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StartseiteWissenNewsBadgestaltung mit Weitblick
26. Juni 2019
Barrierefreiheit schafft Mehrwert für alle Badnutzer
Mit dem demografischen Wandel steigt der Bedarf an seniorengerechten Bädern. Zugleich setzt sich die Erkenntnis durch, dass die barrierefreie Gestaltung auch mehr Komfort für alle Generationen bedeutet. Nicht zuletzt steigert ein entsprechender Um- oder Neubau den Wert der Immobilie – und vielfach beteiligen sich Fiskus bzw. Pflegekassen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Kriterien der Barrierefreiheit im privaten Bad.
Auf der diesjährigen ISH brachte es der Zentralverband Sanitär
Heizung Klima (ZVSHK) wieder auf den Punkt: „Das Badezimmer ist der
Schlüssel für ein selbstbestimmtes Wohnen im Alter. Bis zum Jahr 2030
besteht Schätzungen zufolge ein Bedarf an 3 Mio. barrierefreien
Wohnungen.“ Dies lassen auch einzelne Zahlen erahnen: Bundesweit sind
derzeit 21 % der Bewohner mehr als 65 Jahre alt, der Anteil steigt
jährlich um etwas mehr als zwei Prozentpunkte. Zudem: Die Zahl der
Hochbetagten nimmt zu, und die häusliche Pflege liegt bei 76 %. Ob in
den kommenden Jahren mehr Menschen sich eine altersgerechte Betreuung in
einer Einrichtung werden leisten können – oder sich die Neigung zum
Umzug positiv verändert – steht dahin. Alles in allem ergeben sich aus
dieser Skizze hohe Anforderungen an ein pflegetaugliches Bad im
häuslichen Umfeld.
„Barrierefrei“, das ist ein facettenreicher
Begriff – oder anders gesagt stark interpretationsbedürftig. Wenn
Wohnungsbauinvestoren oder private Sanierer das Stichwort aufgreifen,
kann zweierlei gemeint sein: Eine Aufgabenstellung nach DIN 18040-2
barrierefreies Bauen (Wohnungen), die die Vorgaben auch hinsichtlich der
möglichen öffentlichen Förderung erfüllt (z. B. Mindestzahl
barrierefreier Wohnungen in einem Mehrfamilien-Wohnungsprojekt). Oder es
handelt sich um ein Privatvorhaben, das zwar nicht die DIN erfüllen
muss, diese aber vielleicht zur Orientierung auswertet. Barrierefreiheit
kann auch eine Vorgabe des Badkunden sein, die auf seine spezifischen
Anforderungen Bezug nimmt und nicht buchstabengetreu die Kriterien der
Norm abarbeitet. Jedoch ist auch zu erwähnen, dass viele Personen
darunter pauschal nur die bodenebene Duschfläche sehen. Der Begriff
umfasst aber natürlich weit mehr Aufgaben und Gegenstände, sowohl vor
als auch in der Wand. Es ist letztlich Aufgabe des Sanitärprofis,
anknüpfend an „barrierefreie Wünsche“ des Kunden, eine umfassende
Beratung zum ganzen Raum und den Objekten zu geben. Stichworte können
u. a. sein: WC und dessen Sitzhöhe, Bewegungs- und Halteunterstützung,
ergonomisch angeordneter Spiegel, Stauraum und Bedienkomfort der
Armaturen, Badewannenzugang.
Umfassende Bestandsaufnahme
Auch immer mehr
jüngere Menschen und Familien denken daran, in das zukunftsfähige Bad zu
investieren. Barrierefreiheit und Komfort für Generationen sind heute
bei vielen Sanierungen gängige Stichworte. Im Vordergrund steht meist
der Wille, in den eigenen vier Wänden so lange und komfortabel wie
möglich leben zu können. Folgende Aspekte empfiehlt es sich bei einer
Bestandsaufnahme u. a. zu beachten:
Bauliche Gegebenheiten
Bei den
räumlichen Voraussetzungen für den barrierefreien Umbau sollte bei
kleinen Räumen ggf. geprüft werden, ob Nebenräume dem Bad zugeschlagen
und die Tür verbreitert werden kann. Eine solche, weiterreichende
Planung bedarf zwar zusätzlicher Baubeteiligter, aber wenn von
Auftraggeberseite für solche Überlegungen grünes Licht gegeben wird,
kann dies für die Kompetenz des Sanitär-Spezialisten nur von Vorteil
sein.
Prioritäten der Bewohner bzw. Bauherren
Was
ist vordringlich gewünscht, was kann nachgerüstet werden? Unter diesem
Aspekt ist auch zu beachten, dass z. B. ausreichend Stromanschlüsse an
den jeweiligen Stellen eingeplant werden (Stichwort: Dusch-WC). Zudem
sollte an weiteren Vorkehrungen in der Vorwandinstallation gedacht
werden – z. B. für später zu ergänzende Haltegriffe und Klappsitze. Dies
können beispielsweise OSB-Platten zur Wandverstärkung sein. Hierzu
empfiehlt es sich, dem Kunden eine Produktauswahl zu präsentieren.
Schließlich sollen der Waschtisch, das erhöhte WC und die begehbare
Dusche mit einem evtl. einzuplanenden Sitz den Geschmack des Kunden
treffen. Dazu ist auch der Aspekt Oberflächengestaltung wichtig, z. B.
in Bezug auf Rutschhemmung und Kontrast (nachlassende Sehkraft).
