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Latentwärmespeicher clever nutzen



Latentwärmespeicher clever nutzen
 
 

14. Juli 2020

Forschungsprojekt: Lastmanagement von Stromnetzen mittels thermischer Speicher und Wärmepumpen

Im Rahmen des Projekts „Latenter Stromspeicher“1) unter der Federführung des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) wurde ein intelligentes Wärmeversorgungssystem auf häuslicher Ebene entwickelt, das auf der Speicherung von Energie aus unterschiedlichen Quellen beruht. Dazu wurden zwei Technologien entwickelt, ein Latentwärmespeicher auf Basis einer Paraffin-in-Wasser-Dispersion und ein Energiemanager mit einer modellprädiktiven Regelung. Beide Technologien wurden praktisch in einer Demonstrationsanlage erprobt. Die Ergebnisse stimmen positiv.

Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima in 2011 hat die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kernkraft beschlossen. Mit dem „Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung“ wird ebenfalls die Kohleverstromung schrittweise verringert und bis spätestens Ende 2038 vollständig beendet. Um die Energieversorgung weiterhin zu gewährleisten, muss der Energieanteil regenerativer Energiequellen an der Stromerzeugung ausgebaut werden. Dies erfordert den Ausbau der Energienetze, aber auch den Einsatz von Energiespeichern. Neben den klassischen Stromspeichern wie Batterien oder Pumpspeicherkraft – werken können auch thermische Energiespeicher indirekt eingesetzt und thermische Energieversorgungssysteme netzdienlich betrieben werden. Dies meint die zeitliche Verschiebbarkeit des Zeitpunkts, wann Strom-Wärme wandelnde Versorgungssysteme Strom beziehen, unabhängig vom Wärmebedarf. Damit die Versorgungssicherheit mit Wärme dennoch gewährleistet ist, muss ein Freiheitsgrad in Form einer Speicherkapazität geschaffen werden. Hierfür können Wärmespeicher eingesetzt werden.

Neue Aufgaben kommen hinzu
Wärmespeicher werden bislang in der Regel nur so dimensioniert und betrieben, dass die primäre Versorgungsaufgabe der Anlage erfüllt wird. Das bedeutet, dass sie aus technischen Gründen eingesetzt werden, um etwa das Takten der Anlagen zu reduzieren oder die Nennleistung bei der Energiewandlung nicht auf die kurzzeitig auft retende Spitzenlast dimensionieren zu müssen (Peak Shaving).

Mit dem Ziel, Wärmeversorgungsanlagen mithilfe von Wärmespeichern netzdienlicher zu betreiben, steigen sowohl die Anforderungen an dem Wärmespeicher hinsichtlich seiner nutzbaren Kapazität, als auch an die Anlagensteuerung und die Einsatzplanung der Komponenten. Das Projekt „Latenter Stromspeicher“ befasste sich mit diesen Anforderungen und entwickelte ein intelligentes Wärmeversorgungssystem auf häuslicher Ebene, das auf der effizienten, vorausschauenden Speicherung von Energie aus unterschiedlichen Quellen beruht. Hierfür wurde ein neuartiger Latentwärmespeicher auf Basis einer phasenwechselnden Dispersion entwickelt und mit einem Wärmepumpensystem kombiniert. Ferner wurde ein häusliches Energiemanagement entwickelt, das diesen Speicher in Kombination mit einem elektrischen Energiespeicher und solarer Stromerzeugung vorausschauend für einen optimalen ökonomischen und energieeffizienten Betrieb nutzt. Die Funktionsfähigkeit der Technologieentwicklungen wurde geprüft und mit einer Demonstrationsanlage die Einsatzfähigkeit der Technologien in einem Gesamtsystem getestet.

Latentwärmespeicher auf Basis von Phasenwechselmaterial
Als thermische Energiespeicher werden verbreitet Heizwasserspeicher als sensible Wärmespeicher in der Gebäudetechnik eingesetzt. Neben sensiblen Wärmespeichern sind auch Latentwärmespeicher marktverfügbar, diese werden aber nur vereinzelt eingesetzt. Ein großer Vorteil von Latentwärmespeichern ist ihre höhere Energiedichte, die es erlaubt, bei der Wärmespeicherung neben der sensiblen Wärme auch die latente Wärme des Phasenwechsels eines Phasenwechselmaterials zu nutzen. Nachteilig ist eine komplexere Konstruktion des Wärmespeichers, da beim Phasenwechsel das Speichermedium zu einem Block gefriert und mittels Wärmeübertrager vom Heizwasser getrennt werden muss. Einen neuen technologischen Ansatz versprechen hier sogenannte phasenwechselnde Flüssigkeiten wie Dispersion von Paraffin-in-Wasser. Bei diesen Flüssigkeiten wird Paraffin als Phasenwechselmaterial eingesetzt und direkt ins Wasser dispergiert. Das Paraffin liegt in Form kleiner Tröpfchen oder Partikel vor, die bei Wärmeaufnahme schmelzen bzw. bei Wärmeabgabe gefrieren. Die Dispersion verwandelt sich bei Wärmeaufnahme von einer Suspension in eine Emulsion bzw. bei Wärmeabgabe von einer Emulsion in eine Suspension, behält aber dabei ihre Fließeigenschaften und kann wie Heizwasser in einem hydraulischen System eingesetzt werden. Eine solche Dispersion ermöglicht gegenüber konventionellen Latentwärmespeichern eine einfachere Konstruktion des Wärmespeichers, die nicht komplexer ausfällt als bei sensiblen Wärmespeichern. So wurde im Rahmen des Projektes ein üblicher Kombispeicher der Firma Stiebel Eltron eingesetzt, der anstelle von Wasser, mit einer Paraffin-in-Wasser-Dispersion befüllt wurde und im Temperaturbereich zwischen 25 und 40 °C eine erhöhte Energiedichte besitzt. Bild 1 zeigt die Demonstrationsanlage bei Stiebel Eltron in Holzminden.

