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4. August 2022
Um die Anforderungen an die Temperaturhaltung im Trinkwasser zu gewährleisten, ist die Art der Leitungsverlegung und die Qualität der Dämmung entscheidend
Die Anforderungen an die Dämmung von warmen und kalten Trinkwasserleitungen muten mitunter seltsam an. So sind Kaltwasserleitungen (PWC) zum Schutz vor Aufwärmung in bestimmten Situationen wie Warmwasserleitungen (PWH) – also mit 100% – zu dämmen. Warmwasserleitungen hingegen sollten unter bestimmten Bedingungen gar nicht gedämmt werden. Was es mit diesen Forderungen auf sich hat, erläutert unser Autor in diesem Gastbeitrag.
Da sich Legionellen bekanntlich vornehmlich in einem Temperaturbereich zwischen 20 bis 50 °C vermehren, legen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verbindliche Maximaltemperaturen für kaltes Trinkwasser und Minimaltemperaturen für erwärmtes Trinkwasser fest. Über die bekannte Forderung im § 17 Abs. 1 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV), die allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) als Mindeststandard bei Planung, Errichtung und Betrieb zwingend zu beachten, sind diese normativen Vorgaben für die Trinkwassertemperaturen verbindlich einzuhalten. Diese grundsätzliche Forderung gilt sowohl für erwärmtes, wie auch für kaltes Trinkwasser.
Die VDI/DVGW 6023, auf die für hygienische Belange auch die DIN 1988-200 verweist, legt letzten Endes die Temperaturgrenzen für kaltes Trinkwasser (PWC) fest. Demnach soll PWC „möglichst kalt“ sein, d. h. max. 25 °C“. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihrer Publikation zu „Legionella und die Verhütung von Legionellose“ sogar nur eine maximale Temperatur von 20 °C.
Beträgt die Temperatur des Kaltwassers allerdings bereits am Hauswassereingang › 20 °C hat man als Planer oder Installateur kaum eine Chance, eine weitere Erwärmung auf ≥ 25 °C innerhalb der oftmals gedämmten Gebäudehülle zu vermeiden. Durch eine sinnvolle Leitungsführung lassen sich jedoch Aufwärmungen durch zusätzliche Wärmelasten aus der Umgebung weitgehend minimieren. Hierzu gehört, dass Leitungen für Trinkwasser (kalt) schon am Hauswassereingang vor Umgebungswärme geschützt werden sollten.
Nach VDI 2050-2 Pkt. 5.3. sind Trinkwasserleitungen in Hausanschlussräumen so zu installieren und zu betreiben, dass die Temperatur des Trinkwassers (kalt) 25 °C nicht überschreiten kann. Wärmequellen, wie Fernwärmeübergabestationen, wärmeabstrahlende Heizungsinstallationen und höhere Raumtemperaturen in Technikzentralen, dürfen das Trinkwasser (kalt) auch unter Beachtung von Stagnationszeiten nicht auf eine Temperatur › 25 °C erwärmen. Kann in einer Technikzentrale die vorgeschriebene Trinkwassertemperatur (kalt) von maximal 25 °C nicht garantiert werden, ist eine separate Wasserzentrale (kalt) erforderlich, wenn andere Maßnahmen zur Temperaturhaltung (z. B. Lüftung) nicht möglich sind.
Was bedeutet das für die Planung?
Verteilleitungen für Kaltwasser müssen grundsätzlich so geplant und gebaut werden, dass sie zu warmgehenden Leitungen thermisch entkoppelt sind. Falls notwendig, ist eine räumliche Trennung durchzuführen, also ein eigener Installationsschacht oder zumindest eine Trennwand vorzusehen. Kaltwasserleitungen sollten generell nicht in Räumen, an Stellen oder in Bauwerken mit einer gewöhnlichen Umgebungstemperatur von mehr als 25 °C oder an Stellen, an denen die Temperatur auch nur zu bestimmten Zeiten mehr als 25 °C betragen kann (z. B. unterhalb von Glaskuppeln und Messkammern/-kästen mit Wärmequellen) angeordnet werden und sollten von Wärmestrahlungsquellen ferngehalten werden.
