Zurück zu Dossiers
 
× Startseite

Einstellungen | Mein Account
IKZ select Logo
Suchen          Support & Kontakt       Mein Account
IKZ select Logo

Lieber Gast, um alle Inhalte sehen zu können, müssen Sie angemeldet sein! Jetzt registrieren oder einloggen.

StartseiteWissenDossiersVorsicht bei der Werbung mit BIM

Vorsicht bei der Werbung mit BIM

Begriffe wie „BIM-Readiness“ oder „BIM-Fähigkeit“ sind nicht ­eindeutig ­definiert. Sie bergen deshalb das Risiko einer Abmahnung


Vorsicht bei der Werbung mit BIM
 
 

BIM ist en vogue. BIM ist in. Folglich wollen viele Bauprodukthersteller, aber auch Planungsbüros und Werkunternehmer, mit ihrer „BIM-Readiness“, der „BIM-Fähigkeit“ ihrer Produkte oder sonstigen „BIM-Services“ werben. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten. Denn es handelt sich dabei um abschließend nicht definierte Begriffe, daher kann die Werbung damit abmahnfähig sein.

Die Gesetzeslage in Deutschland ist eindeutig: Nimmt ein Unternehmen eine wettbewerbsverzerrende Handlung vor, so kann jeglicher Mitbewerber das Unterlassen dieser Handlungen mittels einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und anwaltlicher Hilfe fordern. In einer strafbewehrten Unterlassungserklärung muss der Mitbewerber erklären, dass er die schädigende Handlung unterlässt und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Strafgeld zahlt. Zudem hat der Abgemahnte in der Regel die Kosten der anwaltlichen Rechtsverfolgung zu tragen, die auf der Basis des Jahresumsatzes basieren und durchaus erheblich werden können. Verweigert der Abgemahnte die Abgabe der Unterlassungserklärung, kann diese im Wege der einstweiligen Verfügung bei Gericht erwirkt werden, was die zu erstattenden Rechtsverfolgungskosten erhöht. Dies ist bereits eine seit Langem bekannte Problematik, die insbesondere auch im Rahmen der Abmahnung von fehlerhaften Widerrufserklärungen oder – in jüngerer Zeit – Datenschutzerklärungen Schule machte. 
Dieser Sachverhalt spielt auch bei der Werbung mit BIM-Readiness oder BIM-Fähigkeit eine erhebliche Rolle. Nach § 5 UWG handelt nämlich derjenige unlauter, der eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist auch dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält: Wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Art, Ausführung, Vorteile, Risikenzusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeiten, Beschaffenheit, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentliche Bestandteile von Tests von Dienstleistungen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG).

Abmahnwelle wegen BIM-Werbung zu erwarten?
BIM-Readiness oder BIM-Fähigkeit sind derzeit nicht allgemein verbindlich definiert. Bereits der Begriff BIM an sich wird gemeinhin lediglich als Methode und nicht als eigentliche Eigenschaft eines Bauwerks oder eines Planungsprozesses bezeichnet. Wesentlich ist grundsätzlich, was die relevanten Fachkreise unter BIM verstehen. Derzeit sind wir jedoch noch in einer Phase, in der selbst die Fachkreise sich nicht eindeutig darüber verständigen können, was BIM als terminus technicus insgesamt ist, noch was BIM-Readiness oder BIM-Fähigkeit bedeuten. Erschwerend kommt hinzu, dass ein Bauprodukthersteller unter BIM-Readiness hinsichtlich seiner Produkte sicherlich etwas anderes versteht, als ein Planungsbüro unter einer BIM-konformen Planung. 
Für den Tatbestand einer irreführenden Werbung ist dies jedoch insoweit unerheblich, als auch unklare Vorstellungen über eine Unternehmenseigenschaft oder Produkteigenschaft der irreführenden Werbung i. S. d. UWG nicht entgegenstehen (vgl. BGH, GRUR 1967, 30, 32; aus jüngerer Zeit OLG Hamburg, MD 2003, 877, 880 f.). Es genügt vielmehr, wenn sich in den beteilig­ten Verkehrskreisen eine eigene, von wissenschaftlichen Differenzierungen abweichende Begrifflichkeit herausgebildet hat (OLG Köln, MD 2004, 1256, 1260). 
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass unter BIM gewisse Erfolgsversprechen für Produkte und Planungsprozesse abgeleitet werden, wie etwa Zeit- und Kos­teneffizienz, ein hinreichender Digitalisierungsgrad und Transparenz der Produkteigenschaften. Da es mittlerweile erste Ansätze durch DIN- und VDI-Normungen gibt, was BIM ist, und auch erste Ansätze in der Rechtsprechung zu verzeichnen sind, was unter BIM zu verstehen ist, ist Vorsicht geboten.

