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StartseiteWissenNewsHygiene in der Raumlufttechnik
15. Februar 2023
Nach der Planung folgen die Errichtung und das Betreiben der RLT-Anlage. Dabei sind bestimmte Regeln einzuhalten, um eine hochwertige Luftqualität zu gewährleisten
Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel. Diese grundlegende Erkenntnis muss den installierenden Unternehmern, deren Mitarbeitern und den Anlagenbetreibern stets bewusst sein. Der Einsatz von Raumlufttechnischen Anlagen, kurz RLT-Anlagen, hat zum Ziel, den Raumnutzern eine der Gesundheit zuträgliche Raum- und Atemluft bereitzustellen. Vor diesem Hintergrund ist es selbstverständlich, dass die Komponenten zur Behandlung und Durchleitung dieses Lebensmittels bei der Herstellung, der Montage und dem Betrieb frei von jeglichen schädlichen Verunreinigungen zu halten sind 1).
Die Grundlagen der Hygiene in RLT-Anlagen sind in der Richtlinienreihe VDI 6022 umfassend beschrieben. Für den gesamten Lebenszyklus der RLT-Anlagen, die Planung und Auslegung, die Herstellung der Komponenten, die Installation des Lüftungssystems und für dessen Betreiben, werden in Blatt 1 [1] Anforderungen und Hinweise formuliert. Darüber hinaus wurde in Blatt 2 [2] der Reihe ein mehrstufiges Qualifikationsniveau und die Inhalte der zugehörigen Schulungsprogramme festgelegt. Danach sind für Personen, die Planungsleistungen bei der Herstellung der Komponenten oder der Planung der Anlagen erbringen oder die die Montagearbeiten leiten, Kenntnisse der „Kategorie A“ erforderlich (Tabelle 1, Qualifikation nach VDI 6022-2).
Kenntnisse sind notwendig
Die mit einer Schulung gemäß den Vorgaben der VDI 6022 erlangten Kenntnisse bilden den jeweiligen Stand der Technik ab. Dieser unterliegt einem steten Wandel; neue Erkenntnisse und Entwicklungen erfordern seine Fortschreibung. Mit der Veröffentlichung der VDI 6022 Blatt 1 im Januar 2018 ist verbunden, dass die bis dahin erlangten Kenntnisse und Fertigkeiten in den einzelnen Kategorien auf einen aktuellen Stand gebracht werden müssen. Der regelmäßige Besuch von Fortbildungen ist erforderlich. Diese Regelung ist in Blatt 2 festgelegt. Dort heißt es: „Alle Urkunden der bisherigen Schulungsteilnehmer bleiben unter der Voraussetzung gültig, dass innerhalb von 18 Monaten nach Herausgabe einer Folgeausgabe
Es gibt eine Übergangsfrist von 12 Monaten ab Erscheinen dieser Richtlinie.“
Aus dieser Vorgabe und dem Erscheinungsdatum der VDI-MT 6022-2 mit Juli 2020 ergibt sich, dass Personen, die Schulungen nach den Inhalten der aktuellen VDI 6022-1, Stand 1. Januar 2018, besucht haben, spätestens zum 1. August 2021 eine Auffrischungsschulung besuchen mussten. Diese Forderung richtet sich gleichermaßen an Planer von RLT-Anlagen und mindestens einen Mitarbeiter bei Herstellern von Komponenten.
Hygiene-Grundlagen des Errichtens
Für eine hygienisch einwandfreie Funktion der RLT-Anlage ist deren Planung und Ausschreibung gemäß den Grundlagen der VDI 6022-1 erforderlich. Dies betrifft neben der korrekten Dimensionierung auch die korrekte Anordnung der Luftdurchlässe oder die richtige Auswahl der Filterqualitäten. Ja nach Beschaffenheit der Außenluft und der gewünschten Zuluftqualität sind unterschiedliche Filterklassen auszuwählen. Tabelle 2 (Filterklassen) zeigt die Filterkombinationen auf, die nach aktueller Expertenmeinung einzusetzen ist. Diese Tabelle weicht in einigen Punkten von der Tabelle in VDI 6022-1 ab. Sie wurde mit den Vorgaben der DIN EN 16798-3 [3] harmonisiert und für den Abdruck im neuen Weißdruck der VDI 3803-4 [4], der vom VDI für den Januar 2023 angekündigt wurde, so verabschiedet. Sie soll gleichlautend auch in VDI 6022-1 übernommen werden.
