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Vorübergehende Gesetzesänderungen im Zuge der Corona-Pandemie



Vorübergehende Gesetzesänderungen im Zuge der Corona-Pandemie
 

13. Juli 2020

Seit dem Frühjahr 2020 gelten rechtliche Ausnahmen für Unternehmen, Gläubiger und Privatpersonen

Die Bundesregierung hatte bereits Ende März das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) verkündet. Es ist eine Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und gilt seit dem Verkündigungstermin 27. März 2020. Es lässt sich auch auf Handwerksbetriebe anwenden.

Wesentliche Änderungen der vorübergehend geltenden Gesetzesanpassung sind

  • die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (betrifft sowohl Zahlungsunfähigkeit als auch Überschuldung),
  • eine Haftungsreduzierung der Organe juristischer Personen (insbesondere Geschäftsführer),
  • Einschränkungen bzw. Ausschluss des Anfechtungsrechts sowie
  • gesellschaftsrechtliche und zivilrechtliche Anpassungen (auf organisatorischer Ebene).

Einige Änderungen sind sinnvoll und nötig, andere bergen Risiken bzw. berücksichtigen bestimmte Sachverhalte nicht praxisnah.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO (Insolvenzordnung) und § 42 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist nun bis mindestens zum 30. September 2020 unter bestimmten Bedingungen ausgesetzt. Diese Aussetzung gilt aber insbesondere nicht, wenn die Betriebslage nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2 (COVID- 19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig oder überschuldet, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Die meisten krisenbehafteten Unternehmen dürften in diese Kategorie fallen;es sei denn, es handelt sich um ein sogenanntes Zombieunternehmen, das bereits durch buchhalterische und betriebswirtschaftliche Verschleierungstaktiken am Markt gehalten wurde. Es besteht die konkrete Gefahr, dass durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nun ein regelrechtes Unterlaufen durch Zombieunternehmen droht. Denn durch die Kombination mit einer Haftungsreduzierung der Organe (siehe unten) wird ein Verschleppen der Insolvenz und auch benachteiligendes Verhalten der Geschäftsführung Gläubigern gegenüber nicht mehr sanktioniert. Die sehr weit gefasste Vermutungsregelung in Bezug auf den Entstehungszeitpunkt der Insolvenzreife macht die gefährliche Mischung komplett.

Hinzu kommt auch, dass Gläubigerinsolvenzanträge ebenfalls durch das COVInsAG eingeschränkt werden. Hier gilt, dass bei Gläubigerinsolvenzanträgen, die zwischen dem 28. März 2020 und dem 28. Juni 2020 gestellt wurden oder noch werden, der Eröffnungsgr- und bereits am 1. März 2020 vorliegen musste. Dies wiederum widerspricht der eigentlichen Vermutungsregelung, die aussagt, dass eine Insolvenzantragspflicht nicht besteht, wenn der wirtschaftlichen Schieflage die Corona-Pandemie zugrunde liegt. Somit kann sich der Markt kaum noch selbstständig vor hohen Ausfallrisiken und Folgeinsolvenzen schützen.

Haftungsreduzierung der Organe juristischer Personen
Normalerweise gilt nach Eintritt der Insolvenzreife ein sogenanntes Zahlungsverbot. Zahlt die Geschäftsführung im Wissen, dass nicht mehr alle Gläubiger bedient werden können, ist Gläubigerbenachteiligung gegeben. Die Geschäftsführung würde in der Regel für daraus resultierende Schädigungen der Gläubiger haften (Quotenschadenhaftung).

Mit § 2 COVInsAG wurde dieses Haftungsrisiko nun ebenfalls ausgesetzt. Musste die Geschäftsführung die Notwendigkeit einer Zahlung regelmäßig darlegen und beweisen, gilt nun übergangsweise ebenfalls eine Vermutungsregelung. Solange die Insolvenzantragspflicht gemäß § 1 COVInsAG ausgesetzt ist, wird vermutet, dass sämtliche Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ausgeführt wurden.

Bis zum 30. September 2023 gelten die Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die Bestellung von Sicherheiten ebenfalls als nicht gläubigerbenachteiligend. Dies gilt auch für Gesellschafterdarlehen und Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Deren Besicherung fällt nicht darunter. Dadurch besteht das Risiko, dass Geschäftsführer oder ähnliche Organe bestimmte Zahlungen an sich oder bestimmte Dritte leisten, wohlwissend, dass weitere Zahlungen an sonstige Gläubiger zukünftig nicht oder nicht mehr vollumfänglich geleistet werden können.

Abgesehen von Zahlungen auf Gesellschafterdarlehen scheinen gerade diese Änderungen allerdings geboten. Denn ein Darlehensgeber, der in einer solchen Ausnahmesituation sich darum bemüht, eine Sanierung zu ermöglichen, sollte nicht mit Risiken belastet werden.

Ausschluss des Anfechtungsrechtes
Liegen die nach § 1 COVInsAG geltenden Voraussetzungen der Aussetzung einer Insolvenzantragspflicht vor, ist mittelfristig das Anfechtungsrecht weitestgehend bedeutungslos. Rechtshandlungen zwischen dem 01. Januar 2020 und dem 30. September 2020 (kann sich bis zum 31. März 2021 verlängern) sind in einem möglichen späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; es sei denn, der andere Teil wusste, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind. Die Auswirkung auf einzelne Verfahren ist hierbei kaum abzusehen, insbesondere ist aber mit vermehrten Verfahrenseinstellungen mangels Masse zu rechnen.

Gesellschaftsrechtliche Anpassungen
Hier geht es im Grunde lediglich um Anpassungen der Formanforderungen an Gesellschafterbeschlüsse (GmbH) und Erleichterungen bei der Durchführung von Hauptversammlungen (AG). Es werden hier die Voraussetzungen gelockert, sodass persönliche Treffen und Kontakte nicht mehr zwingend erforderlich sind – sinnvolle und unproblematische Anpassungen organisatorischer Natur.

Zivilrechtliche Anpassungen
Miet- und Pachtverhältnisse können durch den Vermieter nicht mehr allein aus dem Grund gekündigt werden, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen.

Für vor dem 15. März 2020 geschlossene Verbraucherdarlehensverträge gilt, dass Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, für drei Monaten gestundet werden. Voraussetzung ist, dass der Verbraucher aufgrund der COVID-19-Pandemie Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist.

Dies sind durchaus nachvollziehbare Erleichterungen. Doch sind auch hier offensichtliche Möglichkeiten des Missbrauchs möglich.

Fazit
Die vorübergehenden Änderungen sind an vielen Stellen nachvollziehbar und angebracht, an anderen Stellen allerdings zu weit gefasst bzw. ohne Berücksichtigung praxisrelevanter Probleme formuliert worden. Das Ziel der Bundesregierung, eine schnelle Lösung bestehender Probleme, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, für die Wirtschaft zu formulieren, ist löblich. Doch hätte es an der einen oder anderen Stelle etwas mehr Weitblick benötigt, um vor Missbrauch zu schützen und gerade das Insolvenzrecht, und hier im Speziellen das Anfechtungsrecht, nicht zukünftig in solch gravierender Form zu untergraben.

Autor: Thomas Uppenbrink, Unternehmensberatung Uppenbrink & Collegen, Hagen

www.uppenbrink.de


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