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Brandschutzmaßnahmen nur mit Blick auf die Gesamtanlage



Brandschutzmaßnahmen nur mit Blick auf die Gesamtanlage
 
 
 
 
 

20. August 2020

Komplexe Aufgabe bei Lüftungs- und Klimaanlagen: die Planung des regelkonformen Brandschutzes

Die Notwendigkeit zur Ressourcenschonung und die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben wie der Energieeinsparverordnung (EnEV) führen zu immer dichteren Gebäudehüllen. Damit wird die aktive und automatische Lüftung von Wohn- und Zweckgebäuden immer wichtiger. Die notwendigen Luftverteilleitungen queren dabei zwangsläufig auch Brandabschnittsgrenzen. Um eine Ausbreitung von Feuer und Rauch über diese Lüftungsleitungen im Gebäude zu verhindern, sind besondere Maßnahmen notwendig.

Risiken bei Lüftungsleitungen
Bei Lüftungsanlagen besteht eine Gefahr für die Ausbreitung von Rauch, der über die Kanäle, Zu- und Abluftöffnungen im Gebäude verteilt wird. Bleibt die Anlage im Brandfall in Betrieb, wird dieser Effekt unter Umständen durch Strömungsgeschwindigkeiten von bis zu 20 m/s noch beschleunigt. Dadurch werden nicht nur Menschen gefährdet, es besteht auch Gefahr für einen materiellen Schaden.

Anforderungen an Lüftungsleitungen
Der Gesetzgeber ist sich der Brandrisiken durch Lüftungsanlagen bewusst und hat entsprechende Regelungen geschaffen: Bereits in der Musterbauordnung (MBO) werden grundsätzliche Anforderungen gestellt: „Lüftungsanlagen müssen betriebssicher und brandsicher sein; sie dürfen den ordnungsgemäßen Betrieb von Feuerungsanlagen nicht beeinträchtigen.“ Daher müssen Lüftungsleitungen sowie deren Bekleidungen und Dämmstoffe grundsätzlich aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen. Brennbare Baustoffe sind nur dann zulässig, „wenn ein Beitrag der Lüftungsleitung zur Brandentstehung und Brandweiterleitung nicht zu befürchten ist“.
Die Durchquerung von Decken und Wänden mit vorgeschriebenem Feuerwiderstand ist nur zulässig, wenn eine Brandausbreitung verhindert wird oder nicht zu befürchten ist. Diese Festlegungen gelten grundsätzlich für alle Gebäude, ausgenommen die der Gebäudeklassen 1 und 2 (max. 7 m Höhe, max. zwei Nutzereinheiten, max. 400 m2) sowie Lüftungsanlagen innerhalb von Wohnungen. Als Lüftungsanlagen gelten auch raumlufttechnische Anlagen, Klimaanlagen und Warmluftheizungen.

