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StartseiteWissenNewsLüftungseffizienz dezentraler Wohnraumlüftung
2. April 2019
Studienergebnisse zu den Funktionen alternierender Lüftungsgeräte
Alternierende Wohnungslüftungsgeräte haben den Markt in den
letzten Jahren scheinbar „im Sturm“ erobert. Einige Vorteile, wie die
vergleichsweise einfache Nachrüstung im Bestand oder verhältnismäßig
geringe Investitionskosten liegen offensichtlich auf der Hand. Aber wie
sieht es mit anderen Aspekten, z. B. mit der Lüftungseffizienz, der
Winddruckstabilität und den energetischen Einsparpotenzialen aus? Das
öffentlich geförderte Verbundforschungsprojekt „EwWalt“ soll einige der
vordringlichsten Fragen beantworteten.
Für das Erreichen
der energetischen Einsparziele beim Neubau und in der Bestandssanierung
von Wohngebäuden wird der ventilatorgestützten Lüftung, insbesondere
wegen der Möglichkeiten zur Wärmerückgewinnung und zum bedarfsabhängigen
Betrieb, eine wesentliche Rolle zugestanden. Am Markt werden neben den
bekannten Lüftungsgeräten mit kontinuierlich gefördertem Volumenstrom
zunehmend dezentrale alternierende Systeme angeboten, die häufig auch
als Pendellüfter oder Push-Pull-Geräte bezeichnet werden. Zur
Wärmerückgewinnung werden hierbei Wärmespeicher als regenerative
Wärmeübertrager verwendet, die zyklisch alternierend durchströmt werden
(Bild 1).
Im Abluftzyklus lädt sich eine Speichermasse mit der
Energie der warmen Abluft auf. Im anschließenden Zuluftzyklus wird diese
Energie wieder an die zuströmende Außenluft abgegeben. Aufgrund der
notwendigen Strömungsumkehr werden bei diesen Geräten typischerweise
Axialventilatoren eingesetzt. Um bezogen auf den Raum balancierte
Luftströme zu erhalten, werden mindestens zwei Luftstränge benötigt, die
gegenläufig alternierend arbeiten. Die beiden Luftstränge können
entweder in einem Gehäuse integriert sein (1 Kompaktgerät), oder durch
zwei getrennte Geräte verwirklicht werden, die steuerungsseitig
gekoppelt sind (2 Singlegeräte). Im zweiten Fall können die Geräte auch
in verschiedenen Räumen platziert sein.
Projekt „EwWalt“
Bei
alternierend arbeitenden Geräten bestanden bisher wegen fehlender
wissenschaftlich abgesicherter Erkenntnisse noch Unsicherheiten, wie
dieses Konzept im Vergleich zu kontinuierlich arbeitenden Geräten zu
bewerten ist. Dies betrifft u. a. Aspekte der Lüftungseffizienz, der
Winddruckanfälligkeit und der Bestimmung von energetischen Kennwerten.
Diese Aspekte wurden nun im öffentlich geförderten Projekt „EwWalt –
Energetische Bewertung dezentraler Einrichtungen für die kontrollierte
Wohnraumlüftung mit alternierender Betriebsweise“ untersucht. Unter
Federführung der RWTH Aachen und mit den Projektpartnern HLK Stuttgart
und ITG Dresden wurden Simulationsuntersuchungen im Blick auf
Raumluftströmungseffekte durchgeführt, Prüfverfahren zur Ermittlung der
Kennwerte für die energetische Bewertung weiterentwickelt und Vorschläge
für die Umsetzung in den Normen erarbeitet.
Untersuchungen zur Funktion alternierender Lüftungsgeräte
Um
von der lüftungstechnischen Seite die Raumluftströmungen vergleichen zu
können, die sich durch dezentral alternierende oder kontinuierlich
fördernde Geräte einstellen, wurden innerhalb des EwWalt-Projekts
CFD-Studien (engl. Computational Fluid Dynamics) durchgeführt. Mit
diesen Berechnungen ist es möglich, sich einstellende Luftströmungen
vorherzusagen und beispielsweise auch Verweildauern der Luft überall im
Gebäude zu bestimmen. Mit diesen Simulationsmethoden wurde im
EwWalt-Projekt der Luftaustauschwirkungsgrad für alle Räume in zwei
verschiedenen Wohnkonstellationen (Wohnung & Einfamilienhaus, Bild
2) analysiert. Ein kleiner Wert für den Luftaustauschwirkungsgrad weist
beispielsweise vorhandene Kurzschlussströmungen aus.
