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StartseiteThemenBetriebsausstattungKI-generierte Daten: Aus 2D werde 3D
24. September 2024
„Künstliche Intelligenz (KI) im Bauwesen“ ist mehr als ein Hype. Dahinter stehen Anwendungen, die weitere Fragen mit sich bringen. Im Beitrag wird ein neues KI-System von Hottgenroth für CAD-Planungssoftware vorgestellt, die auch SHK-Fachleute und Energieberater einsetzen. Wie gestaltet sich die Anwendung solcher KI-Systeme in der Praxis?
„Künstliche Intelligenz (KI)“, und konkret „KI im Bauwesen“, wird zum Megathema, mit vielen Blogbeiträgen aus diesem und dem letzten Jahr, Whitepapers sowie u. a. einem Fachbuch des Springer Verlags. Wer durchs Netz scrollt, findet spannende Fragen: „KI“, was sind das für Technologien, womit haben wir es überhaupt zu tun? Welche angrenzenden Bereiche werden berührt [1, 2, 3]? Die Frage nach der Cybersicherheit wird häufiger angesprochen, aber auch, im Blog eines Versicherers, das Thema der Haft ung[4]. Inwieweit decken bestehende Versicherungsverträge die Kosten, wenn durch Berechnungen anhand maschinengenerierter Daten Fehler passieren?
Wenn es um KI-Anwendungen geht, wird in den Blogs u.a. „BauGPT“ genannt, der KI-Assistent des Start ups Craft hunt [5], während im Fachbuch z.B. ein KI-System vorgestellt wird, das Symbole in Grundrissen erkennt, unklare Symbole an einen menschlichen Bearbeiter weiterleitet („HumanintheLoopSystem“) und darauf basierend Mengen für automatisierte Bestellprozesse berechnet [6]. Hinter dem Hype kommen die Anwendungen zum Vorschein.
Im Folgenden geht es um eine Software für Energieberater und Fachplaner von Hottgenroth, für die seit kurzem ein KI-Dienst verfügbar ist, „HottKI“.
KI-generierte Daten aus 2D-Abbildungen
„HottKI“ ist entwickelt worden als KI-Dienst zu „HottCAD“, der Soft ware zur Gebäudeerfassung von Hottgenroth. Laut Hersteller kann „HottKI“ aus 2D-Abbildungen von Grundrissen, Fotos oder Scans, 3D-Etagenmodelle des Gebäudes generieren. Trainiert wurde die KI mithilfe einer Datenbank, in der bis zu 20 000 Projekte hinterlegt sind. „KI-Dienst“ bedeutet, dass die Technologie nicht im World Wide Web, sondern im Datenraum des Herstellers zur Anwendung kommt.
Ein mit „HottKI“ errechnetes 3D-Etagenmodell ist nicht perfekt. Laut Hersteller bietet es eine gute Arbeitsgrundlage für die Erstellung valider, nutzbarer Datensätze von Bestandsgebäuden. Anstatt alle Außenwände, Innenwände, Fenster und Türen händisch anzulegen, das Gebäude quasi „nachzukonstruieren“, bearbeitet der Nutzer das KI-generierte 3D-Etagenmodell in „HottCAD“ nach, bis es die Gebäudegeometrie abbildet. Der Zeitaufwand reduziere sich um 30 bis 70 %. Am Ende hat der Nutzer schneller als bislang valide Gebäudedaten erzeugt, auf deren Grundlage aussagefähige Berechnungen möglich sind.
Soweit die Anwendung „als solche“. Aber was heißt das konkret in der Praxis für den Anwender? Wie arbeitet es sich mit diesem KI-System? Fragen dazu beantwortet Dr. Heinrich Fröml, Leitung Data Science & KI bei der Hottgenroth Software AG.
IKZ: Schon das Rendern von Gebäudedaten zu fotorealistischen Darstellungen geht nur mit einem leistungsfähigen Rechner [7]. Was erfordert dann eine KI?
