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StartseiteWissenNewsMitarbeiter im Rentenalter weiterbeschäftigen
26. April 2019
Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat Folgen für die Beschäftigung nach Erlangen der gesetzlichen Regelaltersgrenze
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs macht die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern im Rentenalter für Firmen attraktiver. Welche Möglichkeiten Unternehmen jetzt haben und wie sie arbeitsrechtliche Stolperfallen umgehen, zeigt der vorliegende Beitrag auf.
Der grassierende Fachkräftemangel bereitet deutschen Firmen zunehmend Sorgen. Neben ausgefeilten Rekrutierungsmaßnahmen ziehen viele Maßnahmen in Betracht, die bewährte Fach- und Führungskräfte an das Unternehmen binden sollen. Ungehobene Potenziale bieten sich häufig bei altgedienten Mitarbeitern, die das Rentenalter erreichen. Sie verfügen über wertvolles Fach- und Insiderwissen und führen im Idealfall ihre bisherigen Aufgaben unter neuen Vorzeichen nahtlos fort. Laut aktueller Rechtsprechung können Firmen unter Umständen den ursprünglich vereinbarten Beendigungszeitpunkt eines Beschäftigten hinausschieben, was eine Entscheidung für dieses Modell in vielen Fällen erleichtern dürfte. Personalverantwortlichen bietet es sich daher jetzt und zukünftig an, eine solche Option zu prüfen. Dabei sollten sie die rechtlichen Vorgaben jedoch genau im Blick haben. Denn nur so ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten gewährleistet.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Bedenken,
dass eine Befristung solcher Arbeitsverträge rechtlich problematisch
ist, tritt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs entgegen (Az.
C-46/17). Demgemäß können Firmen unter bestimmten Voraussetzungen das
Ende des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des gesetzlichen
Rentenalters auf einen späteren Zeitpunkt hinausschieben. Bei Bedarf
kann dies sogar mehrfach erfolgen. Mit dem Urteil bestätigen die
EU-Richter, dass ein entsprechender Passus des sechsten
Sozialgesetzbuches keine Altersdiskriminierung darstellt. Eine
befristete Verlängerung der Anstellung von Beschäftigten im Rentenalter
kann somit rechtens sein.
Was zu beachten ist
Eine Fortsetzung der
Zusammenarbeit unterliegt allerdings strengen Vorgaben. Zunächst muss
der ursprüngliche Arbeitsvertrag vor Eintritt der Regelaltersgrenze
wirksam befristet sein. Denn das Erreichen des Rentenalters bedeutet
nicht automatisch das Ende eines Arbeitsverhältnisses. Eine Befristung
liegt nur dann vor, wenn eine schriftliche Absprache existiert, dass mit
Erreichen der Regelaltersgrenze Schluss ist. Wird die Zusammenarbeit
über diesen Zeitpunkt trotz Befristungsabrede ohne Zusatzvereinbarung
hinaus fortgeführt, entsteht automatisch per Gesetz ein unbefristetes
Arbeitsverhältnis. Eine Kündigung ist dann nur nach den allgemeinen
arbeitsrechtlichen Grundsätzen möglich. Wird eine Befristung erst nach
Erreichen des Rentenalters und damit nach Ablauf des ursprünglich im
Vertrag vereinbarten Befristungsendes abgeschlossen, ist sie gemäß § 41
Satz 3 SGB VI unwirksam. Firmen sollten daher alle Arbeitsverträge,
Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge daraufhin überprüfen, ob eine
wirksame Befristungsklausel besteht und in Zweifelsfällen fachlichen
Rat einholen.
Was sollten Firmen bei der Gestaltung der
Hinausschiebungsvereinbarung beachten? Die Vertragsparteien müssen sie
noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses abschließen. Doch
Vorsicht: Die Arbeitsbedingungen sollten vom bisherigen Arbeitsvertrag
nicht abweichen. Regelungen über die Hinausschiebung hinaus wie etwa
Arbeitszeit- oder Gehaltsanpassungen sind kontraproduktiv. Sie können
die Wirksamkeit des gesamten Kontrakts in Gefahr bringen. Die Abmachung
muss schriftlich erfolgen und von beiden Parteien noch vor
Befristungsende unterschrieben sein. Nicht zuletzt müssen
Personalverantwortliche die Mitbestimmungsrechte beachten, sofern ein
Betriebsrat existiert.
Fazit
Das A und O ist eine sorgfältige Fristenkontrolle. Firmen sollten immer das Befristungsende regulärer Arbeitsverträge notieren. So können sie im Bedarfsfall rechtzeitig eine rechtlich wirksame Hinausschiebungsvereinbarung abschließen. Auch bei existierenden Hinausschiebungszeiträumen sollten Personalverantwortliche den Ablauf genau vermerken. So halten sich Unternehmen die Option auf eine erneute rechtskonforme Verlängerung offen.
Autorin: Rebekka De Conno, angestellte Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht der Kanzlei WWS Wirtz, Walter, Schmitz in Mönchengladbach
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