Verständnis der Verkehrskreise ist maßgeblich
Liegen technischen Normungen – wie bisher – noch nicht in ausreichender Tiefe vor, ist das Verständnis der Verkehrskreise maßgeblich (BGH, GRUR 1992, 70/71). Liegen jedoch bereits DIN-Normen oder VDI-Normen vor, so sind entsprechende Abweichungen von der technischen Normung gesondert kenntlich zu machen (BGH, GRUR 1988, 832, 834). Geschieht dies nicht, besteht ebenfalls eine irreführende Werbung. Derzeit bildet sich das Verkehrsverständnis wie folgt ab:

  • Im BIM-Leitfaden des BMVBS findet sich die Definition: „Building Information Modeling (BIM) ist eine Planungsmethode im Bauwesen, die die Erzeugung und Verwaltung von digitalen virtuellen Darstellungen der physikalischen und funktionalen Eigenschaften eines Bauwerks beinhaltet. Die Bauwerksmodelle stellen dabei eine Informationsdatenbank rund um das Bauwerk dar, um eine verlässliche Quelle für Entscheidungen während des gesamten Lebenszyklus zu bieten; von der ersten Vorplanung bis zum Rückbau.“
  • In dem Urteil des Landgerichts Paderborn vom 06.07.2017, Az.: 3 O 418/16 findet sich folgende BIM-Definition:„Bei der BIM-Technik handelt es sich um eine Software, bei welcher alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst werden. Anhand der erfassten Daten kann zum einen ein virtuelles Gebäudemodell erstellt werden, zum anderen werden Änderungen der Massen- und Längenangaben direkt auf alle am Gewerk Beteiligten zentral angepasst (z. B. bei Verringerung der Gebäudelänge und damit dem „Wegfall“ eines Fensters, wird dieses Fenster automatisch aus der Mengentabelle der Fenster entfernt).“
  • In dem Beschluss der VK Lüneburg vom 05.09.2017, Az.: VGK 26/2017 ­findet sich etwa folgende Definition:„BIM ist eine dreidimensionale Planungsmethode, in der nicht nur die Lage aller Bauelemente zueinander dargestellt werden kann, sondern zugleich deren Qualität einschließlich der damit verbundenen Kosten. Sie gilt bei fachgerechter Anwendung als innovative Maßnahme, Planungsunschärfen frühzeitig sichtbar zu machen, kostenintensive Nachträge zu vermeiden und erforderliche Planungsänderungen sofort nicht nur bautechnisch, sondern auch kostentechnisch transparent auszubilden.“

Werbung bedingt Aufklärung
Nimmt man diese Definitionen ernst, so haben sie für die Werbung weitreichende Folgen, da BIM-Readiness oder BIM-Fähigkeit von Produkten voraussetzen würde, dass eben der gesamte Lebenszyklus abgebildet und erhebliche Einsparungen bei Planung und Betrieb erzielt werden kann. Gerade die BIM-Planung ist im jetzigen Versuchsstadium aber eben noch nicht Kos­ten einsparend.
Insgesamt genügt, wenn einem beworbenen BIM-Produkt eine – wie auch immer zu spezifizierende – positive Wirkung zugeschrieben wird, und zwar aufgrund einer eventuell beworbenen Eigenschaft. Dies wäre etwa der Fall, wenn mit BIM-Fähigkeit stets verbunden wird, dass der Lebenszyklus transparent abgebildet werden kann, Ersparnisse in der Planung eintreten, etc. (vgl. OLG Karlsruhe, MD 2006, 1288, 1290). Werden solche Erwartungen erzeugt, so wären umfangreiche Aufklärungen von dem jeweiligen Unternehmer zu leisten, wie valide die Annahmen sind.

