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Errechnet – und nicht über den Daumen gepeilt



Errechnet – und nicht über den Daumen gepeilt
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

9. März 2021

Dimensionierung von Abwasserleitungen gemäß DIN 1986-100: regelkonform – platzsparend – wirtschaftlich

Jedem Fachmann ist klar: Bei der Dimensionierung und Auslegung von Trinkwasser-Installationen sind sehr genaue Berechnungsmethoden anzuwenden. Es geht um die Optimierung von hydraulischen Eigenschaften im Leitungsnetzwerk, Trinkwasserhygiene und Energieeffizienz. Jedes einzelne Pascal der Rohrreibung, jeder einzelne Zeta-Wert für die dimensions- und fließrichtungsbezogenen Einzeldruckverluste der Formteile finden dort ihre Anwendung. Das ist gut und richtig. Doch was passiert mit all der Genauigkeit und Akribie, wenn sich das Trinkwasser in Schmutzwasser verwandelt?

Großzügigkeit ist fehl am Platz
Bei der Auslegung und Dimensionierung von Schmutzwasserleitungen werden viele plötzlich großzügig. Natürlich legen Regelwerke hier eindeutig fest, wie bei der fachgerechten Dimensionierung von Schmutzwasserleitungen vorzugehen ist. Doch wird man den Eindruck nicht los, dass diese Anforderungen nicht immer ganz so stringent umgesetzt werden. Die DIN EN 12056 und die nationale Ergänzung DIN 1986-100 definieren die Vorgehensweise, die nachfolgend zur Auffrischung des meist schon vorhandenen Fachwissens erläutert wird.

Keine größere Nennweite als die errechnete
Die DIN EN 12056 beschreibt die Planung und Dimensionierung von Schmutzwasserleitungen für vier verschiedene Anlagentypen. Für Deutschland hat man sich auf den Anlagentyp I festgelegt, der eine Schwerkraft entwässerung als Einzel-Fallleitungsanlage, in den Anschlussleitungen teilbelüft et mit Füllgrad h/d = 0,5 beschreibt.

Die weitere Dimensionierung erfolgt gemäß der DIN 1986-100: „Für Schmutz- und Mischwasserleitungen sollte keine größere Nennweite als die nach dieser Norm errechnete verwendet werden.“ Das setzt voraus, dass eine Berechnung zur Dimensionierung von Schmutzwasserleitungen stattfinden muss. Dicker Daumen ade. Der Hintergrund dieser Anforderungen ist einfach mit dem Wasser-Spareffekt erklärt: Waren früher noch 9 l Spülvolumen bei WC-Spülkästen die Regel, so sind es heute nur noch 4,5 oder 6 l Spülvolumen. Um dennoch eine ausreichend gute Spülwirkung in der Schmutzwasserleitung zu erzielen, muss sich konsequenterweise der Rohrquerschnitt anpassen. Damit greift eine weitere Anforderung der DIN 1986-100: „Die Selbstreinigung der Abwasserleitung muss erreicht werden.“

Zur Berechnung des Schmutzwasserabflusses werden vier Parameter genutzt:
Qtot   = QWW + QC + QP
Qtot   = Gesamtschmutzwasserabfluss [l/s]
QWW = Schmutzwasserabfluss [l/s]
QC    = Dauerabfluss [l/s]
QP    = Pumpenförderstrom [l/s]

Im Folgenden werden wir uns mit dem Schmutzwasserabfluss QWW befassen, der sich mit dieser Formel berechnen lässt:
QWW = K · √∑ DU
QWW = Schmutzwasserabfluss [l/s]
K      = Abflusskennzahl
∑ DU = Summe der Anschlusswerte

Die Abflusskennzahl K gibt eine Orientierung hinsichtlich der Nutzungsfrequenz der Schmutzwasseranlage. Frei übersetzt könnte man von einem „Kleichzeitigkeitsfaktor“ sprechen (Tabelle 1).

