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StartseiteWissenNewsLichtsammler und -lenker
9. April 2019
Tageslichtsysteme bieten erstaunliche Lösungen, nicht nur in Bädern
Systeme, die Tageslicht auch über weite Strecken in Räume leiten können, bringen in erster Linie einen Behaglichkeits-Mehrwert, der monetär nicht zu beziffern ist – die Währung ist Lebensqualität. Aber es gibt gute und weniger gute Systeme und oft entscheidet die Qualität des Einbaus, ob der Besitzer anschließend mehr Lebensqualität gewinnt oder nicht.
Ohne Tageslicht gibt es ein Wohlbefinden des Menschen nicht.
Tageslicht ist aber auch maßgeblich Taktgeber für die innere Uhr des
Menschen. Anhand des Lichtstands folgert er die Tageszeit. Ersatz bietet
Kunstlicht im Grunde genommen nicht. Kunstlicht hat eine andere
spektrale Zusammensetzung als Tageslicht, auf das die Menschen seit
Tausenden von Jahren physisch und psychisch programmiert sind. Kaum ein
Bauherr würde beispielsweise auf die Idee kommen, das Bad in seinem
neuen Eigenheim ohne Fenster bauen zu lassen. Und jeder Mieter bevorzugt
eine Wohnung mit Tageslicht im Bad. Wo das nicht möglich ist, bieten
Tageslichtsysteme eine erstaunliche Lösung, nicht nur bei innen
liegenden Bädern.
Grundsätzlicher Aufbau
Zum
Aufbau: Durch eine Kuppel auf dem Dach fällt Tageslicht in eine Röhre.
Meist handelt es sich um eine durchsichtige Acrylglaskuppel oder
Acrylglasscheibe. Andere Anbieter wie Green Lighting verwenden zum
Teil als Material für ihre Kuppel auch eisenarmes Glas und versprechen
sich davon eine noch höhere Durchlässigkeit. Die Licht-Durchlässigkeit
guter Kuppeln bewegt sich im Bereich ≥ 90 % und es gibt unterschiedliche
technische Konzepte, die miteinander um den besten Lichteintrag-Effekt
wetteifern. Dazu zählen Abschrägungen der Röhre oder auch die
Segmentierung der Kuppel wie eine Torte in einzelne Sammellinsen. Die
Kuppeln sind witterungsbeständig, UV-resistent (das Acrylglas guter
Anbieter vergilbt nicht) sowie hagelfest. Da es keine speziellen Normen
für Tageslichtkuppeln gibt, lassen gute Hersteller ihre Produkte nach
entsprechenden DIN-Vorgaben prüfen (DIN EN 1873 Flachdach und DIN EN
14351-1 Steildach), z. B. zur Wasserdichtheit, zu Lasten (Windsog) und
zum Durchstoß.
Die Beschichtung
Die Innenwand
der Röhre ist mit einer hochreflektierenden optischen Schicht versehen,
an der das Licht nach unten reflektiert wird, das durch die Kuppel
eingesammelt wurde. Es gibt deutliche Qualitätsunterschiede bei der
Beschichtung. Einfache Systeme arbeiten mit Kunststoff-Folien, die auf
eine Metall-Röhre aufgeklebt werden. Aufgrund der unterschiedlichen
Ausdehnungskoeffizienten der Materialien kann das auf die Jahre gesehen
ein unsicheres Unterfangen sein, denn die Folie kann z. B. reißen.
Zweitens wird auflaminierten Folien zwar bescheinigt, dass sie gut
reflektieren. Aber bei jeder Reflektion streuen sie auch vergleichsweise
viel Licht. Streulicht lässt sich aber nur mit großen Verlusten
transportieren. Das Licht nimmt in seiner Intensität folglich sehr
schnell ab.
Hochwertigere Systeme arbeiten mit Vakuumbeschichtungen.
Dabei wird z. B. Reinstsilber aufgedämpft, das nur das sichtbare Licht
reflektiert, also den Wellenlängenbereich 400 – 780 nm. UV- und
Infrarot-(IR)-Strahlung werden nur minimal reflektiert.
Es geht auch um die Ecke
Am
unteren Ende der Röhre befindet sich eine Streuscheibe. Sie schließt
mit der Raumdecke ab. Das bis dahin zum Großteil noch gerichtete und
nach unten reflektierte Licht trifft auf die Streuscheibe. Die
Streuscheibe ist aus Acrylglas und hat die Funktion, das gerichtete
Licht in den Raum zu streuen.