Um eine breite
Aussagekraft der Ergebnisse zu erreichen, wurden dazu verschiedene
Parametervariationen vorgenommen. Zum einen wurde die örtliche
Platzierung der Lüftungsgeräte im Wohnraum variiert, zum anderen wurden
die Lüftungsvolumenströme für das Teillastverhalten reduziert. Des
Weiteren wurde untersucht, inwieweit ein anliegender Winddruck auf der
Gebäudefassade oder eine aktive Entlüftungsanlage im Gebäude die
Arbeitsweise der Lüftungsgeräte beeinflusst.
Da durch die
alternierende Betriebsweise der integrierte Wärmespeicher durch
unterschiedlich große Zu- und Abluftvolumenströme nicht optimal
betrieben wird, musste die sogenannte Disbalance zunächst evaluiert
werden. Zu diesem Zweck sind die untersuchten Gebäude in einer zweiten
Simulationsstudie als Kanalnetz aufgefasst worden, in dem alle
Lüftungskomponenten als Strömungswiderstände zu modellieren waren.
Dieses Druck-Volumenstrom-Modell berechnet an allen Lüftungsgeräten die
final anliegenden Volumenströme, die durch Störungen wie Winddruck und
Entlüftungsanlage hervorgerufen werden. Es wurde innerhalb der
Modellierungssprache Modelica aufgebaut und mit dem CFD-Modell für die
Innenraumströmung gekoppelt (Bild 3). Die Werte für die effektiv
geförderten Volumenströme aus der Kanalnetzsimulation konnten somit als
Randbedingung in die Strömungssimulation eingehen.
Die so
entwickelten Varianten zeigten in der Kanalnetzsimulation, dass
beispielsweise bei einer ungünstigen Platzierung der Lüftungsgeräte über
Eck relativ große Druckdifferenzen an den Lüftungsgeräten anliegen. Die
vornehmlich in alternierenden Lüftungsgeräten eingebauten
Axialventilatoren weisen flache Druck-Volumenstrom-Kennlinien auf, was
zur Folge hat, dass schon eine geringe Druckschwankung einen starken
Einfluss auf den geförderten Volumenstrom hat. Im Teillastzustand und
bei starkem Wind kann somit der tatsächlich geförderte Volumenstrom fast
bis zum Erliegen kommen, was erheblichen Einfluss auf den
Wärmerückgewinnungsgrad zur Folge hat.
Die anschließenden
CFD-Simulationen unter den vorgestellten verschiedensten Bedingungen
zeigten dagegen allesamt ein ähnliches Verhalten für die
Lüftungseffektivität. So lag annährend unabhängig von Geometrie,
Volumenstrom und Disbalance in den einzelnen Räumen eine
Mischlüftungscharakteristik mit dem typischen Luftaustauschwirkungsgrad
von 0,5 vor. Das liegt vor allem an der anisothermen Raumluftströmung,
die durch Mischkonvektion eine starke Einmischung der Zuluft in den
gesamten Raum verursacht. Hierbei unterschieden sich alternierende
Lüftungsgeräte von kontinuierlich betriebenen daher nicht.
Vorausgegangene Bedenken, im alternierenden Betrieb könnten sich –
insbesondere in Fluren – Gebiete bilden, die durch eine vorzeitige
Umkehr der Lüftungsrichtung nicht mit Frischluft versorgt werden, haben
sich somit ausräumen lassen.
Untersuchungen von Prüfverfahren zur Kennwertermittlung
Eine
große Herausforderung bei der Prüfung ist die unstetige Arbeitsweise
während der Wärmerückgewinnung. Dadurch ist es nicht möglich, die von
kontinuierlich arbeitenden Geräten bekannten Verfahren zur Bestimmung
von Kennwerten wie Wärmerückgewinnung, Balance oder Luftvolumenstrom
anzuwenden. Für die Auslegung wird daher bislang beispielsweise
vereinfachend der Luftvolumenstrom des kontinuierlichen Betriebs
verwendet, der mit einem herkömmlichen Verfahren gemessen werden kann.
Die Reduzierung des mittleren Volumenstromes durch die An- und
Abfahrvorgänge während des Umschaltens wird vernachlässigt. Im
EwWalt-Projekt wurde ein Verfahren entwickelt, um den mittleren
Luftvolumenstrom auch im alternierenden Betrieb mit vergleichbarer
Genauigkeit zu messen. Der Volumenstromverlauf der beiden Stränge wird
hierbei mit einer Staudruckmethode über der Zeit aufgenommen (Bild 4).
Aus dem gemessenen Verlauf kann ein mittlerer Volumenstrom im
alternierenden Betrieb abgeleitet werden. Vergleichsmessungen haben
gezeigt, dass dieser im betrachteten Fall ca. 85 % des Volumenstromes im
kontinuierlichen Betrieb betrug. Mit diesem Verfahren kann auch die
Disbalance im alternierenden Betrieb gemessen werden. Dies ist
Voraussetzung für eine korrekte Messung der Wärmerückgewinnung.
