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Aus der Sachverständigenpraxis



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31. März 2021

Hygienische Mängel in Trinkwasser-Installationen von Wohngebäuden mit Baujahr vor 2000. Erkenntnisse und Empfehlungen (Teil II)

In Wohngebäuden, die vor dem Jahr 2000 gebaut wurden, liegen systemische Mängel vor, die regelmäßig zur hygienischen Beanstandung der Trinkwasserqualität führen. So sind Rohrleitungen und Leitungsarmaturen gar nicht oder nicht ausreichend gegen Wärmeverluste gedämmt, Zirkulationsleitungen hydraulisch nicht abgeglichen und Zirkulationspumpen häufig zu klein dimensioniert. Im ersten Teil (Heft 1/2021) haben wir diese Mängel ausführlich beschrieben. Es gibt aber noch weitere Standardmängel, die aus dieser Bauperiode resultieren. Wir stellen sie nachfolgend vor.

Der sicherlich am häufigsten vorkommende Mangel sind nicht durchströmte Rohrleitungen, sogenannte Totleitungen oder Stagnationsstrecken. In diesen Leitungen, die nie durchströmt werden, können metallische Werkstoffe in Lösung gehen und Mikroorganismen können sich ungestört entwickeln und vermehren. An der Stelle, wo die Totleitung an der durchströmten Leitung angeschlossen ist, kommt es durch das vorbeiströmende Wasser zu Verwirbelungen. In der Praxis ist das nichts anderes als eine Impfstelle, an der permanent an das strömende Trinkwasser gelöste Metalle (Schwermetalle) und Mikroorganismen abgegeben werden. Solche Totleitungen gilt es unbedingt zu vermeiden.

Einige Fachleute sind der Meinung, dass Totleitungen bis zu einer Länge von 10 x DN zulässig sind. Dem ist nicht so! Die Regelung, dass eine Stichleitung bis zu einer Länge von 10 x DN zulässig ist, stammt aus der DIN 1988-600 „Trinkwasser-Installationen in Verbindung mit Feuerlösch- und Brandschutzanlagen“.

Der Hintergrund dazu: Bei einer Löschwasserversorgung aus dem öffentlichen Wasserversorgungssystem muss das Trinkwasser an irgendeiner Stelle an das Löschwassersystem übergeben werden. Auch wenn der Planer sich alle Mühe gibt und unmittelbar vor einer Löschwasserübergabestelle eine Steigleitung abzweigen lässt, so sind ab dem Abzweig bis zur Löschwasserübergabestation dimensionsabhängig einige wenige oder mehrere cm Rohrleitung nicht vermeidbar. Für diesen nicht vermeidbaren Fall hat der Normungsausschuss in der DIN 1988-600, Abschnitt 4.1.5 Einzelzuleitungen zu Löschwasserübergabestellen festgelegt: „Die Einzelzuleitungen zur LWÜ dürfen sowohl eine Länge von 10 x DN als auch ein Volumen von 1,5 l nicht überschreiten. Andernfalls sind geeignete automatische Spüleinrichtungen in der LWÜ vorzusehen, um eine ausreichende Wassererneuerung sicherzustellen. …“

Unvermeidbare Stichleitungen

Konsequenter Weise muss festgestellt werden, dass es auch in der übrigen Trinkwasser-Installation Fälle gibt, wo wenige cm Stichleitungen unvermeidbar sind. Zum Beispiel der Anschluss von Sicherheitsarmaturen. Das sind Sicherheitsventile an Trinkwassererwärmungsanlagen oder Druckerhöhungsanlagen oder thermische Ablaufsicherungen an Holzkesseln oder Kaminen mit Wärmeübertragern. Hier wird bestimmungsgemäß kein Wasser entnommen. Die Installation eines Sicherheitsventils oder einer thermischen Ablaufsicherung wird sich ohne eine kurze Totstrecke nicht vermeiden lassen. Für diese Fälle kann der oben zitierte Abschnitt 4.1.5 aus der DIN 1988-600 angewendet werden. Auch für selten oder nur periodisch genutzte Entnahmestellen, wie Heizungsfülleinrichtungen oder Außenzapfstellen zur Gartenbewässerung kann die 10 x DN Regel angewendet werden. Eben dort, wo sehr kurze Stichleitungen nicht zu vermeiden sind.

Die in Bild 7 gezeigte Stichleitung ist jedoch vermeidbar und unnötig. Hier muss sich die Fachkraft vor Ort die Mühe machen und womöglich das Gebäude kurz absperren, um die Totleitung zurückzubauen. Es kann nicht sein, dass Fachkreise über Todraumfreie Schrägsitzventile oder Todraumfreie Rohrverbinder diskutieren und gleichzeitig nicht benötigte Totleitungen 10 x DN mit bis zu 1,5 l Wasserinhalt akzeptiert werden.

