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Ein neuer Weg zu grüner Kälte



Ein neuer Weg zu grüner Kälte
 
 
 
 
 
 

2. April 2019

Technologieverbund: Kälte-Recycling aus Flüssigerdgas und Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung

Sein thermisches Potenzial ist enorm, dennoch blieb Flüssigerdgas (LNG – Liquefied Natural Gas) als grüne Kältequelle im Versorgungssektor bislang unbeachtet. Mit einer hochleistungsfähigen Auskopplungstechnologie brachte ein Unternehmen aus Sachsen kürzlich die Idee von der vielfältig nutzbaren LNG-Kälte entscheidend voran. Heute ist sie im Markt angekommen: als effiziente ­dezentrale Energielösung in der Lebensmittelverarbeitung, der Lagerhaltung oder auch in der Gebäudebewirtschaftung.

Für Planer und Betreiber ergeben sich aus der nun technisch möglichen Mehrfachnutzung von Flüssigerdgas neue Handlungsoptionen bei der Wahl und Konzeption zukunftsfähiger energetischer Versorgungswege. Und diese werden mit Nachdruck verfolgt, denn nach wie vor zählt die Bereitstellung von Kälteleistung anwendungsübergreifend zu den teuersten und zugleich umweltbeeinflussendsten energetischen Produktionsverfahren – bei einer weltweit steigenden Nachfrage von 1 bis 2 % jährlich. Schätzungen zufolge liegt der Anteil des Strombedarfs zur Erzeugung von Kälte, Kühlung und Klimatisierung in Europa bei rund 25 % des Gesamtverbrauchs an elektrischer Ener­gie. Besonders im Fokus steht hierbei die Kompressionskältetechnik, deren Kritiker in dem Verfahren einen zu hohen Stromverbrauch deklarieren.

Effizienzgewinn für Kälteabnehmer und Umwelt
Im Zuge der Sondierung alternativer Versorgungskonzepte erkannten Kältetechniker der Eco ice Kälte GmbH aus dem sächsischen Borna in LNG eine Energiequelle mit signifikantem thermischen Potenzial. Bis zu diesem Zeitpunkt existierte keine marktfähige Lösung, um die an das Flüssigerdgas gebundenen Kältekapazitäten (das Kälteniveau von LNG beträgt -161 °C; siehe Infokasten) für den kommerziellen Einsatz am Unternehmensstandort nutzbar zu machen. Die bei der Regasifizierung von LNG frei werdende Kälte wurde hingegen meist als thermisches „Abfallprodukt“ in die Umwelt – in die Luft oder in das nahe liegende Meer – abgegeben, während der Rückvergasungsprozess selbst große Mengen an Verbrennungsgas verbrauchte und entsprechende CO2-Emmissionen verursachte. „Mit der Entwicklung einer hochleistungsfähigen Kerntechnologie zur Auskopplung von Tiefkälte aus LNG gelang es, dieses relevante Energiepotenzial ökologisch nachhaltig verfügbar zu machen – ohne zusätzlichen Gas- und Stromeinsatz und frei von Kohlendioxid-Abgabe“, erklärt das Unternehmen Eco ice Kälte GmbH. 2016 erhielt das Innovationsprodukt den „Deutschen Kältepreis“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Dieses wurde 2017 patentiert.
In Kooperation mit Experten aus Wissenschaft und Industrie – darunter der Technologiepartner Yados aus Hoyerswerda – folgte rasch eine differenzierte Weiterentwicklung der Kernlösung mit dem Ziel, die LNG-Kältenutzung u. a. durch Kopplung mit anderen bereits vorhandenen Ener­gietechnologien in noch effizienteren Verbundkonzepten zusammenzuführen und diese unterschiedlichen Marktfeldern bedarfsoptimiert zur Verfügung zu stellen. Heute erfolgt die schnelle Technologieentwicklung wie auch die inzwischen globale Vermarktung durch ein neu gegründetes Unternehmen, die LNGcold solutions GmbH mit Sitz in Leipzig.

