Zurück zu News
 
× Startseite

Einstellungen | Mein Account
IKZ select Logo
Suchen          Support & Kontakt       Mein Account
IKZ select Logo

Lieber Gast, um alle Inhalte sehen zu können, müssen Sie angemeldet sein! Jetzt registrieren oder einloggen.

StartseiteWissenNewsEnthärtung birgt Konfliktpotenzial

Enthärtung birgt Konfliktpotenzial



Enthärtung birgt Konfliktpotenzial
 
 

17. Juni 2020

Stadtwerke München positionieren sich gegen den Einbau von Enthärtungsanlagen auf Ionenaustauscherbasis für die Aufbereitung von Trinkwasser kalt

Diskussionen darüber, ob eine Trinkwasser-Enthärtung erforderlich ist und wenn ja, an welcher Stelle die Installation des Gerätes zu erfolgen hat, sind nicht neu. In einem Rundschreiben 1), gerichtet an das SHK-Fachhandwerk, beziehen die Stadtwerke München eine klare Position – und sorgen für Irritation in der Branche.

Verkalkte Armaturen oder verstopfte Strahlregler in Küche und Bad sind vielen Endkunden ein Dorn im Auge. Eine Trinkwasser-Enthärtung kann dauerhaft Abhilfe schaffen. In Gegenden mit hartem Wasser ist sie regelmäßig das Mittel der Wahl. Nach wie vor gibt es immer wieder Diskussionen darüber, wo das Gerät platziert werden soll. Denn dass der Verbraucher bei hartem Wasser sowohl Kalt- als auch Warmwasser wirksam gegen Kalkausfällungen geschützt wissen will, ist schlüssig und nachvollziehbar. Doch in der aktuell gültigen Ausgabe der DIN 1988-200 heißt es: „Behandlungsmaßnahmen für die Dosierung von Polyphosphaten, die Enthärtung durch Ionenaustausch und die Stabilisierung durch Kalkschutzgeräte haben im Kaltwasserzulauf zum Trinkwassererwärmer zu erfolgen.“ Würde man der Norm konsequent folgen, wäre also ausschließlich Trinkwasser warm aufzubereiten.
Ein Konflikt, den es aufzulösen galt. Der DIN-Normenausschuss Wasserwesen (NA 119-07-07 AA) hatte vor diesem Hintergrund bereits im April 2018 eine Mitteilung zu Enthärtungs- und Dosierungsanlagen herausgegeben2). Danach sei es normativ zulässig, das gesamte
Trinkwasser in der Trinkwasser-Installation zu behandeln 3). Der Einbauort von Geräten zur Wasserbehandlung richte sich nach dem vom Verbraucher als erforderlich erachteten Zweck, heißt es in der Begründung.

UBA: Enthärtung zulässig, aber nicht empfohlen
Das sieht tendenziell auch das Umweltbundesamt (UBA) so. „Sollten Trinkwassernutzer ein Gerät zur Wasserenthärtung aus technischen Gründen betreiben wollen – Aquarium, Orchideenzucht, Arztpraxen – ist dies aus unserer Sicht zulässig“, sagt Daniel Mahringer aus dem Fachgebiet Wasseraufbereitung im UBA.
Generell aber spricht sich das UBA gegen eine Wasseraufbereitung im privaten Bereich aus: „Bei der zentralen Trinkwasserversorgung wird das Trinkwasser gemäß der Trinkwasserverordnung in einer solchen Qualität an die Verbraucher geliefert, dass eine nachträgliche Aufbereitung bspw. Enthärtung aus gesundheitlichen Gründen nicht notwendig ist.“ UBA-Experte Mahringer betont aber auch, dass es sich „lediglich um eine Empfehlung handelt“. Und er rät zudem, nur Geräte mit einem anerkannten Prüfzeichen (z. B. DVGW-Prüfzeichen) einzusetzen.4)
Doch warum sollen Enthärtungsanlagen nicht das gesamte kalte und warme Wasser aufbereiten? Sachverständige begründen, dass die Geräte kleiner ausgelegt werden können, was dem Minimierungsgebot der Trinkwasserverordnung entspricht.

