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Gefahren geschickt umsegeln



Gefahren geschickt umsegeln
 

11. März 2020

Steigende Anforderungen im rechtlichen Bereich machen es den Betrieben schwer, im hektischen Alltag stets ­gesetzeskonform zu agieren. Ein Interview mit RA Peter Schlüter, Geschäftsführer Recht im Fachverband SHK NRW

Nicht nur im technischen und betriebswirtschaftlichen Bereich wachsen die Herausforderungen, denen sich die Betriebe stellen müssen. Auch und insbesondere der rechtliche Bereich beinhaltet gefährliche Klippen, die es zu umfahren gilt. IKZ-Chefredakteur Markus Sironi sprach mit RA Peter Schlüter, Geschäftsführer Recht im Fachverband SHK NRW, über aktuelle juristische Problemfelder, die beim letzten Rechtstag des nordrhein-westfälischen Fachverbandes im vergangenen Jahr Thema waren – und darüber, wie sich die Betriebe schützen können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Fangen wir mit einem Thema an, das viele im Handwerk seit einiger Zeit verärgert und gleichzeitig verunsichert: Beigestellte Materialien. Insbesondere durch den einfachen Produktvergleich im Internet sehen sich die Betriebe immer wieder in Erklärungsnot und bauen durch den Kunden bestelltes und bezahltes Material ein. Und das nicht selten ohne die betriebswirtschaftlich notwendige Anpassung des Stundenverrechnungssatzes und mit der Befürchtung, dass der Kunde damit umfangreiche Gewährleitungsansprüche gegenüber dem Betrieb hat. Welche Empfehlungen geben Sie den Betrieben? Auf was sollten sie achten?
RA Peter Schlüter: Zunächst einmal gilt, was die rechtliche Seite betrifft, hierzulande immer noch der Grundsatz, dass jeder für das verantwortlich ist, was er „verbrochen“ hat. Nicht mehr, aber auch eben nicht weniger. Was sich so einfach anhört, kann in der Praxis allerdings ganz schön kompliziert werden. Denn häufig ist nicht klar, worauf ein Defekt oder eine Störung ursächlich zurückzuführen ist. Ob etwa auf einen Fehler des eingebauten Produkts, das der Kunde sich selbst besorgt hat oder auf einen Fehler, der dem Fachbetrieb bei der Installation unterlaufen ist – und für den er dann auch gegenüber dem Kunden im Rahmen der Gewährleistung einsteht. Keine Gewährleistung dagegen gilt für Materialfehler und andere Mängel, die den vom Kunden anderweitig besorgten und beigestellten Sachen anhaften.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ist das für den Kunden in der Praxis ein ­Problem?
RA Peter Schlüter: Unter Umständen schon. Denn führt das von ihm selbst zugekaufte Material zu Problemen, muss er – der Kunde – selbst schauen, wie er die löst. Er muss sich an den Verkäufer wenden und ihn zur Verantwortung ziehen. Da kann sich dann der „Igel in der Tasche“ auch schon einmal rächen, zumal den so kostenbewussten Kunden auch die Beweislast für das Vorhandensein von Mängeln trifft und er – wohlgemerkt als technischer Laie – klären muss, wo die eigentliche Fehlerursache liegt, um entscheiden zu können, wen er deswegen in Anspruch nehmen kann. Trifft er hier falsche Entscheidungen, wird es am Ende häufig (noch) teurer für ihn.
Die Entscheidung, ob der Fachbetrieb überhaupt Material installiert, das er nicht selbst beschafft hat, ist natürlich Sache des Unternehmers. Und das will gut überlegt sein, denn der Kunde wendet sich ja gerade an den Fachmann und setzt auf dessen Kompetenz. Und das bedingt regelmäßig bestimmte Prüfungs- und Hinweispflichten des Unternehmers, die nicht selten zu gewissen Unwägbarkeiten führen, weil eben nicht immer klar ist, wie weit das im Einzelfall geht. Davon abgesehen spielt unter diesen Umständen natürlich auch immer die Kalkulation eine Rolle, Stichwort Kostendeckung.

