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Kann das jetzt weg?



Kann das jetzt weg?
 

7. Januar 2021

Aufbewahrungspflichten und -fristen für Rechnungen, Lieferscheine und andere buchhalterische Dokumente

Alle Jahre wieder stellt sich zum Jahreswechsel die Frage: Welche Unterlagen im Haus können weg, welche müssen aufbewahrt werden? Und es schließt sich eine weitere Frage an: Wie lange müssen bestimmte Unterlagen aufbewahrt werden?

Für die Geschäftsunterlagen sehen das Handelsgesetzbuch (HGB) und die Abgabenordnung (AO) eine Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren bzw. sechs Jahren vor. Die gesetzlichen Regelungen werden dabei durch die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GOBD) ergänzt.

Aufbewahrung von Dokumenten und Belegen
Nach § 147 AO sind danach aufzubewahren:

1. Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2. die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
3.Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
4. Buchungsbelege,
4a. Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union,
5.sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

Die Aufbewahrungsfrist für die Nr. 1, 4 und 4a beträgt zehn Jahre, für alle anderen Punkte sechs Jahre.

Vereinfacht lässt sich sagen, dass die zehnjährige Aufbewahrungsfrist für alle Unterlagen gilt, die unmittelbar in die Steuererklärungen einfließen (z.B. Jahresabschlüsse und die Steuererklärungen selbst). Aber auch Buchungsbelege oder Erläuterung zu einer Buchung, die in die Buchführung und damit über den Jahresabschluss in die Steuererklärung einfließen, gehören dazu. Alle anderen Geschäftsunterlagen unterliegenden dann der sechsjährigen Aufbewahrungsdauer. Insbesondere die Abgrenzung zwischen „Buchungsbelege“ (Nr. 4) und „sonstigen Unterlagen, soweit für die Besteuerung von Bedeutung“ (Nr. 5), dürfte nicht immer eindeutig sein, sodass in der Praxis im Zweifel die zehnjährige Aufbewahrungsfrist Anwendung finden sollte.

Beispiele für die zehnjährige Aufbewahrungsfrist sind:

  • Bilanz- und Buchführungsunterlagen, einschl. Journalen,
  • Konten, Primanota, Sachkonten,
  • Ein- und Ausgangsrechnungen,
  • Abschlags- und Anzahlungsrechnungen,
  • Bankbelege,
  • Inventur und Bewertungsunterlagen,
  • Kalkulationen und Nachkalkulationen,
  • Reisekostenabrechnungen,
  • Fahrtenbücher und Kilometergeldabrechnungen,
  • Gehaltsabrechnungen und Abrechnungsunterlagen,
  • Stundenzettel,
  • Kassenbücher- und Aufzeichnungen,
  • Verfahrensdokumentationen.

Beispiele für die sechsjährige Aufbewahrung sind:

  • Schriftverkehr, der keine Nachweisfunktion für die Buchhaltung hat,
  • Angebote, die zu einem Auftrag geführt haben,
  • Auftragsbestätigungen,
  • Bestellungen,
  • Frachtunterlagen,
  • Kaufverträge,
  • Mahnungen,
  • Versicherungsunterlagen.

Nicht aufbewahrt werden müssen:

  • Werbeflyer und Prospekte,
  • Angebote, die nicht zu einem Auftrag geführt haben,
  • Projektunterlagen.

Seit dem 1. Januar 2017 wurde durch das 2. Bürokratieentlastungsgesetz eine Sonderregelung für Lieferscheine eingeführt. Danach endet deren Aufbewahrungsfrist aus Wareneingängen sofort mit Erhalt der Eingangsrechnung. Das gleiche gilt für selbstausgestellte Lieferscheine, sobald die Rechnung verschickt ist. Dient der selbstausgestellte Lieferschein aber gleichzeitig als Buchungsbeleg, als Teil einer Rechnung oder als Versendungsnachweis im Sinne des Umsatzsteuergesetztes, muss er archiviert werden.

Viele Rechnungen enthalten insbesondere zu der vorgeschriebenen Angabe des Leistungsdatums oder den ebenfalls vorgeschriebenen Mengenangaben und handelsüblichen Bezeichnungen der gelieferten Gegenstände häufig statt einer konkreten Angabe nur den (zulässigen) Verweis auf den Lieferschein. In diesen Fällen ist der Lieferschein Teil der Rechnung oder Buchführung und unterliegt der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist.

Mitunter finden sich noch Lieferscheine aus der Zeit vor dem 1. Januar 2017, die nicht als Buchungsbeleg einzustufen sind. Sie fallen dann unter die Neuregelung und können vernichtet werden.

Elektronische Belege, Software
Die Ausbewahrungsfristen gelten nicht nur für die in Papierform vorhandenen Belege, sondern auch für alle digital erhaltenen Belege oder Emails. Hierbei gilt zu beachten, dass Dokumente und Daten, die im Unternehmen entstanden oder dort elektronisch eingegangen sind, in ihrer Ursprungsform aufzubewahren sind und jederzeit wiederherstellbar sein müssen. Ein vollständiger und lückenloser Druck aller Auswertungen eines Programmes reicht daher zur Erfüllung der Aufbewahrungsverpflichtung nicht aus.

Typischerweise werden z. B. zur Erstellung der Buchführung, zur Bestandsführung, Gehalts- und Spesenabrechnung und Auftragsabwicklung Softwaresysteme eingesetzt. Diese unterliegen ebenso der Aufbewahrungsfrist wie die Dokumente und Dateien selbst. Erforderlich ist daher, die Software selbst aufzubewahren und funktionstüchtig zu erhalten.

