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Auswirkungen von Deckenwärme und -kühlung



Auswirkungen von Deckenwärme und -kühlung
 
 
 
 
 
 
 
 
 

13. September 2021

Thermische Behaglichkeit – neue Erkenntnisse zur Deckenheizung und -kühlung

Ziel jeder heizungs- und raumlufttechnischen Anlage ist es, definierte raumklimatische Kriterien zu erreichen, welche wiederum vom Empfinden des Menschen abhängen. Dieses Empfinden wird mithilfe des Begriffs der thermischen und hygienischen Behaglichkeit ausgedrückt, welche den Grad der Zufriedenheit mit den Umgebungsbedingungen charakterisiert. In den zurückliegenden Dekaden haben viele Wissenschaftler Forschungsergebnisse zu Fragestellungen der thermischen Behaglichkeit präsentiert, die immer wieder an technischen Systemen gespiegelt wurden. In jüngster Zeit sind Analysen zur thermischen Behaglichkeit besonders für Deckenheiz- und Deckenkühlsysteme wieder von Bedeutung, da diese Systeme eine Renaissance erleben. Nachfolgend werden aktuelle Ergebnisse vorgestellt, die neben der Strahlungsasymmetrie auch die Lufttemperaturschichtung und die Luftbewegung mit in den Fokus setzen.

Um die physikalische Wirkung sowie die Bewertung von Probanden bei dem Einsatz von Heiz- und Kühldecken erfassen zu können, wurden umfangreiche Untersuchungen im „Combined Energy Lab 2.0“ der TU Dresden durchgeführt. Das „Combined Energy Lab 2.0“ stellt einen Klimaraum mit angeschlossener Anlagentechnik dar, der die gesamte Prozesskette der Wärmeübergabe, der Wärmeverteilung sowie der Energiewandlung inklusive der Interaktion mit dem elektrischen Verteilnetz abbilden kann [1] [2]. Grundlage für die thermischen Randbedingungen liefert die DIN EN ISO 7730 [3]. Anhand dieser wurde für den Heiz- bzw. Kühlfall eine Lasttemperatur definiert. Diese wird für die Zuluft als auch für alle Raumumfassungsflächen bis auf der Decke eingestellt und beträgt im Heizfall L=19,5 °C ( L=0,5 K außerhalb der Kategorie B nach ISO 7730) und im Kühlfall L=27,5 °C ( L=0,5 K außerhalb der Kategorie C nach ISO 7730). Die dadurch entstehende Last im Raum wird durch die Variation der Deckentemperaturen ( OF) kompensiert. Die sich dabei einstellenden Raumbedingungen lassen sich messtechnisch erfassen und von Probanden bewerten. Tabelle 1 fasst die Variationen der Deckentemperaturen sowie die sich einstellenden Lasten und Strahlungsasymmetrien zusammen. Für die messtechnische Analyse wird in verschiedenen Höhen die Globetemperatur ( op), die Lufttemperatur ( L) sowie die Luftgeschwindigkeit (w) im Aufenthaltsbereich erfasst (Bild 1).

Ergebnisse
Anhand der Thermografieaufnahmen in den Bildern 2 und 3 ist zum einen das eingestellte Versuchssetup über die Raumumfassungsflächen sowie die Strahlungswirkung der Decke auf den Nutzer erkennbar. Je höher im Heizfall bzw. niedriger im Kühlfall die Deckentemperatur wird, umso größer ist die Strahlungswirkung auf den Nutzer. Aus den Thermografieaufnahmen ist weiterhin die unterschiedliche Strahlungswirkung auf die verschiedenen Körperpartien des Menschen ersichtlich. Exponierte Bereiche sind der Kopf, die Schultern sowie die Oberschenkel.

Diese Strahlungswirkung wird sehr gut durch die Messung der Globetemperatur (Empfindungstemperatur) widergespiegelt. In Bild 4 sind die Globetemperaturen sowie die Lufttemperaturen über der Höhe für die verschiedenen Versuchssetups im Heizfall dargestellt. Mit steigender Deckentemperatur nimmt die Globetemperatur im Vergleich zur Lufttemperatur mehr zu. Weiterhin ist zu erkennen, dass sich ein Temperaturprofil über der Höhe ausbildet. Mit zunehmender Deckentemperatur bildet sich ein größeres warmes Luftposter unter der Decke aus.

