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RLT-Anlagen teillastoptimiert planen



RLT-Anlagen teillastoptimiert planen
 
 
 
 
 
 
 
 

15. Juli 2021

„AHULife“ – Planungstool für Energiebedarf und Lebenszykluskosten

Derzeitige Auslegungsmethoden einzelner Komponenten einer RLT-Anlage berücksichtigen i. d. R. lediglich einen Betriebspunkt – meist den der Volllast. Allerdings tritt dieser nur in seltenen Fällen auf. Um den Jahresbetrieb einer RLT-Anlage unter Berücksichtigung der häufig auftretenden Teillast im Auslegungsprozess abbilden zu können, hat der Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik der RWTH Aachen das Planungstool „AHULife“ entwickelt. Das Tool berechnet auf Basis stündlich aufgelöster Wetterdaten, sowie Lastprofile der angeschlossenen Räume, den Energiebedarf einer RLT-Anlage. So können bereits im Planungsprozess möglichst energieeffiziente Kombinationen der Einzelkomponenten sowie deren Auslegung ermittelt und später umgesetzt werden. „AHULife“ steht zur freien, nicht kommerziellen Nutzung unter dem Kurzlink: www.bit.ly/AHULife zur Verfügung.

Die Grundlage für das Tool bildet die VDI-Richtlinie 2067 Blatt 21. „AHULife“ ermöglicht die freie Konfiguration einer zu untersuchenden RLT-Anlage und ist hierfür modular aufgebaut. Die Konditionierung der Luft erfolgt stets entsprechend der Konfiguration der RLT-Anlage. So kann z. B. eine Befeuchtung nur erfolgen, wenn ein Befeuchter konfiguriert wurde. Neben den Funktionen Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten können diverse Energierückgewinnungssysteme konfiguriert werden, um sowohl eine reine Wärmerückgewinnung, als auch eine Enthalpierückgewinnung (kombinierte Wärme- und Feuchterückgewinnung) zu analysieren. Zusätzliche Komponenten wie Filter oder Schalldämpfer werden in Form ihrer Druckverluste mitberücksichtigt, um den elektrischen Energiebedarf der Ventilatoren zu ermitteln. Alle Komponenten wurden mittels analytischer Gleichungen modelliert, um eine möglichst schnelle Berechnung zu ermöglichen.

Die Parametrierung der Sub-Komponenten der RLT-Anlage erfolgt mittels weniger Nenn-Daten, wie der Druckverluste im Nenn-Betriebspunkt. Mittels der Ähnlichkeitsgesetze aus der Strömungsmechanik wird der Druckverlust in Abhängigkeit der Strömungsgeschwindigkeit skaliert. In der Folge fallen bei geringeren Volumenströmen entsprechend geringere Druckverluste an.

Für die Energierückgewinnungssysteme sind zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden implementiert. Neben der Verwendung der Nenn-Rückgewinnungsgrade (Rückwärmzahl und ggf. Rückfeuchtzahl), welche unabhängig vom Volumenstrom als konstant angenommen werden, kann auch eine Berechnung über die Effizienz-NTU-Methode erfolgen [1, 2]. Diese berücksichtigt die strömungsabhängige Veränderung der Rückgewinnungsgrade und stellt damit eine genauere Modellierung für den Jahresbetrieb bei veränderlichen Volumenströmen dar.

Neben den Sub-Komponenten der RLT-Anlage berücksichtigt „AHULife“ auch die Energieversorgungsstruktur. Es können unterschiedliche Wärme- und Kälteerzeuger betrachtet werden, deren Wirkungsgrade abhängig vom aktuellen Lastzustand variieren.

