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13. Mai 2022
„Operation am offenen Herzen“
Korrosionsschutz und Dämmung einer großen kältetechnischen Anlage bei laufendem Betrieb ohne Bypass-Leitungen sanieren? Eigentlich unmöglich. Mit einem von Armacell entwickelten Konzept ist das in einem Schweizer Krankenhaus dennoch gelungen.
Krankenhäuser sind die komplexesten Gebäudetypen und ein zuverlässiger Betrieb der technischen Anlagen ist von zentraler Bedeutung. Anders als in Betriebsgebäuden, in denen Stillstandzeiten zur Wartung von Maschinen genutzt werden können, laufen die gebäudetechnischen Anlagen hier rund um die Uhr. In Krankenhäusern sorgt die Kältetechnik nicht nur für ein angenehmes Raumklima auf den Stationen, auch Beatmungsgeräte benötigen für ihren störungsfreien Betrieb eine entsprechende Kühlung. Die Kälteversorgung gewährleistet die Schaffung der in Operationssälen und pathologischen Kühlräumen notwendigen Temperaturen. Kühlung ist zudem erforderlich für den Betrieb zahlreicher medizinischtechnischer Anlagen sowie zur Lagerung temperaturempfindlicher Arzneien.
Korrosion unter der Dämmung
In einem großen Schweizer Krankenhaus wird der Kältebedarf in einer zentralen Kaltwasseranlage mit einer Vorlauf-Temperatur von 6 °C (Rücklauf: 12 °C) erzeugt. Von der Kältezentrale werden alle medizinischen Anlagen, Serverräume und Krankenzimmer versorgt.
Nach mehrjähriger Betriebszeit war es jedoch zu Tauwasserbildung auf Kühlwasserleitungen gekommen und nach Entfernen der Dämmung wurden Schäden am Korrosionsschutz entdeckt. Das Stahlrohr mit einem Durchmesser von DN 400 zeigte bereits erhebliche Schichtablösungen und lokale Rostbildung. Wie die folgende Untersuchung ergab, war der Korrosionsschutz nicht sachgemäß ausgeführt worden. Anstelle eines mehrlagigen Korrosionsschutzes waren die Leitungen mit einer einlagigen Zinkstaubgrundierung versehen worden, die als Langzeitschutz nicht genügt. Zudem war offensichtlich feuchte Luft an die kalte Rohroberfläche gelangt und so Kondenswasser entstanden. Die Kälteschellen waren nicht dämmtechnisch überbaut worden, so dass hier möglicherweise feuchte Luft eingedrungen war. Da keine Abschottungsverklebungen vorgenommen worden waren, konnte sich die Feuchtigkeit in der Dämmung ausbreiten und an die Rohroberfläche gelangen.
Hoher Kältebedarf in Krankenhäusern
Krankenhäuser sind die komplexesten Gebäudetypen und sehr energieintensiv. Der durchschnittliche Energieverbrauch in deutschen Krankenhäusern beträgt rund 6000 kWh Strom und 29 000 kWh Wärme – pro Bett und Jahr. Damit ist der Energiebedarf pro Krankenhausbett größer als der eines Einfamilienhauses. Rund 70 % des Gesamtenergieeinsatzes deutscher Krankenhäuser entfallen auf die Wärmeerzeugung, 30 % gehen zu Lasten von elektrischer Energie.
In der Tat verbraucht ein großes Krankenhaus in etwa so viel Strom wie eine Kleinstadt. Spitzenreiter beim Energieverbrauch sind Klima- und Lüftungsanlagen: Sie benötigen bis zu 40 % des Strombedarfs.