Stadtwerke München beziehen Position
Klar positioniert haben sich unlängst die Stadtwerke München in einem Rundschreiben an die eingetragenen Installateurbetriebe und Planer, das auch der IKZ-Redaktion vorliegt. Darin heißt es, dass eine steigende Tendenz zum Einbau von Enthärtungsanlagen in Trinkwasser-Installationen zu beobachten sei und man in diesem Zusammenhang auf die geltenden Gesetze und das zu beachtende technische Regelwerk hinweisen wolle. Zwar sei das Münchner Trinkwasser mit einem mittleren Härtegrad von 16,8° dH (Stand Januar 2020) als „hart“ (ab 14,0° dH) einzuordnen, jedoch seien gerade die Bestandteile Calcium und Magnesium verantwortlich für den guten Geschmack und zugleich wichtige Mineralstoffe für den Organismus.
Laut Rundschreiben ist eine Behandlung des Trinkwassers nur in begründeten Fällen zulässig – z. B. bei industriellen Großanlagen wie Wäschereien. Außerdem weisen die Stadtwerke darauf hin, dass bei einer Enthärtung mittels Ionenaustauschverfahren der Natrium-Gehalt des Trinkwassers deutlich erhöht werde. Der Grenzwert von 200 mg/l (TrinkwV Anlage 3 Teil 1) sei zu beachten.
Auch und insbesondere zum Einbauort positionieren sich die Stadtwerke München deutlich: „Unter Berücksichtigung des Minimierungsgebotes gemäß § 6 Absatz 3 TrinkwV und der allgemein anerkannten Regeln der Technik kann die Enthärtung durch Ionenaustausch und Härtestabilisierung durch Kalkschutzgeräte oder Phosphatdosierung nicht direkt nach der Zähleranlage für das gesamte Kaltwasser erfolgen. Eine Wasserbehandlung zur Vermeidung von Steinbildung sollte grundsätzlich nur im Kaltwasserzulauf zur Warmwasserbereitungsanlage erfolgen.“ Die anderslautende Mitteilung aus dem Normenausschuss Wasserwesen, wonach eine Aufbereitung von kaltem und warmem Trinkwasser DIN-konform ist, verfügt nach Auffassung der SWM nicht über den rechtswirksamen Charakter einer allgemein anerkannten Regel der Technik. Hierfür bestehe „zu viel Widerspruch in der Fachwelt sowie seitens der Überwachungsbehörden hinsichtlich deren Interpretation“, heißt es auf Anfrage der IKZ-Redaktion.
Gleichwohl legt der Wasserversorger Wert auf die Feststellung, dass man „zu keiner Zeit die Kompetenz und Integrität des DIN/NAW infrage stellt“. Ebenfalls zweifeln die SWM nicht die Funktion zertifizierter Wasserbehandlungsanlagen an. Vielmehr würde die Mitteilung des DIN/NAW fälschlicherweise als Verkaufsargument für Wasseraufbereitungsanlagen verwendet. „Es bedarf dringend einer Klarstellung, dass die Mitteilung kein Freifahrtschein zur pauschalen, unbegründeten Wasserbehandlung darstellt.“
Interessanter Weise macht der Versorger keinen Unterschied zwischen klassischen Enthärtungsanlagen und chemiefreien Kalkschutzgeräten. „Hin­sichtlich des Grundsatzes der Gleichbehandlung sind für die SWM auch bei Kalkschutzgeräten die gleichen normativen Anforderungen maßgeblich und bindend“, heißt es.
Welche Konsequenzen es für Handwerksbetriebe hat, die beim Kunden eine Wasserenthärtung für Trinkwasser kalt und warm installiert haben, lässt sich derzeit schwer abschätzen. „Die SWM werden, bis zur Klärung durch den Normenausschuss, im Rahmen der Inbetriebsetzung ein Hinweisschreiben an den Kunden versenden. Zusätzlich ergeht eine Information an die zuständige Überwachungsbehörde (RGU)“, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion.
Jörg Schütz, Geschäftsführer Technik beim Fachverband Bayern, rät SHK-Fachbetrieben vor diesem Hintergrund, stets eine umfassende Beratung des Auftraggebers durchzuführen und dabei auch den Hinweis zu geben, dass die SWM Einbauten in die Kaltwasserleitung, außer beim Zulauf zum Warmwasserbereiter, als Mangel betrachten. „Darüber ist ein sorgfältiges Protokoll anzufertigen, vom Auftraggeber unterschreiben zu lassen und dem Bauvertrag beizulegen“, so Schütz. Unabhängig davon seien die Aussagen der SWM undifferenziert und gingen zu weit. „Sie sorgen für Verunsicherung bei Endverbrauchern sowie Fachhandwerk und bergen Konfliktpotenzial für deren Vertragsverhältnisse.“

