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StartseiteThemenHeizungstechnik„Ideal für die Nachrüstung“
6. November 2023
Claus Händel, Geschäftsführer Technik im Fachverband Gebäude-Klima, befasst sich seit vielen Jahren mit der Luft/Luft-Wärmepumpe, kennt die Vor- und Nachteile. Im Interview mit der IKZ spricht er über die Effizienz der Geräte und zeigt auf, wie sie im Altbau sinnvoll eingesetzt werden können.
IKZ: In einem offenen Brief an Bundeskanzler Scholz kritisieren zwei Dutzend SHK-Hersteller, Großhändler sowie ein regional großer Heizungsbauer die geplante Förderpolitik – sprich das Heizungsgesetz – der Bundesregierung. Mit dem vorliegenden Entwurf würden falsche Anreize gesetzt. So hätten beispielsweise erste große Wohnungsgesellschaften angekündigt, in ihren Bestandsgebäuden künftig auf die kostengünstigen, aber wenig effizienten Luft/Luft-Wärmepumpen zu setzen, um den Bestimmungen des GEG Folge zu leisten. Zitat aus dem offenen Brief: „Während die Mieter mit ihren Nebenkostenabrechnungen die finanziellen Folgen dieser wenig effizienten Technologie zu schultern haben, profitieren die Wohnungsgesellschaften davon, dass allein durch die Installation der Luft/Luft-Wärmepumpen selbst kaum effiziente Bestandsgebäude der Energieeffizienzklasse G in den Bereich C bis B der Energieeffizienzklassen gehoben werden.“ Herr Händel, ist die Kritik – oder nennen wir es Sorge – berechtigt?
Claus Händel: Grundsätzlich sind Luft/Luft-Wärmepumpen effiziente Heizsysteme. Split, Multi-Split und VRF-Systeme sind wegen der standardisierten Bauweise und den kleinen Leitungsquerschnitten sogar ideal für die Nachrüstung. Installationsfehler, die zu einer verschlechterten Effizienz führen, kann man fast ausschließen. Oft wird angemerkt, dass die Außengeräte störend seien. Bei schlechter Positionierung kann das passieren – wie auch bei Luft/Wasser-Wärmepumpen.
IKZ: Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied: Luft/Luft-Wärmepumpen haben immer ein Innengerät mit einem Ventilator, der während des Heizbetriebs läuft.
Claus Händel: Das ist richtig. Moderne Geräte haben aber meist einen Flüstermodus, sodass sie selbst im Schlafzimmer kaum zu hören sind.
IKZ: Bekannt sind vor allem die Split-Wärmepumpen mit einem Außen-Aggregat und einem oder mehreren Innen-Geräten. Weniger bekannt sind dagegen Monoblock-Geräte, die nur jeweils zwei Bohrungen für Luftein- und -auslass benötigen. Wie steht es um die Effizienz dieser Geräte, die es auch mit dem umweltfreundlichen Kältemittel R290 gibt?
Claus Händel: Monoblock-Geräte oder auch mobile Split-Klimageräte haben manchmal auch eine Heizoption. Diese ist jedoch nur für kurzzeitigen Betrieb geeignet. Wir raten rundweg davon ab, diese Geräte als dauerhafte Heizlösung einzusetzen. Sie erreichen kaum 50 % der Arbeitszahlen fest installierter Geräte, sind also ineffizient und zudem lauter. Als Kältemittel kann aufgrund der kleinen Füllmengen Propan (R290) eingesetzt werden. Bei den mittelgroßen Split-Klimasystemen ist aus Sicherheitsgründen meist R32 im Einsatz. Oft gibt es aber falsche Vorstellungen zum „Verbrauch“ oder Verlust der Kältemittel. Bei Luft/Luft-Wärmepumpen sind die Kältemittelverluste vernachlässigbar gering – auch durch die verpflichtende fachmännische Installation.
IKZ: Bleiben wir bei der Effizienz: Für Luft/Wasser-Wärmepumpen gibt es die Jahresarbeitszahl – kurz JAZ – oder den SCOP als Kenngröße für die Effizienz. Welcher Vergleichswert hat sich bei Luft/Luft-Wärmepumpen etabliert und wie schneiden die Aggregate im Vergleich zur klassischen Luft/Wasser-Wärmepumpe beim Heizbetrieb ab?
Claus Händel: Die Mindestanforderungen an die Jahresarbeitszahl zum Beispiel beim Inverkehrbringen nach Ecodesign-Verordnung oder auch bei der Förderung nach BEG sind bei Luft/Luft-Wärmpumpen noch höher als die Anforderungen an Luft/Wasser-Wärmepumpen: Für Luft/Wasser-Wärmepumpen fordert die BEG EM ηS,H › 135 %, entsprechend einem SCOP › 3,4. Luft/Luft-Wärmepumpen mit einer Leistung über 12 kW müssen dagegen mindestens ηS,H › 150 erbringen, bei Systemen mit einer Leistung bis 12 kW sind es 181 %. Das entspricht einem SCOP › 3,8 bis 4,6. Schon allein diese Zahlen demonstrieren die Effizienz dieser Systeme
IKZ:In anderen europäischen und außereuropäischen Ländern hat sich die Luftheizung über Klimageräte längst etabliert. Allerdings oftmals in Kombination mit einer „leichten“ Holzbauweise des Gebäudes. Lässt sich ein Altbau hierzulande mit – ich sage mal bewusst „schweren, kalten Wänden“ – tatsächlich effizient und behaglich mit Luft/Luft-Wärmepumpen beheizen? Oder empfehlen sich die Geräte nicht eher für die Übergangszeit, um die klassische Heizung einige Tage länger aus zu lassen?
