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StartseiteWissenNewsKWK in Kläranlagen
15. Oktober 2022
Kläranlagen gehören mit durchschnittlich 17 bis 20 % Anteil zu den größten Stromverbrauchern im kommunalen Bereich. Faulgasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) senken die Stromkosten und die CO2-Emissionen signifikant. Trotz hoher Investitionskosten rentieren sich die Anlagen oftmals innerhalb weniger Jahre, wie Beispiele aus der Praxis zeigen.
Die Abwasseraufbereitung der Klasse bis etwa 10 000 Einwohner erfordert laut Umweltbundesamt im Mittel 55 kWh Strom je Einwohner und Jahr. Energetisch modernisierte Einrichtungen begnügen sich zwar im Einzelfall mit 20 kWh, doch befindet sich die Masse der rund 10 000 kommunalen Klärwerke im sanierungswürdigen Zustand. Ein Repowering mit KWK tut mithin sowohl der Umwelt als auch der Stadtkasse gut. Dem zweiten Profiteur deshalb, weil die Stromversorger in der Regel der Öffentlichen Hand keinen attraktiven Sondertarif einräumen. Das heißt, für eine Gemeinde mit 5000 Einwohnern fallen jährlich bis 70 000 Euro Stromkosten nur für die Reinigung des Schmutzwassers aus der Kanalisation an. Die Luft belasten die 275 000 kWh, bei einem Emissionsfaktor von 350 g CO2 pro kWh für den aktuellen Strommix aus fossilen und erneuerbaren Energieträgern, mit ungefähr 100 t Kohlendioxid (CO2). Die Faulgas-Verfeuerung in einem hocheffizienten BHKW entlastet die Umwelt, da der Brennstoff aus dem natürlichen CO2-Kreislauf stammt.
Energie-Plus-Kläranlage
Zum Einsatz von Klärgas in KWK liegen mittlerweile genügend Erfahrungsberichte von Zweckverbänden, Kommunen, Bundesländern, Instituten und staatlichen Stellen wie dem Umweltbundesamt vor. Die Effizienz der Anlagen geht mitunter so weit, dass zum Beispiel in Weinheim die Modernisierung der Energieversorgung mit KWK und eigenem Biogas die Abwasseraufbereitung zu einer Energie-Plus-Kläranlage verwandelte. Bemerkenswert auch die Erfahrungen in Bad Oeynhausen: Die Investition in Höhe von 200 000 Euro führte dort zu einem Eigenversorgungsgrad von 113 %. Laut Gemeindebericht senkten sich dadurch die jährlichen Energiekosten um rund 250 000 Euro.
Gelungene Umsetzung im Klein-Klärwerk
Aber auch KWK in Klein-Klärwerken kann sich rentieren. Auch dazu ein Beispiel: 2014 entschied sich die Kommune Bergatreute in der Nähe des Bodensees zur Sanierung der Abwasseraufbereitung. Der Energieverbrauch lag bei bis zu 130 000 kWh im Jahr. Der Strom kostete (und kostet) weit über 20 Cent. Nach einer von der Verwaltung in Auftrag gegebenen Energiestudie bewegte sich das Optimierungspotenzial bei rund 55 000 kWh jährlich. Als sinnvolle Maßnahme empfahl sich neben verschiedenen Umbauten und Anpassungen die Aufstellung eines BHKW zur Eigennutzung des methanhaltigen Faulgases.
In Bergatreute entwickelt sich im Faulbehälter Klärgas und das setzt der Betrieb für die Stromerzeugung ein. Dazu musste die vorhandene kalte Faulung zu einer beheizten Faulung umgebaut werden, denn die Vergärung der Biomasse läuft bei Temperaturen von 30 bis 40 °C gegenüber der kalten Fermentierung wesentlich schneller ab. Die Wärme zur Beheizung des Faulbehälters liefert ein BHKW des Typs „XRGI 15“ von EC Power mit einer Leistung von 15/30 kW elektrisch/thermisch.
120 m³ Klärgas täglich
Die thermophilen Bakterien, die die Biomasse zersetzen, produzieren im Mittel ca. 120 m3 Klärgas täglich. Jeden Kubikmeter mit einem Heizwert von ca. 6 kWh setzt die KWK, bezogen auf das Verhältnis von grob 1 zu 2 für Strom zu Wärme, in Bergatreute mithin in bis zu 1,7 kWh Strom und 3,4 kWh Wärme um. Als täglichen Durchschnittswert dokumentieren die Messprotokolle 180 kWh Strom. Die Spanne reicht dabei von 100 kWh/d bis 300 kWh/d. Der Eigenversorgungsgrad der Kläranlage liegt bei einem Gesamtverbrauch von etwa 235 kWh/d somit bei 76 %. Überschüssiger Strom fließt ins öffentliche Netz.
Den Ein/Aus-Betrieb des „XRGI“ steuert der Füllstand im Gasspeicher. Unterschreitet der ein bestimmtes Niveau, schaltet der Füllstandsensor den Motor aus beziehungsweise nimmt ihn in Betrieb, wenn das Niveau den Sollwert wieder erreicht. Aus einem Strompreis von etwa 25 Cent je kWh und unter Berücksichtigung der Annuitätskosten – die KWK-Installation schlug mit etwa 70 000 Euro zu Buche – sowie des Aufwands für Wartung und Instandhaltung errechnen sich für die Gemeinde jährliche Stromkosteneinsparungen von über 10 000 Euro. Dazu kommen der KWK-Bonus und weitere Vergünstigungen nach EEG und KWKG. Überschlägig steht zur Finanzierung einer Installation, die, um bei dem beschriebenen Beispiel zu bleiben, täglich 180 kWh zu 25 Cent einspart, unter Berücksichtigung der Belastungen und Vergünstigungen ein Betrag von nahe 20 000 Euro zur Verfügung.
Nach Aussage von Dipl.-Ing. Klaus Bücheler, der für Bergatreute verantwortliche Planer im Büro Jedele und Partner, hängt die Wirtschaftlichkeit eines BHKW entscheidend von der Betriebsweise ab: „Das EC Power-Aggregat moduliert zwischen 7 und 15 kW elektrisch. Wenn man für die Wärme einen Abnehmer hat, ist es besser, das BHKW nicht bedarfsgeführt zu betreiben, sondern auf einem höheren Leistungsstrich zu fahren und den Überschuss einzuspeisen.“ Das alles sei aber bekanntes Terrain. KWK in Kläranlagen ist kein Neuland, besonders nicht für den Anlagenbauer Enerquinn GmbH. Die KWK-Spezialisten aus dem oberschwäbischen Weingarten haben weit über 1000 BHKWs unter Vertrag.
Bilder: EC Power
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