Regelung der Subkomponenten
Die Regelung der RLT-Anlage erfolgt auf Basis der VDI-Richtlinie 2067 [3]. Der hier definierte Komfortbereich stellt den Zielbereich des Raumluftzustandes dar. Nach Abzug der internen Lasten, ergibt sich so ein Sollwert-Feld für die einzustellenden Zuluftbedingungen. Je nach Außenluftzustand werden die Funktionen Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten aktiviert, sofern die notwendigen Komponenten hierfür in der RLT-Anlage konfiguriert sind. Bild 1 zeigt exemplarisch die Einteilung eines h-x-Diagramms in die verschiedenen Zonen der Konditionierung für eine RLT-Anlage mit Dampfbefeuchter. Dabei wird stets der minimale Energieaufwand berechnet, um vom Außenluftzustand in das Soll-Feld zu gelangen, sodass die Temperatur und Feuchte immer am Rand des Komfortbereichs ge-halten werden.

Auf Basis der berechneten Energiebe-darfe ermöglicht das Tool darüber hinaus die Berechnung der Lebenszykluskosten der RLT-Anlage für einen wählbaren Zeitraum. Hierbei werden neben den bedarfsgebundenen Kosten auch die Investition, Wartungs- und Reparaturkosten, sowie Preissteigerungsraten berücksichtigt. So wird eine Abschätzung der Kosten über den Lebenszyklus bereits im Planungsprozess ermöglicht.

Ergebnisse des Tools
Nachfolgend wird ein exemplarisches Beispiel vorgestellt. Betrachtet wird eine Versuchsanlage des Lehrstuhls, deren Konfiguration in Bild 2 dargestellt ist. Sie besitzt einen Nenn-Volumenstrom von 10 000 m3/h und ist als Voll-Klimaanlage für den Standort Aachen ausgelegt.

Mithilfe von „AHULife“ wird der Einfluss des Befeuchters auf den Energiebedarf und die Lebenszykluskosten der Anlage analysiert. Hierzu wird neben der Konfiguration aus Bild 2 eine weitere Konfiguration mit adiabatem Sprühbefeuchter im Außenluft kanal simuliert und mit der aktuellen Konfiguration verglichen. Dabei werden beide gängigen Regelungsarten für Sprühbefeuchter (Enthalpie- und Taupunkt-Regelung) betrachtet. Für die klimatischen Randbedingungen wird ein Testreferenzjahr-Datensatz für den Standort Aachen verwendet. Es wird angenommen, dass die RLT-Anlage ein Bürogebäude versorgt, welches mit einem Belegungsprofil nach Bild 3 modelliert ist. Die RLT-Anlage regelt dabei bedarfsgerecht, sodass der Volumenstrom dem Belegungsprofil angepasst wird. Ohne Belegung ist die RLT-Anlage abgeschaltet.

Bild 4 zeigt die Jahresenergiebedarfe aufgeteilt nach den Funktionen Heizen, Kühlen, Befeuchten und Luftförderung. Die relative Raumluftfeuchte soll dabei min. 40 % [5] betragen. Die eingesparten Heiz- und Kühlenergiebedarfe durch die Wärmerückgewinnung sind als Anmerkungen dargestellt. Es wird deutlich, dass der Energiebedarf des Sprühbefeuchters mit Enthalpie-Regelung ungefähr gleich dem des Dampfbefeuchters ist. Die Energie, die zur Überhitzung des Dampfs aufgebracht wird, wird beim Sprühbefeuchter in Form von Heizenergie über den Nacherhitzer zugeführt. Der Sprühbefeuchter mit Taupunkt-Regelung weist einen deutlich erhöhten Energiebedarf auf. Für die Nacherhitzung hinter dem Befeuchter kann die Wärmerückgewinnung nicht mehr genutzt werden, sodass der Heizenergiebedarf gegenüber den anderen beiden Befeuchtungsvarianten ansteigt.

In Tabelle 1 sind die Lebenszykluskosten der Varianten aufgeführt. Die zugrunde gelegten Randbedingungen sind in Tabelle 2 dargestellt. Es wurden für alle Befeuchtungskonzepte die gleiche Investi-tion angenommen. Die Lebenszykluskosten zeigen also, dass bei der Verwendung eines Sprühbefeuchters die Enthalpie-Regelung erheblich höhere Investitionen gegenüber der Taupunkt-Regelung ermöglicht, da die Lebenszykluskosten um 15 % geringer ausfallen. Gegenüber dem aktuell verbauten Dampfb efeuchter kann der Sprühbefeuchter mit Enthalpie-Regelung ca. 8 % der Lebenszykluskosten einsparen. Auch hier ist eine Mehrinvestition aus wirtschaftlicher Sicht lohnenswert.