Schon bei der Planung von Trinkwasseranlagen wurden früher und werden heute auch noch häufig Totstrecken vorgesehen. Zum Beispiel wenn Trinkwasserverteiler mit Reserveanschlüssen geplant werden (Bild 8).

Problemfall Sammelsicherung

Bis in die 2000er-Jahre hinein sind in vielen privaten und öffentlichen Gebäuden Sammelsicherungen nach der damals gültigen DIN 1988 Teil 4 installiert worden. Eine Sammelsicherung besteht aus einem Rohrbelüfter am Kopf der Steigleitung und einem Rückflussverhinderer am Fuß der Steigleitung. Der Abzweig der Stockwerksleitung musste mindestens 120 cm über dem Fertigboden liegen (30 cm über dem höchsten Schmutzwasserspiegel, Küchenspüle = 90 cm + 30 cm = 120 cm). In Fachkundebüchern für die Sanitärinstallation wurde diese Totleitung bis in die 90-er Jahre als „notwendige Beruhigungsstrecke“ beschrieben.

Seit den 2000er-Jahren wurde die Sammelsicherung zunehmend weniger verwendet und durch das Prinzip der Einzelsicherung abgelöst. Das heißt, dass nur noch einzelgesicherte Armaturen installiert werden. Seit Juni 2012 ist die Sammelsicherung nicht mehr zulässig. Im Bestand existiert die Sammelsicherung sicherlich noch viele Jahre. Erst wenn diese Trinkwasseranlagen hygienisch auffällig werden und eine konkrete Gefahr für die Gesundheit besteht, endet der Bestandsschutz und die vorhandene Trinkwasseranlage muss geändert werden.

Stagnation durch Umgehungsleitungen

Stagnation gibt es auch an unzulässigen Umgehungsleitungen, die hartnäckig bis heute immer wieder gebaut werden. Umgehungsleitungen sind besonders beliebt an Apparaten, wie Filter, Enthärtungsanlagen oder Druckerhöhungsanlagen. Früher waren solche Umgehungsleitungen an diesen Bauteilen durchaus sinnvoll. Wenn bei einem Kartuschen-Filter für ein Mehrfamilienhaus die Kartusche gewechselt werden sollte, dann musste zumindest kurzfristig die Wasserzufuhr für das Haus gesperrt werden. Eine Umgehungsleitung stellte dann die Wasserversorgung während des Filterwechsels sicher. Heute werden in der Regel rückspülbare oder automatisch rückspülbare Filter eingebaut, wo die Wasserversorgung auch während des Spülvorgangs sichergestellt ist. Trotzdem werden auch um diese Filter heute noch Umgehungsleitungen gebaut.

Bei einer Enthärtungsanlage ist ebenfalls eine Umgehungsleitung für Wartungs- oder Reparaturfälle vorgesehen. Dabei ist es in der Regel möglich, über die Verschneidearmatur, die das enthärtete Wasser mit dem nicht enthärteten Wasser auf die gewünschte Wasserhärte einstellt, die Wasserversorgung auch im Reparaturfall sicherzustellen.

Auch bei einer Druckerhöhungsanlage soll die Umgehungsleitung bei Störungen die Wasserversorgung zumindest verbessern. Dabei schreibt die DIN 1988-500 extra eine Reservepumpe vor. Selbst beim kompletten Ausfall einer Pumpe müssen die restlichen Pumpen (es müssen mindestens 2 Pumpen sein) 100 % der Leistung der Druckerhöhungsanlage sicherstellen.

Nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch

Technisch sind Umgehungsleitungen heute nicht mehr notwendig und wie schon geschildert auch nicht zulässig. Wie bei Totleitungen wird das Trinkwasser mit gelösten Metallen und mikrobiologisch belastet an das Trinkwasser abgegeben. Neben technischen Ursachen für hygienische Kontaminationen, insbesondere durch Legionellen, können auch nutzerbedingte Ursachen vorliegen. Vor allem, wenn kein bestimmungsgemäßer Gebrauch vorliegt. Gemeint ist, dass der Nutzer seine Trinkwasseranlage nicht ausreichend oder nicht nutzt. Mit dieser Thematik beschäftigt sich der Teil 3 dieser Artikelserie.

Autor: Peter Clos, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Installateur- und Heizungsbauer-Handwerk, Betriebswirt des Handwerks, Handelsrichter am Landgericht Berlin

Bilder: Clos


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