Autor: 
RA Dr. Till Kemper M.A., Rechtsanwalt & Mediator, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Vergaberecht und Verwaltungsrecht

Nachgefragt

IKZ-FACHPLANER: Es liegt in der Natur der Sache, dass Planer oder ausführende Fachbetriebe, die BIM verstehen und anwenden, auch damit werben möchten. Schließlich geht es auch darum, sich mit seinem Leistungsspektrum vom Wettbewerb abzuheben. In welcher Form sollte ein BIM-Leistungsversprechen erfolgen, damit es nicht abgemahnt werden kann?
Dr. Till Kemper: Das Praktikabelste wird sein, in einer Fußnote zu erklären, welche Leistung genau BIM-fähig sein soll, welche Datenformate verarbeitet und welche Programme – Revit, AutoCad, ArchiCad etc. – bedient werden können. Auch sollte angegeben werden, welche Vorteile aus der BIM-Fähigkeit für den Kunden erwachsen sollen.

IKZ-FACHPLANER: Umgekehrt die Frage: Wie sollten sich Fachplaner oder Handwerker verhalten, wenn sie mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung konfrontiert werden?
Dr. Till Kemper: Natürlich sollte im Ernstfall anwaltlicher Rat eingeholt werden, weil jeder Einzelfall Besonderheiten birgt. Dies sollte auch kurzfristig geschehen, weil meist kurze Reaktionsfristen gesetzt sind. In der Regel sollte nicht die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung verwendet werden, weil diese feste Beträge für die Strafzahlung bei Zuwiderhandlung enthält. Bei Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung wird man üblicherweise den Passus verwenden, dass im Fall der Zuwiderhandlung die Höhe des Strafgeldes von einem Gericht zu bestimmen ist. Auch die Höhe der anwaltlichen Kosten ist zu überprüfen.

IKZ-FACHPLANER: In welchen Regelwerken finden sich anwendbare Definitionen zu BIM, welche Quellen empfehlen sich besonders und worauf ist bei deren Verwendung im Rahmen von Werbeaussagen oder sonstigen Leistungsversprechen gegenüber Dritten zu achten?
Dr. Till Kemper: Auf internationaler Ebene gibt es diverse ISO-Werke, wie etwa die ISO 29481-1, die sich u. a. mit den Datenformaten beschäftigen. Auf nationaler Ebene findet sich die DIN SPEC 91400. Sie enthält ein bauteilorientiertes Klassifikations- und Beschreibungssystem für BIM und den IFC-Datenaustausch. Schließlich gibt es die VDI 2552 Blatt 3. Sie beschreibt die Anwendung von Bauwerksinformationsmodellen zum Abgleich von Leistungsmengen und Controlling-Strukturen in den Bereichen Kostenermittlung, Terminplanung, Ausschreibung und Vergabe, Ausführung und Abrechnung unter Berücksichtigung der Projektphasen von der Entwicklung bis zur Fertigstellung. Das Problem besteht insbesondere bei der VDI-Richtlinie darin, dass wegen des derzeitigen Versuchsstadiums die möglichen Kostenersparnisse in der Regel noch nicht realisiert werden können. Dazu kommt: Mangels flächenmäßiger Umsetzung spiegelt die Norm nicht unbedingt das Verständnis der Verkehrskreise wider.


Diesen Artikel teilen auf:   Facebook X XING



Ausgewählte Inhalte



Leistungsgarantie



Datensicherheit

×