IKZ-HAUSTECHNIK: Apropos Kosten: Was raten Sie dem ausführenden Betrieb, wenn der Kunde ihn mit Preisen aus dem Internet konfrontiert?
RA Peter Schlüter: Dazu gibt es viel zu sagen, aber im Grunde keine Patentlösung. Selbstverständlich kann der Betrieb dann zu erklären versuchen, warum die Preise – für ihn einerseits und den Kunden andererseits – so sind, wie sie sind. Und er könnte auch mit all den Vorteilen argumentieren, die der Kunde beim Komplettauftrag hat. Dass er dann einen Ansprechpartner bei Problemen und eine einheitliche Gewährleistung hat. Dass der Kunde als Laie im Fall der Fälle nicht erst lange überlegen muss, wen er bei Störungen ansprechen kann und nicht Gefahr läuft, den Falschen wegen Mängelansprüchen in Anspruch zu nehmen – mit den möglichen auch finanziellen Konsequenzen. Im Angesicht fortschreitender Transparenz durch das Internet und des bleibenden wie wohl steigenden Drucks auf die Materialpreise wird diese Überzeugungsarbeit auf Dauer aber wahrscheinlich nicht einfacher. Und so führt nach Meinung vieler Fachleute letzten Endes kein Weg daran vorbei, dass die Betriebe noch intensiver über die Vergütung der Kalkulation ihrer Stundenverrechnungssätze nachdenken müssen. Das ist nichts Neues, wird aber sicher immer wichtiger.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie hatten gerade das Stichwort „Hinweispflichten“ gegeben. Das möchte ich gern aufgreifen. Auf dem letzten Rechtstag in Oberhausen war eine Ihrer Aussagen, dass sich viele Unternehmer nicht vorstellen können, für eine ordnungsgemäß erbrachte Leistung nichts zu bekommen, weil sie den Kunden nicht über sein Widerrufsrecht informiert haben und dieser sich später deshalb kurzerhand per Widerruf vom Vertrag löst.
RA Peter Schlüter: Das ist richtig. Dahinter steckt die EU-Verbraucherrechterichtlinie, die der deutsche Gesetzgeber Mitte 2014 umgesetzt hat und die uns auch in den SHK-Gewerken ein Widerrufsrecht beschert hat, das bei Verträgen mit Verbrauchern gilt, die außer­halb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Wie man am Alter der Regeln sieht, an sich nichts Neues und eigentlich auch nicht wirklich mehr überraschend. Aktualität gewinnt das Ganze, nachdem es nun doch ein paar Urteile, nicht zuletzt eben auch vom BGH, zu dem Thema gibt und diese Entscheidungen deutlich machen, welches Damoklesschwert unter Umständen auch über dem SHK-Betrieb hängen kann.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was bedeutet das Gesetz und die Rechtsprechung konkret für die Unternehmen?
RA Peter Schlüter: Kurz gesagt, laufen sie Gefahr, ihre Leistungen am Ende nur deshalb nicht bezahlt zu bekommen, weil sie den Kunden nicht über sein Widerrufsrecht als Verbraucher informiert haben und dieser sich dann im Nachhinein per Widerruf kurzerhand vom Vertrag wieder löst. Dass das die viel kritisierte Folge der umstrittenen Normen ist, wird seit Jahren auf vielen Ebenen diskutiert und auch dem Gesetzgeber vorgehalten. Dass aber genau das die für den Betrieb bittere Konsequenz sein kann, wenn der Verbraucher bei dieser Art von Verträgen nicht über seine Rechte belehrt wird, bestätigen nun die Gerichte. Die Betriebe sollten sich im Klaren darüber sein, was passieren kann – und dass eine Widerrufsbelehrung sie vor solchen Ausfällen schützen kann. 
Außerdem bestätigt übrigens der BGH-Fall auch die vom Gesetzgeber geschaffene Gefahr, dass Verbraucher und ihre Anwälte die Widerrufs-Regelungen benutzen können, um in Streitigkeiten, die sich an ganz anderen Dingen entzündet haben, die Angelegenheit zu ihren Gunsten zu lösen. Hier ging es um eine dem Kunden nicht passende Planung und eine Anzahlung, beim nächsten Mal streiten die Parteien vielleicht über Mängel. Zeigt sich der Unternehmer nicht einsichtig und hat er nicht belehrt, droht ihm der Widerruf – und er ist ohne Weiteres seinen Werklohn los und bekommt auch keinen Wertersatz. Um den Vorteil eines solchen „Werkzeugs“, und wenn auch nur als Drohmittel zum Zweck, zu erkennen, braucht es keinen besonders findigen Anwalt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Machen die Urteile zu dem Thema nicht deutlich, wie unangemessen die Folgen einer unterlassenen Verbraucherbelehrung für den Ausführenden sind?
RA Peter Schlüter: Im Angesicht des schon öfter beschriebenen Schrecken-Szenarios – bei Widerruf plötzlich leer auszugehen, obwohl die erbrachte Leistung völlig in Ordnung ist – stoßen die beschriebenen Vorschriften immer noch auf viel Unverständnis, nicht nur in der Unternehmerschaft. Und das meines Erachtens durchaus zu recht. Aufgrund ihrer komplizierten Ausgestaltung und sicher nicht zuletzt wegen der nicht nachvollziehbaren Auswirkungen sind sie für Betroffene nur schwer zu verstehen. Und an dieser Stelle muss man nicht unbedingt Interessenvertreter der Unternehmer auf Handwerksseite sein, um sich zu fragen, ob diese Rechtsfolge in ihrer gesamten Härte wirklich mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen ist. Darauf ist leider auch der BGH in seiner aktuellen „Treppenlift-Entscheidung“ erkennbar nicht eingegangen, sondern hat einfach nach dem Wortlaut des Gesetzes entschieden. Dass das weitere Gerichte auch tun, ist damit natürlich noch sehr viel wahrscheinlicher.