Heinrich Fröml: Die KI-Grundrisserkennung ist ein Assistent in HottCAD, der in der Cloud ausgeführt wird. Dadurch gibt es für den Anwender keine besonderen Systemanforderungen. Er braucht lediglich eine stabile Internetverbindung für den Datentransfer.
Das KI-Modell dahinter ist ein Künstliches neuronales Netz. Dessen Ausführung ist aufwändig und benötigt leistungsstarke Prozessoren, daher die Ausführung in der Cloud. Besonders rechenintensiv ist auch das Training des KI-Modells, das aber im vorausgehenden Entwicklungsprozess stattfindet.
IKZ: Bezieht sich „Fotos oder Scans“ ausschließlich auf einen Grundriss? Wie gut muss die Bildqualität sein? Kann die KI ein unscharfes, bei schlechtem Licht aufgenommenes Foto oder einen Scan mit z. B. unvollständig dargestellten Linien verarbeiten?
Heinrich Fröml: Die HottKI wurde speziell für die Auswertung von Grundrissen trainiert. Hierbei werden gescannte oder gerenderte Grundrisse verarbeitet, d. h. der Grundriss liegt als Bilddatei vor.
Die Erkennungsqualität hängt in der Tat mit der Qualität des Grundrisses zusammen. Die Zahl der Erkennungsfehler erhöht sich bei schlechten oder auch ungewöhnlichen Darstellungen. Die KI kommt prinzipiell auch mit alten Plänen und durchschnittlichen Scans zurecht, da sie hiermit trainiert wurde. Schlechte Scans und vor allem Knicke oder unvollständige Darstellungen kann sie jedoch nur zum Teil kompensieren. Dass auch Erkennungsfehler auft reten, ist eine grundsätzliche Eigenschaft von KILösungen für komplexe Probleme, da sie mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten.
IKZ: Von ChatGPT weiß man, dass Nutzer ausgegebene Texte oft mehrmals nachbearbeiten lassen (siehe Kasten). Gibt es einen vergleichbaren Prozess bei „HottKI“? Würde der Nutzer in der Praxis ein 3D-Etagenmodell mehrmals ausgeben lassen, bis er mit seiner händischen Nachbearbeitung beginnt? Oder ist diese Nachbearbeitung ein alternierender Prozess, bei dem nach einigen Korrekturen am Modell die KI wieder „ans Rechnen gebracht wird“?
Heinrich Fröml: Das Verfahren ist prinzipiell zweistufig: Die KI macht den Anfang, der Nutzer nimmt anschließend notwendige Nacheditierungen und Anreicherungen vor. Das Ergebnis wird auf demselben Plan erst einmal immer identisch sein. Es kann jedoch Sinn machen, im Vorfeld den Plan zuzuschneiden oder z. B. den Kontrast eines schlechten Plans zu erhöhen, um ein besseres Ergebnis zu erreichen.
Künstliche Intelligenz anwenden
IT-Hersteller SAP unterscheidet [1] „traditionelle KI“ und „generative KI“ – die aber auch als „allgemeine KI“ [2] bezeichnet wird. Traditionelle KI-Systeme führen bestimmte Aufgaben nach vorgegebenen Regeln oder Algorithmen aus. „Es handelt sich in erster Linie um regelbasierte Systeme, die weder aus Daten lernen können noch sich im Laufe der Zeit verbessern“, sagt SAP, wohingegen „generative KI-Systeme darauf ausgelegt sind, „neue Inhalte in Form von geschriebenem Text, Audio, Bildern oder Videos zu erzeugen.“
Dazu müssen generative KI-Systeme im Rechenprozess ihre Algorithmen anpassen. Sie verändern „bestimmte Parameter innerhalb ihres Codes, um ein generelles Muster in Daten zu finden, Regeln abzuleiten und dann diese auf neue Daten anwenden zu können.“ [3]
Wie kommt KI dazu, Berechnungen zu starten? Auslöser ist eine menschliche Tastatureingabe – bei sprachgestützten Systemen wie ChatGPT als Frage oder Aufforderung formuliert. Der Vorgang heißt „Programmieren ohne Programmierkenntnisse“. Die Aufgabe für den Menschen liegt darin, immer präzisere Eingaben („Prompts“) zur formulieren („Prompt Engineering“ [8]). Der Vorgang ist nicht neu: Über die Windows Oberfläche „formulieren“ PC-Nutzer DOS-Befehle, über die sie ihren Computer steuern.
