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StartseiteWissenNewsFinanzielle Risiken minimieren
5. Juni 2019
Mit Nachtragsforderungen praktisch und rechtssicher umgehen
Kein Bauabschnitt wird so realisiert, wie er ursprünglich geplant und angeboten wurde. Für Auftragnehmer ist dies jedoch mit erheblichen Risiken verbunden. Denn nicht jede Mehrleistung lässt sich ohne Weiteres nachberechnen.
Ein Beispiel: Für ein neues repräsentatives Hotel sind Bäder mit
hochwertigen Armaturen geplant und angefragt. Der Auftragnehmer
kalkuliert und bietet Armaturen eines bekannten Markenherstellers an. Da
er auf Mengenrabatt hofft, orientiert er sich am oberen
Durchschnittspreis. Welche Armatur gewählt wird, kann der Auftraggeber
laut Angebot frei wählen. Von diesem Recht nimmt dieser auch Gebrauch
und verlangt während der Bauzeit verschiedene Armaturen. Er begründet
das damit, dass die Hotelzimmer jeweils unter einem anderen Motto
stehen. Dies führt dazu, dass die Armaturen im Einkauf erheblich teurer
sind, als ursprünglich geplant. Der Bauverantwortliche möchte
nachkalkulieren, doch der Auftraggeber akzeptiert dies nicht. Er beruft
sich auf die Leistungsbeschreibung im Angebot und zieht vor Gericht.
Dieses
Szenario ist typisch dafür, dass es am Bau immer wieder zu
Überraschungen und Abweichungen kommt. Und es zeigt zudem, dass die
Rechtslage nicht immer so eindeutig ist, wie man allgemein glaubt. Denn
laut BGH hätte der Bieter damit rechnen müssen, dass bei einem
repräsentativen Objekt ausgefallene Armaturen gewünscht werden –
zumindest dann, wenn ein gehobener Standard gewünscht wird.
Je globaler die Angaben, umso weniger Nachträge
Wer
in einem solchen Fall Recht bekommt, hängt nun von Details ab. Denn bei
einer Prüfung der Leistungsvereinbarung sind auch die Randbedingungen
zu prüfen. Bieten sie Interpretationsspielraum, so darf keineswegs nur
die billigere Lösung kalkuliert werden. Wer hier sicher gehen will,
sollte den Auftraggeber fragen und die Anforderungen eindeutig klären.
Anders
sieht es aus, wenn die Angaben bewusst global und unbestimmt gehalten
wurden. Denn in diesem Fall nimmt der Auftraggeber bewusst in Kauf, dass
die kalkulatorische Erfassung des Bau-Solls risikobehaftet ist. Der
Auftragnehmer hingegen sollte dieses Risiko kennen und einschätzen
können – lässt er sich darauf ein, ist das sein Problem. Hier sagt der
BGH ganz klar: Je globaler und detailärmer die Angaben zum Bau-Soll
sind, desto weniger Abweichungsfälle und damit Nachträge kann es geben.
Armaturen
sind dabei nur einer von unzähligen Stolpersteinen, die zu
Nachtragskalkulation, Bauzeitverzögerungen und Vergütungsansprüchen
führen können. Mehr- und Mindermengen, Änderungen des Bauentwurfs,
zusätzliche Leistungen oder auch die Eigenmacht des Auftragnehmers sind
hier weitere Stichpunkte. Auch neue Ideen des Eigentümers,
unvorhersehbare Verzögerungen, schlechter Baugrund und viele weitere
Faktoren sorgen dafür, dass ein Bauvorhaben eigentlich nie so
durchgeführt wird, wie es ursprünglich geplant war.
Frühzeitig an mögliche Nachträge denken – und entsprechend handeln
Um
in diesen und anderen Fällen Ansprüche später rechtssicher einfordern
zu können, haben Auftragnehmer rechtliche Handlungsspielräume, aber auch
Pflichten, wie beispielswiese Dokumentationen, Bautagebücher und
Anzeigepflichten. Zusammen mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, wie
Baurecht, Bürgerliches Gesetzbuch sowie die Vergabe- und Vertragsordnung
für Bauleistungen, sollen die finanziellen Risiken minimiert werden.
Sie bilden auch die Grundlage für eine rechtlich einwandfrei
durchgeführte Nachtragsberechnung, die sowohl vom Auftraggeber als auch
vom Gericht im Zweifel akzeptiert werden muss.
Noch besser ist es
natürlich, es erst gar nicht zu Streitigkeiten über Nachforderungen
kommen zu lassen. Auch hierfür können Auftragnehmer einiges tun.