Fazit
Das Beispiel zeigt, dass mithilfe des Tools unterschiedliche Anlagenkonfigurationen im Planungsprozess schnell und einfach miteinander verglichen werden könen. Es lassen sich finanzielle und energetische Anreize für den Auftraggeber direkt anzeigen.


Nachgefragt

IKZ-FACHPLANER: Welche Eingabe-Daten sind entscheidend für die Berechnung?

Martin Kremer: Die Berechnung benötigt verhältnismäßig wenig Eingabeparameter. Essenziell ist die Wahl der Konfiguration der Anlage, sowie deren Versorgungssystem (Wärme- und Kälteerzeuger). Mit wenigen Nenn-Daten, wie Druckverluste oder Nenn-Wirkungsgrade der Subkomponenten, wird die RLT-Anlage parametriert. Darüber hinaus stehen 15 Standorte in Deutschland zur Auswahl, um die klimatischen Randbedingungen abzubilden. Eine Eingabe der einzuhaltenden Komfortbedingungen (Temperatur und Feuchte) im Raum, die internen Lasten und das Belegungsprofil dienen der Regelung der Anlage.

IKZ-FACHPLANER: Was unterscheidet den Planungsprozess mit dem Tool von statischen Planungsmethoden?

Martin Kremer: „AHULife“ berücksich-tigt bei der Berechnung der Energiebedarfe die Teillastzustände, sowie die stündlich aufgelösten klimatischen Randbedingungen im Ganzjahresbetrieb. Bei statischen Methoden werden konstante Randbedingungen zur Aus-legung gewählt, welche zum Teil zu einer starken Überdimensionierung der Komponenten führen. Dies kann im Betrieb der Anlage zu Problemen mit der Regelung führen.

IKZ-FACHPLANER: Liefert das Planungstool auch Komponentenvorschläge, wie Größe der Heiz- und Kühlregister?

Martin Kremer: Das Programm ist herstellerunabhängig und liefert demnach keine konkreten Komponentenvorschläge. Eine Dimensionierung von Komponenten ist mit dem Tool möglich, aber im derzeitig online nicht verfügbar, da die Randbedingungen zu spezifisch auf einzelne Anlagen zugeschnitten sind (z. B. Kanalquerschnitt der RLT-Anlage). Mithilfe der Leistungsdaten können aber konkrete Vorschläge bei den Herstellern angefragt werden.

Literatur:
M. Kremer, T. Gülker, J. Teichmann, P. Mathis, D. Müller (2021). Energy Saving Potential of Air Handling Units Equipped with Moisture Recovery Systems in Different Climates and Use Cases. In: Proceedings of the 15th ROOMVENT Conference 2020

D. Müller, M. Kremer, P. Mathis (2021). Validier tes Planungs- und Auslegungsverfahren für energieeffiziente Feuchterückgewinnungssysteme in zentralen und dezentralen raumlufttechnischen Anlagen: Abschlussbericht

VDI-Richtlinie 2067 Blatt 21 (2003). Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen – Energieaufwand der Nutzenübergabe – Raumlufttechnik

SIA-Richtlinie 2024 (2015). Raumnutzungsdaten für Energie- und Gebäudetechnik

Sterling, E.M.; Arundel, A.; Sterling, T.D. (1985): Criteria for human exposure to humidity in occupied buildings. In: ASHRAE transactions 91.1, S. 611–622

Autoren: M. Sc. Martin Kremer, Teamleiter Team Anlagentechnik; Dipl.-Ing. Paul Mathis, ehem. Teamleiter Team Anlagentechnik; Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dirk Müller, Institutsleiter; alle am Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik, RWTH Aachen

Bilder: EBC, RWTH Aachen





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