IKZ-HAUSTECHNIK: Machen wir mit einem recht bekannten ­Kürzel weiter, das in jüngster Zeit ebenfalls für Unmut sorgt: „GoBD“ – das steht für „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“. In der Praxis wird da vieles falsch gemacht. Welche Tipps geben Sie, was sollten Unternehmer unbedingt beachten?
RA Peter Schlüter: GoBD ist als Kürzel mittlerweile einigermaßen berüchtigt. Und das meines Erachtens nicht zu unrecht. Deshalb haben wir das auch im Rahmen unseres SHK-Rechtstages für Innungsbetriebe behandelt und dort angeregt mit Spezialisten diskutiert. Dass elektronisch erstellte geschäftsrelevante Dokumente und Daten nach diesen „Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“, eben kurz GoBD, unveränderbar digital aufbewahrt werden müssen, ist schon länger bekannt. Ernster wird es jetzt wohl, wie Fälle aus der Praxis zeigen, im Hinblick auf mögliche Betriebsprüfungen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was müssen die Betriebe insoweit beachten?
RA Peter Schlüter: Grundsätzlich muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem verständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermittelt. Im Hinblick auf die digitale Abwicklung von Aufträgen sollen die GoBD-Vorschriften insoweit die Unveränderbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Dateiinhalte gewährleisten. Welche Daten dabei überhaupt erfasst werden müssen, welche Buchführungs- und Aufzeichnungs- und somit Aufbewahrungspflichten sind und welche Relevanz das ganz konkret für das Handwerksunternehmen hat, haben auf dem besagten Rechtstag z. B. unsere Referenten von der Steuerberatungs- und BWL-Seite in Anlehnung an den Praxisleitfaden der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. aufgezeigt. Um die Anforderungen an Aufzeichnungen, Buchführung und Verarbeitung zu erfüllen, braucht es grundsätzlich schon einmal eine richtige Verfahrensdokumentation und die Darstellung eines GoBD-bezogenen internen Kontrollsystems. Wichtig ist nach den Experten auch der Datenzugriff und die maschinelle Auswertbarkeit, ebenso wie die sogenannte Migration und der Systemwechsel. Im Fall der Fälle muss der Prüfer alles das nachvollziehen und erkennen können, dass und wie der Betrieb sich bemüht, mit den relevanten Daten und Dokumenten auch elektronisch richtig umzugehen. Wie wir es beispielsweise auch vom Thema Arbeitssicherheit her kennen, sollte beim Prüfer jedenfalls sicher nicht der Anschein erweckt werden, man habe sich damit bisher nicht so wirklich befasst.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die nächste Frage ist zugegebener Maßen vielleicht etwas weit vom Schuss. Aufgrund der Relevanz habe ich sie dennoch in meinen Fragenkatalog aufgenommen. Es geht um die Bereitstellung von Sicherheiten: Hier gibt es ein neues Angebot vom Verband.