Besonderes Augenmerk gilt dabei einem Wechsel von Softwaresystemen. Hier muss sichergestellt sein, dass nicht nur die alten Daten, sondern auch die ausgemusterte Software selbst weiter zur Verfügung steht. Im Zweifel ist daher der alte Server besser im Archiv als in der Entsorgung aufgehoben.

Fristberechnung
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres (also dem 31. Dezember), in dem die letzten Eintragungen oder Änderungen in der Buchführung erfolgt sind (§ 147 Abs. 4 AO). In der Regel wird die Buchhaltung erst im Januar des Folgejahres abgeschlossen sein. So beginnt beispielsweise die Frist für das Geschäftsjahr 2020 erst zum Jahresende 2021, wenn noch im Januar 2021 Buchungen für das abgelaufene Jahr erfolgen.

Ein anderes Beispiel: Der Jahresabschuss und die Steuererklärung 2009 wurden im Oktober 2010 dem Finanzamt eingereicht, nachdem die letzten Buchungen für das Jahr 2009 im Januar 2010 vorgenommen worden sind. Das Finanzamt hat der eingereichten Steuerklärung entsprochen und im Februar 2011 einen Steuerbescheid erlassen. Die Aufbewahrungsfrist des Jahres 2009 begann somit am 31. Oktober 2010 und endet nach zehn Jahren mit Ablauf des 31. Dezember 2020. In der Zwischenzeit erfolgte Betriebsprüfungen, Einsprüche oder sonstige Verfahrenshandlungen verkürzen diese Frist nicht.

Sind Prüfungen, Einspruchs- oder Klageverfahren, strafrechtliche Verfahren etc. noch nicht abgeschlossen oder Vorläufigkeitsvermerke in den Steuerbescheiden enthalten, gilt der Fristablauf als gehemmt und verlängert die Frist bis zum Anschluss des entsprechenden Verfahrens. Auch Unterlagen, die dem Finanzamt bereits eingereicht worden sind, z.B. Jahresabschlüsse oder eingereichte und zurückerhaltene Belege, befreien von der Aufbewahrung bis zum letzten Tag der gesetzlichen Frist nicht.

Form
Die Geschäftsunterlagen müssen in Deutschland aufbewahrt werden (auf Antrag ist eine Verlagerung in das Ausland möglich). Sie müssen in „geordneter“ Form aufbewahrt werden und „innerhalb einer angemessenen Zeit“ vorgelegt werden können. Beide Voraussetzungen sind gesetzlich nicht definiert. Was die Ordnung angeht, empfiehlt es sich – schon zur Reduzierung des eigenen Aufwandes – das bisherige Ablage- und Ordnungssystem beizubehalten. In der Regel sind Anforderungen der Finanzbehörden mit einer vierwöchigen Fristsetzung verbunden, dies sollte als Obergrenze für einen angemessenen Zeitrahmen dienen.

Sanktionen
Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten führen zu einer nicht ordnungsmäßigen Buchführung. Das kann die Verwerfung einzelner Teile oder der gesamten Buchführung zur Folge haben. Zusätzlich können Bußgelder oder Geldstrafen von 500 Euro bis zu 5000 Euro verhängt werden.

Rückstellung für die Kosten der Aufbewahrung
Die Kosten für die Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen sind vom Unternehmen zu tragen. Dies gilt sowohl für die Kosten der Einlagerung wie auch die Kosten zur Wiederlesbarmachung der Datenbestände. Für diese Kosten ist der Unternehmer verpflichtet, eine Rückstellung in seiner Bilanz zu bilden. Das schreiben das Handelsrecht und das Steuerrecht unabhängig voneinander vor. Die Rückstellungsbildung mindert den Gewinn und somit die Steuerbelastung.

  • In der Rückstellung sind z. B. zu berücksichtigen:
  • die Kosten der Einlagerung der Geschäftsunterlagen,
  • die Kosten für die Archivräume (Mieten oder bei eigenen Räumen die anteiligen Gebäudekosten wie Abschreibung, Grundabgaben, Versicherung, Heizung, Strom etc.),
  • die Kosten für die Lagerung (Regale, Kisten),
  • Lizenzgebühren, Miet- und Wartungskosten für die EDV, soweit diese zur Wiederherstellung der Daten erforderlich ist,
  • die Kosten für die Datensicherungen.

In der Praxis werden die Kosten für die Archivierung auf einer Jahresbasis berechnet und mit dem Mittelwert der Laufzeit von 5,5 multipliziert. Durch den Mittelwert wird berücksichtigt, dass das Archiv Geschäftsunterlagen enthält, die aus Sicht des jeweiligen Bilanzstichtag noch ein Jahr bis max. 10 Jahre e ingelagert werden müssen (1 + 10 = 11 : 2 = 5,5).

Fazit
Auch wenn für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr bereits eine Betriebsprüfung stattgefunden hat und wer im Hinblick auf die Möglichkeit eines steuerstrafrechtlichen Verfahrens reinen Gewissens ist, sollte die Aufbewahrungspflichten und -fristen bis zum letzten Tag beachten. Rückfragen und Beleganforderungen für alte Jahre können auch aufgrund unbegründeter Zweifel erhoben werden oder sich im Rahmen der Auskunftspflicht für Dritte, wie Lieferanten und Kunden, ergeben. Denn führen Betriebsprüfungen bei ihnen nicht zum Erfolg, kann die Finanzbehörde Sie zum Sachverhalt befragen und Auskünfte und Unterlagen verlangen. Wer dann die eigenen Unterlagen nicht zur Verfügung stellen kann, dem kann ebenfalls Ärger drohen.

Autor: Dipl.-Finw. Markus Stuhlmann, Steuerberater in der Kanzlei WSSK Stuhlmann Feldmann Breiden Westermilies Wirtschaftsprüfer Steuerberater Parnerschaft mbB

www.wss-k.de


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