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StartseiteWissenNews„Nicht in Schockstarre verfallen“
7. August 2019
Kundeninsolvenz bedeutet nicht zwangsläufig auch den Verlust der Forderung
Material gekauft, viel Arbeit investiert, Auftrag ausgeführt – und dann meldet der Kunde Insolvenz an. Dieses Missgeschick passiert
einem SHK-Unternehmer mutmaßlich nur einmal, weil es schnell auch den
eigenen Betrieb in Zahlungsschwierigkeiten bringen kann. Eine
Kundeninsolvenz bedeutet aber nicht zwangsläufig den Totalverlust der
Forderung.
Befindet sich ein Schuldner im
Insolvenzverfahren, stellt sich dem Gläubiger die Frage nach den
verbleibenden realistischen Möglichkeiten, doch noch an das ihm
zustehende Geld zu kommen. „Tatsächlich muss die Insolvenz eines Kunden
nicht immer auch den Totalverlust der Forderung des Gläubigers
bedeuten“, sagt Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH.
„Handlungsmöglichkeiten von Gläubigern hängen von den Rechten ab, die
neben der eigentlichen Forderung noch geltend gemacht werden können. Ein
zeitnahes und konsequentes Vorgehen ist dabei enorm wichtig. Auf gar
keinen Fall sollte man bei dem Begriff ‚Insolvenz‘ in Schockstarre
verfallen wie das Kaninchen vor der Schlange. Dann hat man schon
verloren.“
Prüfen, ob ein einfacher Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde
Ist
ein einfacher Eigentumsvorbehalt vereinbart und kommt es bei einem
Kunden zu einer Insolvenz, ist der Verkäufer abgesichert, wenn bei
Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Anordnung einer vorläufigen
Insolvenzverwaltung noch etwas von den gelieferten (unbezahlten) Sachen
beim Schuldner vorhanden ist, erläutert Bernd Drumann. Wenn der
Insolvenzverwalter nicht bereit sei, den (ungekürzten) restlichen
Kaufpreis zu zahlen, könne der Unternehmer vom Vertrag zurücktreten und
ein sogenanntes Aussonderungsrecht geltend machen. Drumann: „Er kann
dann als Eigentümer der Sache vom Insolvenzverwalter die Herausgabe
verlangen, ohne als Gläubiger am Insolvenzverfahren teilnehmen zu
müssen.“
Falls Eigentumsvorbehalt vereinbart: Warenbestand des Kunden erfassen
„Wenn
möglich, sollte man sofort nach Kenntnis über die Insolvenz selbst beim
Kunden den Bestand erfassen und kennzeichnen“, sagt Drumann.
Idealerweise bestätige der Kunde oder ein anderer Zeuge die Richtigkeit
der Bestandsaufnahme. Allerdings, und das sei wichtig zu beachten, dürfe
der Bestand in den Räumen des Kunden nicht gegen dessen Willen
aufgenommen werden. Der Insolvenzverwalter hingegen sei verpflichtet,
das Inventar aufzunehmen und zu sichern. „Leider weiß ich aus Erfahrung
aber auch, dass eben noch vom Gläubiger aufgenommene Bestände mitunter
plötzlich verschwinden.“
Verlängerter Eigentumsvorbehalt kann helfen
Ein
Gläubiger, der sich den verlängerten Eigentumsvorbehalt bei
Vertragsabschluss gesichert hat, hat im Insolvenzfall recht gute Karten,
meint Drumann. Der Insolvenzverwalter sei zwar dazu berechtigt, das
Sicherungsgut (also die verarbeitete Ware oder die Forderung aus dem
Weiterverkauf) durch Veräußerung oder Einziehung zu verwerten, aber als
gut abgesicherter Gläubiger sei man vor den anderen Gläubigern aus dem
Erlös zu befriedigen. „Der Insolvenzverwalter darf zuvor jedoch noch
eine Pauschale von 4 % vom Erlös als Feststellungskosten geltend machen
sowie ca. 5 % für Kosten der Verwertung.“
Forderung auf jeden Fall anmelden
„Gläubiger
sollten ihre Forderungen bei dem Insolvenzverwalter unbedingt innerhalb
der veröffentlichten Fristen anmelden“, sagt der Bremer
Inkasso-Geschäftsführer. Werde die Forderungsanmeldung nicht rechtzeitig
und korrekt vorgenommen, bestehe die Gefahr, dass zusätzliche Kosten
entstehen bzw. schlimmstenfalls „die Forderung am Verfahren gar nicht
teilnimmt und nicht einmal die häufig geringe Insolvenzquote am Ende zur
Auszahlung gelangt“. Die ordnungsgemäß angemeldeten Forderungen kämen
in die Insolvenztabelle und würden automatisch festgestellt, wenn weder
der Insolvenzverwalter noch ein anderer Gläubiger widerspreche – und
dann auch bei der Verteilung der Insolvenzmasse berücksichtigt.