Eine gerade Tageslicht-Röhre einzubauen
ist das Beste. Doch nicht jeder Bau erlaubt den Einbau einer solchen,
insbesondere ein vorhandener Bau manchmal nicht. Bei Green Lighting
besteht ein stufenlos einstellbarer 45 °-Bogen aus mehreren Segmenten,
die über die gleiche Hochleistungsoberfläche verfügen wie gerade
Lichtröhren. Dadurch wird laut Green Lighting gewährleistet, dass durch
den Bogen genauso viel Licht reflektiert wird wie bei einem geraden
Lichtrohr. Die Praxis habe gezeigt, dass selbst 90°-Bögen ohne
nennenswerte Lichtverluste möglich seien.
Erstaunlich viel Licht
Wieviel
Licht ist am Ende möglich? Das ist eine pauschal nicht beantwortbare
Frage, da sie von etlichen Faktoren abhängt. Dazu zählen z. B. der
gewählte Durchmesser des Sammelsystems in Abhängigkeit von der
Raumgröße, die Konstruktion der Kuppel auf dem Dach, wieviel sie
aufgrund der Dachsituation und -ausrichtung einsammeln kann oder wie oft
das Licht reflektiert werden muss, um von oben nach unten in den Raum
zu gelangen. Denn auch sehr gute Reflexionsschichten spiegeln das Licht
nicht zu 100 %.
Am Ende ist erstaunlich viel Licht möglich. Anbieter
Talis gibt bei einer Röhre mit einem kleinen Durchmesser von 30 cm und
bei einer Rohrlänge von 65 cm ein Dachfenster von 60 auf 60 cm an, um
dieselbe Lichtausbeute zu erzielen. Bei einer Röhre bis 2,5 m Länge bei
gleichem Durchmesser wird das Licht als ausreichend zum Arbeiten, zum
Lesen und zum Wohnen beschrieben. Selbst bei Röhren bis 4 m Länge sei es
noch hell, Lesen und Arbeiten sei dann aber nur direkt unter der
Streuscheibe möglich. Ab Längen darüber benötigt man für solche Zwecke
dann Kunstlicht. Laut Talis sind Kunden selbst bei 8 m langen Röhren mit
dem Ergebnis einer Grundbeleuchtung sehr zufrieden. Mit einer gewölbten
Streuscheibe von 30 cm Durchmesser lässt sich bei Talis unter normalen
Einbaubedingungen eine Fläche von 16 m2 gut ausleuchten, bei
einer flachen Streuscheibe sind es bei Talis noch 9 m2. Allerdings hängt
das Ausmaß der Lichtverteilung nicht nur von der Streuscheibenform,
sondern auch vom Aufbau der Streuscheibe ab. Bei Talis besteht das Glas
aus Prismen. Green Lighting verwendet eine Streuscheibe aus Glas mit
einer Mikropyramidenstruktur. Auch hier wird eine gleichmäßige
Lichtverteilung im Raum ermöglicht. Green Lighting gibt einen
Ausstrahlwinkel von 140 ° an.
Tauwasser und der Installateur
Wie
wird erreicht, dass es weder in der Röhre noch an den Grenzflächen der
Streuscheibe oder der Kuppel zu Tauwasser (Schwitzwasser, Kondensat)
kommt? Der physikalische Ablauf innerhalb eines Tageslichtsystems
zeichnet sich dadurch aus, dass sich das Luftvolumen in den optischen
Röhren durch Temperaturunterschiede verändert. Luft entweicht bei
Überdruck, bei Unterdruck kommt von außen Luft in das System. Immer wenn
warme Luft im System abkühlt, entsteht eine geringe Menge Tau. Bei
einem geschlossenen System würde sich im Lauf von Wochen oder Monaten
Tauwasser ansammeln. Die konstruktive Lösung der Herausforderung
Tauwasser besteht also darin, ungewollten Lufteintritt zu unterbinden
und dem Lufteintritt, der sich nicht vermeiden lässt, einen
Luftaustausch zu ermöglichen.
Bei Talis und Green Lighting
beispielsweise werden alle Bauteile bzw. der gesamte Bereich unterhalb
der Dampfbremsebene im Gebäude luftdicht verbaut und abgeklebt. Außerdem
werden die optischen Röhren an die Dampfbremse angeschlossen. Auf dem
Dach sorgen mehrere aufeinander abgestimmte Öffnungen dafür, dass ein
definierter Austausch zwischen Innen- und Außenluft stattfindet.
Zwischen optischer Röhre und der unteren Acrylglas-Scheibe der Kuppel
ist dazu ein durchgehender Spalt von 5 mm einzuhalten, sonst
funktioniert der gewollte Luftaustausch nicht.