Zur
Messung der Wärmerückgewinnung finden momentan zwei Verfahren Anwendung.
Ein Verfahren ist in der EN 13141-8 beschrieben (direktes Verfahren),
das zweite Verfahren wird bei der DIBt-Zulassung angewandt
(Spülluftverfahren). Beide Verfahren wurden im EwWalt-Projekt näher
untersucht. Hierbei konnte für das direkte Verfahren bei den
Vergleichsmessungen eine erhöhte Messunsicherheit aufgrund der
inhomogenen Temperaturverteilung der aus dem Gerät austretenden Luft von
über 8 % festgestellt werden (Bild 5).
Diese Unsicherheit wird beim
Spülluftverfahren verhindert, indem die Luft vor der Temperaturmessung
durch Mischung und Verwirbelung homogenisiert wird. Ein zuvor
durchgeführter Ringversuch des DIBt ergab bei diesem Verfahren eine
vergleichbare Genauigkeit wie bei den Verfahren für kontinuierlich
arbeitende Geräte. Das Spülluftverfahren wurde basierend auf dem zuvor
gemessenen mittleren Volumenstrom dahingehend weiterentwickelt, dass
eine systematische Benachteiligung von Kompaktgeräten eliminiert werden
konnte. Mithilfe der im alternierenden Betrieb gemessenen Disbalance
kann das Ergebnis der wärmetechnischen Prüfung nun auch analog zur
Messung der kontinuierlichen Geräte korrigiert werden. Bei den
Vergleichsmessungen wurden weitere Parameter wie z. B. der
Spülluftvolumenstrom sowie die Geschwindigkeit optimiert, sodass die
Genauigkeit des Verfahrens weiter verbessert werden konnte. Durch eine
umfassende Beschreibung des Spülluftverfahrens wurde die Grundlage
gelegt, dieses bei der Überarbeitung der EN 13141-8 in die Norm mit
aufzunehmen.
Fazit
Im
EwWalt-Forschungsprojekt konnten einige der vordringlichsten Fragen zur
Einordnung und Bewertung von alternierenden Wohnungslüftungsgeräten
beantwortet werden.
Die neu gewonnenen wissenschaftlichen
Erkenntnisse basieren auf Untersuchungen zur Funktion alternierender
Lüftungsgeräte auf Basis numerischer Strömungssimulationen. Dabei konnte
festgestellt werden, dass in allen Fällen praktisch unabhängig von der
Raumgestaltung eine Mischlüftung vorliegt. Bezüglich der Disbalance der
Lüftungsgeräte und folglich auch der Auswirkungen von Stördrücken (z. B.
durch Wind) auf die Wärmerückgewinnung konnte ein Zusammenhang mit der
Steilheit der Gerätekennlinie nachgewiesen werden.
Parallel zur
Simulation wurden Verfahren zur experimentellen Bewertung der
alternierenden Lüftungsgeräte erarbeitet. Mit dem entwickelten Verfahren
zur Luftstrommessung im alternierenden Betrieb ist es erstmals möglich,
den für die Auslegung relevanten wirksamen Luftvolumenstrom sowie die
Disbalance im alternierenden Betrieb zu messen. Für die Bestimmung der
Wärmerückgewinnung wurden das in der EN 13141-8 beschriebene direkte
Verfahren sowie das bei der DIBt-Zulassung angewandte Spülluftverfahren
näher analysiert und verglichen. Für die Verfahren werden
Prüfrandbedingungen definiert, mit denen die Messunsicherheit und
Vergleichbarkeit der Ergebnisse verbessert wird.
Aus den Ergebnissen
wurden geeignete Kennwerte für die Normung abgeleitet und als Vorschläge
in die Normungsarbeit eingebracht, wie z. B.:
Bei der Projektbearbeitung haben sich weitere für die fundierte
Bewertung alternierender Lüftungsgeräte wesentliche Themen wie die
Feuchterückgewinnung, die Windanfälligkeit oder die Komfortbewertung
herauskristallisiert, die Gegenstand weiterer Forschungsaktivitäten
werden sollten.
Autoren: Dipl.-Ing. Paul Mathis, Dipl.-Ing. Tim
Röder, beide RWTH Aachen, E.ON Energieforschungszentrum, Lehrstuhl für
Gebäude- und Raumklimatechnik; Prof. Dr.-Ing. Thomas Hartmann,
Dipl.-Ing. Christine Knaus, beide ITG Institut für Technische
Gebäudeausrüstung Dresden – Forschung und Anwendung GmbH; Dipl.-Ing.
Bernd Klein, HLK Stuttgart GmbH
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