„Satelliten-Container-Konzept“ – platzsparend, praktikabel, netzunabhängig
Das erste gewerblich genutzte, LNG-basierte Verbundsystem arbeitet seit vergangenem Jahr am Standort eines Tiefkühlkost-Vertriebs in der sächsischen Kreisstadt Döbeln. Es dient dort der ener­getischen Bewirtschaftung eines 10000 m³ großen Tiefkühlhauses, das mit leistungsdifferenzierter Kälte zur Kühllagerung und für Frostprozesse versorgt werden muss. In ihrer Bezeichnung ­„TrigenerationPLUS“ spiegeln sich die vier Funktionen, welche die neue dezentrale Versorgungslösung mittels Kombination von LNG-Kälterecycling und Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungstechnologie (KWKK-Technologie) erfüllt: die Erzeugung von Kälte, Wärme und Strom sowie die Bereitstellung von Tiefkälte aus dem Regasifizierungsprozess von LNG.
Der Bezug des hierfür benötigten Primärenergieträgers Erdgas erfolgt dabei komplett netzunabhängig. „Eine Gasnetzanbindung gab es am Vertriebssitz des TK-Unternehmens nicht“, berichtet Kathleen Brooks, Key Account Managerin von LNGcold solutions. Dennoch entschied man sich in Döbeln für ein Energiekonzept auf Grundlage von LNG. „Die Belieferung mit Flüssig­erdgas übernehmen in Deutschland verschiedene bekannte Versorgungsunternehmen per Tanklastwagen“, so Brooks. „Lagern lässt sich LNG problemlos in sogenannten Satellitenanlagen, die sowohl über einen Sicherheitstank als auch über die benötigte Regasifizierungstechnologie verfügen. Die Anlageninstallation wie auch die gesamte Systemintegration sind unkompliziert realisierbar und in nahezu jeder Einsatzumgebung möglich.“ Auch die angebundenen KWKK-Komponenten des Anlagenentwicklers Yados wurden nach einem effektiven und wirtschaftlich tragfähigen Keep-it-simple-Prinzip konzipiert. Das auf nachhaltige Energielösungen spezialisierte Unternehmen fertigte zwei voll konfektionierte Energiezentralen in „steckerfertiger“ Containerausführung zur Außenaufstellung. Wertvolle Raumkapazitäten innerhalb des Gebäudes konnten auf diese Weise eingespart werden.