figawa veröffentlicht technische Mitteilung zum Thema
Unlängst hat auch die Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach (figawa) eine entsprechende technische Mitteilung 5) veröffentlicht. In dieser von zahlreichen etablierten Herstellern aus dem Wasserbereich getragenen Publikation werden Antworten auf Fragen zur Trinkwasserenthärtung gegeben. Die Autoren schreiben u. a., „dass der Einsatz von Enthärtungsanlagen für die gesamte Trinkwasser-Installation in Gebäuden ab einer Wasserhärte von 8,4° dH zweifelsfrei normativ und gesetzlich zulässig ist“. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung von DVGW-zertifizierten Anlagen werde die Trinkwasserverordnung eingehalten.

Was bleibt ist kein Verbot, aber eine Empfehlung
Ein generelles Verbot von Anlagen zur Enthärtung von Trinkwasser durch Ionenaustausch oder Härtestabilisierung lässt sich aktuell weder durch normative, noch durch gesetzgeberische Vorgaben begründen. Als Fazit kann an dieser Stelle aber Folgendes festgehalten werden: Aus gesundheitlichen Gründen ist eine Enthärtung des Trinkwassers nicht erforderlich. Aus technischer Sicht kann sie aber sinnvoll oder sogar notwendig sein. Planer und Installateure sollten den Wunsch des Kunden nach einer Trinkwasserenthärtung für Kalt- und Warmwasser stets schriftlich dokumentieren und die Gründe aufführen. Zum Einsatz kommen sollten grundsätzlich anerkannt zertifizierte Produkte (z. B. DVGW). Nicht zuletzt sollte im Angebot die Notwendigkeit einer regelmäßigen Wartung der Anlagen unbedingt aufgeführt und ein entsprechender Wartungsvertrag angeboten werden.

Beim Einbau von Enthärtungsanlagen Informationspflicht beachten
Wird eine Enthärtungsanlage in einem öffentlich oder gewerblich genutzten Gebäude installiert, dann müssen Mieter oder Nutzer durch den Unternehmer oder sonstigen Inhaber der Trinkwasser-Installation gemäß den Vorgaben in § 16 Absatz 4 TrinkwV über das eingesetzte Wasseraufbereitungsverfahren informiert werden. Die Bekanntmachung kann z. B. durch Aushang an geeigneter Stelle erfolgen.

1)www.swm-infrastruktur.de/installateure/rundschreiben/archiv.html
2) Kurzlink zur DIN-Ausschuss-Mitteilung: https://bit.ly/2Kba0C6
3) IKZ-Bericht „Aus der Grauzone“ siehe https://www.ikz.de/detail/news/detail/aus-der-grauzone/
4) www.umweltbundesamt.de/publikationen/ratgeber-trink-was-trinkwasser-aus-hahn
5) Enthärtungsanlagen in der Trinkwasserbehandlung – Fragen | Antworten, Nr. 01-2020 / Mai 2020


Diesen Artikel teilen auf:   Facebook X XING



Ausgewählte Inhalte



Leistungsgarantie



Datensicherheit

×