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Was taugen Strom-Clouds?

Interview mit Peter Kafke vom Bundesverband Verbraucherzentrale zum Thema Communities und Clouds


Was taugen Strom-Clouds?
Bild: VZBV 
Bild: Pixabay 
Bild: IBC Solar 

28. Februar 2019

Der Solarstrom-Speichermarkt ist unübersichtlich. Über die Lektüre von Datenblättern lässt sich derzeit kaum eine Vergleichbarkeit der Systeme herstellen – zu vielfältig sind die Begrifflichkeiten. Reststromversorgungen, die in Form von Clouds und Communities dazu angeboten werden, sind ähnlich schwer zu verstehen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl dieser Angebote im boomenden Eigenstrom-Markt schnell wächst. Ein Thema, dem sich auch Installateure nicht entziehen können. Worauf sollte man achten, was den eigenen Kunden raten? Wir sprachen darüber mit Peter Kafke, Projektteamleiter Team Energieberatung beim Bundesverband Verbraucherzentrale (VZBV).

IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Kafke, was sind Communities im Unterschied zu Clouds?
Peter Kafke: Praktisch gibt es da keinen Unterschied. Es sind verschiedene Begriffe für letztlich das Gleiche, wobei die Vertragsgestaltungen teilweise unterschiedlich sind. Am Ende geht es darum, wie ich den restlichen Strombedarf, den ich nicht direkt von der Solaranlage oder über die eigene Batterie bekomme, aus dem Netz beziehe.

IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es noch andere Reststrom-Versorgungsmodelle am Markt oder lassen sich alle Angebote entweder als Cloud oder Community kategorisieren?
Peter Kafke: Reststrom-Versorgungsmodelle ist aktuell der passende Oberbegriff, weil die versprochenen Zusatznutzen wie Regelleistung und daraus abgeleitete Kos­tenvorteile und Vergütungen nach unserer Kenntnis derzeit nicht stattfinden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Worauf muss man bei den Angeboten besonders achten, bzw. was sollte man hinterfragen?
Peter Kafke: Die Angebote sind gebunden an den Kauf einer Photovoltaikanlage und ggf. eines Batteriespeichers. Hier ist also der erste wichtige Punkt: Richtet sich die Dimensionierung tatsächlich nach meinen Bedürfnissen? Oder verlangt der Anbieter eine überdimensionierte Anlage und ich zahle den Preis – auch für einen eventuell unnötig großen, unnötig teuren Speicher.
Man kann außerdem meist nicht den Anbieter wechseln, sondern bleibt an das Modell des Anlagenherstellers gebunden. Es gibt aber auch erste Angebote von Versorgern, die nicht herstellergebunden sind.
Die Verträge und AGBs sind sehr kompliziert und umfangreich und selbst für Fachleute schwer zu durchschauen, geschweige denn für Verbraucher. Die Angebote sind deshalb sehr intransparent und ein Vergleich mit einem normalen Stromliefervertrag für den Reststrom sehr mühsam. Letztlich konterkarieren diese Modelle auch die Idee der Strommarktliberalisierung für Verbraucher: Wer selbst erzeugt und den Nutzen daraus optimieren will, verliert dabei leicht seine Option auf schnellen, einfachen und wirtschaftlich attraktiven Anbieterwechsel.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wo lauern die Tücken?
Peter Kafke: In den Vertragsbedingungen, Abrechnungsmodalitäten und in den Konditionen. Es ist eine Mischung aus Pauschalbeträgen und Kilowattstundenabrechnung und oft weiß man vorher eben nicht, wie hoch der Stromverbrauch sein wird, weil beispielsweise die Batterie einen erheblichen Eigenverbrauch von mehreren hundert Kilowattstunden hat. Wenn der Stromverbrauch von der Planung abweicht, kann es sein, dass die Stromlieferung teurer wird.
Die Messung und Abrechnung ist bei einzelnen Anbietern vom Einsatz spezieller Messtechnik abhängig, die bei einer Vertragskündigung unter Umständen wieder getauscht werden muss oder lange Kündigungsfristen bedingt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was ist dann das Ziel?
Peter Kafke: Ziel der Anbieter ist offenbar oft Kundenbindung und Marketing und nicht in erster Linie der Kundennutzen und die Transparenz.
Manchmal wird in der Werbung auch behauptet, man würde den eigenen Solarstrom im Sommer „in der Cloud speichern“ und im Winter verbrauchen. Physikalisch und energiewirtschaftlich ist das natürlich völliger Unsinn. Der eingespeiste Strom wird an der Börse verkauft und verbraucht und der später bezogene Strom stammt aus ganz anderen Quellen. Die Erzählung vom Sommerstrom für den Winter verorten wir also in das Reich der Märchen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Vertragsformeln oder -klauseln sind aus Ihrer Sicht unseriös bzw. sogar illegitim?
Peter Kafke: In diesem sich stark entwickelnden und unübersichtlichen Markt steht eine abschließende juristische Prüfung der Verträge noch aus, aber wir sehen einen kritischen Punkt bei der fehlenden Transparenz dieser Stromlieferverträge.

