. Hier ist der Installateur gefragt, den Bauherrn entsprechend zu informieren und das Problembewusstsein zu schärfen.
Schwierige Ursachenermittlung
Was aber, wenn tatsächlich trotz akribischer Beachtung der Vorgaben und Regeln Beeinträchtigungen auftreten? Hier ist die korrekte Ermittlung der Ursache entscheidend für eine dauerhafte Instandsetzung, sonst wird nur an Symptomen herumgepfuscht. Dazu sind aber detaillierte Fachkenntnisse erforderlich, um tatsächlich korrekt die Ursachen zu ermitteln. Mit der Erstellung von Gefährdungsanalysen nach einer aufgetretenen Beeinträchtigung geht auch der Ersteller ein nicht unerhebliches wirtschaftliches Risiko ein. Besonders unübersichtlich wird das in über lange Zeit „gewachsenen“ Bestandsanlagen, die nicht oder unzureichend dokumentiert wurden und deren Geschichte nur in Ansätzen rekonstruierbar ist. Hier ist oft erheblicher Aufwand zur Ermittlung von Schadensursachen notwendig, aber auch „moderne“ Installationen bieten hier oft kein vollständiges Bild. Umfangreiche Hinweise finden sich in Teil -2, -3, -4 und -6 der DVGW-W551-Reihe.
Diese sicher teilweise recht trockene Zusammenfassung der Rahmenbedingungen zeigt aber einen klaren, einfachen und erfolgreichen Weg für hygienisch einwandfreies Trinkwasser: Planung und Bau unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, Verwendung von zertifizierten Produkten aus gelisteten Werkstoffen und schließlich ein bestimmungsgemäßer Betrieb unter Beachtung der notwendigen Wartung.
Autor: Dr. rer.nat J.W. Erning, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Fachbereich 7.6 – Korrosion und Korrosionsschutz
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