Zurück zu Brandschutz
 
× Startseite

Einstellungen | Mein Account
IKZ select Logo
Suchen          Support & Kontakt       Mein Account
IKZ select Logo

Lieber Gast, um alle Inhalte sehen zu können, müssen Sie angemeldet sein! Jetzt registrieren oder einloggen.

StartseiteThemenBrandschutzBrandschutz bei Mischinstallationen in der Hausentwässerung

Brandschutz bei Mischinstallationen in der Hausentwässerung



Brandschutz bei Mischinstallationen in der Hausentwässerung
 
 
 
 

28. Januar 2022

Abweichungsregeln von Anwendbarkeitsnachweisen sind unbedingt zu beachten

Die Mischinstallation bei Hausabflusssystemen bedeutet eine Kombination aus brennbaren und nicht brennbaren Rohrleitungen und -formstücken. Für den – je nach Objekt geforderten – Brandschutz zu nachzuweisen, haben die Hersteller für jedes einzelne ihrer Schottsysteme Anwendbarkeitsnachweise formuliert. Doch weichen die tatsächlichen Baustellengegebenheiten mit den im Anwendbarkeitsnachweis geforderten Einbaubedingungen regelmäßig ab. Ein Grund ist sicherlich, dass konkrete Auslegungsregeln fehlen. So sind „wesentliche“ und „nicht wesentliche Abweichungen“ eingeführt worden, was Erleichterungen für alle Baubeteiligte zum Ziel hat.

Da es nicht möglich ist, jede ausführbare Bausituation zu prüfen, sind mit dem Mittel der „nicht wesentlichen Abweichung“ Möglichkeiten für derartige Bausituationen geschaffen worden. Voraussetzung ist, dass der geforderte Feuerwiderstand nicht beeinträchtigt wird. Alternativ sind die „wesentlichen Abweichungen“ zu nennen, die eine Bearbeitung durch die oberste Baubehörde verlangt. Diese stellt eine „vorhabenbezogene Bauartgenehmigung“ (vBG) aus. Eine Aussicht auf Erfolg eines solchen Antrages setzt entsprechende Funktionsnachweise voraus.

Die Unterscheidung von einer nicht wesentlichen und einer wesentlichen Abweichung ist schwierig. Versuche einer schematischen Einteilung scheitern meist daran, dass tiefgehende, detaillierte Kenntnisse für die Funktionsmerkmale einer Abschottung im Brandfall vorhanden sein müssen. Wie also damit umgehen?

Viele der beteiligten Gutachter gehen dazu über, genau nach Anwendbarkeitsnachweis zu verfahren, was nicht dem Sinn der „Abweichungsregel“ entspricht. Verantwortlich ist der Ersteller der Abschottung, der mit seiner Unterschrift unter die Übereinstimmungserklärung auch die nicht wesentlichen Abweichungen bestätigt 1).

Die Hinzuziehung des Inhabers des Anwendbarkeitsnachweises für eine Beurteilung bewirkt keinen Übergang der Verantwortung. Eine nicht wesentliche Abweichung erfüllt also vollumfänglich die bauaufsichtlichen Anforderungen mit der Bestätigung durch den Hersteller der Abschottung.

Bei einer wesentlichen Abweichung werden im gleichen Maße die Anforderungen erfüllt, sofern in den technischen Baubestimmungen derartige Abweichungen möglich sind. Fehlerhafte Ausführungen sind keine Abweichung. Hier kann vorausgesetzt werden, dass Montagefehler entsprechend behoben werden

Bei Rohrabschottungen werden überwiegend Abweichungen von Bauarten (Anwendbarkeitsnachweise) diskutiert.

Leider sind Nachweise für Bauarten von den verschiedenen Anbietern inhaltlich vollkommen unterschiedlich aufgebaut. Bei dem einen Nachweis sind z. B. Formstücke in der Decke enthalten, bei einem anderen sind einzelne Bauarten nur beschrieben. Das macht es nicht einfacher, zudem auch in offiziellen Bescheiden einige Sachverhalte vorkommen, die dem technischen Sachverstand widersprechen.

Wie funktionieren Rohrabschottungen?
Nicht nur die Einordnung von Abweichungen macht zwingend das Wissen um die Funktionsweise von Abschottungen unentbehrlich. Rohrabschottungen funktionieren nach dem einfachen Prinzip des Temperaturausgleichs (Bild 1).

