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Nachhaltige Wärmeversorgung – Systeme für die Zukunft



Nachhaltige Wärmeversorgung – Systeme für die Zukunft
 
 
 
 
 

9. Oktober 2020

Auswirkung von TGA-Konzepten in verschiedenen Gebäudearten

Ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand im Jahr 2050 ist das ambitionierte Ziel der Bundesregierung. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Energiebedarf der Gebäude durch Effizienzmaßnahmen deutlich reduziert und der Anteil Erneuerbarer Energien an der Deckung des verbleibenden Energiebedarfs erheblich gesteigert werden. Das Forschungsvorhaben „Energieeffizienz und Erneuerbare Energien: Zielkonflikt oder Synergie?“, das mit Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen erarbeitet wurde, zeigt die Bedeutung der Energieeffizienz auf [1] [2]. Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in die Ergebnisse.

Der Net-Zero- oder Nullenergiestandard gilt als erfüllt, wenn die Energiebilanz des Gebäudes über das Jahr gesehen null ergibt. Dabei wird der Energiebedarf für Raumwärme, Warmwasser und Haushaltsanwendungen der Energie gegen übergestellt, die vor Ort regenerativ erzeugt wird (i. d. R. Strom durch eine PV-Anlage). Am Beispiel eines Reihenendhauses mit Außenluft-Wärmepumpe soll die Bedeutung der Energieeffizienz gezeigt werden. Im ersten Fall (Bild 1) wird angenommen, dass das Gebäude den Anforderungen gemäß gültiger Energieeinsparverordnung (bzw. in Zukunft des GEG) gerade genügt (weitere Annahmen sind in [1] dargestellt).

Aufgrund der geringeren Solarstrahlung kann der im Winter anfallende Strombedarf in der Regel nicht direkt durch die PV-Anlage gedeckt werden. Um den verbleibenden Energiebedarf im Winter ebenfalls regenerativ zu decken, müssen entweder sommerliche PV-Überschüsse saisonal gespeichert oder im Winter verfügbare regenerative Energieträger (z. B. Windkraft) genutzt werden.

Die Potenziale von hoher Energieeffizienz werden sichtbar, wenn das Gebäude bei gleicher Geometrie im Passivhaus-Standard betrachtet wird (die Größe der PV-Anlage bleibt dabei unverändert). Auch hier kann der winterliche Energiebedarf nicht allein über die am Gebäude erzeugte Energie gedeckt werden. Im Vergleich zum Gebäude gem. EnEV ist die Deckungslücke allerdings deutlich geringer (Bild 2) und in der Jahresbilanz könnte sogar ein Stromüberschuss erwirtschaftet werden. Dieser Überschuss könnte z. B. in weniger effizienten Bestandsgebäuden oder in Gebäuden, die weniger Potenzial zur Nutzung Erneuerbarer Energien haben, genutzt werden.

Vor dem Hintergrund des angestrebten klimaneutralen Gebäudebestandes haben Niedrigstenergiegebäude daher grundlegende Vorteile: Der geringe Energiebedarf insbesondere im Winter erhöht die Sicherheit einer zukünftigen regenerativen Versorgung. Hohe Effizienz im Gebäudebereich ermöglicht ferner Spielräume und schafft so erst die Voraussetzung für eine nachhaltige Nutzung von Erneuerbarer Energie.

Potenzial von Mikro-KWK-Anlagen
Nahezu die Hälfte des deutschen Gebäudebestandes wird mit Erdgas beheizt. Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) führt aufgrund der besseren Ausnutzung des Brennstoffs zu höherer Effizienz und ist daher eine interessante Option für die Zukunft.

Doch wie groß ist der energetische Vorteil bei gekoppelter Erzeugung von Strom und Wärme? Im Fokus stehen Systeme, die kleinere Gebäude mit Wärme und Strom versorgen können – sogenannte Mikro-KWK-Anlagen (μKWK). Im betrachteten Leistungsbereich kommen vor allem Otto- und Stirlingmotoren zum Einsatz. Eine neuere Entwicklung sind μKWK-Anlagen mit Brennstoffzelle mit hohen elektrischen Wirkungsgraden bis etwa 60 %.