Pionierkonzept mit aussichtsreicher Perspektive

Die energetische Intelligenz der Gesamtlösung „TrigenerationPLUS“ resultiert aus der technischen Option, ein breites Spektrum benötigter Energieprodukte – Normal- und Tiefkälte, elektrischen Strom und Prozesswärme – zu generieren und diese in effizienter Weise im eigenen Unternehmen zu nutzen oder potenziellen Abnehmern zur Verfügung zu stellen. Das System arbeitet dabei auf Grundlage zweier paralleler Prozesswege. Eingeleitet durch die Rück­umwandlung des Flüssig­erdgases über das patentierte Kälterückgewinnungssystem und Verdampfer kann die frei werdende Kälteleistung im Solekreislauf an ein Übertragermedium abgegeben und direkt an die gewünschten Abnahmepunkte im Betrieb transportiert werden. Bei diesem Vorgang kommen keine mechanischen Kompressoren zum Einsatz, entsprechend gering sind auch die Geräuschemissionen sowie die Wartungskosten der Anlage.
„Pro Kubikmeter LNG lässt sich durch dieses Kälterückgewinnungsverfahren eine thermische Leistung von 66 kWh bei einem Temperaturniveau von -50 °C erzielen“, erläutert Kathleen Brooks und weiter: „Konventionell erzeugt würde das einen Einsatz von 79 kWh elektrischer Energie erfordern, den wir so einsparen können. Unter dem Strich stehen in dieser Bilanz 190 kWh weniger fossiler Primärenergieverbrauch und 46 kg verringerter CO2-Ausstoß pro Kubikmeter LNG allein durch das Kälterecycling. In Verbindung mit einer effizienzoptimierten KWKK-Technologie kann der Wirkungsgrad des All-in-one-Systems zusätzlich deutlich erhöht werden.“
Im parallel ablaufendenden KWKK-Prozess wird das regasifizierte LNG weiter erwärmt und dann als Antriebsenergie für das Yados-BHKW genutzt, das eine elektrische Leistung von 50 kW sowie eine thermische Leistung von 81 kW generiert. Die erzeugte Prozesswärme lässt sich im nachfolgenden Kopplungsschritt für den Betrieb einer NH3-basierten, CO2-neutralen Absorptionskältemaschine einsetzen, die ihrerseits Prozesswärme abgibt. Auch diese thermische Leistung lässt sich weiter verwenden, etwa zur Frischlufterwärmung des BHKWs oder für die Trockenlagerbeheizung. Weitere Kältekapazitäten bis zu -31 °C werden in Ergänzung zum LNG-Kälterecycling über die Kombination aus Absorptionskältemaschine (-6 °C) und einen kleinen CO2-Kälteverdichter erzeugt. Eine lediglich zur Versorgungssicherung geführte Spitzenlast-Kompressionskältemaschine bezieht ihren Bedarf an elektrischer Energie vollständig aus dem ­BHKW-Prozess.
„Durch den Verbund von LNG-Kälterecycling und KWKK-Verfahren kommen wir dem Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung einen entscheidenden Schritt näher. Indem der Primär­energieträger Erdgas in mehrfacher und damit maximal effizienter Weise genutzt werden kann, verringert das TK-Unternehmen nicht nur seine Betriebsmittelaufwände spürbar, sondern verbessert gleichzeitig seinen CO2-Fußabdruck um 300 t jährlich. Und das bereits bei einer kleinen Systemleis­tungsklasse“, erklärt Silvio Müller, Leiter Energiesysteme bei Yados.
Das Energieprojekt Döbeln zeigt beispielhaft, wie sich die Investition in eine Pioniertechnologie ökonomisch und ökologisch lohnen kann, ohne durch hohe umsetzungs- oder betriebsseitige Restriktionen belastet zu werden.
„Die technische und bauliche Flexibilität der skizzierten Versorgungslösung ermöglicht eine Integration in vielfältige Einsatzfelder – auch und insbesondere dort, wo die infrastrukturellen Voraussetzungen nicht vorhanden oder nicht optimal sind“, so Brooks. Aktuell arbeiten wir daran, neue innovative Lösungen für zusätzliche Temperaturniveaus verfügbar zu machen. Die langfristigen Perspektiven für LNG-basierte, gekoppelte Effizienzmodelle sind nach heutigem Stand mehr als vielversprechend.“

Bilder: Yados GmbH, Eco ice Kälte GmbH

www.yados.de
www.lngcold.energy


Aus Erdgas wird LNG
Wird das Gas in einen flüssigen Zustand (LNG) versetzt, ergeben sich daraus Optionen für die Beförderung in Spezialtankern und für die Aufbewahrung, etwa in größeren Zentrallagern (LNG-Terminals) oder auch in sogenannten Satellitenanlagen direkt am Abnahmeort.
Um Erdgas zu verflüssigen, wird es auf ein Temperaturniveau von -162 °C heruntergekühlt und die dabei entstehende Kondensationswärme abgeführt. Unter atmosphärischem Druck nimmt das Gas einen liquidartigen Zustand an, der eine 600-mal höhere Dichte, also nur noch ein Sechshundertstel des ursprünglichen Gasvolumens (bei ehemals 15 °C und Normaldruck von 1,013 bar) aufweist.
Durch das spätere Verfahren der Regasifizierung mittels eines Verdampfers, kann das LNG wieder in seinen gasförmigen Ausgangszustand zurückversetzt werden. Bislang blieb das bei diesem Prozess frei werdende Kältepotenzial fast vollständig ungenutzt.
Die Auswertungsdaten einer LNG-Rückvergasungsanlage an einem europäischen Hafen-Terminal verdeutlichen das hohe energetische und ökologische Potenzial, das sich durch den Kälterückgewinnungsprozess erschließen lässt: Bei der Rückvergasung von 3000 m³/h LNG geht eine Kühlleistung von rund 200 MW an die Umwelt verloren. An einem LNG-Hafen-Terminal kann unter einem Druck von 80 bar eine Kühlleistung von mehr als 100 MW bis zu einem Temperaturniveau von -50 °C gewonnen werden. Auf diese Weise lassen sich ca. 100 MW elek­trischer Leistung ersetzen und gleichzeitig eine Reduktion von mehr als 460 000 t CO2 pro Jahr erzielen.


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