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Machbar oder eine Utopie?



Machbar oder eine Utopie?
 
 
 

9. Februar 2022

Der Kommissions-Entwurf einer neuen EU-Gebäuderichtlinie

Die Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive – EPBD) – kurz: Gebäuderichtlinie – liegt seit dem 15. 12. 2021 im Entwurf von Seiten der EU-Kommission vor. Sie gibt die Vision vor, einen emissionsfreien Gebäudebestand bis 2050 zu erreichen. Doch wie realistisch ist dieses Ziel?

Für den Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland ist die von der EU-Kommission geplante neue Gebäuderichtlinie fatal: Sie bedeute für 40 Mio. Gebäude europaweit das Aus, in Deutschland seien ca. 3 Mio. Gebäude betroffen. „Für viele Gebäude der Energieklassen F und G wird eine Sanierung keine Option sein, der Ersatzneubau mindestens 1200 Mrd. Euro kosten. Für viele private Eigentümer beendet die EU damit den Traum von den eigenen vier Wänden“, warnt Verbandspräsident Kai Warnecke.

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) kommt zu einer ähnlichen Einschätzung: „Eine faktische Sofort-Verdoppelung der Sanierungsrate ist unter den aktuellen Bedingungen von knappen Handwerkskapazitäten sowie angesichts Materialmangel und -verteuerung absolut realitätsfern“, sagt GdW-Präsident Axel Gedaschko.

Neue Gebäude-Klasse
Die Sorgen sind nicht unbegründet. So führt der Entwurf der Kommission für eine neue Gebäuderichtlinie nun das Null-Emissionsgebäude („Zero Emission Buildings“) ein, geht also vom NZEB („nearly-zero-energy-building“/ Niedrigstenergie-Gebäude) den nächsten Schritt weiter. Vorgesehen ist auch der Einsatz Erneuerbarer Energien sowie erstmals Renovierungspflichten für Gebäude. Die Gebäude-Einstufung erfolgt in einer Klassifizierung von A (Null-Emissions-Gebäude) bis G. Ein solches Effizienz-System ist in Deutschland bereits im Gebäudeenergiegesetz (GEG) verankert und auch beziffert (siehe Tabelle 1). 

Aus deutscher Sicht ist der neue Richtlinien-Entwurf, was die Bezifferung des Primärenergieverbrauchs Neubau betrifft, recht komfortabel. Denn in unseren Breiten soll er laut Kommission für ein Null­emissionshaus höchstens 75 kWh/(m² a) betragen. Übertragen auf die Skala des GEG wären das also Häuser der Kategorien A+ bis hinunter zur Effizienzklasse B (der hierzulande bautechnisch bereits veraltete KfW-75 Standard). Die neue Ampel-Koalition hat jüngst KfW 55 zum neuen Standard erklärt, die Förderung für diesen Effizienzhaus-Typ ist Ende Januar dieses Jahres ausgelaufen. Wer noch eine KfW-Förderung erhalten will, muss folglich mindestens in KfW 40 bauen.1) Perspektivisch bleiben aber auch KfW-40-Häusern in der Förderung nur noch 3 Jahre Zeit. Denn nach dem Willen der Koalition wird im nächsten Schritt im Jahr 2025 KfW 40 zum Standard erklärt, das wäre nach jetzigem Stand dann die Energieeffizienzklasse A.

Die Koalition will mit der bald beabsichtigten Änderung des GEG außerdem jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 % Erneuerbarer Energien vorschreiben – und das zum 1. Januar 2025.

Allerdings muss sich die Energie für Heizen, Warmwasser, Lüften und Kühlen nach Willen der Kommission in Zukunft allein aus Erneuerbaren Energiequellen speisen. Das soll für Wohngebäude ab 2030 gelten und für öffentliche Neubauten ab 2027. Der neue Ansatz der EU aus deutscher Sicht ist also, das 65-Prozent-Ziel Erneuerbare im Bereich Neubau auf Sicht zu verschärfen. Das ist technisch machbar und wird heute schon praktiziert. Es dürfte darauf hinauslaufen, dass die Wärmepumpe damit einen weiteren Schub erhält.