Eine Decke (Beton, Dicke 150 mm) weist, obwohl im Brandraum unterhalb der abzuschottenden Decke Temperaturen von ca. 1000 °C herrschen, auch nach 90 Minuten oberhalb der Decke nur geringe Temperaturen unter 70 °C aus. Innerhalb der Decke wird die Wärme vom Rohr an die Decke gegeben. Die nicht an die Decke abgegebene Wärme ergibt dann oberhalb der Decke die Temperaturen, die am Rohr oder der weiterführenden Dämmung gemessen werden. Je nach Ausführung kann der zeitliche Verlauf variieren. Bei Gussrohren (Bild 1C), die bei Mischinstallation offen geprüft werden, strömen so lange heiße Rauchgase durch das Rohr, bis der Brandschutzverbinder den Rohrquerschnitt verschlossen hat. Bei Kunststoffrohren (Bild 1B) ist das fast gleich, mit dem Unterschied, dass das Rohr „weich“ und durch die Brandschutzmanschette verschlossen wird. Der Rohrrest im Brandraum verbrennt. Der Temperaturausgleich mit der Decke ist jedoch maßgeblich für die gemessene Temperaturerhöhung am Rohr oberhalb der Decke, die nicht größer als 180 K sein dürfen.

Der Funktionsablauf einer Rohrabschottung ist in einem Brandfall von vielen Faktoren abhängig. Was aber bereits hier deutlich wird: Für die Funktion ist sicher nicht nur das Produkt Manschette oder Brandschutzverbinder erforderlich. Die Befestigung der Manschette, die Ausführung (Ummantelung, Dämmstoffdicke) innerhalb der Decke, der Betonverguss und die Deckendicke haben ebenfalls elementaren Einfluss.

Die Einschätzung von Abweichungen ist entsprechend schwer. Aber schon aus der Funktion einer Abschottung ist erkennbar, dass nur die geprüften Rohrarten verwendet werden dürfen. Werden andere Rohrtypen, Dimensionen oder Bauarten (Formteile) wie im abZ/aBG beschrieben eingebaut, sind das keine „nicht wesentlichen Abweichungen“ mehr.

Beispiel Abschottungen in Sonderdecken
Rohrdurchführungen durch Holzbalkendecken, Stahlsteindecken, Ziegelsteindecke oder Kappendecken sind oft typische Anfragen für nicht wesentliche Abweichungen. Was aber ausgeführt wird, entspricht meist einer Rohrabschottung in einer Massivdecke. Ist das dann eine wesentliche oder nicht wesentliche Abweichung bei einer Rohrdurchführung?

Wie aus Bild 2A ersichtlich, wird eine Rohrdurchführung in einer Massivdecke „ausgeschnitten“ und in eine Holzbalkendecke integriert (Bild 2B). Wenn die Rohrabschottung wie in Bild 2A in dieser Bauart einen Anwendbarkeitsnachweis aufweist, so ist die Abschottung in 2B oder 2C weder eine wesentliche noch nicht wesentliche Abweichung. Was aber bewertet werden muss, ist die Einbindung der „Massivdecke“ in die Holzbalkendecke. Das allerdings kann der Nachweis der Rohrabschottung nicht erfüllen.

Nach den Bildern 2B und 2C ist eine unterseitige Ertüchtigung der Decke vorgesehen. Der Betonverguss ist in diese Ertüchtigung einzubinden. Was hier bewertet werden muss, ist die Einbindung der Massivdecke in die Sonderdecke, z. B. durch die Anwendbarkeitsnachweise und Montagehinweise für die Ertüchtigung/ Unterdecke.

In einigen Nachweisen für Rohrabschottungen sind bildliche Darstellungen für Rohrdurchführungen durch Holzbalkendecken enthalten. Das sind jedoch überwiegend keine geprüften Lösungen, sondern entsprechen den Ausführungen der Holzbaurichtlinie für eine genormte Holzbalkendecke nach DIN 4102. Dadurch ist die Übertragung auf die Baustelle eingeschränkt, da im Bestand überwiegend ungenormte Holzbalkendecken anzutreffen sind.

Diese Ausführungen sind nicht in allen Nachweisen enthalten, können aber auch bei anderen Abschottungen angewendet werden. Je nach Bausituation sind diese Darstellungen fachlich zu prüfen, ob die Ausführung sinnvoll und möglich ist. Die in den Anwendbarkeitsnachweisen gezeigte Darstellung sind zudem kritisch auf fachliche Eignung und Funktionsfähigkeit zu hinterfragen.