Kaltwasserleitungen sind sowohl vor Tauwasserbildung und zum Schutz vor Erwärmung bei erhöhten Umgebungstemperaturen (z. B. in gemeinsamen Schächten, Vorwandinstallationen oder Technikräumen) zu dämmen. Die erforderlichen Dämmstärken werden in DIN 1988-200 Tabelle 8 beziffert. Rohrleitungen, die z. B. in Technikzentralen, Medienkanälen und Schächten mit Wärmelasten und möglichen Umgebungstemperaturen 25 °C verlegt werden, sind danach zur Verzögerung einer Aufwärmung mit 100 % Schichtdicke zu dämmen.
Interessant wird diese Tabelle, wenn man Stockwerksleitungen und Einzelzuleitungen für Kaltwasser im Fußbodenaufbau neben warmgehenden, zirkulierenden Rohrleitungen verlegen muss, da hier in jedem Fall eine Aufwärmung des Kaltwassers durch nebenliegende warme Leitungen vermieden werden muss.
Hinweise, wie diese Anforderungen umgesetzt werden können, bietet schon seit dem Jahr 2012 der „technische Report Legionella“ des europäischen Normenkomitees (CEN/TR 16355). Hier wird unter dem Punkt D.3 gleichlautend definiert, dass bei einer unvermeidbaren Kaltwasser-Leitungsführung in Wänden parallel zu Leitungen für den Transport von Warmwasser (egal ob Heizungsleitungen oder Trinkwasser (warm)/Zirkulation) die Kaltwasserleitung vom Einfluss der Wärmequellen ferngehalten werden muss. Die Mindestabstände zwischen den gedämmten Leitungen sollten dann 125 mm bzw. 200 mm betragen.
Simulationsprüfungen, die an Trinkwasser-Installationen in Gebäuden durchgeführt wurden, haben gem. CEN/TR 16355 die Auswirkungen von Fußboden-/Wandheizungen und hohen Raumtemperaturen auf die Temperatur von Trinkwasserleitungen in Fußböden und Wänden nachgewiesen. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Einflüsse ernst genommen werden sollten, um die Entstehung von sog. „Hotspots“ (räumlich begrenzte, punktuelle Erwärmung des Kaltwassers innerhalb der Leitungen) zu unterbinden. Trinkwasserleitungen sollten daher z. B. möglichst nicht in einen Fußboden mit Fußbodenheizung oder in eine Wand mit Wandheizung installiert werden.
Wenn doch eine Trinkwasserleitung in einem Fußboden parallel zu einer Transportleitung für warme Medien verlaufen muss, sollten der Mindestabstand der gedämmten Trinkwasserleitung zu der am nächsten gelegenen warmen Leitung den Angaben in Tabelle D.2 des CEN/TR 16355 entsprechen. Trinkwasserleitungen sollten aus den vorgenannten Gründen also auch nicht unterhalb von Fußbodenheizungen verlaufen, sondern mit einem Abstand an der Wand entlang um die Fußbodenheizung herumgeführt werden und nach Möglichkeit auch keine Transportleitung für Heizung oder Warmwasser kreuzen.
Eine weitere ernstzunehmende Gefährdung für die Trinkwasserqualität besteht in der durchaus riskanten Aufwärmung des Kaltwassers auf Grund einer Wärmeübertragung über die Entnahmearmatur selbst. Seit einiger Zeit ist als ein möglicher Ansatz zur Aufrechterhaltung der Trinkwasserhygiene und zur Vermeidung von Legionellen das Durchschleifen von Trinkwasserleitungen warm und kalt im Markt bekannt. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die Entnahmestellen einer Funktionseinheit oder eines Systems untereinander zu verbinden, quasi in Reihe zu schalten, um eventuelles Stagnationswasser in den Einzelzuleitungen selten genutzter Entnahmestellen zu vermeiden. Ziel dieser Installationsart sollte sein, bei jedem Entnahmevorgang an einer Zapfstelle im System den Rohrleitungsinhalt der zuführenden Leitung und damit der vorgeschalteten Zapfstellen auszutauschen.
Diese Methode der Stagnationswasservermeidung kann, korrekt geplant und angewendet, in Einzelfällen durchaus Vorteile bringen, z. B. um das Stagnationswasser in einzelnen Leitungen zu Außenzapfstellen oder Heizungsfüllanschlüssen zu vermeiden.