Im Kühlfall ist ebenfalls eine Strahlungswirkung mittels der Globetemperaturen nachweisbar. Auch hier nimmt diese bei niedrigeren Deckentemperatur zu. Im Gegensatz zum Heizfall bildet sich im Kühlfall aufgrund einer Fallströmung der kalten Luft von der Decke zum Boden hin kein signifikantes Temperaturprofil über der Höhe aus (Bild 5). Diese Fallströmung ist ebenfalls abhängig von der gewählten Deckentemperatur und nimmt zu, je kleiner diese ist. Die Geschwindigkeit der Fallströmung kann im Aufenthaltsbereich unter den vorliegenden Randbedingungen bis zu w=0,2 m/s betragen und ist somit vom Nutzer spürbar. Dies bedeutet, dass das lokale Behaglichkeitskriterium Zugluftrisiko zusätzliche Berücksichtigung finden muss.

Kühlfall aufgrund einer Fallströmung der kalten Luft von der Decke zum Boden hin kein signifikantes Temperaturprofil über der Höhe aus (Bild 5). Diese Fallströmung ist ebenfalls abhängig von der gewählten Deckentemperatur und nimmt zu, je kleiner diese ist. Die Geschwindigkeit der Fallströmung kann im Aufenthaltsbereich unter den vorliegenden Randbedingungen bis zu w=0,2 m/s betragen und ist somit vom Nutzer spürbar. Dies bedeutet, dass das lokale Behaglichkeitskriterium Zugluftrisiko zusätzliche Berücksichtigung finden muss.

Probandenuntersuchung
Um die Wirkung der Heiz- und Kühldecke auf den Nutzer analysieren zu können, wurden im Rahmen dieser Untersuchungen Probandenuntersuchung durchgeführt. Die Probanden haben alle Deckentemperaturen für jeweils 20 min erfahren und dazwischen eine 5-minütige Pause außerhalb des Klimaraums gehabt. Insgesamt nahmen an der Untersuchung 42 Männer und 22 Frauen im Alter von 21 bis 40 Jahren teil.

In Bild 6 ist das thermische Empfinden der Nutzer für den Heizfall dargestellt. Das thermische Empfinden wird anhand einer 7-stufigen Skala erfasst – 3 heiß, 2 warm, 1 etwas warm, 0 neutral, -1 etwas kühl, -2 kühl. -3 kalt. Es ist erkennbar, dass ein Großteil der Nutzer das Raumklima für alle Deckentemperaturen als neutral empfindet. Die Bewertung als kalt (-3) entfällt bei der höchsten Deckentemperatur von OF = 34,5 °C. Dabei wird auch kein warmes Empfinden registriert, was darauf schließen lässt, dass diese Temperatur im Widerspruch zur aktuellen normativen Festlegung von maximal OF = 29 °C vom Nutzer akzeptiert wird [4].

Beim Kühlfall gibt es ein deutlich breiteres Votum hinsichtlich des thermischen Empfindens. Der größte Teil empfindet bei jeder Deckentemperatur das Raumklima als neutral, aber es gibt eine nicht unerhebliche Anzahl an Nutzern die es jeweils als etwas kühl bzw. etwas warm empfinden. Bei der Deckenoberflächentemperatur von 16,5 °C liegt der Anteil derjenigen Nutzer, die es als kühl empfinden, bei ca. 30 %. Dieser Wert nimmt bei steigender Deckentemperatur deutlich ab, aber der Anteil an Nutzern die es als warm empfinden nimmt zu (Bild 7).

Fazit
Der Einsatz von Systemen an der Decke zum Heizen und Kühlen ist aus physikalischer Sicht sowie aus Sicht der thermischen Behaglichkeit grundsätzlich sinnvoll. Beim Einsatz im Heizfall ist das sich ausbildende Luftposter unter der Decke zu beachten. Diesem kann ggf. durch Einsatz oder in Kombination mit einer Lüftungsanlage entgegengewirkt werden, um eine gute Raumluftdurchmischung zu erreichen. Im Heizfall werden Deckentemperaturen bis zu OF = 34,5 °C vom Nutzer akzeptiert und somit könnten höhere Deckentemperaturen als aktuell normativ festgelegt im Betrieb genutzt werden. Im Kühlfall muss die sich einstellende Fallströmung berücksichtig werden, da diese zu Zuglufterscheinungen führen kann und diese u. U. vom Nutzer nicht akzeptiert werden. Schlussendlich ist erkennbar, dass die aktuelle Norm ISO 7730 lokale Behaglichkeitskriterien einzeln beschreibt, aber deren Interaktion und gegenseitige Beeinflussung in der Praxis nicht berücksichtigt. Daher ist es sinnvoll weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet durchzuführen, um die Zusammenhänge klarer formulieren zu können.