Große Renovierungswelle
Was im Neubau aus deutscher Sicht also machbar ist, trifft allerdings kaum auf den Bestand zu. Der Kommissions-Entwurf sieht vor, dass bis 2050 europaweit alle dann bestehenden Gebäude auch auf dem Stand von Null-Zero sein sollen. Das mag sich noch nach lang hin anhören. Die weiteren Ausführungen bringen aber praktisch eine europaweite Sanierungspflicht in Stufen, wobei jene Gebäude als erste dran sind, die einen besonders hohen Primärenergieverbrauch aufweisen, also die Stufen H und G aus derzeitiger GEG-Sicht. Aber auch selbst Besitzer relativ „junger“ Häuser, die z. B. KfW 115 bauten in Kombination mit Erdgas-Brennwert und Solarthermie – und das ist noch gar nicht so lange her – werden nach den geplanten EU-Kombinationsvorgaben auf Sicht Heizsysteme nach Vorgabe ersetzen müssen.

Der GdW stellt auf Basis des vorliegenden Richtlinienentwurfs folgende Rechnung auf: Bis spätestens 2030 solle kein Gebäude mehr der schlechtesten Effizienzklasse G angehören. In diese Klasse wiederum wolle die Kommission 15 % des Gebäudebestandes eingruppieren, das entspräche in Deutschland 3 Mio. Gebäuden. So entstehe die schon in der EU-Renovierungswelle geforderte Sanierungsrate von 2 %. „Da bis 2033 zudem kein Gebäude mehr der Klasse F angehören soll, entsteht zusammengerechnet sogar eine Sanierungsrate von 3 %“, so der GdW.

Sorgen sind berechtigt
Es ist damit nicht nur positionierende Thea­tralik, die die beiden deutschen Immobilien-Verbände im Vorfeld der nun anstehenden Verhandlungen am Entwurf vorbringen, für ihre Klientel (die Diskussion im Europäischen Parlament über den neuen Gebäuderichtlinienvorschlag der Kommission und in den EU-Mitgliedsstaaten steht an). Denn es wird sich zeigen müssen, ob die von der Kommission in Aussicht gestellten EU-Milliarden zu diesen großdimensionierten Renovierungszielen ausreichen werden (aus dem EU-Haushalt sollen bis 2030 rund 150 Mrd. Euro fließen). Deshalb ist die Sorge auch berechtigt, dass hier bei umfassenden Sanierungen noch draufgezahlt werden muss und ggf. Kosten nach unten weitergegeben werden. Außerdem gibt es auch ein praktisches Umsetzungs-Problem: Schon heute gibt es zu wenig Bauleute und Handwerker. Indes ist es auch eine technische Frage, ob die geforderten Standards an bestimmten Altgebäuden überhaupt umgesetzt werden können.

Fakt ist allerdings, dass die Energiekos­ten derzeit explosionsartig steigen und sich das ohne Sanierungen auch nicht ändern wird. Aus Sicht der Mieter, die überwiegend die Bewohner unsanierter Altbaubestände sind, entsteht eine möglicherweise prekäre Situation, wie das Beispiel Großbritannien bereits zeigt. Bisherige Ansätze, z. B. zur Teilwarmmiete, sind noch meist unzulänglich, Vermieter zu energetischen Sanierungsmaßnahmen zu bewegen. Mehr Druck von Seiten der Politik auf die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist hier also durchaus angezeigt. Die Handwerkerfrage bleibt eine zurecht angesprochene und sie bleibt ungeklärt.

1) Anmerkung der Redaktion: Am 24. 1. 22 hat die KfW-Bank einen sofortigen Bewilligungsstopp für alle drei KfW-Programmbereiche ausgesprochen (Effizienzhaus /Effizienzgebäude 55 im Neubau, Effizienzhaus /Effizienzgebäude 40 im Neubau, Energetische Sanierung). Wie es heißt, werde die Förderung für Sanierungen wieder aufgenommen, sobald entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt seien.

Autor: Dittmar Koop, Journalist 
für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Quelle: Anlage 10 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)


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