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Aus der Sachverständigenpraxis



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13. April 2021

Hygienische Mängel in Trinkwasser-Installationen von Wohngebäuden mit Baujahr vor 2000. Erkenntnisse und Empfehlungen (Teil III)

In Wohngebäuden, die vor dem Jahr 2000 gebaut wurden, liegen systemische Mängel vor, die regelmäßig zur hygienischen Beanstandung der Trinkwasserqualität führen. Die üblichen Standardmängel – mangelhafte Dämmung, nicht korrekt ausgelegte Zirkulationsleitungen, Todleitungen und Umgehungsleitungen – haben wir in den ersten beiden Teilen dieser Artikelserie vorgestellt (Ausgaben 3/2021 und 4/2021). Im abschließenden dritten Teil stellt der Autor den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Trinkwasseranlage in den Fokus seiner Betrachtungen.

Im Grunde liegen bei einem nicht bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasser-Installation die gleichen Probleme vor wie bei Umgehungsleitungen oder Todleitungen. In nicht oder nicht ausreichend genutzten Trinkwasser-Installationen lösen sich Metalle und es entwickeln sich Mikroorganismen (siehe Teil 2). Da sich die nicht genutzten Trinkwasser-Installationen in beheizten Wohnungen befinden, ist die Gefahr einer verstärkten Entwicklung von Mikroorganismen besonders hoch. In den von mir bearbeiteten Fällen ist die häufigste Ursache einer extrem hohen Legionellen-Kontamination mit über 10 000 KBE/100 ml der nicht bestimmungsgemäße Betrieb. In allen Fällen wurden auch technische Mängel gefunden. Aber während technische Mängel meist Ursache mittlerer bis hoher Kontaminationen sind, ist bei extrem hoher Kontamination häufig die mangelnde Nutzung das Problem.

Im Grunde liegen bei einem nicht bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasser-Installation die gleichen Probleme vor wie bei Umgehungsleitungen oder Todleitungen. In nicht oder nicht ausreichend genutzten Trinkwasser-Installationen lösen sich Metalle und es entwickeln sich Mikroorganismen (siehe Teil 2). Da sich die nicht genutzten Trinkwasser-Installationen in beheizten Wohnungen befinden, ist die Gefahr einer verstärkten Entwicklung von Mikroorganismen besonders hoch. In den von mir bearbeiteten Fällen ist die häufigste Ursache einer extrem hohen Legionellen-Kontamination mit über 10 000 KBE/100 ml der nicht bestimmungsgemäße Betrieb. In allen Fällen wurden auch technische Mängel gefunden. Aber während technische Mängel meist Ursache mittlerer bis hoher Kontaminationen sind, ist bei extrem hoher Kontamination häufig die mangelnde Nutzung das Problem.

Ein anderer Ansatz ergibt sich durch einen Blick ins Tabellenbuch Sanitär-Heizung-Klima/Lüftung, Bildungsverlag EINS, 9. Auflage von 2015. Dort ergibt sich für ein Wohngebäude mit geringen Komfortansprüchen für Mehrfamilienhäuser im sozialen Wohnungsbau ein Mindestwarmwasserbedarf von 20 l/d. Von dieser Größe ausgehend ergibt sich ein jährlicher Warmwasserbedarf von 20 l/d x 365 d = 7300 l/a oder 7,3 mm3/a.

Der allgemeine Wasserverbrauch für geringe Komfortansprüche im Mehrfamilienhaus liegt auch nach dem Tabellenbuch bei 30 l/d, die nach vorheriger Rechnung einen Warmwasserverbrauch von rund 11 mm3/a ergaben. Um eine griffige runde Zahl zu haben, welche den obigen Betrachtungen entspricht, schlage ich für einen bestimmungsgemäßen Gebrauch 10 mm3/a vor, was umgerechnet ca. 27 l/d sind. Wenn diese Zahl deutlich unterschritten wird, dann liegt kein bestimmungsgemäßer Gebrauch vor. Dies möchte ich an folgendem Beispiel verdeutlichen. In einer Wohnanlage mit 100 Wohneinheiten mit 1-2-Zimmerwohnungen ist der technische Maßnahmenwert an 6 von 40 Steigleitungen überschritten. Das Gebäude ist über 5 Etagen mit jeweils 20 Wohnungen organisiert. Die 40 Steigleitungen kommen dadurch zustande, weil der Planer separate Steigleitungen für die Bäder und für die Küchen geplant hat. Die höchste Legionellen-Kontamination war in einem Bad, das im Rahmen der Ortsbegehung besichtigt wurde. Nach einem Blick ins Bad drängte sich sofort der Verdacht auf, dass kein bestimmungsgemäßer Gebrauch vorliegt.

Ganz offensichtlich wurde in der Wanne nie gebadet oder geduscht. Hintergrund ist, dass die Wohnung von einer pflegebedürftigen Person bewohnt wird. Ein Pflegedienst wäscht die zu pflegende Person täglich mit warmem Wasser aus einer Schüssel. Diese Waschlappen-Wäsche reicht für eine ausreichende Körperhygiene, die Trinkwasserhygiene leidet durch die zu geringe Wasserentnahme. Um die Wasserentnahme zu dokumentieren, wurde wie in diesen Fällen üblich standardmäßig der Wasserzählerstand protokolliert. Nach Auswertung des Wasserverbrauchs wurde festgestellt, dass der tägliche Warmwasserverbrauch bei gut 5 l/d lag, was rund 1,8 mm3/a entspricht. Es liegt kein bestimmungsgemäßer Gebrauch vor.