RA Peter Schlüter: Sie sprechen den sogenannten Bürgschaftsservice an, den der Fachverband seit Jahren in Verbindung mit der VHV anbietet. Zusätzlich zu dieser Kooperation, die sich als günstige Lösung für die Betriebe bewährt hat, gibt es aktuell ein neues Angebot des Verbandes in Zusammenarbeit mit der AXA, das sich ebenfalls ausschließlich an Innungsmitglieder richtet und als weitere Möglichkeit neben dem seit Jahren bestehenden Modell und insoweit als neue Alternative gedacht ist, wenn der SHK-Betrieb Bürgschaften benötigt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wer sollte sich von dem Verbandsservice ­angesprochen fühlen?
RA Peter Schlüter: Generell gilt, dass eine Teilnahme am Bürgschaftsservice für alle die Sinn macht, die regelmäßig Bedarf an Sicherheitsbürgschaften haben. Wohlgemerkt: Enthält der Vertrag keine Regelung zu Sicherheiten bzw. Bürgschaften zugunsten des Auftraggebers, muss der Auftragnehmer auch keine Sicherheit stellen. Wenn also ein Auftraggeber eine Sicherheit verlangt, lohnt der Blick auf das, was die Parteien des Bau- oder Werkvertrages im konkreten Fall vereinbart haben. Denn weder im Gesetz noch etwa in der VOB ist eine Anspruchsgrundlage enthalten, aufgrund derer der Auftraggeber vom ausführenden Betrieb einen solche Sicherheit „einfach so“ fordern könnte. Der Anspruch kann sich also nur aus dem Vertrag selbst ergeben.
Bei der Frage, wie der Betrieb seinen Bedarf an Bürgschaften im Fall der Fälle deckt und für welchen Weg er sich dann konkret entscheidet, kommt es letzten Endes auf die individuellen Umstände, den jeweiligen Bedarf an Sicherheiten und die Planung an. Im Gegensatz zur klassischen Banklösung mit ihren Avalkrediten wird bei den Verbandsmodellen das Bürgschaftsvolumen, anders als etwa bei den Banken, nicht wie ein valutiertes Darlehen behandelt und voll gegen die Kreditlinie gerechnet wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Und was ist nun das Neue bei dem neuen ­Angebot?
RA Peter Schlüter: Im Hinblick auf die beiden Alternativen des verbandlichen Bürgschaftsservices kann man sehr vereinfacht sagen, dass die ursprüngliche VHV-Variante etwas für den ist, dessen Jahresbürgschaftsbedarf an Sicherheitsvolumen bereits Anfang des Jahres klar umrissen ist. Das auf Verbandsinitiative entwickelte neue AXA-Modell kennzeichnet sich dadurch, dass der gewählte Bürgschaftsrahmen nicht als Jahreskontingent vorfällig und ungeachtet der effektiven Inanspruchnahme komplett zu bezahlen ist, sondern lediglich die einzelne und auch tatsächlich ausgefertigte Bürgschaftsurkunde separat und tagegenau berechnet wird.
Weitere Details würden an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Und letztlich kommt es bei der Wahl der richtigen Mittel und Wege auch in diesem Bereich immer auf die individuellen Umstände an. Je nach konkreter Situation des Betriebes können sich Fragen zum Beispiel nach dem richtigen Modell, dem passenden Baustein und zum optimalen Ansatz des Bürgschaftsrahmens oder sogar seiner Ergänzung ergeben. Das passgenau zu klären ist Sache von Fachleuten, an die wir als Fachverband unsere Betriebe bei Interesse verweisen.


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