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Effiziente Reststoffnutzung: Wärmeerzeugung mit Wasserstoff



Effiziente Reststoffnutzung: Wärmeerzeugung mit Wasserstoff
 
 
 
 

18. Februar 2021

Das Praxisbeispiel beim Chemieunternehmen Nouryon zeigt: Die H2-Feuerungstechnik ist marktreif und birgt vielfältige Vorteile – doch es gilt einige Herausforderungen im Engineering zu meistern

Wasserstoff (H2) ist in der öffentlichen Diskussion zum Energieträger der Zukunft avanciert, denn sein Potenzial in der Mobilität und den schwer zu dekarbonisierenden Industrien ist enorm. Selbiges gilt auch für die Wärmeversorgung, wenngleich aktuell vor allem ohnehin anfallender H2 aus Herstellungsprozessen verwertet wird. Welch technologische Hürden hierbei zu beachten sind, zeigt ein Praxisbeispiel beim Spezialchemikalienunternehmen Nouryon. Denn die kosteneffiziente, sichere und möglichst emissionsarme Nutzung des Brennstoffs erfordert spezifisches Feuerungs-Know-how.

Die Zielsetzung der EU ist ambitioniert: Bis 2050 soll Europa zum klimaneutralen Kontinent werden. Bis 2024 soll die Produktion von grünem Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien auf 1 Mio. t steigen, bis 2030 auf 10 Mio. t. Die Infrastruktur für den Transport und die Speicherung ist bereits vorhanden – bis zu 20 % vol. H2 könnten dem deutschen Erdgasnetz perspektivisch beigemischt und diese Pipelines somit schrittweise umgewidmet werden. Aktuell bleiben jedoch selbst die bis zu 10 % vol. zulässigen Kapazitäten ungenutzt, da nicht genügend Wasserstoff produziert wird. In der industriellen Wärmeerzeugung sind fossile Energieträger oft noch günstiger oder Biobrennstoffe wie Holzstaub eine Alternative.

Doch der politische Wille für eine klimaneutrale Wasserstoff-Revolution nimmt rapide an Fahrt auf. Denn Wasserstoffeignet sich hervorragend für die thermische Verwertung: In puncto Brennstoff qualität (Wobbe-Index) ist er gleichauf mit dem Erdgas. Sein um den Faktor 3 kleinerer Heizwert wird durch die deutlich geringere Dichte ausgeglichen. Auch die Flammenüberwachung ist problemlos mit bestehenden UV-Flammenfühlern möglich. Doch gilt es, ungeachtet aller Potenziale beim Einsatz von H2 in Wärmeprozessen auch eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen. Sie zeigen im Folgenden, dass smarte Feuerungstechnologie als Mosaikstein zu einem effizienten, sicheren und vergleichsweise umweltverträglichen Betrieb beitragen kann – und zwar nicht erst, sobald die Erdgasleitungen großflächig auf Wasserstoffumgestellt sind, sondern auch schon heute für ganz konkrete Anwendungen.

Abfallprodukt Wasserstoffthermisch verwerten
Das global tätige Unternehmen Nouryon entstand 2018 aus der Chemiesparte des AkzoNobel-Konzern und produziert am Standort Ibbenbüren in Nordrhein-Westfalen Chemieerzeugnisse für Produkte des täglichen Bedarfs wie beispielsweise Papier, Baumaterialien und Hygieneprodukte. Mithilfe von SAACKE aus Bremen, spezialisiert auf thermische Prozesse und Anlagen im industriellen sowie maritimen Energiemanagement-Bereich, rüstet das Unternehmen bereits seit den 1990er-Jahren seine Prozesse auf H2-Kompatibilität um. Denn im Rahmen der Chloralkali-Elektrolyse fällt beim europäischen Marktführer für Industriesalz, Chlorhandel sowie Chlormethane auch Wasserstoff als Haupt- und überschüssiges Nebenprodukt an. Mit Anlagenmodernisierungen wie zuletzt 2019 lassen sich diese vorhandenen Reststoffe als wertvolles Substitut nutzen und dem Wärmebedarf des Elektrolyse-Prozesses wieder zurückführen, statt kostspieliges Erdgas als Primärbrennstoffeinzukaufen. Damit kommen die Betreiber – Nouryon betreibt die Elektrolyse in einem Joint Venture mit Evonik – nicht nur vorausschauend gesetzlichen Bestimmungen zuvor, sondern nutzen auch bestehende Synergien und sparen 577 m3 Erdgas-H pro Stunde.

