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StartseiteWissenNewsTrinkwasserverteilungssysteme auf dem Prüfstand
13. Januar 2020
Die Rohrleitungsführung als zentrale Stellschraube zum Erhalt der Trinkwassergüte. Teil 2: Temperaturverteilung innerhalb horizontaler Verteil-Systeme
Neben vertikal orientierten Verteilungskonzepten, wie sie im ersten Teil des Artikels untersucht wurden, sind heutzutage horizontal orientierte Konzepte stark verbreitet. Das hat den Hintergrund, dass im Falle einer Sanierung einzelne Abteilungen/Stockwerke außer Betrieb genommen und saniert werden können. Somit fanden im Rahmen des hier vorgestellten Projektes der FH Münster auch messtechnische Untersuchungen hinsichtlich der Temperaturverteilung in horizontal orientierten Systemen statt. Bei dieser Art der Verteilung wird in der Regel die Zwischendecke als Installationsraum genutzt.
Bei der Untersuchung der horizontal orientierten Verteilung wurde eine Zwischendecke errichtet, in der die Heizungs-, Warmwasser- und Kaltwasserverteilleitungen parallel zur Vorwandinstallation verlaufen. Ausgehend von der Zwischendecke erfolgt der Anschluss der Entnahmestellen bei ansonsten gleicher Anschlusssituation (Bild 5). Die Untersuchung der Temperaturverteilung innerhalb der Vorwandinstallation erfolgte analog zu der vorher beschriebenen Herangehensweise bei der vertikalen Verteilung. Die Zwischendecke wurde ebenfalls mit Temperaturfühlern ausgestattet und mit einer Revisionsklappe versehen. Die Öffnung wurde mit einer Folie luftdicht verschlossen, um nach dem Öffnen der Revisionsklappe die Temperaturen während der Thermografie-Aufnahme stabil zu halten und diesen Bereich thermografisch aufzunehmen. Aufgrund der gemeinsamen Verlegung von Kaltwasserleitungen mit warmgehenden Rohrleitungen innerhalb der Zwischendecke wurde hier ebenfalls der Effekt einer thermischen Trennung untersucht. Die thermische Trennung ist für die Untersuchungen variabel einsetzbar und besteht aus einer Polystyrol-Hartschaum-Bauplatte mit einer Nenndicke von 12,5 mm.
Horizontale Verteil-Systeme ohne thermische Trennungen
Nach
dem Erreichen eines konstanten Zustandes wurde in der Zwischendecke
eine Übertemperatur von ≈ 5 K im Bereich der Kaltwasserverteilleitung
ermittelt (Bild 6). Bei einer Raumtemperatur von 20 °C wird bereits der
kritische Temperaturbereich von ≈ 25 °C erreicht. Wird eine
Raumtemperatur von 24 °C gefordert, liegt die Temperatur in der
Zwischendecke bereits bei ≈ 29 °C. Weiterhin ist zu beachten, dass sich
aufgrund der natürlichen Temperaturschichtung im Raum schlechtere
Ausgangstemperaturen innerhalb der Zwischendecke einstellen als z. B. im
Fußbodenaufbau.
Horizontale Verteil-Systeme mit thermischen Trennungen
Durch
den Einsatz einer thermischen Trennung in der Zwischendecke konnte eine
Temperaturdifferenz zwischen dem kalten und dem warmen Bereich von ≈
5 K erzeugt werden (Bild 6). Die Übertemperatur im kalten Bereich der
Zwischendecke betrug 2,4 K und konnte im Vergleich zur Variante ohne
thermische Trennung halbiert werden. Dennoch wird bei einer
Raumtemperatur von 24 °C (z. B. Bad) der kritische Temperaturwert von
25 °C überschritten. Zudem kommt es bei einer horizontalen Verteilung
zwangsläufig zu Kreuzungsbereichen der warm- und kaltgehenden
Rohrleitungen. Im Versuchsaufbau kreuzt der Ein- und Austritt der
Kaltwasserringleitungen die warmgehenden Rohrleitungen und durchläuft
den warmen Bereich innerhalb der Zwischendecke. In Bild 7 sind die
Verläufe der Rohrleitungstemperaturen PWC (Ring-Eintritt, Ring-Austritt,
Verteilleitung), der Raumtemperatur sowie der Lufttemperaturen in der
Zwischendecke dargestellt. Trotz thermischer Trennung kommt es zu einer
übermäßigen Erwärmung der kaltwasserführenden Rohrleitungen innerhalb
der Zwischendecke. Ursächlich hierfür sind die Ringleitungsabschnitte,
die sich unmittelbar im Kreuzungsbereich befinden und weiterführend auch
für eine Erwärmung der Verteilleitung sorgen.