Sanierungskonzept bei laufendem Betrieb
Die Schäden konnten nur im Rahmen einer umfassenden Sanierung behoben werden. Der Umstand, dass der Betrieb des Kühlsystems während der Maßnahme aufrechterhalten werden musste, kommt einer Operation am offenen Herzen gleich. Die fast 1 km langen Leitungen verlaufen in Korridoren im Untergeschoss des Gebäudes. Gemeinsam mit dem verantwortlichen Anlagenbauer entwickelte die Firma Armacell ein Sanierungskonzept, das es erlaubte, auf die Installation einer provisorischen Bypass-Leitung zu verzichten, die bauliche Veränderungen wie z. B. Mauer durchbrüche und Kernbohrungen erfordert hätte. Dabei sollte der Taupunkt durch Absenken der Raumtemperatur und / oder Reduktion der relativen Luftfeuchte soweit verschoben werden, dass auf der Rohroberfläche kein Tauwasser ausfällt. Kann die Raumtemperatur auf 15 °C abgesenkt und die Raumluft auf beispielsweise 40 % relativer Luftfeuchte gebracht werden, dann liegt der Taupunkt nur noch bei 1,5 °C, was die Beschichtung von Rohren mit einer Oberflächentemperatur von ca. 5 °C erlaubt. Bei einer Raumtemperatur von 20 °C muss die relative Luftfeuchte dagegen auf 30 % gesenkt werden, um eine Kondensation auf den Oberflächen sicher zu vermeiden und einen Korrosionsschutz aufbringen zu können.
Mehrschichtiger Korrosionsschutz- und Dämmaufbau
Armacell empfahl einen mehrschichtigen Korrosionsschutz- und Dämmaufbau, der nach einer erfolgreichen Testinstallation und Rücksprache aller Beteiligten umgesetzt wurde. Dementsprechend wurde die Leitung nach Entfernen der Dämmung zunächst gründlich gereinigt und die sich ablösende Zinkstaubbeschichtung abgebürstet. Um die Oberflächentemperatur unter die Taupunkttemperatur zu bringen und das Entstehen von Tauwasser auf der Oberfläche zu vermeiden, sorgten Ventilatoren für zusätzliche Konvektion. Bei hoher Luftfeuchtigkeit wurden zudem Luftentfeuchter eingesetzt. Nach der Reinigung und Trocknung der Rohrleitung wurde eine Korrosionsschutzmasse auf Basis von Petrolatum auf der Leitung aufgebracht, die speziell für die Beschichtung von kalten Rohrleitungen geeignet ist. Vervollständigt wurde der Korrosionsschutz mit einer sogenannten Fettbandage, einem Korrosionsschutz-Band auf Basis von Petrolatumen, das überlappend in zwei Lagen installiert wurde. Die Rohrschellen wurden ebenfalls mit der Fettbandage umwickelt. Vor und hinter den Kälteschellen wurde ein besonders belastbares coextrudiertes Dreischichtband überlappend unter Zug aufgebracht. Als Untergrund für die nachfolgende Dämmung wurde anschließend eine Dampfsperre aus Aluminum-Folie installiert.
Keine Kompromisse beim Brandschutz
Bei der Wahl des Dämmstoffs war das Brandverhalten des Materials entscheidend. Bei Ausbruch eines Brandes ist die Gefährdung von Leben und Gesundheit in einem Krankenhaus deutlich höher als in anderen öffentlichen Gebäuden. Die Projektleitung entschied sich daher für den Einsatz von «ArmaFlex Ultima», dem weltweit ersten elastomeren Dämmstoff mit der Brandklasse BL-s1, d0.
Neben der rund 900 m langen Leitung (DN 400) mussten 16 Schwingungsdämpfer, 12 Klappen, 40 Armaturen, 50 Bogen und rund 300 Rohrschellen gedämmt werden. Insgesamt installierten die Isolierer rund 1500 m2 „ArmaFlex Ultima“ Platten in einer Dämmschichtdicke von 25 mm. Daneben kamen Platten in geringeren Dämmschichtdicken und ca. 250 m „ArmaFlex Ultima“ Schläuche in einer Isolierstärke von 19 mm zum Einsatz. Die Platten wurden vollflächig verklebt und die Nähte zusätzlich mit selbstklebendem Band gesichert.
Bilder: Armacell
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