Die Zuordnung der Anschlusswerte und Nennweite für Einzelanschlussleitungen sind aus den Tabellen der DIN 1986-100 zu übernehmen (Tabelle 2).

Weiterhin sind die maximalen Leitungslängen, Gefälle und Absturzhöhen für unbelüftete und belüftete Einzelanschlussleitungen angegeben (Tabelle 3).

Dimensionierung unbelüfteter Sammelanschluss- und Fallleitungen
Zur bedarfsgerechten Dimensionierung von unbelüfteten Sammelanschlussleitungen ist neben den Bewertungen von Leitungslängen, Gefälle und Absturzhöhen auch die Nutzungshäufigkeit zu beachten (Tabelle 4).

Klar zu erkennen ist die Festlegung zur Anwendung bei WC-Anschlüssen. Obwohl ein WC je nach Spülmenge nur DU-Anschlusswerte zwischen 1,8 – 2,0 l/s erzeugt, scheidet die DN 70 für den WC-Anschluss aus. Die Nennweiten DN 80 und DN 90 sind auf maximal zwei WCs begrenzt. Der maximale Anschlusswert für unbelüftete Sammelanschlussleitungen ist auf 16 DU begrenzt.

Stößt man in der Projektierung hier an eine Grenze, so ist die Sammelanschlussleitung zur Sammelleitung umzubenennen, die dann entsprechend belüftet werden muss.

Zur Dimensionierung der Fallleitung ist entscheidend, in welcher Bauform der Abzweig zum Anschluss der Sammelanschlussleitung ausgeführt ist. DIN 1986-100 unterschiedet zwei Bauformen: Abzweig ohne Innenradius und Abzweig mit Innenradius.

Je nach Bauform wird mit unterschiedlichen Abflussleistungen Qmax gerechnet (Tabelle 6).

Mit diesen Daten ausgerüstet, lässt sich die Berechnung durchführen. Als Beispiel soll ein Zwölf-Familienhaus dienen. Hierzu wird zunächst die Abflussleistung der einzelnen Sammelanschlussleitungen aus den Wohnungen erfasst.

Bemessung Fallleitung 1
Die Sammelanschlussleitungen der Wohneinheiten werden per Abzweig mit Innenradius an die Fallleitung angeschlossen. 6 Wohneinheiten mit jeweils 7,0 DU = 42,0 DU

Gebäudenutzung K = 0,5

QWW = K · √∑ DU
QWW = 0,5 · √42
QWW = 3,24 l/s
Dimension der Fallleitung = DN 90
(Qmax = 3,5 l/s nach Tabelle 6).

Die Waschküche wird als unbelüftete Sammelanschlussleitung mit Σ DU = 4,2 in die Grundleitung eingeleitet. Das führt final zur Bemessung der Grundleitung, die in drei Einleitungsabschnitte unterteilt wird.

Zur Dimensionierung lässt sich erneut die den Grundleitungen zugeordnete Bemessungstabelle aus der DIN EN 12056-2 heranziehen. Die Mindestanforderungen der DIN 1986-100 sind mit dem Füllgrad h/d = 0,5; Fließgeschwindigkeit v = 0,5 m/s und einem Gefälle von 0,5 cm/m beschrieben (Tabelle 8).

Dimensionierung der Grundleitung Abschnitt 1

QWW wie für Fallleitung 1 berechnet = 3,24 l/s

Auswahl Grundleitung bei 1 cm/m Gefälle = DN 125 (Qmax = 3,9 l/s)

Dimensionierung der Grundleitung Abschnitt 2

QWW = K · √∑ DU
QWW = 0,5 · √42 + 4,2 (Waschküche)
QWW = 3,39 l/s
Auswahl Grundleitung bei 1 cm/m Gefälle = DN 125 (Qmax = 3,9 l/s)

Dimensionierung der Grundleitung Abschnitt 3

QWW = K · √∑ DU
QWW = 0,5 · √42 + 4,2 + 42
QWW = 4,69 l/s

Auswahl Grundleitung bei 1,50 cm/m Gefälle = DN 125 (Qmax = 4,7 l/s)

Hieraus lässt sich erkennen, dass die Grundleitung für dieses Beispielgebäude durchgehend in DN 125 geplant und gebaut werden kann. Es ist darauf zu achten, dass mit der Einleitung der zweiten Fallleitung das Gefälle von 1,0 auf 1,5 cm/m vergrößert wird.