Ein Vergleich mit einem Wärmeerzeuger ist nicht ohne Weiteres möglich, denn die KWK-Anlage erzeugt aus dem Brennstoff nicht nur Wärme sondern eben auch Strom. Für eine Bewertung werden in der Fachliteratur verschiedene sogenannte Allokationsmethoden vorgeschlagen [3]. Anstatt der im Rahmen der EnEV vorgesehenen und häufig kritisierten Stromgutschriftmethode [4] 1), soll an dieser Stelle die Referenzwirkungsgradmethode angewendet werden. Bei der Referenzwirkungsgradmethode wird die KWK-Anlage mit einer Referenzanlage mit getrennter Erzeugung von Strom und Wärme verglichen und der nicht erneuerbare Anteil der Primärenergie bewertet.

Eine entscheidende Rolle haben bei diesem Verfahren die Annahmen zur Referenzanlage. Im Folgenden werden daher μKWK-Anlagen mit unterschiedlichen elektrischen Wirkungsgraden im Vergleich zu drei verschiedenen Referenzanlagen betrachtet. Dies sind Referenzwerte der Strom- und Wärmeerzeugung gemäß der Delegierten Verordnung der Europäischen Union (2015/2402) und zusätzlich selbst definierte Referenzanlagen, die jeweils auf die effizientesten Technologien zurückgreifen. Bei der zentralen, gasbasierten Stromerzeugung sind dies Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerke (GuD-Kraftwerke), die elektrische Nutzungsgerade von 60 % erreichen (weitere Annahmen sind in [1] dargestellt).

Bild 3 zeigt in Abhängigkeit des elektrischen Nutzungsgerades einer KWK-Anlage die resultierende Einsparung von Primärenergie durch den gekoppelten Prozess gegenüber den Referenzanlagen. Die graue Kurve stellt die Einsparungen gegenüber den Referenzwerten gemäß der EU-Delegierten-Verordnung dar. Demnach nimmt die Einsparung mit steigendem elektrischen Nutzungsgrad zu. Bei Anlagen mit sehr hohem elektrischen Nutzungsgrad (50 bis 60 %) kann diese Einsparung gegenüber der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom über 30 % erreichen.

24. Internationale Passivhaustagung
Am 20. September 2020 fällt der Startschuss für die 24. Internationale Passivhaustagung, die als Online-Veranstaltung angeboten wird. Bis zum 8. Oktober 2020 finden jeweils mittwochs und donnerstags insgesamt 16 Vortragsreihen statt. Gestartet wird am 20. September mit einem Eröffnungsplenum, zu dem auch der Klimaforscher Prof. Stefan Rahmstorf einen Vortrag hält. In den anschließenden Veranstaltungen werden zahlreiche internationale Neubau- und Sanierungsprojekte im Passivhaus-Standard vorgestellt sowie virtuelle Exkursionen, Netzwerkmöglichkeiten und Workshops angeboten. Zusätzlich findet über drei Wochen die Passivhaus-Fachausstellung statt, in der Hersteller Komponenten für das energieeffiziente Bauen und Sanieren vorstellen und zu virtuellen Rundgängen über die Ausstellung einladen. Weitere Informationen zur Tagung gibt es im Internet unter https://passivhaustagung.de

Mit höherer Effizienz der Referenzanlage wird die erzielbare Primärenergieeinsparung erwartungsgemäß geringer (Bild 3). Wird nun eine Referenzanlage mit Wärmepumpe betrachtet, reduziert sich der energetische Vorteil der KWK-Anlage nochmals deutlich. Eine mit der Referenzanlage vergleichbare bzw. höhere Effizienz wird nun erst bei erhöhten elektrischen Nutzungsgraden erreicht (im Beispiel ab etwa 35 %). Diese erhöhten elektrischen Nutzungsgrade werden nun gerade von neueren Entwicklungen im Bereich der μKWK-Anlagen mit Brennstoffzelle erzielt (Bild 3). Als Baustein einer zukünft igen regenerativen Energieversorgung sind daher auch μKWK-Anlagen mit Brennstoff zelle eine interessante Alternative zur getrennten Erzeugung von Strom und Wärme.


Chance für wirtschaftliche Gesamtlösungen
Bisher lag der Schwerpunkt auf der energetischen Bewertung, doch welche Lösungen zur Wärmeversorgung sind aus ökonomischer Sicht vorteilhaft ? Um das zu bewerten, werden die Lebenszykluskosten beispielhaft für ein Wohngebäude untersucht. Dafür wird der Neubau in zwei energetischen Ausführungen betrachtet: einmal gemäß den energetischen Anforderungen der EnEV und zusätzlich im Passivhaus-Standard. Die Investitionskosten entstammen Literaturangaben, aktuelle Energiekosten 2) wurden berücksichtigt und der Energiebedarf entspricht typischen Werten der betrachteten Gebäudestandards. Die detaillierten Annahmen sind in [1] dargestellt.