Bild 3A zeigt ein Beispiel für einen typischen Anwendbarkeitsnachweis. Die montagetechnischen Anforderungen sollten ohne „fachliche Interpretation“ nicht umgesetzt werden. Um den Platzbedarf meist gering zu halten, wird auf das geforderte Maß für die Fugenverfüllung bzw. den Betonverguss von mindestens 50 mm verwiesen. Das ist zu gering bemessen. Der Betonverguss hat mehrere Aufgaben zu erfüllen: die Ableitung der Wärme vom Rohr und den Schutz der brennbaren Bestandteile der „brennbaren“ Decke innerhalb der Kapselung sowie die Aufnahme der Befestigungsmittel für die Manschette. Im selben Nachweis werden dazu Forderungen gestellt, indem auf die Einhaltung der notwendige Randabstand bei der Dübelbefestigung hingewiesen wird. Der Randabstand (Bild 3C) ist der Abstand Befestigungsschraube/Dübel zum Betonrand. Je nach Verankerungsart sind unterschiedlich große Randabstände zu beachten. Zu geringe Randabstände führen zum Versagen der Befestigung und sind damit nicht zulässig. Die Nachweise der Befestigungsmittel geben Auskunft über diesen Randabstand. Auch die dargestellten 10 cm Betonverguss sollten entsprechend auf Eignung kritisch geprüft werden.

Sonderdecken
Bei der Vielzahl der nicht klassifizierten Deckenkonstruktionen sind schematische Einteilungen nicht möglich. Die Rohrabschottung wird mit einem Betonverguss einfach hergestellt. Die Integration der Massivdecke in die bestehende Sonderdecke ist zu planen und zu dokumentieren.

Ein Beispiel zeigt Bild 4. In die bestehende Stahlsteindecke (Bild 4B) wird ebenso ein Betonverguss als Massivdecke für die Aufnahme der Rohrabschottung integriert. Hier sind die statischen Aspekte der Decke sowie die Verbindung des Betonvergusses mit der Deckenkonstruktion zu bewerten. Die Vielzahl von Deckenkonstruktionen macht eine individuelle Bewertung notwendig. Eine Abweichung vom Nachweis der Rohrabschottung ist damit nicht zwangsläufig verbunden. Allerdings sind die Befestigungen der Manschette zu planen. Aus Bild 4A wird ersichtlich, dass der Untergrund für die Befestigungsmittel der Manschette bewertet werden muss. Bei Gussrohr ist das etwas einfacher, da der Brandschutzverbinder aus diesem Anwendbarkeitsnachweis keine Befestigung in die Decke benötigt.

Fazit

  • Die Abweichungsregel ist nicht für die Heilung von Montagefehlern gedacht.
  • Generell sollte auf Abweichungen möglichst verzichtet werden. Um dies zu erreichen ist bereits bei der Planung und Ausführung der Rohrführung der Brandschutz mit einzubeziehen.
  • Abweichungen müssen vollumfänglich den geforderten Feuerwiderstand erfüllen.
  • Wesentliche Abweichungen sind zu vermeiden, da ohne genügenden Nachweis der Funktion (Feuerwiderstand) derartige Verfahren einen grenzwertigen Aufwand an Zeit und Kosten ausmachen können.
  • Nicht wesentliche Abweichungen sind durch den Hersteller der Abschottung zu bestätigen (Übereinstimmungserklärung). Zuarbeiten von den Inhabern der Nachweise sind eine Hilfestellung, aber keine Verantwortungsübernahme.
  • Gutachten zu Ausführungen sind keine Nachweise.
  • Da Bescheide selbst ebenfalls mit Fehlern behaftet sein können oder widersprüchliche Aussagen beinhalten, sind Bewertungen von Abweichungen immer zu dokumentieren mit dem detaillierten Bezug zum Anwendbarkeitsnachweis.
  • Die Funktion einer Abschottung sollte nachvollziehbar sein.

Abweichungen
Grundvoraussetzung für eine Diskussion über eine Abweichung ist ein bestehender Nachweis. Die Nachweise werden in Verwendbarkeits- und Anwendbarkeitsnachweise eingeteilt:

Verwendbarkeitsnachweise für Bauprodukte

  • allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ),
  • allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für das Bauprodukt (abP),
  • Zustimmung im Einzelfall (ZiE).

Anwendbarkeitsnachweise für Bauarten

  • allgemeine Bauartgenehmigung (aBG),
  • allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für die Bauart (abP),
  • vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG; vormals ZiE).

Für Abschottungen von Rohren sind noch die Erleichterungen der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) – Durchführung durch raumabschließende Bauteile nach Richtlinie – hinzuzufügen.