Nicht nur
Talis-Geschäftsführer Oskar Dietz berichtet davon, dass
Tageslichtsystemler zugegeben immer wieder Probleme mit Tauwasser
hätten. „Doch in solchen Fällen sind immer von entsprechenden Monteuren
die Einbauvorschriften nicht beachtet worden“, berichtet er. Meist, wenn
das System unterhalb der Dampfbremse nicht luftdicht verbaut wurde,
weil es an verschiedenen Stellen nicht luftdicht abgeklebt wurde.
Thema Dämmung
Schwitzwasser/Tauwasser
kann aber auch ein Zeichen für schlechte Isolierung bzw. Dämmung sein.
Ein Tageslichtsystem ist grundsätzlich ein Durchbruch durch die
Außenhaut und damit auch die vorhandene Dämmung. Wenn ein Metallrohr
durch eine Dachdämmung geführt wird, entsteht eine Wärmebrücke. Auch
hier zeigen sich dann Qualitätsunterschiede. Hersteller Green Lighting
geht mit der Behauptung an den Start, dass die meisten
Tageslichtsysteme den Anforderungen an Isolierung und Dämmung nicht
genügen – und kritisiert, dass die am Markt angebotenen technischen
Lösungen meist unzureichend wären. Das Problem seien die beiden Enden.
„Doppeldiffuser und Zusatzkuppeln vermindern die Wärmeleitung zwar,
können aber die Wärmebrücke nicht beseitigen“, sagt
Green-Lighting-Geschäftsführer Alexander Korsch. Laut Korsch müsse das
System thermisch entkoppelt werden.
Green Lighting löst dies aus
seiner Sicht, indem es eine Isolierscheibe in einen Dämmblock einklebt,
der in der Röhre in der Dämmebene des Gebäudes verbaut wird. Die
Lichtröhren sind ohne Kontakt zur Glasscheibe ebenfalls eingeklebt.
Metall und Glas sind gute Temperaturleiter. Daher ist es besonders
wichtig, die Temperaturweiterleitung (z. B. im Winter bei niedrigen
Temperaturen) nicht ins Gebäudeinnere zu leiten. Durch die Unterbrechung
der Lichtröhre mit einer Isolierscheibe in der Dämmebene wird laut
Green Lighting der Temperaturausgleich auf ein Minimum reduziert. Der
Lichtdurchlass wird zwar um ca. 10 % verringert, dafür hat man kein
Schwitzwasser bzw. Kondensat und laut Green Lighting ein bauphysikalisch
optimal eingebundenes System.
Fazit: Gute Qualitäten, Kosten und der Mehrwert
Tageslichtsysteme
lassen sich natürlich einfacher installieren, wenn sie bereits in der
Planung vorgesehen sind. Aber auch der nachträgliche Einbau ist in der
Regel kein Problem. Bei massiven Decken, z. B. Beton, muss eine
Kernbohrung vorgenommen werden. Die Grenzen liegen bei den statischen
Anforderungen. Laut Geschäftsführer Alexander Korsch von Green Lighting
kam ihm eine Schwächung der Decken durch zu viele Lichtröhren in seinen
Projekten allerdings noch nicht vor.
Tageslichtleit-Systemanbieter
Talis schätzt den Zeitaufwand für alle seine Systeme bei 30 cm
Durchmesser für ungeübte Monteure auf 2 Mann à 3 – 3,5 h. In diesen
Zeiten sind Durchdringungen der Dachkonstruktion und/oder der
Betondecken nicht berücksichtigt. Außerdem kämen ggf. Mehraufwände
hinzu, z. B. beim Einbau einer thermischen Entkopplung (ca. 1 h).
Trotzdem
bewegt sich das Ganze in einem vergleichsweise moderaten Preisfeld. Für
ein fiktives Angebot (30 cm Durchmesser, optische Röhre 125 cm,
thermisches Entkoppelungselement) kommt Talis auf rund 850 Euro brutto.
Eine Lichtröhre mit einem Durchmesser von 32 cm mit einer Gesamtlänge
von ca. 140 cm kostet inkl. thermische Entkoppelung bei Green Lighting
für ein Steildach brutto rund 1180 Euro und für ein Flachdach brutto
rund 1000 Euro. Die Werte sind natürlich nicht verbindlich, aber sie
geben eine Vorstellung davon, in welchem Bereich sich qualitativ gute
Tageslichtsysteme bewegen. Die Investition lässt sich nicht messen in
Form von eingesparten Stromkosten für Licht über die Zeit. Allerdings
könnten Vermieter schon über eine solche Investition ein Mietobjekt
attraktivieren. Die Investition zahlt sich jeden Tag in Form eines
besseren Lebensgefühls aus. Es zeigt sich dabei aber einmal mehr, dass
die Technik am Ende nur so gut sein kann wie der Installateur, der sie
verbaut.
Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneuerbare Energien
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