Nachgefragt

IKZ-FACHPLANER: Nach Erkenntnis der Untersuchungen könnten im Heizfall höhere Deckentemperaturen – als aktuell normativ festgelegt – genutzt werden, die Raumnutzer nicht störend empfinden. Bis zu welcher Deckentemperatur könnte eine solche Anhebung Ihrer Einschätzung nach erfolgen, bis ein Grenzpunkt erreicht wird?

Lars Schinke: Aktuell werden normativ maximal zulässige Deckentemperaturen von 29°C (DIN EN 1264-3) festgelegt. Dieser Wert wurde bewusst in dieser Untersuchung überschritten, um zu prüfen, inwiefern dieser Bestand hat. Es muss auch unterschieden werden, wie lange und aus welcher Deckenhöhe diese Deckentemperatur auf den Nutzer wirkt – in einer kurzen Aufheizphase sind sicher höhere Temperaturen zulässig als bei einer andauernden Tätigkeit wie beispielsweise im Büro. In der überarbeiteten Version der EN 1264 (2021) wird ein Wert von 33°C verankert sein, der auf unsere Untersuchungen zurückgeht.

IKZ-FACHPLANER: Die Behaglichkeitsgrenzen hinsichtlich neutraler Bewertung für den Kühlfall scheinen nach der Untersuchung enger zu liegen als bisher angenommen. Welche Empfehlungen können Sie für das Kühlen daraus ableiten?

Lars Schinke: Grundsätzlich war auch ein großer Anteil der Nutzer, die das Klima als „etwas warm“ oder „etwas kühl“ empfanden, mit dem Klima zufrieden. Eine Deckentemperatur, welche von einem größeren Teil der Nutzer als neutral bewertet würde, konnte nicht festgestellt werden. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass nicht unbedingt eine vollständige Klimatisierung des Raumes notwendig ist. Bereits ein „Ankühleffekt“ wird vom Nutzer in der Regel als positiv wahrgenommen und daher kann auch mit einer Deckentemperatur um die 20 °C ein thermisch behagliches Raumklima geschaffen werden.

IKZ-FACHPLANER: Welchen Einfluss hätte dies auf die sich einstellende Fallströmung?

Lars Schinke: Je niedriger die Deckentemperatur, desto höher ist die Fallströmung. Dies führt zu einer Umspülung der Personen, wobei der Kopf, die Schulter-Nacken-Partie und die Bereiche der Oberschenkel bei einer sitzenden Person besonders beeinträchtigt sind. Diese kann einerseits schnell vom Nutzer als unbehaglich wahrgenommen werden, andererseits positiv zum Kühleffekt beitragen. Daher ist es aus unserer Sicht wichtig, dem Nutzer Eingriffsmöglichkeiten in die Regelung zu geben.

Literatur:

[1] J. Seifert, B. Oschatz, L. Schinke, A. Buchheim, S. Paulick, M. Beyer und B. Mailach: Instationäre, gekoppelte, energetische und wärmephysiologische Bewertung von Regelungsstrategien für HLK-Systeme, VDE Verlag, 2017

[2] J. Seifert, L. Schinke, M. Beyer und M. Knorr: „Human-in-the-Loop“ „Analysemethodik – Neue Möglichkeiten zur Bewertung der Interaktion von Mensch und Technik,“ HLH, Bd. 70, Nr. 10, 2019

[3] DIN EN ISO 7730: „Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit,“ 2006

[4] DIN EN 1264-3: „Raumflächenintegrierte Heiz- und Kühlsysteme mit Wasserdurchströmung – Teil 3: Auslegung,“ 2009

Autoren:
Dipl.-Ing. Lars Schinke,
Dipl.-Ing. Maximilian Beyer,
Prof. Dr.-Ing. Joachim Seifert,
alle TU Dresden, Institut für Energietechnik

Bilder: TU Dresden, Institut für Energietechnik


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