Bauaufsichtliche Konkretisierung
Hinsichtlich Planung, Bemessung und Ausführung wird in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) auf die Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR) verwiesen, die damit zwingend zu beachten bzw. umzusetzen ist. Die Anforderungen der MBO werden dort konkretisiert und gelten als erfüllt, wenn die M-LüAR umgesetzt ist. Für Sonderbauten gelten gegebenenfalls zusätzliche Anforderungen, die dem Brandschutznachweis (bauvorhabenbezogenes Brandschutzkonzept) zu entnehmen sind.
Die M-LüAR beschreibt einleitend die Anforderungen an das Brandverhalten von Lüft ungsanlagen und ihrer Komponenten. Generell sind keine brennbaren Baustoff e zulässig in Rettungswegen, oberhalb von Unterdecken (die tragende Bauteile schützen), an Lüft ungsleitungen mit Luft temperaturen über 85 °C und bei gewerblicher Küchenabluft. Schwerentflammbare Baustoffe sind zulässig, wenn die Leitungen nicht durch feuerwiderstandsfähige Bauteile geführt werden oder wenn am Durchtritt durch diese Bauteile Brandschutzklappen verwendet werden. Beschichtungen (z. B. Folien) sind von maximal 0,5 mm vertretbar, wenn diese aus normalentflammbaren Materialien bestehen.
Für Lüft ungsleitungen, die durch Brandabschnitte laufen, sieht die M-LüAR grundsätzlich zwei mögliche Schutzmaßnahmen vor. Eine Möglichkeit ist die durchgehende Ausführung bzw. Bekleidung der Leitungen in der höchsten Feuerwiderstandsfähigkeit aller durchdrungenen raumabschließenden Bauteile. Diese Variante ist allerdings nur möglich, wenn die Leitungen innerhalb eines Brandabschnittes keine Zu- und Abluft – öffnungen haben. Die andere Möglichkeit ist die Montage von Brandschutzklappen (Schottlösung).
Senkrechte Lüft ungsleitungen können auch in einem feuerwiderstandsfähigen Schacht (F30/F60/F90) geführt werden (Schachtlösung). In diesem Fall sind bei Abzweigungen in den Geschossen an den Durchtrittsstellen bzw. an den Anschlussstellen Brandschutzklappen zu installieren. Ein wesentlicher Vorteil der Schachtlösung besteht darin, dass ggf. zusätzliche Maßnahmen zur Kaltrauchsicherung entfallen können. Eine temperaturmäßige Bezeichnung für Kaltrauch gilt in der Praxis, wenn dieser unterhalb der Auslösetemperatur von thermischen Auslösevorrichtungen liegt (z. B. Schmelzlot bei Brandschutzklappen). Ein weiteres Szenario ist die Entwicklung von Kaltrauch durch Sprinkleranlagen im Entstehungsbrand.
Damit wird deutlich, dass die Planung von Brandschutzmaßnahmen bei Lüftungsanlagen ein komplexer Vorgang ist, bei dem es nicht um lokale Einzelmaßnahmen geht, sondern immer die gesamte Anlage zu betrachten ist. Ebenso gibt es eine Vielzahl von Wechselwirkungen mit anderen Anlagen und Bauteilen. So hat z. B. die Verlegung von Lüft ungsleitungen durch feuerwiderstandsfähige Wände und Decken direkte Auswirkungen auf die brandschutztechnische Auslegung von Lüft ungszentralen. Deren raumabschließenden Bauteile müssen nämlich der höchsten Feuerwiderstandsfähigkeit derjenigen Decken und Wände entsprechen, durch die Lüftungsleitungen hindurchgeführt werden.

Lüftungsanlagen in Wohnungen
Bei Lüftungsanlagen in Wohnungen bzw. abgeschlossene Nutzungseinheiten mit maximal 200 m2 sieht die M-LüAR Erleichterungen vor. Anstelle von Brandschutzklappen dürfen unter bestimmten Voraussetzungen auch andere Absperrvorrichtungen verwendet werden. In diesem Fall sind allerdings zusätzlich Sperren zur Verhinderung der Übertragung von Rauch zwischen den Nutzungseinheiten zu installieren (Kaltrauchsperren).

Bad- und WC Entlüftung
In Bad- und WC-Lüftungsanlagen dürfen unter bestimmten Voraussetzungen auch Absperrvorrichtungen – mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung bzw. mit allgemeiner Bauartgenehmigung – für die Verwendung nach DIN 18017-3 eingesetzt werden. Unter anderem darf in diesem Fall der Anschlussquerschnitt maximal 350 cm2 betragen, während die luftführenden Hauptleitungen einen maximalen Querschnitt von 1000 cm2 nicht überschreiten dürfen.

Gewerbliche Küchenabluft
Die M-LüAR geht darüber hinaus auf zahlreiche Anwendungsfälle von Lüftungsanlagen ein, beispielsweise in gewerblichen Küchen oder anderen Anlagen, in denen sich brennbare Stoffe ablagern können. So sind Küchenabluftleitungen bereits direkt nach dem Austritt aus der Küche mit einer 90-minütigen Feuerwiderstandsfähigkeit auszuführen. Alternativ können spezielle, für diesen Anwendungsfall zugelassene Brandschutzklappen eingesetzt werden. Außerdem gelten besondere Anforderungen an die Dichtigkeit der Leitungen sowie für Reinigungsöffnungen in den Leitungen.