Prüfung der persönlichen Haftung der Geschäftsführer
„Wichtig
ist, sich immer mit dem Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung
auseinanderzusetzen“, meint Drumann. Bestehe hier ein enger zeitlicher
Zusammenhang zur erfolgten Warenlieferung oder der erbrachten Leistung,
so könne es unter Umständen direkte Ansprüche gegen die Geschäftsführer
geben.
Prüfen, ob es eine Nachfolgefirma gibt
Nur
wenige Gläubiger ziehen in Erwägung, dass auch etwaige
Nachfolgegesellschaften unter bestimmten Umständen für die
Altverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden können. „Es kommt vor,
dass Kunden mit einem neuen Unternehmen einfach munter unter der alten
Anschrift weitermachen“, berichtet Drumann. Unter bestimmten
Voraussetzungen könne aber auch so eine neu gegründete Firma für die
alten Verbindlichkeiten der schuldnerischen Firma haftbar gemacht
werden, wenn die neue Firma etwa alte Kunden- und Lieferantenbeziehungen
nutze, Telefon- und Fax-Nummer identisch seien, bisheriges Personal
weiter beschäftige werde, die Firma unter der alten Anschrift weiterhin
tätig sei oder der Firmenname in seinem Kern fortgeführt werde (geregelt
in § 25 Handelsgesetzbuch [HGB]). Drumann: „Sollte es auch nur den
kleinsten Hinweis dafür geben, dass ein Schuldner also einfach in neuer
Form mit dem Geschäft ‚weitermacht‘, kann es sich lohnen, genauer
hinzusehen und die Sachverhalte sorgfältig zu überprüfen.“
Vorsicht bei Weiterbelieferung des Verwalters
„Bittet
ein Insolvenzverwalter im Falle einer Fortführung des Unternehmens um
Weiterbelieferung, ist Vorsicht geboten“, meint Drumann. Der Verwalter
könne zwar Zahlungszusagen machen, aber wenn etwa die Insolvenzmasse
nicht ausreiche, um die Masseverbindlichkeiten zu bezahlen, hafte er
gem. § 61 InsO nicht persönlich. Um dem Ausfall solcher Forderungen
vorzubeugen, sollte vor Aufnahme der Belieferungen eine spezielle
Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter geschlossen werden, in der er
die Zahlung persönlich garantiere. Noch besser sei es, mit ihm Vorkasse
zu vereinbaren. „Noch größere Vorsicht ist sogar geboten, wenn man es
nur mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter zu tun hat – hier sollte
Vorkasse die Regel sein.“
Voraussetzungen prüfen, ob Auszug aus der Insolvenztabelle als Titel nutzbar
„Wenn
bestimmte Voraussetzungen vorliegen, kann der Auszug aus der
Insolvenztabelle dem Gläubiger aber auch nach Ende eines
Insolvenzverfahrens als Titel nutzen – vergleichbar mit einem
Vollstreckungsbescheid. Etwa, wenn es sich um ein
Verbraucherinsolvenzverfahren handelt und dem Schuldner die
Restschuldbefreiung versagt wurde“, sagt Drumann. Wichtig könne auch
die Frage sein, ob der Kunde bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung
zahlungsunfähig gewesen sei – der Anspruch also auch aus vorsätzlicher
unerlaubter Handlung begründet sei. „Sollte besagter Umstand mit der
Forderung angemeldet und auch festgestellt werden, hat dies zur Folge,
dass eine Restschuldbefreiung diese Forderung nicht betrifft.“
Alleingang nicht zu empfehlen – kompetente Hilfe holen
Die
Insolvenzordnung besteht aus knapp 400 Paragraphen. Sie wird immer
wieder präzisiert und überarbeitet. „Angesichts dieser Fülle von
Paragraphen, Regelungen und ihren ‚Ausnahmen von der Ausnahme‘, um es
einmal salopp zu formulieren, ist es im Falle einer Kundeninsolvenz
nicht nur keine Schande, sich an einen erfahrenen Rechtsdienstleister
wie einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen zu wenden, sondern
der richtige Schritt, will man seine Forderungen nicht einfach
‚kampflos‘ aufgeben“, meint Bernd Drumann. Ein Rechtsdienstleister
übernehme gegebenenfalls auch die Anmeldung der Sicherungsrechte aus
einfachem und verlängertem Eigentumsvorbehalt beim Insolvenzverwalter,
damit unter Umständen ein Aussonderungsrecht für die gelieferte und beim
Kunden noch am Lager befindliche Ware geltend gemacht werden könne.
www.bremer-inkasso.de
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