Vor der Errichtung von RLT-Anlagen ist auch aus Hygienegesichtspunkten eine exakte Planung der Bauabläufe erforderlich. Die georderten Bauteile einschließlich der Luftleitungen müssen so transportiert und gelagert werden, dass die gemäß Planung geforderten Sauberkeits- und Dichtheitsklassen eingehalten werden können. In der Sauberkeitsklasse „hoch“ sind die Komponenten bereits ab Werk zu verpacken bzw. geeignet zu verschließen, um Verschmutzungen zu vermeiden. Tabelle 3 (Sauberkeits- und Dichtheitsklassen) zeigt die empfohlenen Sauberkeitsklassen und deren Verwendung nach VDI 6022-1 auf. Werden weitere Maßnahmen gewünscht, beispielsweise ein Nassreinigen der luftführenden Oberflächen, ist dies im Planungsprozess zu berücksichtigen und zu beschreiben. Eine genaue Übersicht, welche weiteren Kriterien nach den Klassen „Mittel“ und „Hoch“ einzuhalten sind, enthält VDI 6022-1 in Kapitel 6.1.2 „Herstellung und Errichtung“.
Nicht nur zur Lieferung, auch zur richtigen Lagerung der Bauteile sind logistische Fragen vorab zu klären, um die Verschmutzung der luftführenden Oberflächen zu vermeiden. Ebenerdige Lagerflächen unter freiem Himmel setzen die Bauteile der Witterung oder der Begehung durch Kleintiere aus, was zwangsläufig zu einer Verschmutzung führen würde. Vor der Montage sind alle Bauteile einer Sauberkeitskontrolle zu unterziehen und zu reinigen, sofern sie nicht der Anforderung „Besenrein“ (VDI 6022-1, Kapitel 8.5 „Bestimmung der Besenreinheit“) entsprechen.
Für die Montagearbeiten ist eine übergeordnete Koordination mit den Leistungen anderer Baugewerke erforderlich. Arbeiten, bei denen mit hohem Staubanfall zu rechnen ist, sollen nicht zeit- und ortsgleich mit der Montage von Luftleitungen erfolgen. Bei den im Verlauf der Montage regelmäßig auftretenden Unterbrechungen ist dafür Sorge zu tragen, dass keine Verschmutzungen in die Bauteile eindringen. Dazu werden die offenen Luftleitungsenden beispielsweise mit einer Folie abgedeckt. Um die Kondensation von Wasserdampf an den Oberflächen zu vermeiden, sollte diese diffusionsoffen gestaltet sein. Allgemein gilt es, bei der Montage hygienerelevanter Bauteile eine besondere Sorgfalt walten zu lassen. Dies wird auch in der VOB Teil C „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)“ hervorgehoben. Weitere hygienerelevante Hinweise werden in ATV DIN 18379 [5] benannt. Dazu gehört der korrekte und somit dichtsitzende Einbau der Filterelemente oder das rückstandslose Entleeren der Befeuchter und Luftkühler. Eine genaue Zuordnung der Verantwortlichkeiten im Rahmen der Planung, des Herstellens der Komponenten und des Errichtens, erlaubt Kapitel 6.6 der VDI 6022-1 (Verantwortlichkeiten in Planung, Herstellung und Errichtung).
Umfang und Rahmenbedingungen der Übergabe
Nach Abschluss der Montagearbeiten ist die Übergabe der RLT-Anlage vorzubereiten. Hierzu ist neben der Vollständigkeits- und Funktionsprüfung auch eine Hygiene-Erstinspektion zu veranlassen. Diese Inspektion liegt nicht zwangsläufig im Auftragsumfang des installierenden Unternehmens, sie kann auch an Dritte beauftragt werden.