Da sich bei der
Trinkwasser- und Heizungsinstallation sowohl die Verteilungskonzepte
(horizontal / vertikal) als auch die Örtlichkeit der Verbraucher
unterscheiden können, wurde die horizontale Verteilung auch ohne den
Betrieb der Heizung betrachtet. Äquivalent zur messtechnischen
Untersuchung mit parallelem Heizungsbetrieb konnte der Wärmeeintrag in
die Verteilleitung durch Einsatz einer thermischen Trennung ungefähr um
die Hälfte reduziert werden (Bild 8). Obwohl die internen Wärmelasten
durch Abschaltung der Heizung reduziert wurden, konnten weiterhin
Übertemperaturen der kaltwasserführenden Rohrleitungen innerhalb der
Zwischendecke zwischen 2 und 4 K festgestellt werden. Raumtemperaturen
oberhalb von 21 °C haben dementsprechend kritische Temperaturbereiche
innerhalb der Kaltwasserleitungen zur Folge.
Fazit
Die Untersuchungen der konventionellen
Installationsmethoden haben Schwachstellen nachgewiesen, durch die es zu
lokalen Temperaturüberschreitungen des Kaltwassers kommt. Zu den
Ursachen gehören der konvektive Wärmeübergang bei zu hohen
Umgebungslufttemperaturen und die Wärmeleitung über wandmontierten
Entnahmearmaturen. Der Strahlungseinfluss bei unmittelbarer Verlegung
der Kaltwasserleitung zu Wärmequellen ist ebenfalls eine nicht zu
vernachlässigbare Größe. Die Grundvoraussetzungen für eine thermisch
optimale Verlegung der Kaltwasserleitungen fallen je nach
Verteilungssystem unterschiedlich aus. So ist die konvektive Erwärmung
der Kaltwasserleitungen bei der horizontalen Verteilung i. d. R. größer
als bei der vertikalen Verteilung, da eine Verlegung der Rohrleitungen
in potenziell kritischen Temperaturbereichen nicht vermieden werden
kann. Die Temperaturen im Installationsraum hängen dabei stark von der
angestrebten Raumtemperatur ab. Die vertikale Verteilung mit separaten,
thermisch getrennten Schächten für warm- und kaltgehende Rohrleitungen
liefert temperaturtechnisch die besten Bedingungen. Die
Kaltwasserleitung kann bei diesem Verteilkonzept im kältesten Bereich
installiert werden und durchläuft, im Gegensatz zur horizontalen
Verteilung oder der gemeinsamen Schachtverlegung von warmen und kalten
Rohrleitungen, keine Kreuzungsbereiche. Auf Basis des aktuellen
Erkenntnisstandes aus Forschung und Praxis hat die FH Münster acht
Regeln abgeleitet (siehe Kasten), deren Einhaltung für einen
hygienischen Betrieb einer Trinkwasser-Installation unabdingbar ist.
Literatur:
[1] Brodale, Bäcker, Kirchhoff: Das Problem mit der Wärmeübertragung. In: HLH Lüftung/Klima, Heizung/Sanitär, Gebäudetechnik 69/4 (2018), S. 44-47
[2] DIN 1988-200: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe; Technische Regel des DVGW, Beuth-Verlag, Mai 2012
[3] DIN 4108-2: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz, Beuth-Verlag, Februar 2013
[4] DIN EN 806-4: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 4: Installation, Beuth-Verlag, Juni 2010
[5] DIN EN 12831-1: Energetische Bewertung von Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Teil 1: Raumheizlast, Beuth-Verlag, September 2017
[6] DVGW W551: Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen – Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums – Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen, wvgw-Verlag, April 2004
[7] Robert Koch Institut (RKI): Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, Elsevier-Verlag, 2003
[8] VDI 6003: Trinkwassererwärmungsanlagen – Komfortkriterien
und Anforderungsstufen für Planung, Bewertung und Einsatz,
Beuth-Verlag, Oktober 2012
Autoren:
Stefan Brodale, Benedikt Kemler, beide Wissenschaftliche Mitarbeiter / Projektingenieure an der FH Münster – Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt
Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker,
Lehr- und Forschungsgebiet: Projektierung und Simulation gebäudetechnischer Systeme,
FH Münster – Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt
Bilder: FH Münster – Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt
Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker,
Lehr- und Forschungsgebiet: Projektierung und Simulation gebäudetechnischer Systeme,
FH Münster – Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt
Bilder: FH Münster – Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt
Acht Installationsregeln zum Erhalt der Trinkwasserhygiene
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