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20. September 2022
Brandschutz in Mischinstallationen
Mischinstallation aus brennbaren und nicht-brennbaren Rohren stellen besondere Anforderungen an den Brandschutz. Bei Rohrabschottungen ist sowohl für Ver- als auch für Entsorgungsleitungen grundsätzlich eine allgemeine Bauartgenehmigung als Verwendungsnachweis notwendig.
Gebäudetechnische Anlagen werden immer zahlreicher und leistungsfähiger. In Gebäuden wächst damit auch die Anzahl an Rohrleitungen in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Sie können aus nichtbrennbaren Materialien wie Stahl, Gusseisen oder Kupfer oder aus brennbaren Kunststoff en bestehen. Aus Energieeffizienz- oder Schallschutzgründen werden sie häufig mit unterschiedlichen Dämmstoff en ummantelt. Besonders brennbare Rohre und Dämmungen stellen ein hohes Risiko dar, da sie im Brandfall erweichen, sich verformen und schließlich abbrennen. Ohne Schutzmaßnahmen können dabei große Öffnungen entstehen, durch die sich Feuer und Rauch ausbreiten können.
Brandschutztechnisch anspruchsvoll sind Mischinstallationen, die heute bei Ver- bzw. Entsorgungsleitungen in Gebäuden fast ausschließlich anzutreffen sind. Sie bestehen aus nicht brennbaren Metallrohren als Steigleitungen mit Anschlussleitungen aus brennbarem Kunststoff. Bei einem Brand besteht die Gefahr, dass die Metallrohre durch Kamineffekte bzw. Temperaturweiterleitung die angeschlossenen Kunststoffrohre entzünden und so in weiteren Brandabschnitten Sekundärbrände entstehen.
Gesetzliche Grundlagen
Der Gesetzgeber ist sich der Risiken bei Leitungsdurchführungen bewusst und hat entsprechende Vorsorge geschaffen: Nach § 40 der Musterbauordnung (MBO) [1] 1) „… dürfen Leitungen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind…“. Diese Vorkehrungen sind Kabel- bzw. Rohrabschottungen und brandsichere Dämmungen. Sie begrenzen einen Brand auf einen möglichst kleinen Raum, sorgen für einen schnellen Verschluss gegebenenfalls entstandener Öffnungen und verhindern damit die Ausbreitung von Feuer und Rauch. Betreibern, Planern und Errichtern stehen eine Vielzahl hochwertiger Lösungen zur Verfügung, die nahezu alle Anwendungsfälle abdecken.
Konkretisiert werden die bauaufsichtlichen Anforderungen der MBO in Abschnitt A 2.1.14 der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB)1 [2] durch den Verweis auf die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR)1 [3]. Danach müssen Kabel- und Rohrabschottungen den gleichen Feuerwiderstand besitzen, wie die raumabschließenden Bauteile selbst. Für bestimmte Einbausituationen legt die MLAR Erleichterungen fest. Für Mischinstallationen sind in der MLAR keine besonderen Regelungen festgelegt.
Neue Systematik
Für eine ausreichende Bauwerkssicherheit berücksichtigen MBO und MVV TB seit 2016 statt der Eigenschaften von Bauprodukten jetzt deren Verwendung im Bauwerk. Dazu wird der Begriff der „Bauart“ als „Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen“ beschrieben. Dahinter steckt die Überlegung, dass wesentliche Leistungsmerkmale erst mit der fachgerechten Errichtung erreicht werden können. In der Folge wurde bei Bauarten, die von den Technischen Baubestimmungen wesentlich abweichen oder für die es keine allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt, die abZ durch die allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) ersetzt, beispielsweise bei reaktiven Rohrabschottungen. Für Bauarten, die nach anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden können, bleibt das allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis (abP) erhalten, wie beispielsweise für nichtreaktive Rohrabschottungen.
Brandschutz in Mischinstallationen
Da Mischinstallationen in der MLAR nicht berücksichtigt sind, hat das Deutsche Institut für Bautechnik DIBt bereits im Jahr 2012 die bis dahin übliche Zulassungspraxis geändert und mitgeteilt: „Für Metallrohre, die durch feuerwiderstandsfähige Bauteile geführt werden und an die ein- oder beidseitig des feuerwiderstandsfähigen Bauteils Kunststoffrohre angeschlossen werden, dürfen ab dem 01. 01. 2013 keine allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse (mehr) erteilt werden. Der Verwendbarkeitsnachweis für klassifizierte Abschottungen solcher Mischinstallationen ist dann eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung.“ Die abZ wurde mit Einführung der neuen durch die aBG ersetzt.
Da das DIBt in seiner Mitteilung nur von (offenen und drucklosen) „Fallleitungen“ sprach, ging die Fachwelt davon aus, dass abZ (heute aBG) nur für Mischinstallationen bei Entwässerungssystemen notwendig seien. Für Versorgungssysteme (vollständig geschlossene und unter Druck stehende Rohrsysteme) wurden die bestehenden abP für Abschottungen von nicht brennbaren Leitungen bei Versorgungsrohrsystemen weiterhin auch für Mischinstallationen angewendet. Das erschien auch logisch, denn bei Versorgungssystemen sollte die Gefahr eines Kamineffektes trotz Wegbrennens der Anschlussleitungen nicht vorhanden sein, da es sich um geschlossene Systeme handelt. Eine Temperaturweiterleitung durch die Metallrohre wird durch die Rohrabschottung verhindert.