Möglich machen dies drei Wasserstoffbrenner des Typs „SKVGD“, die basierend auf einer Drehzerstäubertechnologie flexibel für flüssige und gasförmige Sonderbrennstoffe geeignet sind. In Ibbenbüren sind sie mit einer maximalen Leistung von 4,3 bis 7,6 MW (je nach Kesselgröße) an drei Dampfkesseln installiert, die überhitzten Wasserdampf erzeugen. Sie wären jedoch ebenso für Warmwasserkessel oder Thermalölerhitzer geeignet. Die spezifischen Anforderungen bei Nouryon haben SAACKE zudem dazu veranlasst, eine H2-Standardausführung des „SKVGD“ für breit gefächerte Einsatzmöglichkeiten zu entwickeln. Zum Lieferumfang zählten darüber hinaus die SAACKE Brenner- und Kesselsteuerung „se@vis pro“ sowie eine Rauchgasrezirkulation mit separatem Gebläse.

Abgasrezirkulation für minimierten Schadstoffausstoß
Trotz all ihrer Potenziale erfordert die thermische H2-Nutzung einige technologische Maßnahmen: So erzeugt Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas aufgrund seiner höheren adiabaten Verbrennungstemperatur und circa achtmal höheren Flammengeschwindigkeit dreimal so viele NOx-Emissionen. SAACKE begegnete diesem Problem mit einer ausgeklügelten externen Abgasrezirkulation. Dieses Verfahren sorgt mittels Einmischen von Abgasen in die Verbrennungsluft für Verdünnungseffekte und die Kühlung der Flamme. Somit lassen sich die Emissionen in Ibbenbüren im Wasserstoffb etrieb jenen des Erdgases angleichen (vgl. Tabelle 1).

Damit ist die Anlage nicht nur konform mit der 44. BImSchV auf Basis des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, sondern unterschreitet diese Grenzwerte sogar deutlich. Denn je nach Intensität der Rezirkulation sinken die Emissionen weiter bis auf etwa 40 mg/m3 bzw. 3 % vol. O2 im trockenen Abgas (vgl. Diagramm 1), wenngleich hierfür derzeit noch ein relativ hohes Rezi-Verhältnis notwendig ist.

Darüber hinaus stellt die hohe H2-Flammentemperatur auch besondere Anforderungen ans Material. SAACKE reagierte hierauf mit hitzebeständigem Stahl und einem speziellen Gaseindüsungs-Design. Zudem lassen die Experten aus Bremen das Rohr für die Wasserstoffeinspeisung vor der Brennerzündung mit Stickstoffspülen, um den Sicherheitsaspekt zu erhöhen.

Automatisierte Steuerung der Luftmenge im Mischbetrieb
Da die „SKVGD“-Brenner variabel mit bis zu 100 % reinem Wasserstoff, komplett mit Erdgas oder in einem beliebigen Mischverhältnis gefahren werden können und auch für den Betrieb mit Leichtöl als Notbrennstoffausgelegt sind, ergibt sich eine spezielle Herausforderung:

 Denn der leistungsspezifische Bedarf an zugeführter Luft als Oxidationsmittel unterscheidet sich deutlich. Daher reguliert die Steuerung die Luft menge je nach Brennstoff mix. Der äußerst niedrige Gasdruck von Wasserstoff (50 mbar(ü) vor Eintritt in die Gasregelstrecke) erfordert den Einsatz einer speziellen Gasstrecke mit einem besonders geringen Druckverlust. Dazu wurden zur Volumenstrommessung eine Staudrucksonde und als Ventile weichdichtende Klappen installiert, anstatt handelsübliche Turbinenradzähler und Schnellschlussventile einzusetzen.

Fazit
Das Projektbeispiel zeigt: Die großtechnische thermische Nutzung von Wasserstoff mit Industriebrennern ist erprobt. „Die Wasserstoffb renner leisten einen wichtigen Beitrag, den CO2-Fußabdruck unserer Prozesse zu reduzieren. SAACKE hat uns bei allen Fragen und Herausforderungen rund um das Projekt optimal betreut und beraten“, unterstreicht Stephan Richter, Leiter Technischer Dienst bei Nouryon. Die marktreife Technologie für mittleres und hohes Temperaturniveau in der Wärmeerzeugung wartet somit auf eine ausreichende Verfügbarkeit des Brennstoffes. Die beschlossene „Nationale Wasserstoffstrategie“ der Bundesregierung legt den Grundstein für wichtige politische Maßnahmen, kann aber nur ein Anfang sein. Denn die Feuerungstechnik ist längst „H2-ready“.

Autor: Max Krausnick, Entwicklungsingenieur, SAACKE GmbH, m.krausnick@saacke.com

Bilder: Saacke

www.saacke.com


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