IKZ: Könnte es eigentlich versicherungsrechtliche Implikationen geben?
Heinrich Fröml: Wenn, dann nur bezogen auf den Nutzer, nicht in Bezug auf das KI-System. Das ist ein Assistent in HottCAD, ein Werkzeug für einen bislang rein manuellen Prozess. Es hilft dabei, die Daten der Gebäudehülle schneller zu erstellen, um ans Planen zu kommen. Der Nutzer akzeptiert Daten, die die KI erstellt, als geeignete Grundlage und arbeitet damit, oder er verändert sie.
Beim Training liegt der Fokus darauf, überhaupt in den Grundrissdateien unstrukturierte 2D-Informationen automatisiert zu erkennen („Wo ist das Bauteil?“). Hier kann die KI vorlegen und HottCAD einen Datensatz für einen strukturierten 2D-Grundriss anbieten. Der Nutzer ergänzt die Daten, bis HottCAD ein akzeptables 3D-Modell generieren kann. Höheninformationen z. B. („Wie hoch ist das Geschoss?“) kann die KI gar nicht aus dem Grundriss erkennen. Sie kommen vom Nutzer.
IKZ: Die eigenen Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen, ist schon jetzt eine Herausforderung. Wie steht es beim Einsatz von „HottKI“ um die Sicherheitsanforderungen?
Heinrich Fröml: Die hochgeladenen Grundrisse werden lediglich für die KI-Erkennung verarbeitet und nicht dauerhaft in der Cloud gespeichert. Dabei erfolgt die Übertragung verschlüsselt und die Verarbeitung auf einer modernen CloudComputingPlattform. In diesem Sinne ergeben sich also keine besonderen Sicherheitsanforderungen.
IKZ: Werden die Berechnung aus der Praxis die bestehende Datenbank ergänzen?
Heinrich Fröml: Wir trainieren bislang auf Daten, die wir von Kunden speziell für diesen Zweck angefragt haben. In Zukunft ist es tatsächlich denkbar, aus den Nutzungen in HottCAD weitere Trainingsdaten zu generieren, natürlich mit Zustimmung der Anwender. Damit könnte das System dann weiter verbessert werden, wodurch alle profitieren.
Anmerkungen:
[1] SAP – was ist generative KI? (Kurzlink: t1p.de/Gen-ai)
[2] Avinci definiert „Merkmale von allgemeiner künstlicher Intelligenz im Vergleich zur traditionellen KI“ (Kurzlink: t1p.de/Versionen-KI)
[3] Raveling Jann, Wirtschaftsförderung Bremen (WFB): „Was ist künstliche Intelligenz? Die Definition des Begriffs KI“ (Kurzlink: t1p.de/KI-Def)
[4] bpa bau-plan-asekurado Versicherungsmakler GmbH: „KI im Bauwesen: Wie sinnvoll sind BauGPT und Co.?“ (Kurzlink: t1p.de/Vers-zuKI)
[5] Kurzlink zu BauGPT: t1p.de/baugpt
[6] Shervin Haghsheno, Gerhard Satzger, Svenja Lauble, Michael Vössing (HG): Künstliche Intelligenz im Bauwesen, Grundlagen und Anwendungsfälle. Springer Vieweg: 2024. ISBN-13, 978-3658427955. Hier das Kapitel: „Künstliche Intelligenz in der Bauplanung“, Unterkapitel: „Entwicklung eines Human-in-the-Loop-Systems zur Objekterkennung in Grundrissen“, S. 121-136. Kurzlink zur Zusammenfassung: t1p.de/KI-Bau
[7] Da Silva, Gemma: Was ist Rendern? Alles rund um die Erstellung von Renderings, Kurzlink: t1p.de/rendrn
[8] Tolingo „Ratgeber: Prompt-Engineering“, Kurzlink: t1p.de/Tol-KI
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