1) Auszug aus MBO (Musterbauordnung) 11/2002, zuletzt geändert am 25.9.2020, § 16a Bauarten (5): „Bauarten bedürfen einer Bestätigung ihrer Übereinstimmung mit den Technischen Baubestimmungen nach § 85a Abs. 2, den allgemeinen Bauartgenehmigungen, den allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen für Bauarten oder den vorhabenbezogenen Bauartgenehmigungen; als Übereinstimmung gilt auch eine Abweichung, die nicht wesentlich ist. § 21 Abs. 2 gilt für den Anwender der Bauart entsprechend“.

Autoren: Gerhard Lorbeer (Freier Sachverständiger für Brandschutz), Dietmar Stump (freier Journalist)

Bilder: Gerhard Lorbeer





Verwandte Artikel



Dossier: BrandschutzBild: Adobe Stock - ambrozinio

Dossier: Brandschutz 7. April 2022

Fehler bei der Brandschutzplanung vermeiden Ursachen häufiger Brandschutzmängel und Maßnahmen zur Vorbeugung Bei der Planung von Löschanlagen können zahlreiche Fehler...
Weiterlesen

Brandschutz bei Mischinstallationen in der Hausentwässerung

Brandschutz bei Mischinstallationen in der Hausentwässerung 22. Juli 2021

Teil 2: Bei Arbeiten im Baubestand gibt es nicht die eine, auf alle Gegebenheiten passende Lösung Die Mischinstallation bei Hausabflusssystemen...
Weiterlesen

Brandschutz bei Mischinstallationen in der Hausentwässerung

Brandschutz bei Mischinstallationen in der Hausentwässerung 8. Juni 2021

Teil 1: Technisches Wissen unentbehrlich Die Mischinstallation bei Hausabflusssystemen hat eine technisch vollkommen andere Bedeutung als bei Trinkwassersystemen. Diese gelten...
Weiterlesen

Webinar: Brandschutz in MischinstallationenBild: Adobe Stock - ambrozinio

Webinar: Brandschutz in Mischinstallationen 8. September 2020

Die Abschottung von Abwasserleitungen bei Mischinstallationen in Gebäuden stellt die Fachleute immer wieder vor Herausforderungen. Eine dreiteilige Webinarreihe der IKZ-Academy...
Webinar-Video

(Kein) Brandschutz bei Rohrleitungen und Leichtbaukonstruktion?Bild: Gerhard Lorbeer

(Kein) Brandschutz bei Rohrleitungen und Leichtbaukonstruktion? 11. April 2024

Rohrabschottungen: Abnahme ist gefährdet, wenn Sanitär, Brandschutz und Leichtbaukonstruktionennicht zusammenpassenDer Bereich Trockenbau-Installationen mit Leichtbauwänden und Vorwandkonstruktionen, dazu in Kombination für...
Weiterlesen

Brandschutz im HolzbauBild: Hilti Brandschutz Trainingssoftware

Brandschutz im Holzbau 16. August 2023

Neue Möglichkeiten für Moderne GebäudeBauen mit Holz ist ein Megatrend – immer mehr Gebäude und sogar Hochhäuser werden aus Holz...
Weiterlesen

Wesentliche oder unwesentliche Abweichung?

Wesentliche oder unwesentliche Abweichung? 15. Juli 2020

Brandschutz in der Haustechnik bleibt eine Herausforderung Die Planung von vorbeugendem Brandschutz in der Haustechnik wird immer komplexer. Ursächlich hierfür...
Weiterlesen

Brandschutz in MischinstallationenBild: bvfa

Brandschutz in Mischinstallationen 20. September 2022

Brandschutz in Mischinstallationen Mischinstallation aus brennbaren und nicht-brennbaren Rohren stellen besondere Anforderungen an den Brandschutz. Bei Rohrabschottungen ist sowohl für...
Weiterlesen

Einblasdämmung als Alternative zur konventionellen konzentrischen RohrdämmungBild: Austroflex Rohr-Isoliersysteme

Einblasdämmung als Alternative zur konventionellen konzentrischen Rohrdämmung 16. Mai 2023

Eine kritische Betrachtung unter wirtschaftlichen sowie technischen Gesichtspunkten Die Einblasdämmung von Installationsschächten stellt auf den ersten Blick eine wirtschaftlich interessante...
Weiterlesen

Brandschutz in Schulgebäuden

Brandschutz in Schulgebäuden 27. Januar 2021

Bei der Ausgestaltung des Brandschutzes von Leitungsanlagen in Schulen sind einige Rechtsvorschriften zu beachten Für den Brandschutz in allgemein- und...
Weiterlesen


Diesen Artikel teilen auf:   Facebook X XING



Ausgewählte Inhalte



Leistungsgarantie



Datensicherheit

×