Das Durchschleifen von Trinkwasserleitungen wird vielfach am Markt propagiert, führt jedoch unter Umständen zu Problemen, wenn an einer durchgeschleiften Warmwasserleitung am Ende die Zirkulation angebunden wird und die Leitung so permanent bis zur Wandscheibe auf Temperatur gehalten wird. Auf Grund von Wärmeleitung, z. B. über den metallenen Armaturenkörper, kann es dann zu einem Wärmeeintrag und einer Aufwärmung der nebenliegenden Einzelzuleitung für Kaltwasser kommen. Um diese Wärmeübertragung zu vermeiden, sind die Armaturen über eine kurze, nicht zirkulierende Anbindeleitungen insbesondere von Wand- und Unterputzarmaturen (15 bis 50 cm, je nach Installationssituation) an das Warmwassersystem anzubinden.
Anforderungen an Trinkwasser (warm)
Zur Aufrechterhaltung hygienisch einwandfreier Verhältnisse in einem Trinkwassersystem müssen die Temperaturverluste in der Warmwasserleitung durch die Zirkulationsleitung ausgeglichen werden. Jede Warmwasserleitung mit mehr als 3 Liter Rohrleitungsinhalt muss in das Zirkulationssystem eingebunden sein. Lediglich Stockwerks- und Einzelzuleitungen mit Rohrleitungsinhalten ‹ 3 Litern, können ohne Zirkulation betrieben werden. Das gilt im Einfamilienhaus (Kleinanlage) ebenso wie in Großanlagen.
Die Temperaturverluste in der Warmwasserleitung und damit die notwendigen Volumenströme der Zirkulation, sind jedoch unmittelbar abhängig von der Rohr leitungsoberfläche bzw. der Rohrleitungslänge und der Dämmung der Leitungen und Armaturen. Für Warmwasserleitungen einschließlich der jeweiligen Absperreinrichtungen und Armaturen gelten ähnlich strenge Vorgaben an die Dämmung wie für Kaltwasserleitungen, nur eben nicht zum Schutz vor Erwärmung, sondern im Gegenteil zum Schutz vor einer zu schnellen Auskühlung. Zur Begrenzung der Wärmeabgabe von Trinkwasserleitungen (warm) die entweder in das Zirkulationssystem einbezogen oder mit einer Rohrbegleitheizung ausgestattet sind, sind die Leitungen mit Dämmschichtdicken nach Tabelle 9 der DIN 1988-200 zu dämmen. In der Regel mit 100 %.
Für Trinkwasserleitungen (warm), die weder in ein Zirkulationssystem einbezogen noch mit einer Rohrbegleitheizung ausgestattet sind, z. B. Stockwerks- oder Einzelzuleitungen mit einem Wasserinhalt ≤ 3 l, bestehen jedoch ausnahmsweise keine Dämmanforderungen gegen Wärmeabgabe, im Gegenteil. Solche Trinkwasserleitungen (warm) sollen gar nicht gegen Wärmeabgabe gedämmt werden, damit das Trinkwasser innerhalb der Leitung nach einer Erwärmung durch Entnahme möglichst schnell wieder auf Temperaturen absinken kann, die für eine Legionellen-Vermehrung ungünstig sind (‹ 20 bis 25 °C). Eine unnötige Wärmedämmung würde diese Auskühlung behindern, so dass das Trinkwasser nur langsam auskühlt und entsprechend länger in einem Temperaturbereich verbleibt, der das Wachstum von Legionellen begünstigt.
Fazit
Aus hygienischen Gründen und zum Schutz gegen mikrobiologisches Wachstum innerhalb der Trinkwasser-Installation sind die baulichen und installationstechnischen Maßnahmen zur Einhaltung der geforderten Maximaltemperaturen im Trinkwasser (kalt) und auch die Mindesttemperaturen im Trinkwasser (warm)/Zirkulation einzuhalten. Die Anforderungen an die Temperaturen werden in der VDI/DVGW 6023 und im Arbeitsblatt W 551 vorgegeben. Die DIN 1988-200 und der CEN/TR 16355 bieten wiederum entsprechende Hinweise und Möglichkeiten, wie diese Vorgaben bei der Planung und Installation umgesetzt werden können.
Autor: Arnd Bürschgens, ö. b. u. v. Sachverständiger für Trinkwasserhygiene im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk
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