In Bild 4 zeigen die ersten drei Säulen die resultierenden Gesamtkosten der betrachteten Wärmeversorgungslösungen für den Neubau gemäß EnEV. Die jährlichen Gesamtkosten liegen mit 16 bis 19 Euro/(m2 · a) in einem vergleichbaren Bereich. Die energetisch ungünstigere Lösung mit Gaskessel und solarer Trinkwarmwasserbereitung erreicht die geringsten Gesamtkosten. Aufgrund des im Vergleich zu Erdgas hohen Preises für Wärmepumpen-Strom liegen die verbrauchsgebundenen Kosten der Wärmepumpe kaum unter denen des Gaskessels mit solarer Trinkwarmwasserbereitung.

Die betrachteten Heizungsanlagen sind für Wohngebäude gemäß EnEV ausgelegt. Wird nun der Wärmeschutz bis zum Passivhaus-Standard verbessert, sinkt neben dem Wärmebedarf auch die Heizlast in einem konventionellen Neubau von rund 25 bis 40 W/m2 auf etwa 10 W/m2. Mit dem gleichen Wärmeerzeuger könnte da-her bei Ausführung im Passivhaus-Standard auch ein deutlich größeres Gebäude versorgt werden. Um die Potenziale bei den Investitionskosten aufzuzeigen, soll dieser in der Praxis häufig angewendete „Trick” nun auch bei der Gesamtkostenbetrachtung des Passivhauses angewendet werden 3).

Damit fallen bei Ausführung als Passivhaus neben den jährlichen Energiekos ten auch die kapitalgebundenen Kosten der Wärmeversorgung im Vergleich zur Ausführung gemäß EnEV deutlich geringer aus (Bild 4). Daher ist gerade bei Gebäuden mit gutem Wärmeschutz eine effizientere Wärmeerzeugung wirtschaft lich interessant, da die Anlagen kleiner ausfallen können.

1) U. a. wird durch Ansatz des Verdrängungsstrommixes eine KWK-Anlage als Kombination einer mäßigen Stromerzeugung und einer effizienten Wärmeversorgung betrachtet.

2) Erdgas: 7 Cent/kWh; Strom: 28 Cent/kWh; Wärmepumpen-Strom: 24 Cent/kWh

3) Beim Passivhaus wird angenommen, dass die Wohnfläche um 80 % größer ist – bei gleichen
Investitionskosten für den Wärmeerzeuger (hier wurde ein eher moderater Ansatz gewählt. Grundsätzlich wäre die Heizleistung ausreichend, um auch ein noch größeres Gebäude zu versorgen). Die Kosten des Trinkwarmwasserspeichers, der Wärmeverteilung und der Heizflächen werden entsprechend des Zuwachses an Wohnfläche erhöht.


Literatur:
[1] Kah, O., Bewertung von neuen Haustechniksystemen, in Protokollband Nr. 56 „Energieeffizienz und erneuerbare Energien: Zielkonflikt oder Synergie?“ des Arbeitskreises kostengüns tige Passivhäuser (AkkP), Passivhaus Institut, Darmstadt, Herbst 2020

[2] Schulz, T., Effizienzstandards für einen klimaneutralen Gebäudebestand, in Protokollband Nr. 56 „Energieeffizienz und erneuerbare Energien: Zielkonflikt oder Synergie?“ des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser (AkkP), Passivhaus Institut, Darmstadt, Herbst 2020

[3] W. Mauch, R. Corradini, K. Wiesemeyer, M. Schwentzek, Allokationsmethoden für spezifische CO2-Emissionen von Strom und Wärme aus KWK-Anlagen, Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 2010, Heft 9

[4] Pehnt, M.: Energieeffizienz Heidelberg, Springer 2010

[EnEV] Energieeinsparverordnung 2013

Autoren: Dipl. Phys. Oliver Kah, Dipl.-Ing. Tanja Schulz, beide Passivhaus Institut

Bilder: Passivhaus Institut

www.passiv.de


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