Fachgerecht und optimiert für die Praxis
Das Praxisbeispiel des Zwölf-Familienhauses zeigt eindrucksvoll auf, dass insbesondere in der Fallleitung das Potenzial von DN 90 optimal genutzt werden kann. Gerade in Verbindung mit Abzweigen mit Innenradius erwächst der Maximalwert Qmax auf 3,5 l/s. Wären stattdessen Standard-Abzweige verwendet worden, wäre der Höchstwert Qmax bei 2,7 l/s. Konsequenz: Die Fallleitungen hätten in DN 100 ausgeführt werden müssen.

Eine Fallleitungsdimension DN 80 ist zwar für den Anschluss von WCs (fäkalienhaltiges Schmutzwasser) geeignet, hätte jedoch in dem betrachteten Beispiel in der maximalen Abflussleistung auch unter Verwendung von Abzweigen mit Innenradius (Qmax = 2,6 l/s) nicht ausgereicht.

Technisch bewertet bietet die Dimension DN 90 ein respektables Leistungsspektrum und stellt eine sehr gute Lösung dar, die sich auch wirtschaftlich in der Gegenüberstellung zu DN 100 bewährt. Das beginnt mit den Materialkosten für Rohre und Formteile, setzt sich fort mit den Rohrbefestigungen und geht hin bis zu den Brandschutzmaßnahmen.

Es lohnt sich also innerhalb eines Gesamtsystems zu planen und zu installieren. Insbesondere wenn es darum geht, neben einer bedarfsgerecht dimensionierten Schmutzwasserinstallation auch die Vorgaben im Brand- und Schallschutz erfüllen zu können. Altbewährte Abwassermischinstallationen bieten in diesen Bereichen keine ausreichende Sicherheit.

Fazit
Schmutzwasserleitungen müssen genauso wie Trinkwasser- und Heizungsinstallationen bedarfsgerecht dimensioniert werden. Die Abwassermengen werden kleiner, da in vielen Fällen Einsparungsmöglichkeiten beim Trinkwasserverbrauch umgesetzt werden, wie die Reduzierung der Spülmengen im WC-Betrieb deutlich aufzeigen. Greift man aus guter Gewohnheit zur jahrelang verwendeten Abwasserrohrgröße, sind nicht ausreichende Selbstreinigungseffekte durch zu geringe Füllhöhen insbesondere in den Sammelanschluss- und Grundleitungen die Folge.

Eine bedarfsgerechte Dimensionierung ist leistungsstark und der Selbstreinigungseffekt sorgt durch eine ausreichende Füllhöhe in den Sammelanschluss- und Grundleitungen für einen störungsfreien Betrieb. Durch diese Vorgehensweise entstehen Synergieeffekte durch den geringeren Platzbedarf im Installationsschacht und in der Vorwand.

Auch die eindeutigen wirtschaftlichen Vorteile sollte man nicht unberücksichtigt lassen, nur um nicht mit alten Gewohnheiten zu brechen. Die Nutzung von geprüften Systemen inklusive aller Systembestandteile verschafft zusätzliche Vereinfachung und Sicherheit bei der Einhaltung strengster Brandschutz- und Schallschutzanforderungen.

Autor: Manfred Erk, Staatlich geprüfter technischer Fachwirt Sanitärtechnik, Handwerksmeister Gas- und Wasserinstallation, Seminarleiter Building Technology bei Rehau AG+Co

Bilder: Rehau

www.rehau.de


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