Lüftung versus Entrauchung
Aus wirtschaftlichen Gründen wird oftmals die lüftungstechnische Anlage zur Rauchabführung eingeplant, die auch die Kaltrauchentwicklungen in der Brandentstehung ableiten soll. Lüftungsanlagen werden bei einem Brand im Regelfall abgeschaltet, um die Ausbreitung von Feuer und Rauch zu verzögern. Insbesondere bei Sonderbauten wird allerdings immer wieder diskutiert, Lüftungs-, Klima- und andere raumlufttechnische Anlagen für die Kaltrauchableitung zu nutzen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass an Anlagen zum Rauchabzug wesentlich höhere Anforderungen gestellt werden. RLT-Geräte besitzen im Allgemeinen keine bauaufsichtliche Zulassung für die Entrauchung.
So müssen Lüftungsleitungen, Ventilatoren, Energieversorgung und Lüftungszentrale für den Brandfall (Funktionserhalt) und für den Transport von heißen und toxischen Brandgasen ausgelegt sein. Die erforderliche Luftwechselrate ist im Brandfall häufig fünf bis zehnmal so hoch wie im Lüftungsbetrieb. Ist der Querschnitt der Lüftungsleitungen zu klein ausgelegt, entstehen im Brandfall extrem hohe Strömungsgeschwindigkeiten, die zu einer Verwirbelung des Rauches führen und damit die Bildung einer raucharmen Schicht erschweren.
Für den Transport von heißen Brandgasen nicht geeignete Komponenten sind durch Bypässe mit automatisch betriebenen Rauchwechselklappen abzutrennen. Je nach Brandort müssen die entsprechenden Leitungsabschnitte entweder durch Schließen einer Brandschutzklappe gesperrt oder durch Öff nen einer Entrauchungsklappe aktiviert werden.
Wesentlich einfacher können maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsanlagen für einen Lüft ungsbetrieb konfiguriert werden. Allerdings muss auch hier der reibungslose Parallelbetrieb von Brandschutz- und Entrauchungsklappen gewährleistet sein.

Fazit
Lüft ungsanlagen können im Brandfall ein erhebliches Risiko für die Ausbreitung von Rauch und Feuer darstellen. Die Planung von Brandschutzmaßnahmen ist ein komplexer Vorgang, bei dem immer die gesamte Anlage zu betrachten ist. Ebenso gibt es eine Vielzahl von Wechselwirkungen mit andern Anlagen und Bauteilen zu beurteilen. Aus diesem Grund stellt der Gesetzgeber in den Bauordnungen, der MVV TB und der M-LüAR detaillierte Anforderungen an deren Komponenten und ihre Verwendung. Die in der M-LüAR beschriebenen Lösungen und Erleichterungen ermöglichen eine wirtschaft liche Realisierung, die auf die individuellen Anforderungen des Gebäudes abgestimmt ist. Eine sorgfältige Planung und fachgerechte Umsetzung werden vorausgesetzt.

Literatur
[1] Musterbauordnung – MBO
[2] DIBt Deutsches Institut für Bautechnik: Veröff entlichung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen
[3] DIN 4102-6: Brandverhalten von Baustoff en und Bauteilen; Lüftungsleitungen, Begriff e, Anforderungen und Prüfungen (zurückgezogen).
[4] DIN V 4102-21: Brandverhalten von Baustoff en und Bauteilen – Teil 21: Beurteilung des Brandverhaltens von feuerwiderstandsfähigen Lüftungsleitungen
[5] DIN EN 13501-3 (Entwurf): Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 3: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen an Bauteilen von haustechnischen Anlagen und elektrischen Kabeln.
[6] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen (Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie – M-LüAR).
[7] DIN 18017-3: Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren.
[8] DIN EN 12101-3: Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 3: Bestimmungen für maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsgeräte.

Autor: Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V.


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