Beispielsweise, indem globale und unbestimmte Bauvorgaben nicht einfach
akzeptiert, sondern hinterfragt werden. Denn je genauer der
Auftragnehmer weiß, was sich der Eigentümer wünscht und vorstellt, umso
besser kann er kalkulieren, aber auch im Vorfeld beraten. Auch
widersprüchliche, unvollständige, lückenhafte Leistungsbeschreibungen
sollten nicht einfach akzeptiert und möglichst günstig kalkuliert
werden, um den Auftrag zu erhalten. Der Gedanke, man könne ja noch
nachkalkulieren, stimmt nämlich nicht immer. Zudem hilft die eindeutige
Klärung dabei, Überraschungen während des Baus zu reduzieren. Auch das
kann bereits dazu beitragen, Bauzeitverzögerungen zu vermeiden.
Seminartipp: Mit Bauzeitverzögerungen und Nachtragsforderungen praktisch und rechtssicher umgehen
Die
BauProjektManagement Seminare GmbH (BPM) bietet regelmäßig Seminare zum
Thema Nachtragskalkulation und Nachtragsforderungen an. Darin
vermittelt der Referent rechtssicheres Wissen praxisnah und
verständlich. Anhand von Beispielen wird veranschaulicht, wie Nachträge
rechtssicher kalkuliert und nachgewiesen werden können. Teilnehmer
erhalten zudem Wissen zu durch Bauablaufstörungen verursachten Kosten-
und Vergütungsansprüchen und profitieren von den Tipps des Referenten zu
den Pflichten und Aufgaben (Bautagebuch, Dokumentation, Anzeigepflicht
etc.) von Auftraggeber und Auftragnehmer.
Die nächsten Seminare finden statt am
Informationen und Anmeldung unter www.bpm-seminare.de
3 Fragen an …
Christian D. Esch LL.M., Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
IKZ-FACHPLANER: Herr Esch, was sind aus Ihrer Erfahrung heraus die häufigsten Gründe für Nachträge?
Christian D. Esch:
Nachträge entstehen aus zwei Gründen: einerseits aus schlechter
Planung, andererseits aus geänderten Bedürfnissen. Wenn die Planer das
Bauvorhaben in Ruhe planen und ausschreiben und dann keine neuen
Bedürfnisse entstehen, ist das Potenzial für Nachträge gering. Auch wenn
es durchaus Architekten und Fachplaner gibt, die es nicht schaffen,
ordentlich zu planen, ist dies doch eher die Ausnahme. Viel häufiger
führen eng getaktete Zeitpläne dazu, dass die Planung und schnell
entworfene Leistungsverzeichnisse an die Unternehmen verschickt werden.
In diesen Fällen droht häufig Ungemach, wenn die Unternehmer
feststellen, dass hier Lücken entstanden sind. Mindestens ebenso häufig
ändern sich aber die Bedürfnisse des Auftraggebers während der Bauphase,
weil etwa neue Mieter gefunden wurden, die andere Bedürfnisse haben.
IKZ-FACHPLANER: Welche Handlungsspielräume haben Auftragnehmer in solchen Fällen?
Christian D. Esch:
Der Handlungsspielraum des Auftraggebers nach Beauftragung der
Bauleistungen ist minimal. Wenn erst einmal ein Vertrag geschlossen
wurde, stellt dieser den Leistungsgegenstand dar und kann nur im
Einverständnis und dann eben normalerweise gegen Entgelt geändert
werden.
IKZ-FACHPLANER: Wie können Auftragnehmer sicherstellen, dass sie nicht auf ihren Mehrkosten sitzen bleiben?
Christian D. Esch:
Dass Mehrkosten einen Fehler anderer ausführender Unternehmen oder
eines Planes zugeordnet werden können, stellt in unserer Praxis nicht
unbedingt den Regelfall dar. Letztendlich kann ein Auftraggeber
Kostensteigerungen nur dadurch vermeiden, dass er das Bauvorhaben von
seinen Planern sorgfältig und mit der dafür notwendigen Zeit planen
lässt. Ansonsten sollte er sich davor hüten, unüberlegt Änderungen
anzufordern.
Tipps für erfolgreiche Nachtragskalkulation
1. Regelmäßiger Vergleich von Bau-Soll mit Bau-Ist
Von
Beginn an sollten die Ausführungspläne und die Anweisungen des
Auftraggebers konsequent mit dem Vertrag abgeglichen werden, um
Abweichungen frühzeitig zu erkennen.
2. Zeitnahe Ankündigung von Nachträgen
Wer
Abweichungen frühzeitig feststellt, kann und sollte diese zeitnah
kommunizieren – diese Transparenz hilft dabei, Nachtragskalkulationen
mit weniger Ärger durchzusetzen.
3. Kommunikation mit den Mitarbeitern
Bauabweichungen
werden nicht immer auf höchster Ebene diskutiert, sondern geschehen oft
im direkten Dialog mit Mitarbeitern, beispielsweise dem Polier.
Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für das Thema und sprechen Sie
regelmäßig mit ihnen, um informiert und damit handlungsfähig zu
bleiben.
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