Claus Händel: Die Kombination mit leichter Holzbauweise ist längst nicht überall gegeben. In Skandinavien mag sie überwiegen, aber nicht in Belgien und Frankreich, wo Luft/Luft-Wärmepumpen bei einem zu Deutschland vergleichbarem Klima auch eine breite Anwendung finden. Klar ist, dass die Geräte nahezu keine Strahlungswärme abgeben. Das kann zu Komforteinbußen führen. Gleiches gilt wiederum für wassergeführte Konvektoren in Kombination mit einer Wärmepumpe im Altbau. Ich würde behaupten, dass die meisten unserer Gebäude einen Baustandard haben, der mit Mindestwärmeschutz und Isolierglasfenster durchaus ein komfortables Heizen mit Luft/Luft-Wärmepumpen erlaubt. Viele Büros, Hotels und Verkaufsstätten demonstrieren das heute schon. Es ist natürlich darauf zu achten, dass die Betriebsweise an die Randbedingungen angepasst wird. In besser gedämmten Gebäuden können die Geräte ggf. so betrieben werden, dass man kurz vor der Nutzung einschaltet. In schlechter gedämmten Gebäuden ist damit zu rechnen, dass eine längere Vorlaufzeit sinnvoll ist. Andererseits erleichtert die kurze Reaktionszeit und Aufheizzeit der Luft/Luft-Wärmepumpe einen flexiblen, bedarfsorientierten Betrieb je nach Belegung. Vor- und Nachteile können sich also ausgleichen.
IKZ: Was ist bei der Planung von Luft/Luft-Wärmepumpen speziell als Zusatzheizung zu beachten und wie steht es aktuell mit der Förderung der Geräte?
Claus Händel: Ich sehe den wesentlichen Vorteil, dass die Heizung nicht für das komplette Haus gleichzeitig ausgetauscht werden muss. Luft/Luft-Wärmepumpen können ohne Weiteres in einzelnen Wohnungen oder Räumen nachgerüstet werden. Das führt häufig zu einer Art bivalentem Betrieb mit der bestehenden Heizung. Für das Beantragen der Förderung ist aber sicherzustellen, dass flächenanteilig 65 % der Heizenergie durch die Luft/Luft-Wärmepumpe erbracht wird.
Bei der Planung ist weiterhin die Aufstellung der Geräte entscheidend. Außen ist auf die Nachbarschaft zu achten – wie bei jeder Wärmepumpe. Die Innengeräte müssen so positioniert werden, dass sowohl im Heizbetrieb wie auch im Kühlbetrieb der Raum gut mit der warmen bzw. der kühlen Luft durchspült wird und die üblichen Aufenthaltsbereiche der Personen nicht direkt im Luftstrom sind. Die Geräte können meist per Fernsteuerung gezielt eingestellt werden oder wählen sogar selbst die passende Einstellung.
IKZ: Blicken wir auf den Neubau: Sind Luft/Luft-Wärmepumpen eine Alternative zur konventionellen wasserbasierten Wärmepumpe mit Fußbodenheizung?
Claus Händel: Die Fußbodenheizung mit Wärmepumpe ist eine komfortable Lösung. In gut gedämmten Gebäuden, insbesondere mit Lüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung, können die Komfortanforderungen an das Heizen aber sehr gut auch mit Luft/Luft-Systemen erfüllt werden. Der Bauherr hat hier die Wahl zwischen mehreren guten Lösungen.
IKZ: Also ein Produktsegment, das in Konkurrenz zur klassischen Wärmepumpe tritt – auch im Hinblick auf die Lebenszykluskosten von sagen wir einmal 20 bis 25 Jahren?
Claus Händel: Im Nichtwohngebäude sicherlich, hier wird schon heute viel über die Luft geheizt. Beim Wohngebäudestandard schlechter als BEG EE 70 ist sicherlich die wassergeführte Fußbodenheizung vorteilhaft. Im Standard besser als BEG EE 70 kann sich das aber wieder drehen, da zu hinterfragen ist, ob die Investition in eine Fußbodenheizung bei geringem Heizwärmebedarf (zum Beispiel EE 55 und besser) sinnvoll ist.
IKZ: Als Fazit für unsere Leser: Wo sehen Sie den bevorzugten und sinnvollen Einsatz der Luft/Luft-Wärmepumpen?
Claus Händel: Sicherlich in den flexiblen Optionen für die Nachrüstung, ohne quasi eine Grundsanierung einläuten zu müssen. Hervorzuheben sind Wohnungen mit Etagenheizung und Nachtspeicherheizung, aber auch die Teilausrüstung der am häufigsten genutzten Räume z. B. im Einfamilienhaus mit der flexiblen Option zur Vollausstattung. Es darf auch nicht verleugnet werden, dass der Kühlbedarf in den vergangenen Jahren zugenommen hat und dass diese Geräte neben dem Kühlen bei schwülen Temperaturen auch entfeuchten können.
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