Für die Inbetriebnahme der RLT-Anlage muss sichergestellt sein, dass durch andere Gewerke keine Verschmutzung der Zu- oder Abluftleitungen erfolgt. Arbeiten, bei denen Staub erzeugt wird, müssen daher im besten Fall abgeschlossen sein oder zeitlich verlegt werden. Vor der Inbetriebnahme sind alle Luftfilterelemente vollständig und korrekt zu installieren. Der Betrieb der Anlagen während der Errichtungsphase des Gebäudes, beispielsweise „zum Trocknen“ anderer Bauteile oder zur Beheizung während der Bauzeit, ist möglichst zu vermeiden.
Betreiben von RLT-Anlagen
Gerade in der Phase des Betreibens sind zur Einhaltung der gewünschten Hygiene verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Neben den regelmäßigen Hygieneinspektionen, die alle drei Jahre durchzuführen sind2), dienen unterjährige Hygienekontrollen dazu, mögliche Mängel frühzeitig zu erkennen. Diese Kontrollen können von Fachkräften wie Geselle oder Facharbeiter durchgeführt werden, die eine Schulung mit den Inhalten der Kategorie B nach VDI 6022-2 besucht haben. Werden bei diesen Kontrollen auffällige Befunde entdeckt, sind weiterführende Untersuchungen, auch durch Beprobung mit anschließender labortechnischer Analyse, zu veranlassen. Für die Beurteilung der Raumluftqualität kann ein „VDI-geprüfter Fachingenieur RLQ“ hinzugezogen werden. Dieser ist dazu ausgebildet, über die Hygieneinspektion hinausgehende Untersuchungen unter Einbeziehung der Raumluft vorzunehmen.
Bei einem – regelmäßigen – Filterwechsel ist auf die korrekte Auswahl des Filtermediums zu achten. Die bisherige Einteilung der Filter in die Klassen G, M und F wurde durch die ePMx-Klassifizierung gemäß DIN EN ISO 16890 [6] ersetzt. Weitere Vorgaben zu Art und Umfang der nötigen Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sind beispielsweise im Einheitsblatt VDMA 24186 Teil 1 [7] oder in der Empfehlung Wartung 2018 des AMEV 3) gegeben.
Fazit
Ein hygienegerechter Betrieb von RLT-Anlagen bleibt nicht dem Zufall überlassen. Mit den Inhalten verschiedener Normen und Richtlinien, hier insbesondere der Richtlinienreihe VDI 6022, sind alle relevanten Aspekte für einen gesundheitlich zuträglichen Betrieb von RLT-Anlagen gegeben.
Durch das Zusammenspiel einer verantwortlichen Planung, der Montage durch geschultes Fachpersonal und der stetigen Kontrolle durch den Betreiber wird erreicht, dass die Qualität der Zu- und Raumluft den Anforderungen an das „Lebensmittel Luft“ entspricht.
Literatur:
[1] VDI 6022-1: Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Hygieneanforderungen an raumlufttechnische Anlagen und Geräte
[2] VDI-MT 6022-2: Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Qualifizierung von Personal für Raumlufttechnik und Raumluftbefeuchtung
[3] DIN EN 16798-3: Energetische Bewertung vonGebäuden – Lüftung von Gebäuden – Teil 3: Lüftung von Nichtwohngebäuden -Leistungsanforderungen an Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme
[4] VDI 3803-4: Raumlufttechnik – Geräteanforderungen – Luftfiltersysteme
[5] ATV DIN 18379: VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Raumlufttechnische Anlagen
[6] DIN EN ISO 16890: Luftfilter für die allgemeine Raumlufttechnik – Teil 1: Technische Bestimmungen, Anforderungen und Effizienzklassifizierungssystem, basierend auf dem Feinstaubabscheidegrad (ePM)
[7] VDMA 24186-1: Leistungsprogramm für die Wartung von technischen Anlagen und Ausrüstungen in Gebäuden – Teil 1: Lufttechnische Geräte und Anlagen
Autor: Clemens Schickel, Geschäftsführer Technik im BTGA – Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung, Bonn
1) Die hygienegerechte Planung einer RLT-Anlage behandelt der Autor in einem gleichnamigen Artikel, der im IKZ-FACHPLANER 15/2022 und auf ikz.de erschienen ist.
2) Hygieneinspektionen alle zwei Jahre bei Anlagen mit Befeuchtung oder erdverlegten Komponenten
3) AMEV: Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen
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