Auch Versorgungssysteme waren gemeint
Diese Situation änderte sich im Jahr 2018, als das DIBt erstmals auf Antrag eines Herstellers eine aBG auch für Mischinstallationen bei Versorgungssystemen erteilte. Das DIBt stellte auf Nachfrage des bvfa klar, dass für alle Mischinstallationen der Bauartnachweis aBG erforderlich ist, egal ob für Entwässerung oder Versorgung. Die Hersteller von Abschottungen haben sich dieser Thematik angenommen und mit aufwendigen brandschutztechnischen Nachweisen für ihre Systeme erfolgreich aBG beantragt. Die ausgestellten Bauartnachweise bestätigen allerdings die vorher angewendeten Installationsempfehlungen der Hersteller bei Mischinstallationen in Versorgungsleitungen. Die bisherige Installationspraxis war also nicht falsch! Nur hat sich der erforderliche Nachweis geändert. Der Anwendbarkeitsnachweis ist nun eine aBG anstatt einem abP. Rohrinstallationen ohne Materialwechsel können wie gewohnt mit den bekannten abP/aBG basierten Abschottungen versehen werden.
Praktischer Einsatz
Die erhöhten Brandschutzanforderungen bei Mischinstallationen werden in der Praxis auf verschiedene Art und Weise umgesetzt:
Die Hersteller von Abschottungen bieten zahlreiche Lösungen an, die die ganze Bandbreite an individuellen Anforderungen abdecken. Dabei ist zu beachten, dass aBG detaillierte Beschreibungen zum Einbau geben und abschließend die verwendbaren Bauprodukte wie zum Beispiel Fugenmörtel auflisten. Kommen andere Produkte zum Einsatz, erlischt die Zulassung. Für eine wirtschaftliche Installation entscheidend können die in der aBG angegebenen Mindestabstände zu anderen Leitungsinstallationen sowie die Möglichkeiten zur Nachbelegung sein.
Nach erfolgter Installation hat der Verarbeiter eine Übereinstimmungserklärung zu erstellen und die Abschottung dauerhaft zu kennzeichnen, unter anderem mit der aBG-Nummer, dem Errichtungsdatum und dem Namen des Verarbeiters. Der Kennzeichnung kommt eine besondere Bedeutung zu, da Mischinstallationen zum Zeitpunkt der Abnahme häufig unter einer Dämmung oder in einem Schacht liegen. Fehlende oder unvollständige Kennzeichnungen führen in aller Regel zu einem zeit- und kostenintensiven Öffnen der Installation.
Mythen und Märchen
Während sich die Neuregelungen bei Mischinstallationen von Entwässerungssystemen schon länger etabliert haben, ist der Umgang mit Mischinstallationen von Versorgungssystemen noch nicht überall bekannt. In der Praxis halten sich hartnäckig falsche Vorstellungen:
Die im bvfa vertretenen Hersteller von Abschottungen unterstützen Anwender, Errichter und Verarbeiter mit zahlreichen Informationen, Datenblättern und Tools sowie detaillierten Schulungen. Einen schnellen Überblick über die bauaufsichtlichen Genehmigungen bei der Abschottung von Mischinstallationen gibt ein Positionspapier des bvfa [4].
Fazit
Auch für Mischinstallationen bei unter Druck stehenden, geschlossenen Versorgungsleitungen ist nach Klarstellungen des DIBt im Jahr 2018 eine allgemeine Bauartgenehmigung als Anwendbarkeitsnachweis erforderlich. Die Hersteller von Abschottungen haben einen hohen Kostenaufwand betrieben, um mit der Erstellung von aBG dieser Forderung gerecht zu werden. Das Sicherheitsniveau in der Abschottung von Versorgungssystemen hat sich dadurch nicht verändert. Der bvfa und seine Mitgliedsunternehmen hoff en, dass zukünftige Regelungen eindeutiger und abschließend getroffen werden, z. B. über MLAR oder MVV-TB, um Unklarheiten bei Anwendung und Nachweisführung zu vermeiden.
Literatur:
[1] Musterbauordnung MBO. Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 25.09.2020.
[2] DIBt: Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MV V TB) – Ausgabe 2021/1; Amtliche Mitteilungen 2022/1 (Ausgabe: 17. Januar 2022 mit Druckfehlerberichtigung vom 4. März 2022), www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Referat/P5/Technische_Bestimmungen/MVVTB_2021-1.pdf [Zugriff am: 24.03.2022].
[3] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie – MLAR) Fassung: 10.2.2015 (Redaktionsstand 03.09.2020). In: : DIBt Mitteilungen, 2021.
[4] bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e.V.: Bauaufsichtliche Genehmigungen für die Abschottung von Mischinstallationen, 2021, https://www.bvfa.de/181/presse-medien/publikationen/merkblaetterpositionspapiere-informationen/.
Autor: Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer des bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz. Der studierte Jurist sitzt in vielen Gremien, die maßgeblich an der Brandschutzgesetzgebung in Deutschland beteiligt sind.
1) Nach Landesrecht
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