Auf separate Küchensteigleitungen verzichten
In dieser Anlage waren erwartungsgemäß vier Küchensteigleitungen und nur zwei Steigleitungen für die Bäder von der Legionellen-Kontamination betroffen. Separate Küchensteigleitungen, das lehrt die Erfahrung aus der Praxis, sollten grundsätzlich vermieden werden. Die Warmwasserentnahme in Küchen ist in der Regel immer ungenügend. Insbesondere bei Ein- bis Zweizimmerwohnungen, die in der Regel von einer Person bewohnt werden. Dass in diesen Küchen täglich Menüs gekocht werden, ist eher unwahrscheinlich. Das Geschirr, das nach dem Verzehr von Fertigprodukten anfällt, landet oft in einer Geschirrspülmaschine, die wieder an die Kaltwasserleitung angeschlossen ist. Warmwasserverbräuche unter 1 mm3/a sind keine Seltenheit.

Grundsätzlich sollten aber auch separate Steigleitungen für Gäste-WCs vermieden werden, um den bestimmungsgemäßen Gebrauch in einer Stockwerksverteilung sicherzustellen. Ein typisches Beispiel für eine extrem hohe Legionellen-Kontamination durch nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch war ein Mehrfamilienhaus in Berlin-Schöneberg. In diesem Mehrfamilienhaus einer WEG waren zwei Eigentumswohnungen zu einer Gewerbeeinheit, die als Steuerbüro genutzt wurde, zusammengelegt. In dieser Gewerbeeinheit wurde nie geduscht oder gebadet. In der Küche wurde nie gekocht. Für das Geschirr waren gleich zwei Spülmaschinen installiert, die beide an die Kaltwasserleitung angeschlossen waren. Der einzige Warmwasserverbrauch bestand aus zwei kleinen Handwaschbecken im Damen- und Herren-WC. Es gab praktisch nahezu keinen Warmwasserverbrauch. In diesem Fall ist eine bauliche Maßnahme zu empfehlen, wo konsequenter Weise das Steuerbüro von der zentralen Warmwasserversorgung getrennt und über eine Gruppen- oder Einzelversorgung mit Warmwasser versorgt wird.

Wie schon geschildert lagen auch in dem Objekt technische Mängel vor, wie zum Beispiel eine zu geringe Warmwassertemperatur, fehlender hydraulischer Abgleich und so weiter. Da aber nur die Warmwassersteigleitung, an der das Steuerbüro angeschlossen war, von einer extremen Legionellen-Kontamination betroffen war, ist nachweislich der „nicht bestimmungsgemäße Betrieb“ Ursache der extrem hohen Legionellen-Kontamination. Es könnten noch viele vergleichbare Beispiele genannt werden.

Warnhinweise bei Unterschreitung von Mindest-Wasserverbräuchen
Diese Gefahren könnten im Vorfeld durch Hausverwaltungen und Abrechnungsdienste erkannt werden. Es wäre einfach, wenn bei Unterschreitung bestimmter Wasserverbräuche in der Jahresabrechnung sofort Warnhinweise erfolgen würden. Zum Beispiel bei Wasserverbräuchen

  • unter 10 mm3/a, Warnstufe 1 (gelb), in deren Folge mit der Betriebskostenabrechnung ein Informationsschreiben an den Bewohner geschickt wird,
  • unter 5 mm3/a, Warnstufe 2 (orange), in deren Folge mit dem Informationsschreiben eine dringende Bitte erfolgt, für den „bestimmungsgemäßen Gebrauch“ zu sorgen,
  • unter 3 mm3/a, Warnstufe 3, (rot), in deren Folge versucht wird, den Bewohner persönlich anzusprechen mit Hinweis auf mögliche Folgen und Kosten, die durch einen unzureichenden Warmwasserverbrauch entstehen können.

Unter Umständen müsste juristisch geklärt werden, ob ein Nutzer, der trotz Hinweisen und Warnungen keinen „bestimmungsgemäßen Betrieb“ sicherstellt, in Haftung genommen werden kann. Unter Umständen müsste in Mietverträgen ein Passus zum bestimmungsgemäßen Betrieb formuliert werden. Diese sehr drastisch anmutenden Maßnahmen könnten die Folge davon sein, dass die Wohnungswirtschaft unter unverhältnismäßigen Kos ten leidet, die durch nutzerverursachte Legionellen-Kontaminationen entstehen.

Diese sind:

  • weitergehende Untersuchungen,
  • Gefährdungsanalyse,
  • Kosten durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen,
  • mindestens drei Folgeuntersuchungen entsprechend dem DVGW-Arbeitsblatt W 551, um die Nachhaltigkeit der ergriffenen Maßnahmen nachzuweisen, die zur Herstellung einer hygienischen Wasserversorgung ergriffen wurden

Eine Legionellen-Kontamination verursacht neben viel Arbeit und der Verunsicherung von Bewohnern in der Regel Kosten im fünfstelligen Eurobereich. Vorbeugende Hinweise auf Probleme, weil „kein bestimmungsgemäßer Gebrauch“ vorliegt, haben deshalb ein enormes Kostensenkungspotenzial für die Wohnungswirtschaft.

Autor: Peter Clos, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Installateur- und Heizungsbauer-Handwerk, Betriebswirt des Handwerks, Handelsrichter am Landgericht Berlin

Bilder: Clos


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