Das Diagramm zu Bild 1 illustriert das Speichervermögen der Dispersion. Aufgetragen ist die spezifische Wärmemenge, die von der Dispersion durch eine Änderung der Temperatur im Bereich des Phasenwechsels aufgenommen werden kann. Es wird jeweils ein Temperaturbereich von 10 Kelvin betrachtet, wobei eine 30, 40 und 50 gewichtprozentige Paraffinin-Wasser-Dispersion betrachtet wird. Die spezifische Wärmemenge von Wasser ist vergleichend aufgetragen. Bei einer Temperaturdifferenz von 10 K kann bei diesem Beispiel die gespeicherte Wärmemenge mit einer 30 gewichtprozentigen Dispersion knapp verdoppelt werden.

Energiemanagement zur häuslichen Wärme- und Stromversorgung
Ferner wurde ein intelligentes und vorausschauendes Energiemanagement zur häuslichen Wärme- und Stromversorgung entwickelt, das auf der Methode der modellprädiktiven Regelung basiert. Die Regelung optimiert viertelstündlich das Betriebsverhalten der Anlage. Dazu werden modell- und datenbasierte Prognosen des zukünftigen Anlagenverhaltens in Echtzeit analysiert und ideale Betriebsstrategien unter Berücksichtigung von Rahmenbedingungen mithilfe mathematischer Optimierung abgeleitet. Als Optimierungsziele lassen sich beispielsweise die Maximierung des Eigenstromverbrauchs oder die Minimierung der Energiekosten einstellen, wobei flexibel zwischen den Zielen umgeschaltet werden kann und der thermische Komfort der Bewohner jederzeit sichergestellt ist. Zur Realisierung der prädiktiven Regelung wurden dynamische Bilanzmodelle der Komponenten erstellt und mit Messdaten parametriert. Die Modelle simulieren die zeitliche Veränderung der im System gespeicherten Energiemengen. Darauf aufbauend werden Wärmeerzeugung und die Verteilung der elektrischen Energie optimiert. Die Regelung wurde auf der Energiemanagementplattform der HPS Home Power Solutions GmbH implementiert und auf einem kostengünstigen Einplatinenrechner in die Anlage integriert.

Demonstrationsanlage belegt Funktionsfähigkeit
Mit dem Aufbau der Demonstrationsanlage bei Stiebel Eltron wurde der praktische Nachweis über die Funktionsfähigkeit des vorausschauenden Regelungskonzepts für das Ziel der Maximierung des Eigenstromverbrauchs erbracht. Dabei wurde eine hohe Nutzung der latenten Wärmespeicherung herausgearbeitet. Bild 2 rechts zeigt oben die Temperaturen im Speicher, in der Mitte die Wärmeerzeugung mit der Wärmepumpe und unten die Wärmeabnahme an der Senke. Die grün eingefärbte Fläche hebt die Zeitspanne hervor, um welche die erneute Einschaltung der Wärmepumpe verschoben werden konnte und stellt somit einen zusätzlich gewonnenen Freiheitsgrad in der Bereitstellung netzdienlicher Flexibilität dar.

Zusammenfassung
Im Rahmen des Projektes wurden zwei Technologien entwickelt, ein Latentwärmespeicher auf Basis einer Paraffin-in-Wasser-Dispersion und ein Energiemanager mit einer modellprädiktiven Regelung. Beide Technologien wurden in einer Demonstrationsanlage unter realitätsnahen Bedingungen erprobt. Das Monitoring der Anlage dokumentiert die Funktionsfähigkeit der Technologien und wies die Möglichkeit eines netzdienlichen Betriebs nach. Der nächste Entwicklungsschritt ist die Weiterentwicklung der Technologien hin zu marktfähigen Produkten und die weitere Erprobung in Feldversuchen.

Autoren: Dr. Daniel Wolf, HPS Home Power Solutions GmbH; Prof. Martin Mönnigmann und Yannik Löhr, Lehrstuhl für Regelungstechnik und Systemtheorie, Ruhr-Universität Bochum; Dr. Clemens Pollerberg und Dana Schmidt, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT

Bilder: Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik


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