Sensibilisierung für Notwendigkeit
Es
versteht sich von selbst, dass der private Badkunde von den Innovationen
der Sanitärbranche weniger Kenntnisse besitzt als von den Neuheiten
z. B. bei seiner Lieblings-Automarke. Und das „altersgerechte“,
barrierefreie Bad liegt für viele einfach weit hinter dem Horizont.
Dabei löst im Kundengespräch schon die Frage nach einem bereits erlebten
oder zur Kenntnis gebrachten Bandscheibenvorfall oder Sportunfall
Nachdenken aus. Auch der Gipsfuß ist vielleicht noch in Erinnerung, bei
dem dann das Benutzen der Badewanne ein eher unüberwindbares Problem
ist. Solchen Situationen gegenüber kommen in einem barrierefreien Bad
die Sanitär-Objekte den Nutzern buchstäblich entgegen: ob es die
bodenebene Duschfläche mit Sitzplatz, die berührungslose Armatur oder
die App-Steuerung z. B. für Licht und andere Funktionen im Bad ist – die
Badnutzung ist dann auch mit Handicaps möglich.
Rund um die Badplanung
Bei einer Badplanung nach
DIN 18040-2 sind die Vorgaben klar definiert und werden hier nicht näher
aufgelistet. Allgemein sollte bei der Grundrissplanung und Verteilung
der Objekte bzw. Funktionen berücksichtigt werden, dass genügend
Aktionsradius für Hilfsmittel (Gehhilfe etc.) und ggf. eine
unterstützende Person oder Pflegekraft vorhanden ist. Zum Thema
Sicherheit gehören einfach zu bedienende Armaturen und Thermostate –
ideal mit eingebautem Verbrühungsschutz.
Rund um den Duschbereich,
den Waschtisch, das WC und die Badewanne empfiehlt es sich u. a. noch
weitere, allgemeine Aspekte zu beachten:
Duschbereich
Bewegungsspielraum ist hier
die erste Überlegung: Die bodenebene Duschfläche sollte groß genug und
bequem zugänglich sein. In kleinen Bädern ist zu überlegen, den
Duschbereich im durchgehenden Boden zu definieren und mit einem Vorhang
abzutrennen. Auch bieten sich einklappbare Duschwände an, sodass die
Duschgrundfläche fast vollständig dem Raum zur Verfügung steht. Statt
einem mittig angeordneten Duschablauf kann hier meist auch ein
Wandablauf zum Einsatz kommen. Allerdings ist dabei auf das notwendige
Gefälle und eine rutschhemmende Oberfläche zu achten. Ebenso auf
Haltestangen und evtl. auf einen einklappbaren Sitz.
Waschtisch
Der Waschtisch sollte auch im
Sitzen erreichbar sein (Unterfahrbarkeit, versetzter
Geruchsverschluss). An Haltegriffe, die auch helfen, wenn man sich nur
aufstützt, sollte auch gedacht werden. Modelle mit integrierten Griffen
bieten z. B. Hewi und Villeroy & Boch. Einen flachen und
unterfahrbaren Waschtisch bietet u. a. auch der Hersteller Geberit. Hier
ist der Ablauf im Waschtisch und der Geruchsverschluss in die Vorwand
integriert.
WC
Im WC-Bereich sind einige Variationen
möglich. Angefangen bei Modellen mit größerer Ausladung über WCs mit
manueller oder automatischer Höhenverstellung bis hin zum Dusch-WC, von
denen wohl zunehmend mehr Praktiker, die sich mit altersgerechten Bädern
beschäftigen, überzeugt sind, wie Badplaner Bernd Gisdol von
Wahl/Livinghouse aus Stuttgart weiß und erklärt: „Ein Dusch-WC
ermöglicht in nahezu jeder Lebenslage größtmögliche Selbstständigkeit.
Auch für ältere Personen wird der Toilettengang ohne fremde Hilfe und
mit einem Gefühl für hohe Sauberkeit möglich.“
Badewanne
Bei Einsatz einer Badewanne ist die komfortabelste Lösung für den leichten Einstieg die Variante mit einer Tür. Hierzu sollte der Kunde aber auch auf die Nutzung hingewiesen werden, dass die Wanne zum Betreten und Verlassen leer sein muss und dass das persönliche Kälteempfinden störend für den Nutzer sein kann. Weitere Möglichkeiten bieten sich eventuell mit einer auf dem oder wenn möglich in dem Rohfußboden platzierten Wanne.
Fazit
Der Fachhandwerker sollte immer berücksichtigen und gegenüber dem Kunden offen erklären: Die eine perfekte Gesamtlösung gibt es nicht. Oft unterscheiden sich auch die Prioritäten der Bewohner, und letztlich kann nicht für alle Eventualitäten vorgesorgt werden. Aber: Das neue, barrierefreie Bad kann zukunftstauglich geplant sein und technische Updates mitmachen. Letztlich sollte es für die Bewohner leicht nutzbar und weitgehend komfortabel sein. Dabei steht immer der maßgeschneiderten Lösung ein begrenztes Budget gegenüber.
Autor: Heinz Kaiser, Hamburg
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