IKZ-HAUSTECHNIK: Worauf sollte man achten, wenn es in den Verträgen um die Einspeisevergütung geht, die z. B. abgetreten wird?
Peter Kafke: Bei manchen Verträgen wird die Einspeisevergütung abgetreten und verrechnet, bei manchen direkt weitergezahlt. Die Abtretung führt teilweise zu komplizierten Abrechnungsproblemen und Unübersichtlichkeit, die Frage der korrekten Ausweisung der Umsatzsteuer für den Betreiber, der ja umsatzsteuerpflichtig sein kann oder auch nicht, ist völlig offen.

IKZ-HAUSTECHNIK:
 Bei der Community geht es für Anbieter auch darum, die Speicher zu virtuellen Kraftwerken zusammenzuschließen. Darüber wird mit Regelenergie am Markt Geld verdient. Erklären Sie uns die Konzeption und was sind seriöse Konstrukte aus Sicht des Verbraucherschutzes?
Peter Kafke: Das ist bisher vor allem eine grundsätzlich gute Idee und plausible Geschichte, die den Kunden erzählt wird (Marketing), denn bis auf einen Anbieter kann und praktiziert das nach unserer Kenntnis keiner. Der Regelenergiemarkt ist sehr klein und unterliegt großen Preisschwankungen. Wie er sich mittelfristig und langfristig entwickelt und ob das eine tragende Rolle bei diesen Modellen spielen wird, ist derzeit völlig offen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Es gibt Stimmen, die behaupten, dass man mit Communities und Clouds gar kein Geld verdienen kann, sondern nur mit den Verbraucher-Daten der Kunden oder dass es darum geht, Speicher und Photovoltaikanlagen zu verkaufen. Wie sehen Sie das?
Peter Kafke: Genau so. Wir sind eine dieser Stimmen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie lautet Ihr abschließendes Fazit – sollte man sich auf eine Reststromversorgung einlassen oder sich auf die klassische Kombination PV-Anlage und Solarstromspeicher beschränken?
Peter Kafke: Man sollte zuerst das technisch und preis-leistungsmäßig beste Angebot für die PV-Anlage mit oder ohne Speicher auswählen, ggf. den Speicher nicht zu groß planen und sich dann damit kompatible, mögliche Cloudtarife ansehen. Beim Vergleich dieser Cloudtarife sollte man dann immer mit dem Standardfall „(Rest-)Strombezug von einem Stromversorger“ vergleichen. Dann muss man ausrechnen, was die Reststrombelieferung via Cloud tatsächlich im Jahr kostet und das mit dem normalen Strombezug vergleichen. In vielen Fällen ist der Reststrombezug ohne Cloud-Modell günstiger. Unabhängig vom Preis muss man aber auch einschätzen, wie wichtig einem Einfachheit, Verständlichkeit, Transparenz und ein problemloser Anbieterwechsel sind.

Die Fragen stellte Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien


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