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StartseiteThemenBIMNeue Wege auf der BIM-Welle
24. August 2020
Mit der zunehmenden Anwendung von BIM werden auch neue Wege der Produktplatzierung möglich
Auch wenn sich der Fokus der BIM-Debatten auf Planung-, Bau- und FM-Unternehmen richtet, so trifft doch ein erheblicher Impact der disruptiven Veränderungen die Produkthersteller: Sie müssen neue Datensätze bereitstellen; sie müssen ihre Produkte und Leistungen BIM-ready machen. Zugleich bieten sich dadurch aber auch neue Wege der Produktplatzierung.
Die rechtlichen und politischen Vorgaben zielen darauf ab, den Produkteinkauf stärker an einer Gebäude- und Produkt-Lebenszyklusbetrachtung (Building Life Cycle – BLC// Product Life Cycle – PLC) auszurichten; zugleich wird die Rücknahme- und Recycling-Verpflichtung immer stärker umgesetzt. Dies macht erforderlich, dass Produkthersteller (PrdH) umfangreiche Produktdaten (Attribute), die für den BCL/PCL relevant sind (z. B. Energieverbräuche, Lebensdauer, Gewährleistungs- und Garantiebedingungen, Wartungszyklen etc.), bereitstellen, sodass sie von Planern abgerufen werden können. Parallel dazu besteht das Interesse der PrdH, mit ihren Produkten möglichst früh und möglichst lange im „Gebäude zu bleiben“ und ihre Produkte gut platzieren zu können. Die gängigen Bauteildatenbanken sind dafür nur bedingt geeignet. Auch die öff entlichen Auft raggeber sind daher auf der Suche nach Lösungen; das bislang in der Bauwirtschaft wenig relevante digitale Warenkaufh aus bzw. der elektronische Katalog gewinnt an Relevanz.
Gesetzliche Grundlagen
Mit der Vergaberechtsreform 2016 hielten die „besonderen Methoden in Vergabeverfahren“ Einzug in die Vergaberegelwerke (vgl. §§ 120 GWB, 21 ff. VgV, 4b EU VOB/A, 17 UVgO). Dies sind u. a. das dynamische Beschaff ungssystem (dBS) und der elektronische Katalog (eK). Bislang fanden sie – insbesondere in Bauvergaben – nur wenig Anwendung.
Der große Nutzen von dBS und eK erschließt sich für den AG in Verbindung mit der Ausschreibung von RVs (§§ 21 VgV, 4a EU VOB/A), da er so die wesentlichen Vertragskonditionen zu Qualitäten, Preis, Gewährleistung, Wartung etc. für eine Vielzahl von Aufträgen über 4 Jahre festziehen und Einzelaufträge mit geringem Aufwand vergeben kann.
Der Vorteil für den AG liegt darin, die BLC- und PLC-relevanten Bedingungen unmittelbar mit PrdH definieren zu können; so erlangt er nicht nur Sicherheit für Gewährleistung, Wartung etc., sondern auch mehr Preistransparenz bzgl. der ausführenden Gewerke. Im Wege der Baustoff-Bereitstellung könnte der AG die eingekauften Produkt für die ausführenden Firmen vorgeben (wie z. B. in Dänemark üblich); im Fall von öffentlichen Auftragsvergaben wären die bereitgestellten Produkte bei der Bemessung des Auftragswertes zu berücksichtigen, sodass es zu keiner Umgehung der Verfahrenserfordernisse nach Vergaberecht käme (vgl. § 3 Abs. 6 VgV).
Umsetzungsbeispiel – der Weg zum elektronischen Katalog
Ein Beispiel für eine Vorstufe eines solchen elektronischen Katalogs bietet der „Bauteilkonfigurator“ des Münchener Unternehmens Man ad Work (www.menadwork.com) – BIM-fähige Datensätze sind nicht zwingend erforderlich. Er ist derzeit allein in der Privatwohnungswirtschaft in Anwendung, erfüllt bereits jetzt jedoch einige Anforderungen auch für die Anwendung durch öffentliche Auftraggeber.
Der Bauteilkonfigurator kann für ein spezielles Bauvorhaben oder für mehrere Projekte ähnlicher Art aufgelegt werden. Der Bauherr wählt Produkthersteller für die Teilnahme an dem Bauteilkonfigurator aus und legt mit ihnen die wichtigsten Vertragskonditionen für eine bestimmte Produktpalette fest, die später die Nutzer der Immobilie als Ausstattung wählen können. Die Produkthersteller hinterlegen dann im Konfigurator die Produktdaten und 3D-Modelle. Der Käufer einer projektierten Wohneinheit erhält mit Vertragsschluss ein login zu dem Bauteilkonfigurator. In einem bestimmten – vertraglich definierten – Zeitraum kann der Käufer dann die Auswahl aus der Produktpalette z. B. aus verschiedenen Bodenbelägen oder Sanitärobjekten auswählen. Nach Auswahl wird elektronisch ein Angebot eingeholt. Nach Beauftragung wird der Datensatz an den Planer weitergeleitet, um diesen in die Ausführungs-/Detailplanung umzusetzen. Preis und Ausführungszeit werden angepasst.
Die weiteren möglichen Anwendungsfälle z. B. auch für Nachbestellungen während der Nutzungsphase liegen auf der Hand. Mit zunehmender Verbreitung BIM-fähiger Produktdatensätze dürfte die Relevanz dieser Einkaufssysteme steigen.
Autor: Fachanwalt Dr. Till Kemper M.A.
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